Realist2014 hat geschrieben:(16 Sep 2016, 20:41)
wir haben Marktwirtschaft-das entspricht dem natürlichen ökonomischen Verhalten der realen Menschen
das ist keine "Religion"
Alleine dein erster Satz zeigt schon, dass du ideologisch vorgeprägt bist. Mit einer sogenannten "natürlichen" Ordnung argumentieren alle Ideologien und Religionen. Die Nazis zum Beispiel sahen es als natürliche Ordnung an, dass ihr sogenannter Arier über den anderen "Unter"-menschen stehe. Und auch der Islam sieht es als natürlich an, dass man an die Werteordnung des Koran glaube. Atheismus ist bei denen widernatürlich und verdammungswürdig.
Letztendlich ist aber dort wie auch im Kapitalismus alles Glaubenssache. Hier ein Beispiel: Wenn beispielsweise der Glaube erschüttert wird, dass eine bestimmte Bank sicher ist, gibt es einen Bankenrun aller Kunden, da sie ihr Geld in Sicherheit bringen wollen, bevor es zum Bankencrash kommt. Und genau dieser fehlende Glaube wird dann zur selbsterfüllenden Prophezeihung. Solange aber die Kunden einer bestimmten Bank xy glauben, dass ihre Bank sicher ist, rennen sie nicht alle auf einmal zu den Geldautomaten. Die Folge hier: Die Bank geht auch nicht pleite, selbst wenn sie in großen Problemen stecken mag. Dies nur als Beispiel.
Was das Handeln betrifft, so ist der Mensch relativ frei. Er kann sich theoretisch aussuchen, welches Wirtschaftssystem erhaben will. In irgendwelchen polynesischen Kulturen zum Beispiel gilt vor allem derjenige als besonders reich, der seine Mitmenschen am meisten beschenkt. Im Kapitalismus wiederum ist es anders. Da der Mensch aber nicht triebgebunden bzw. genetisch determiniert ist, kann er es sich bis zu einem bestimmten Maße aussuchen, wie er leben will. Was ihn aber davon abhält, das sind vor allem
kulturelle Prägungen und Wertvorstellungen. Mit Natur hat das aber nichts zu tun.
Und selbst der Punkt, dass beispielsweise Papiergeld an sich einen bestimmten Wert hat, hat eher damit zu tun, dass es sich um eine Übereinkunft aller Teilnehmer einer Gesellschaft handelt, dies zu akzeptieren. Bei oben genannten polynesischen Zivilisationen bestand die Währung zum Beispiel aus riesigen Steinringen, die auf gefährlichem Wege über den Pazifik transportiert werden mussten. Wertvoll waren diese Steinringe für diese Leute, weil sie 1. selten waren und 2., weil der Transport unter Umständen Leben kosten könnte. Als die Amerikaner dann kamen und massenweise und auf ungefährlichem Wege per Flugzeug viele dieser Steinringe zu den Polynesiern brachten, verloren diese für die Leute dort auch ihren Wert. Wenn man denen aber von Anfang an bedruckte Geldscheine in die Hand gegeben hätte, wüßten sie gar nichts damit anzufangen, da sie dafür keine Verwendung hatten. Auch hier handelte es sich also um einen kulturellen Lernprozess, dass die Polynesier heute bedruckte Geldscheine als Zahlungsmittel verwenden. Genauso könnte man aber auch Kokosnüsse nehmen. Oder, wie in anderen Kulturen üblich: Schafe, Rinder, Kamele.
Jedenfalls, wie gesagt: Mit einer natürlichen Ordnung hat das alles nichts zu tun. Sondern eher mit kultureller Prägung.