Preußen bzw. preußischer Geist

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BingoBurner1
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BingoBurner1 »

Zunder hat geschrieben:(27 Oct 2021, 15:58)

Heisenberg war Franke.


Und Einstein, Jude !

Da fällt mir der
Lieblingsfilm meiines Sohnes ein......

Goodbye rabbit ......

https://youtu.be/BfL5V3WHhqM


Preußische Philosophie, inspiriert vom Talmud.
Das wäre doch ein Ding ? Oder ?
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H2O
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von H2O »

Ani ohev otach hat geschrieben:(27 Oct 2021, 15:57)

(...)

So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

(...)
Mir wird bei diesem Gedicht immer wieder warm ums Herz. Güte und Menschlichkeit mit dem Blick auf das alltäglich Böse.

Natürlich auch preußisch, denn was sonst sollte den großen Fontane denn geprägt haben?

Auf einer Berlinreise kam ich kurz nach der Wende zufällig am Gut Ribbeck vorbei, natürlich gerührt durch das Gedicht stieg ich aus, um Kinder zu fragen, ob ihnen das Gedicht bekannt sei, und ob irgendwelche Geschichten um Ribbeck noch bekannt seien. Tja, da war wirklich nichts übrig... wegtrainiert. Enttäuscht setzte ich meine Reise fort.

In Swinemünde haben die dort heute lebenden Polen mit einer Gedenktafel an den Aufenthalt Fontanes in dieser einstmals preußischen Festungs- und Badestadt erinnert:

https://thv.de/buch/auf-den-spuren-theo ... m%C3%BCnde
Eine 1998 angebrachte Gedenktafel erinnert dort an den Dichter.
Mich zieht es bei jedem Besuch dort zur Gedenktafel.

Und für Genießer noch eine Empfehlung: Am westlichen Ende der Kurpromenade liegt ein Fachwerkhaus, aber auch ein Schwimmbad. Im Fachwerkhaus das Restaurant "Pod Kogutem" (Unter dem Hahn). Die viel zu wenigen Male, die ich dort eingekehrt bin, erfreute mich eine angenehme ländliche Innenarchitektur, eine sehr gute Küche und aufmerksame und freundliche junge Damen als Serviererinnen. Wärmstens empfohlen, um ein wenig über das alte Preußen nach zu sinnen. "Meine" jungen Damen sprachen sehr gut Deutsch, was ja auch für deutsche Begleitung angenehm ist.

Wärmstens empfohlen auch ein Spaziergang durch die alten preußischen Festungen, die die Hafenstadt Stettin auf beiden Seiten der Swine gegen kriegerische Eindringlinge schützen sollten. Mit viel Hingabe gepflegte Anlagen mit Ausstellungen und Austellungsstücken.
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Quatschki
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von Quatschki »

H2O hat geschrieben:(27 Oct 2021, 16:44)

Mir wird bei diesem Gedicht immer wieder warm ums Herz. Güte und Menschlichkeit mit dem Blick auf das alltäglich Böse.
Aber nur auf den ersten Blick.
Ich meine: Birnen vom Friedhof? Gedüngt mit der Leiche des Herrn von Ribbeck?
Das wäre heutzutage V E R B O T E N!

Und nebenbei bekommt man mit, dass im Havelland sämtliche Obstbäume der "Herrschaft" gehörten!
Anderswo in Deutschland gab es freie Bauern! Es gab "Häusler", die keinen eigenen Acker, aber ein eignes Häuschen und einen Garten mit Obstbäumen besaßen, dazu noch Straßenbäume und gemeindeeigene Streuobstwiesen (wo man zwar auch nicht klauen durfte, aber doch nicht ganz so von der Gnade des gnädigen Herren abhing)
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H2O
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(27 Oct 2021, 17:43)

Aber nur auf den ersten Blick.
Ich meine: Birnen vom Friedhof? Gedüngt mit der Leiche des Herrn von Ribbeck?
Das wäre heutzutage V E R B O T E N!
(...)
Meinetwegen verboten, aber doch vorsorglich. Ich sehe... ganz nebenbei... unsere Leiblichkeit ganz in einem stofflichen Kreislauf wirken.

Ob das dort nun wirklich so entsetzlich kleingeistig/kleinbäuerlich zuging, das bezweifele ich dann doch. Ihr Bild jener Zeit spiegelt aus meinem Weltverständnis heraus eine untergegangene Sichtweise der Welt, aus der wir angeblich kamen. Kein Wunder, daß die Kinder bei meinem Halt daran keine Erinnerung hatten.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BingoBurner1 »

Quatschki hat geschrieben:(27 Oct 2021, 17:43)

Aber nur auf den ersten Blick.
Ich meine: Birnen vom Friedhof? Gedüngt mit der Leiche des Herrn von Ribbeck?
Das wäre heutzutage V E R B O T E N!

Und nebenbei bekommt man mit, dass im Havelland sämtliche Obstbäume der "Herrschaft" gehörten!
Anderswo in Deutschland gab es freie Bauern! Es gab "Häusler", die keinen eigenen Acker, aber ein eignes Häuschen und einen Garten mit Obstbäumen besaßen, dazu noch Straßenbäume und gemeindeeigene Streuobstwiesen (wo man zwar auch nicht klauen durfte, aber doch nicht ganz so von der Gnade des gnädigen Herren abhing)

Liebe, mein Freund das ist die Antwort.

"Deine Fehler, werden durch dich zum Schmuck"

Shakespeare




Verschämte Lieb', ach! sie verrät sich schnell
Wie Blutschuld: ihre Nacht ist sonnenhell.



William Shakespeare

Können wir ganz preußisch wieder über Nietzsche reden ?
Übermenschen...das ist das Stichwort
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oga
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von oga »

Ammianus hat geschrieben:(27 Oct 2021, 11:37)

Lustig an der Sache ist, dass der erfolgreiche Trickser genau das Gegenteil von "mehr sein als scheinen" verkörperte. Darum wollte er ja unbedingt eine Krone und hinterlies auch noch einen Schuldenberg.
Schulden machen war bei den gekrönten Häupter schon immer in, nur mit der Rückzahlung hatten sie es nicht so. Angeblich soll der Templer-Orden in Frankreich von Philipp dem Schönen deshalb vernichtet worden sein, damit der König nicht seine Schulden bezahlt. Ich kann mir vorstellen, dass viele Judenvertreibungen hier und da in Europa der vergangenen Jahrhunderte den selben Zweck hatten. :D
I guess I should warn you, if I turn out to be particularly clear, you've probably misunderstood what I've said.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BingoBurner1 »

oga hat geschrieben:(27 Oct 2021, 22:35)

Schulden machen war bei den gekrönten Häupter schon immer in, nur mit der Rückzahlung hatten sie es nicht so. Angeblich soll der Templer-Orden in Frankreich von Philipp dem Schönen deshalb vernichtet worden sein, damit der König nicht seine Schulden bezahlt. Ich kann mir vorstellen, dass viele Judenvertreibungen hier und da in Europa der vergangenen Jahrhunderte den selben Zweck hatten. :D

Das finde ich nicht mal im Scherz witzig !!!!!!l


Wenn du dich mit mir anlegen willst gerne. Völkisch gehöre ich eher .zu den Wikingern.. Nordisch, blond, weiße Zähne, widerspenstig.

Die europäische Vergangenheit strotzt nur zu, von Judenverfolgungen !
......i......ach ich lasse es !
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oga
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von oga »

Ani ohev otach hat geschrieben:(27 Oct 2021, 23:19)

Das finde ich nicht mal im Scherz witzig !!!!!!l
Sollte ich witzig sein?
Sorry, hat mir niemand gesagt. :?
I guess I should warn you, if I turn out to be particularly clear, you've probably misunderstood what I've said.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BingoBurner1 »

oga hat geschrieben:(27 Oct 2021, 23:40)

Sollte ich witzig sein?
Sorry, hat mir niemand gesagt. :?

Genau :)
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von Troh.Klaus »

oga hat geschrieben:(27 Oct 2021, 22:35)
Schulden machen war bei den gekrönten Häupter schon immer in, nur mit der Rückzahlung hatten sie es nicht so. Angeblich soll der Templer-Orden in Frankreich von Philipp dem Schönen deshalb vernichtet worden sein, damit der König nicht seine Schulden bezahlt. Ich kann mir vorstellen, dass viele Judenvertreibungen hier und da in Europa der vergangenen Jahrhunderte den selben Zweck hatten. :D
Hat sich seit damals nicht wirklich geändert, außer, dass die Häupter keine Kronen mehr zieren. Und viele Untertane das Schuldenmachen mittlerweile ebenfalls ganz toll finden und solches auch von ihren neuen Herren fordern, inklusive der Rückzahlung zum St. Nimmerleinstag. Es sollen für diese Ideenwelt sogar schon höchst-dotierte Preise ausgelobt worden sein.
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schokoschendrezki
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von schokoschendrezki »

Ani ohev otach hat geschrieben:(27 Oct 2021, 15:57)

Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn ...

Preußsi ?
:)
Ja. ABer sagt die zitierte Passage des Gedichts nicht wenigstens so ungefähr das aus, was ich zumindest versuchte, deutlich zu machen. In allen möglichen Regionen Europas ist ungefähr in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung, der Verstädterung und der Landflucht ein romantisches verklärtes Bild von allem möglichen -tum entstanden.

Aber davon mal abgesehen: Der berühmte Soziologe Max Weber ordnete diesen ganzen Wust um den "preußischen Geist" der unbedingten Pflichterfüllung Anfang des 20. jh. richtig ein, indem er zwischen "Gesinnungsethik" und "Verantwortungsethik" unterschied. Gesinnungsethik, Pflichterfüllungsethik ist schlicht und einfach die Ideologie der denkfaulen und bequemen Menschen. Auf die Spitze getrieben in dem Roman "Deutschstunde" von Sigfried Lenz. Ein Vater zur NS-Zeit verrät - nicht einmal aus Anhängerschaft zur NS-Ideologie - sondern aus reiner "Pflichterfüllungsethik" heraus sein eigenes Kind. +

Ich sehe die Situation des heutigen Menschen in der westlichen Welt andersherum. Nicht als Pflichterfüllungsgebot sondern sozusagen als Gesetzesüberschreitungsverbot. Denn wer definiert, worin "Pflichten" bestehen? Selbst etwas so klassisches wie die Pflicht zur Hilfeleistung bei verletzten Personen wird im Strafgesetzbuch negativ formuliert: Nicht als Pflicht zur Hilfeleistung sondern als strafbar bei unterlassener Hilfeleistung (§ 323C). Statt alles aufzuzählen, was man so zu tun hat, wird einfach das Komplement gebildet, und aufgezählt, was unter Strafandrohung nicht getan werden darf. Das eröffnet dem Menschen wesentlich größere Freiheiten im Sinne einer Verantwortungsethik. Diese schließt in Ausnahmefällen auch den bewussten Verstoß gegen Gesetze ein. Im Militärischen zum Beispiel (wo preußische Pflicht ja angeblioch eine der Zentraltugenden sei). Verantwortungsethik bedeutet, dass man sich seine Pflichten selbst definiert.


Das vielleicht drastischste Beispiel zum Thema "Irrsin preußischer Pflichterfüllungsethik" ist die Auseinandersetzung zwischen dem US-Soldaten Hugh Thompson und dem US-Leutnant William Calley während des Massakers von My Lai im Vietnam-Krieg. Während letzterer davon sprach, er erfülle nur seine Pflicht (nämlich als Preuße im Geist, Zivilisten zu ermorden) drohte ersterer an, dies nicht nur zu verhindern sondern im Ernstfall auf die Soldaten der eigenen Armee zu schießen. Da steht nun wirklich der gesinnungsethische eine gegen verantwortungsethischen anderen.

Auch heute noch gilt: WIder dem "preußischen Geist"! Auch wenn der nur eine Konstruktion ist.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BingoBurner1 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(03 Nov 2021, 22:11)

:)
Ja. ABer sagt die zitierte Passage des Gedichts nicht wenigstens so ungefähr das aus, was ich zumindest versuchte, deutlich zu machen. In allen möglichen Regionen Europas ist ungefähr in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Zuge der Industrialisierung, der Verstädterung und der Landflucht ein romantisches verklärtes Bild von allem möglichen -tum entstanden.
(...) Edit H2O Bitte längliche Vollzitate vermeiden!
Verzeih mir, ich kann jetzt nicht auf die schnelle auf alles eingehen.

Du erwähnst die Romantik, das ist etwas was für typisch deutsch halte.
Goethe, Schiller etc.....

Die Fähigkeit in Dingen mehr zu sehen, als ihre bloße Existenz..

By the way, deshalb liebe ich Shakespeare.

Um Goethe zu zitieren......

"Gibt es es ein menschliches Gefühl, das Shakespeare, mit Bild und Sprachgewandtheit, nicht vermochte auszudrücken ?"

Dabei war Goethe schon ganz weit vorn.
Preußisch ? Vom alten Fritz, haben wir bis heute das Schulsystem.
Auch in Bayern ;)
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BlueMonday
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BlueMonday »

Der preußische Pflichtbegriff wird meist völlig verkannt, verwechselt mit dieser absurden Karrikatur des "Kadavergehorsams", der ja ins glatte Gegenteil verkehrt.

Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte“. Das ist "preußischer Geist". Ein von äußerlichen Umständen unerschütterlicher innerer Takt.
Letztlich ein ästhetischer Stand- und Gesichtspunkt, bei dem man sich nicht korrumpieren lässt, den man durchhält, indem man hart - zu sich selbst- und nicht zu anderen ist. Etwas durchzuhalten, nicht nachzulassen, um einer Sache überhaupt eine Bedeutung zu geben.

Das ist preußischer Geist: https://www.youtube.com/watch?v=D3qsImhAswo
Dort zu stehen, völlig allein, in einem Sturm, der fast alles mitriss und dann dennoch nicht zu brechen. Das Gegenteil des bequemen, faulen Opportunismus und Selbsterhalts, dem jedes Mittel recht ist. Es ist allerdings auch keine Selbstlosigkeit, kein Antiegoismus. Es geht um den eigenen, gefundenen Platz in der Welt, in der Zeit, um den Fußabdruck, den man hinterlassen wird. Sich zu verbrauchen, zu vergehen für eine Idee, die man in sich selbst gefunden hat. Also nichts für Blätter im Wind.
Es wird keinen "Spaß" im herkömmlichen Sinne machen, dieses Preußentum.

Das wirkt vermutlich fast unverständlich in Zeiten, wo schon eine Bratwurst reicht, um Menschen zu überreden.
Es wird ja oft gefragt, wie es "damals dazu kommen konnte". Ob es noch einmal passieren könne. Schaut uns an. Wir sind fast zu jeder Zeit mitgelaufen. Es mangelt an einem inneren ewigen Takt. Und es ist damit nicht besser geworden.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(04 Nov 2021, 00:04)

Der preußische Pflichtbegriff wird meist völlig verkannt, verwechselt mit dieser absurden Karrikatur des "Kadavergehorsams", der ja ins glatte Gegenteil verkehrt.

Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte“. Das ist "preußischer Geist". Ein von äußerlichen Umständen unerschütterlicher innerer Takt.
Letztlich ein ästhetischer Stand- und Gesichtspunkt, bei dem man sich nicht korrumpieren lässt, den man durchhält, indem man hart - zu sich selbst- und nicht zu anderen ist. Etwas durchzuhalten, nicht nachzulassen, um einer Sache überhaupt eine Bedeutung zu geben.
Das dürfte nur für sehr wenige Menschen in der Gegenwart vermittelbar sein. Der siebenjährige Krieg, in welchem Preußen (zusammen mit England) verwickelt war, war keine "Sache der Ästhetik" sondern schlicht und einfach Ergebnis des Pokers um den Rang der aufsteigenden Mächte Europas im 18. Jahrhundert. Und insbesondere darin des Verhältnisses Preußen-Habsburg. Und dann nochmal ganz persönlich des Verhältnisses bzw. des Konkurrenzkampfs Friedrich II mit Maria Theresia. Ersterer war eine psychologisch schwer traumatisierte Persönlichkeit. Zweitere war eine katholisch eifernde Missionarin. Ein moderner aufgeklärter Mensch versucht, diese Zusammenhänge analytisch und nüchtern zu durchschauen. Und wendet seinen Bedarf an Ästhetik den Bereichen zu, in denen sie wirklich eine Rolle spielt: Kunst und Literatur.

Bevor ein von der Marvitz seinem Pflichtgefühl nachging und diese Plünderung ablehnte (wenn dies überhaupt nicht nur eine Legende ist), hätte er auf den Gedanken kommen sollen, dass er als preußischer Militärangehöriger sowieso und längst schon korrumpiert war. Dass er nicht einer "Sache" sondern den egoistischen Machtbestrebungen Preußens und der Traumaaufarbeitung seines Herrschers diente.

Was überhaupt "eine Sache" ist, kann nur das Individuum jeweils für sich selbst entscheiden. "Pflicht" besteht darin, diesen eigenen Intentionen auch zu folgen. Selbst wenn sie aussichtslos erscheinen.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von H2O »

Nun ja, preußische Haltung muß man ja nicht unbedingt in den Machtbestrebungen des 18. Jahrhunderts suchen und vermuten.

Man könnte diesen inneren Kompaß aber in den Offizieren des Widerstands gegen die Hitlerei finden. Verrat im Kriege mit hoch erhobenem Haupt... oder in Friederich Bonhoeffer.

Auch möchte ich gern die Unbestechlichkeit preußischer Beamter hervorheben. Ganz bestimmt gab es auch in Preußen Bestechlichhkeit, aber die Meßlatte war doch klar: Ein Staatsdiener ist unbestechlich in seinem Dienst für die Gemeinschaft... und auch der König hat erster Diener seines Staats zu sein, seine Gelüste zu zähmen.

Auch der Leitspruch: "Mehr sein als scheinen" gehört in diese Kiste.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von H2O »

Das vielleicht drastischste Beispiel zum Thema "Irrsin preußischer Pflichterfüllungsethik" ist die Auseinandersetzung zwischen dem US-Soldaten Hugh Thompson und dem US-Leutnant William Calley während des Massakers von My Lai im Vietnam-Krieg. Während letzterer davon sprach, er erfülle nur seine Pflicht (nämlich als Preuße im Geist, Zivilisten zu ermorden) drohte ersterer an, dies nicht nur zu verhindern sondern im Ernstfall auf die Soldaten der eigenen Armee zu schießen. Da steht nun wirklich der gesinnungsethische eine gegen verantwortungsethischen anderen.
Ich fürchte, hier sind Sie einem böswilligen Zerrbild dessen erlegen, was unbedarfte US-Amerikaner als preußische Pflichterfüllung verkaufen möchten.... Schlichtweg das Böse im Menschen. Natürlich hat der Soldat seinen Befehl durchzuführen... wäre ja noch schöner, davon aus zu gehen, daß der Befehl gewolltes Unrecht ist. Ich sehe in meinem Weltbild keinen verstörten Alten Fritzen, der kurzerhand Leute erschlagen läßt, die weder ihm noch seinen Soldaten etwas antun. Daß ein Krieg kein Gastmahl ist, das weiß ich von Mao Tse Tung... und das wird auch im 18. Jahrhundert nicht anders gewesen sein. Aber vorsätzlich böse gegen Menschen, die keine Gefahr darstellen? Na, da bitte ich schon um Belege! Und nun bitte nicht die Hitlerei als Preußentum verkaufen wollen. Das überlassen wir besser den Siegermächten, die auch Gutes nicht gelten lassen möchten, weil der Gegner eben nur schlecht sein kann. Chauvinismus der allerübelsten Sorte...
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Nov 2021, 06:25)

Das dürfte nur für sehr wenige Menschen in der Gegenwart vermittelbar sein. Der siebenjährige Krieg, in welchem Preußen (zusammen mit England) verwickelt war, war keine "Sache der Ästhetik" sondern schlicht und einfach Ergebnis des Pokers um den Rang der aufsteigenden Mächte Europas im 18. Jahrhundert. Und insbesondere darin des Verhältnisses Preußen-Habsburg. Und dann nochmal ganz persönlich des Verhältnisses bzw. des Konkurrenzkampfs Friedrich II mit Maria Theresia. Ersterer war eine psychologisch schwer traumatisierte Persönlichkeit. Zweitere war eine katholisch eifernde Missionarin. Ein moderner aufgeklärter Mensch versucht, diese Zusammenhänge analytisch und nüchtern zu durchschauen. Und wendet seinen Bedarf an Ästhetik den Bereichen zu, in denen sie wirklich eine Rolle spielt: Kunst und Literatur.
Ästhetik ist der bewusst gewordene, gewählte, eigentümliche Antrieb. Ästhetik kommt noch vor der Ethik und diese kommt vor irgendeiner Moral. Ästhetik ist der letzte Grund, auf dem bewusste Entscheidungen stehen.
Bei dir wäre nun "Kunst und Literatur" etwas Beiläufiges, weniger Wichtiges, das sich irgendwie parallel zum eigentlichen Leben abspielt, allenfalls eine beliebige Begleitung, ein auswechselbarer Soundtrack. Das eigentliche Leben habe man hingegen "nüchtern", losgelöst davon zu betrachten. Damit stellt sich die Frage, woher diese nüchterne Betrachtung bei ihren Entscheidungen ihren Inhalt bezieht. Was kann dann dem industriellen Massenmord in den KZs überhaupt noch entgegenstehen? Auf welchem Grund steht die Gegenposition? Dieser Grund muss doch letztlich aus einem ästhetischen Gesichtspunkt bestehen, der diese Gräuel in dieser Welt nicht sehen und haben will, der sich damit nicht assoziieren kann, der auch keinen berechnenden Zweck dafür anerkennt und auch gar nicht versucht einen solchen dagegenzustellen. Gräuel - es graut einem. Das ist ein ästhetischer Impuls.

Deontologie vs. Teleologie. Um dieses Widerstreit geht es im weitesten Sinne. Ersteres kann nur durch eine ästhetischen Impuls zustande kommen, das andere ist meist die "nüchterne" Zweckbestimmung, die berechnende Unterordnung unter einen Zweck.

Nehmen wir den Pflichtbegriff. Pflicht ist für die heutigen Ohren meist ein Euphemismus für Zwang. Ein Synonym fast. Dabei unterscheiden sich beide Begriffe eklatant. Zwang ist äußere Fremdbestimmungsabsicht. Es geht hier nicht um die Einsicht des Gezwungen, es reicht völlig, wenn er tut, was er tun soll. D.h. für den Gezwungenen kann diese Nötigung keine ästhetische Dimension haben, die Entscheidung darüber wird im ja entrissen. Er ist fremdbestimmt, vollendet das Werk des Zwingherren. Seiner Entscheidungskraft wird er erst wieder habhaft, wenn er sich dem Zwang nicht beugt, wenn er die angedrohten Konsequenzen in Kauf nimmt - um dafür seinem Pinselstrich, seiner Gestaltung Raum in dieser Welt zu geben. Die "Pflicht" ist der innere Antrieb dazu, lässt durchhalten. Ist bewusstes Konzept. Strich für Strich. Bis zum fertigen Gemälde. Sich jeden Tag wieder an das Gemälde zu setzen, es einestages zu vollenden. An die Vollendung zu glauben. Entbehrungen auf sich zu nehmen. Aus einer "Introspektion"(inneren Einsicht) heraus die Vollendung schuldig zu sein, sich selbst, seiner Existenz, der Welt, dem Grund der eigenen Existenz.


*Darüber* spricht man, wenn man über den "preußischen Geist" spricht - oder über einen anderen Geist natürlich auch. Die Geisteraustreibung deiner "Nüchternheit" ist kurzschlüssig, verkennt das Wesentliche.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von oga »

BlueMonday hat geschrieben:(04 Nov 2021, 15:39)

Nehmen wir den Pflichtbegriff. Pflicht ist für die heutigen Ohren meist ein Euphemismus für Zwang. Ein Synonym fast. Dabei unterscheiden sich beide Begriffe eklatant. Zwang ist äußere Fremdbestimmungsabsicht. Es geht hier nicht um die Einsicht des Gezwungen, es reicht völlig, wenn er tut, was er tun soll. D.h. für den Gezwungenen kann diese Nötigung keine ästhetische Dimension haben, die Entscheidung darüber wird im ja entrissen. Er ist fremdbestimmt, vollendet das Werk des Zwingherren. Seiner Entscheidungskraft wird er erst wieder habhaft, wenn er sich dem Zwang nicht beugt, wenn er die angedrohten Konsequenzen in Kauf nimmt - um dafür seinem Pinselstrich, seiner Gestaltung Raum in dieser Welt zu geben. Die "Pflicht" ist der innere Antrieb dazu, lässt durchhalten. Ist bewusstes Konzept. Strich für Strich. Bis zum fertigen Gemälde. Sich jeden Tag wieder an das Gemälde zu setzen, es einestages zu vollenden. An die Vollendung zu glauben. Entbehrungen auf sich zu nehmen. Aus einer "Introspektion"(inneren Einsicht) heraus die Vollendung schuldig zu sein, sich selbst, seiner Existenz, der Welt, dem Grund der eigenen Existenz.
Und wo in diesem Schema platzierst "Disziplin"? :D
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von BlueMonday »

Das Pflichtgefühl kann zur (Selbst)Disziplinierung führen. Wobei die Disziplin als bloßer Gehorsam keinen eigenen Grund dafür kennt. Die Pflicht schon, sie ist ja nichts anderes als der Grund, der Grund einer empfundenen Schuld oder Schuldigkeit.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von odiug »

BlueMonday hat geschrieben:(04 Nov 2021, 23:07)

Das Pflichtgefühl kann zur (Selbst)Disziplinierung führen. Wobei die Disziplin als bloßer Gehorsam keinen eigenen Grund dafür kennt. Die Pflicht schon, sie ist ja nichts anderes als der Grund, der Grund einer empfundenen Schuld oder Schuldigkeit.
Selbstdisziplin hat aber nichts mit einer wie auch immer gearteten Schuld zu tun, sondern mit einem Anspruch an sich selbst und schon dreimal nicht mit einem Anspruch eines Staatswesens an sein Untertanen.
Und mit den Begriffen Untertan, Untertanengeist, Unterordnung sind auch die preußischen Sekundärtugenden ganz gut beschrieben.
In einer demokratischen Gesellschaftsordnung ist die Solidarität die Disziplin, zu der sich der Bürger verpflichtet.
Und das tut er idealerweise nicht aus einem Untertanengeist heraus, sondern weil es die Vernunft gebietet.
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(04 Nov 2021, 15:39)

Ästhetik ist der bewusst gewordene, gewählte, eigentümliche Antrieb. Ästhetik kommt noch vor der Ethik und diese kommt vor irgendeiner Moral. Ästhetik ist der letzte Grund, auf dem bewusste Entscheidungen stehen.
Bei dir wäre nun "Kunst und Literatur" etwas Beiläufiges, weniger Wichtiges, das sich irgendwie parallel zum eigentlichen Leben abspielt, allenfalls eine beliebige Begleitung, ein auswechselbarer Soundtrack. Das eigentliche Leben habe man hingegen "nüchtern", losgelöst davon zu betrachten.
Nun beruhige dich mal. Kunst und Literatur ist für mich nicht nur etwas Beiläufiges sondern ein zentraler Teil meines Lebens. Nicht nur passiv sondern auch aktiv.
Damit stellt sich die Frage, woher diese nüchterne Betrachtung bei ihren Entscheidungen ihren Inhalt bezieht. Was kann dann dem industriellen Massenmord in den KZs überhaupt noch entgegenstehen? Auf welchem Grund steht die Gegenposition? Dieser Grund muss doch letztlich aus einem ästhetischen Gesichtspunkt bestehen, der diese Gräuel in dieser Welt nicht sehen und haben will, der sich damit nicht assoziieren kann, der auch keinen berechnenden Zweck dafür anerkennt und auch gar nicht versucht einen solchen dagegenzustellen. Gräuel - es graut einem. Das ist ein ästhetischer Impuls.

Deontologie vs. Teleologie. Um dieses Widerstreit geht es im weitesten Sinne. Ersteres kann nur durch eine ästhetischen Impuls zustande kommen, das andere ist meist die "nüchterne" Zweckbestimmung, die berechnende Unterordnung unter einen Zweck.
Dazu will ich einmal den leider etwas in Vergessenheit geratenen Lyriker Rainer Kirsch zitieren:
Schwerer ist es heut, genau zu hassen,
Und im Freund die Fronten klar zu scheiden,
Und die Unbequemen nicht zu meiden,
Und die Kälte nicht ins Herz zu lassen.

Denn es träumt sich leicht von Glückssemestern,
Aber Glück ist schwer in diesem Land.
Anders lieben müssen wir als gestern
Und mit schärferem Verstand.

Und die ganze Last der Wahrheit kennen.
Und die Träume ganz beim Namen nennen.
Ein großartiger Text! Der bei seiner Verlesung Anfang der 60er heftigsten WIderstand bei den Genossen erregte, die immerhin merkten, dass sie gemeint waren. Also: Nüchterne Analyse der tatsächlichen Machtverhältnisse und der Interessenslinien widersprechen sich mit den Träumen keinesfalls. Im Gegenteil. Das eine bedingt das andere.
Nehmen wir den Pflichtbegriff. Pflicht ist für die heutigen Ohren meist ein Euphemismus für Zwang. Ein Synonym fast. Dabei unterscheiden sich beide Begriffe eklatant. Zwang ist äußere Fremdbestimmungsabsicht. Es geht hier nicht um die Einsicht des Gezwungen, es reicht völlig, wenn er tut, was er tun soll. D.h. für den Gezwungenen kann diese Nötigung keine ästhetische Dimension haben, die Entscheidung darüber wird im ja entrissen. Er ist fremdbestimmt, vollendet das Werk des Zwingherren. Seiner Entscheidungskraft wird er erst wieder habhaft, wenn er sich dem Zwang nicht beugt, wenn er die angedrohten Konsequenzen in Kauf nimmt - um dafür seinem Pinselstrich, seiner Gestaltung Raum in dieser Welt zu geben. Die "Pflicht" ist der innere Antrieb dazu, lässt durchhalten. Ist bewusstes Konzept. Strich für Strich. Bis zum fertigen Gemälde. Sich jeden Tag wieder an das Gemälde zu setzen, es einestages zu vollenden. An die Vollendung zu glauben. Entbehrungen auf sich zu nehmen. Aus einer "Introspektion"(inneren Einsicht) heraus die Vollendung schuldig zu sein, sich selbst, seiner Existenz, der Welt, dem Grund der eigenen Existenz.


*Darüber* spricht man, wenn man über den "preußischen Geist" spricht - oder über einen anderen Geist natürlich auch. Die Geisteraustreibung deiner "Nüchternheit" ist kurzschlüssig, verkennt das Wesentliche.
Ich weiß es nicht. Ich persönlich assoziiere "Pflicht" nicht mit "Zwang" ... sondern "Pflicht" liegt irgendwo in einem Karton im Keller zusammen mit "Ehre", "Respekt", "Vaterland" und ähnlichen Begriffen. Wie man dieses bewundernswerte Ethos eines Folgens der eigenen Vorsätze, ohne auf Vorteile oder Nachteile zu schauen, in der Gegenwart auf einen Begriff bringen kann ... weiß ich nicht.

"Preußen" jedenfalls ... spielt bei diesen Überlegungen keine Rolle. Der bis heute einflussreichste Preuße ist Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Kein geringerer als der französische Präsident Macron sieht sich als "Hegelianer". Bei Hegel gibts nicht den Begriff der Pflicht sondern vor allem den des "Geists". Der Idee. Die unabhängig von politischen Gegebenheiten existiert. "Pflicht" wäre bei Hegel vielleicht sowas wie der subjektiv gewordene, materialisierte Geist des sowieso existierenden objektiven Geists. Pflicht bedeutet demnach einfach, Ideen zu verwirklichen.

Wenn das der Geist des Preußentums ist, dann bin ich jedenfalls kein Preuße. Ideen entstehen in mir selbst. Ohne dass sie von irgendeinem "Geist" schwanger sein müssen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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H2O
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Re: Preußen bzw. preußischer Geist

Beitrag von H2O »

Ideen entstehen in mir selbst. Ohne dass sie von irgendeinem "Geist" schwanger sein müssen.
Demzufolge wäre also die Erkenntnis unzutreffend, daß nichts wirkmächtiger ist als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Dem Gedanken ordne ich einen Zeitgeist oder eine vorherrschende Stimmungslage in einer Gesellschaft von Menschen zu, also meinetwegen auch einer preußischen Gesellschaft. So gesehen entstehen Ihre Ideen nicht in Ihnen selbst, sondern sie entstehen in einer Umgebung, die sie ermöglichen. So wird aus meiner Sicht auch verständlicher, daß es sehr fruchtbare Gesellschaften gibt, in denen die Ideen nur so sprudeln, und andere ziemlich öde geistige Landschaften.

Na gut, als Ingenieur habe ich mich hier vielleicht doch ein wenig zu weit aus dem Fenster gelehnt... ;)
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