Vielen Dank für den insgesamt sachlichen und richtigen Beitrag!
Bezüglich der Ausweitung des Teilnehmerkreises möchte ich allerdings anmerken, dass eine Ausweitung kurzfristig erst einmal entlastet, weil die Beitragszahlungen ab dem Stichtag der Umstellung eingehen, während die Belastung aus den erst langsam ansteigenden Anwartschaftszeiten erst mit zeitlicher Verzögerung eintreten. Dies gilt sowohl für den Fall dass man den Teilnehmerkreis auf Selbstständige, Politiker, Beamte etc. ausweitet, als auch für den Fall, dass man die Beitragsbemessungsgrenze deutlich nach oben ausweitet. Darüber hinaus wird bei größerer Teilnehmerzahl das Gesamtsystem beständig robuster gegen Störungen, und ggf. notwendige Korrekturmaßnahmen betreffen dann nicht nur die heute Versicherten, sondern dann eben alle zukünftig Versicherten in ähnlicher Weise.
Bei einigen derzeit nicht in der RV versicherten Personengruppen wie Beamte oder Politiker muss man aber den Blick ergänzend darauf richten, was dies für die Systeme bedeutet, in denen deren heutige Altersversorgung staatlicherseits organisiert ist. Die temporäre Entlastung der RV geht bei diesen Personengruppen damit einher, dass höhere Gelder für die Bruttoeinkommen im Staatshaushalt zu berücksichtigen wären, wenn man die Nettogehälter der Betroffenen gleich halten wollte. Das bedeutet aber, dass faktisch ein zu finanzierendes Defizit im Staatshaushalt entsteht, welches faktisch in die RV fließt. Die Entlastung für die RV-Beitragszahler ginge also damit einher, dass eine Belastung für die Steuerzahler entsteht - das kann man auch einfach durch staatliche Zuzahlungen zur RV in ähnlicher Höhe erreichen, ohne dass Beamte und Politiker in die RV eingegliedert werden müssen.
Bei Selbstständigen sieht die Sachlage anders aus - hier würde eine Pflichtversicherung in der RV dazu führen, dass ihr Einkommen entsprechend geschmälert würde. Nimmt man an, dass sie ihre private Altersvorsorge entsprechend kürzen würden, dann wären die Verlierer einer solchen Maßnahme beispielhaft Versicherungsgesellschaften.
Dennoch hat es Charme, möglichst alle Bürger in einer RV nach gleichen Spielregeln zu versichern. So kann der Eindruck vermieden werden, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen durch Andersbehandlung bessergestellt sein könnten.
In den Sozialversicherungen insgesamt wäre meine Empfehlung, diese deutlich nach einzelnen Sachtatbeständen sauber und für alle einheitlich zu organisieren.
Ein Bestandteil einer sauberen Lösung wäre dann eine Existenzgrundsicherung, die das Existenzminimum von der Wiege bis zur Bahre absichert und garantiert.
Ein zweiter Baustein wäre eine Umverteilung, die nach genauen Regeln für sozialen Ausgleich sorgt - diese kann mit der Existenzgrundsicherung kombiniert werden.
Der dritte Baustein wäre eine kombinierte Kranken- und Pflegeversicherung auf der Basis einer Kopfpauschale. Die Leistungen, die bereits aus der Existenzgrundsicherung finanziert werden, sind dabei nicht Bestandteil der Kranken- und Pflegeversicherung sondern werden über die Existenzgrundsicherung abgedeckt.
Weitere staatlich organisierte Sozialversicherungen bedarf es eigentlich nicht - eine über das Existenzminimum hinausgehende Vorsorge für das Alter beispielsweise kann durchaus in privatwirtschaftliche Regelungen entlassen werden und wäre dann auch Bestandteil der Eigenverantwortung, Bestandteil von Tarifvertraglichen Regelungen o.ä.. Gleiches gilt für Themen, die wir heute aus der Arbeitslosenversicherung kennen. Befreit um die Existenzgrundsicherung könnten Zahlungen über diese hinaus in die Verantwortung der Tarifpartner bzw. in die eigenverantwortliche Vorsorge übergeben werden.
Tatsächlich kann man sich klar machen, dass wesentliche Komponenten der heutigen Sozialversicherungssysteme vor allem dem Zweck dienen, dass man in Zeiten ohne eigenes Einkommen für seine Existenzgrundsicherung weiterhin selbst aufkommen kann.
Für die Rentenversicherung wie wir sie heute kennen wäre das natürlich ein dramatischer Systemwechsel. Da sich aber faktisch die staatlich organisierte Rente mehr und mehr dem annähert, dass sie nur noch wenig mehr als das Existenzminimum absichert, wäre ein Schritt in Richtung Existenzgrundsicherung langfristig bereinigend.
Für die Rente als solche würde dies mittel- bis langfristig bedeuten, dass die Ansprüche aber auch die Zahlungen in diese Versicherung reduziert werden, so dass sie vor allem das Existenzminimum abdecken. Gleichzeitig würde die Ausweitung dieser Versicherung auf alle Bürger ein stabiles Umlageverfahren für die Existenzsicherung bedeuten. DAS aber wäre stabil auch nachhaltig und dauerhaft hin zu bekommen.
Die heutige Rente wäre dann nicht mehr wieder zu erkennen - aber eben auch in die Eigenverantwortliche Vorsorge wohl meist über Kapitaldeckung auch versorgt.