Max Stirners Lehre

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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

lili hat geschrieben:(12 Jan 2020, 14:05)

Ja man es aber temporär nutzen um seine Interessen durchzusetzten und dann wieder auseinandergehen.
Sicherlich. Letztlich ist Stirner radikale Sprachkritik. Der Staat ist eine Fiktion, die Gesellschaft ist eine Fiktion usw. Stirner nennt es eine "fixe Idee", einen Spuk, einen Sparren, eine Besessenheit. Etwas Heiliges, das von der eigenen Sache wegführt und Tribut und Hingabe vom Einzelnen fordert.
Dabei geht letztlich alles auf einzelne Interessen zurück, es gibt kein allgemeines Interesse. Das volle Bewusstsein dessen ist der (zeitweise) Verein. Sobald man beginnt jemand einzufangen, zu jagen, zu pressen, zum Verbleib zu nötigen, dann ist es ja offenbar, dass Interessen gegenüberstehen, dass es einen Konflikt gibt, dass der Verein zerbricht, dass er zumindest tote Anteile hat.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 14:27)

Sicherlich. Letztlich ist Stirner radikale Sprachkritik. Der Staat ist eine Fiktion, die Gesellschaft ist eine Fiktion usw. Stirner nennt es eine "fixe Idee", einen Spuk, einen Sparren, eine Besessenheit. Etwas Heiliges, das von der eigenen Sache wegführt und Tribut und Hingabe vom Einzelnen fordert.
Dabei geht letztlich alles auf einzelne Interessen zurück, es gibt kein allgemeines Interesse. Das volle Bewusstsein dessen ist der (zeitweise) Verein. Sobald man beginnt jemand einzufangen, zu jagen, zu pressen, zum Verbleib zu nötigen, dann ist es ja offenbar, dass Interessen gegenüberstehen, dass es einen Konflikt gibt, dass der Verein zerbricht, dass er zumindest tote Anteile hat.
So ist es.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

lili hat geschrieben:(12 Jan 2020, 14:22)

Er hat aber zum Privateigentum sich kritisch geäußert: Statt das ihm die Welt gehören könnte, gehört ihm nicht einmal der armselige Punkt um den er sich kreist. Er hat die Perspektive eines Eigentumslosen eingenommen.
Er lehnt Eigentum als rechtliches oder "heiliges" Konstrukt ab. Durch das Nehmen kommt man initial zum Eigentum. Nur wird in einer schon umfänglich in Besitz genommenen Welt meist jemand sein, der sein Eigentum verteidigen wird, der Koalitionen eingehen wird, um seine Sache zu verteidigen usw. Diese Konstellation ist dann für Stirner das eigentliche oder wirkliche Eigentum - das, was man versteht zu besitzen und zu bewahren. Nicht anders ist letztlich Eigentum entstanden. Und dann steht man vor der Wahl: Nehme ich mir etwas mit Gewalt - das wird wahrscheinlich "Reaktionen" hervorrufen, die wiederum mir evtl. schaden - oder biete ich etwas zum Tausche an, kaufe ich etwas dem anderen ab. Das wird wohl weniger Aufwand bedeuten. Also ist es in meinem Interesse - in der Regel - nicht zu stehlen oder zu rauben, sondern etwas zum Tausche anzubieten - sofern ich etwas anzubieten habe freilich. Wie gesgat, ein rein postivistischer Ansatz zum Eigentum, kein rechtlicher, kein ästhetischer/ethischer.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 14:41)

Er lehnt Eigentum als rechtliches oder "heiliges" Konstrukt ab. Durch das Nehmen kommt man initial zum Eigentum. Nur wird in einer schon umfänglich in Besitz genommenen Welt meist jemand sein, der sein Eigentum verteidigen wird, der Koalitionen eingehen wird, um seine Sache zu verteidigen usw. Diese Konstellation ist dann für Stirner das eigentliche oder wirkliche Eigentum - das, was man versteht zu besitzen und zu bewahren. Nicht anders ist letztlich Eigentum entstanden. Und dann steht man vor der Wahl: Nehme ich mir etwas mit Gewalt - das wird wahrscheinlich "Reaktionen" hervorrufen, die wiederum mir evtl. schaden - oder biete ich etwas zum Tausche an, kaufe ich etwas dem anderen ab. Das wird wohl weniger Aufwand bedeuten. Also ist es in meinem Interesse - in der Regel - nicht zu stehlen oder zu rauben, sondern etwas zum Tausche anzubieten - sofern ich etwas anzubieten habe freilich. Wie gesgat, ein rein postivistischer Ansatz zum Eigentum, kein rechtlicher, kein ästhetischer/ethischer.

Aber er kann doch als Eigentumsloser Gewalt anwenden um an Eigentum zu kommen. Es steht auch ausdrücklich, das Stirner kein Kapitalist war.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

lili hat geschrieben:(12 Jan 2020, 14:51)

Aber er kann doch als Eigentumsloser Gewalt anwenden um an Eigentum zu kommen.
Man ist ja nun nie völlig eigentumslos. Man verfügt über einen Körper, sonst kann man nichts anderes nehmen und eignen. Und natürlich, wenn man nichts als diesen Körper hat und niemandem etwas Nützlcihes anbieten kann, dann bliebt nur noch das Nehmen mit Gewalt. Aber dazu muss man eigenlich schon über einiges verfügen(Kraft, Mut, Waffen...), also man muss schon Eigentümer sein. Sonst bleibt nur der Schmerz. Wenn ich einen Menschen hungern sehe und dieser Anblick mich schmerzt und bedrückt und ich ihm etwas zu essen gebe, dann eben mir zur Liebe, weil ich den Anblick nicht ertragen kann, weil ich meinen Schmerz beenden will, weil mich der Schmerz des anderen schmerzt. Das stellt Stirner letztlich klar. Es ist mein Schmerz, der mich bewegt.

Oder kurz gesagt, mit Stirner lässt sich die Welt, wie sie ist, aus der Perspektive des Eigeninteresses völlig erklären. Es geht um die völlige (deskriptive, begreifende) Inbesitznahme oder Aneignung der Welt, die nicht möglich ist, solange eine "höhere Idee" (Gott, Gesellschaft, Staat, "der Mensch" usw.) Teile der Welt für sich beansprucht.
Zuletzt geändert von BlueMonday am So 12. Jan 2020, 15:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 15:25)

Man ist ja nun nie völlig eigentumslos. Man verfügt über einen Körper, sonst kann man nichts nehmen und eignen. Und natürlich, wenn man nichts als diesen Körper hat und niemandem etwas Nützlcihes anbieten kann, dann bliebt nur noch das Nehmen mit Gewalt. Aber dazu muss man eigenlich schon über einiges verfügen(Kraft, Mut, Waffen...), also man muss schon Eigentümer sein. Sonst bleibt nur der Schmerz. Wenn ich einen Menschen hungern sehe, und dieser Anblick mich schmerzt und bedrückt und ich ihm etwas zu essen gebe, dann eben mir zur Liebe, weil ich den Anblick nicht ertragen kann, weil ich meinen Schmerz beenden will, weil mich der Schmerz des anderen schmerzt. Das stellt Stirner letztlich klar.

Oder kurz gesagt, mit Stirner lässt sich die Welt, wie sie ist, aus der Perspektive des Eigeninteresses völlig erklären. Es geht um die völlige (deskriptive, begreifende) Inbesitznahme oder Aneignung der Welt, die nicht möglich ist, solange eine "höhere Idee" (Gott, Gesellschaft, Staat, "der Mensch" usw.) Teile der Welt für sich beansprucht.
Ja da stimme ich dir zu. Mir ging es um das Privateigentum.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

lili hat geschrieben:(12 Jan 2020, 15:26)

Ja da stimme ich dir zu. Mir ging es um das Privateigentum.
Privateigentum ist praktisch ein Pleonasmus. Eigentum ist etwas, das andere ausschließt, die Nichteigentümer. Privat ist die Sonderung, eben der Ausschluss anderer.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 15:29)

Privateigentum ist praktisch ein Pleonasmus. Eigentum ist etwas, das andere ausschließt, die Nichteigentümer. Privat ist die Sonderung, eben der Ausschluss anderer.

Ja und was ist wenn er ausgeschlossen wird? Er hat ja aus der Pespektive eines Eigentumslosen geschrieben?
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Corella »

Wie erklärte Stirners Denkbild der Welt die Entstehung eines Large Hadron Colliders? Da brauchte es wohl ein bisschen mehr, als einen Verein! Eine Art Dachverein von Vereinsverbünden oder so. Was wäre der Unterschied solchem von einer Gesellschaft? Nur weil etwas abstrakt ist, ist es nicht bloße Fiktion ohne physische Realität oder "tot".
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Adam Smith »

Corella hat geschrieben:(12 Jan 2020, 15:54)

Wie erklärte Stirners Denkbild der Welt die Entstehung eines Large Hadron Colliders? Da brauchte es wohl ein bisschen mehr, als einen Verein! Eine Art Dachverein von Vereinsverbünden oder so. Was wäre der Unterschied solchem von einer Gesellschaft? Nur weil etwas abstrakt ist, ist es nicht bloße Fiktion ohne physische Realität oder "tot".
Es gibt halt gleiche Interessen.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

lili hat geschrieben:(12 Jan 2020, 15:31)

Ja und was ist wenn er ausgeschlossen wird? Er hat ja aus der Pespektive eines Eigentumslosen geschrieben?
Der Ausschluss ist ja nun in der Regel nicht total, kann es eigentlich nicht sein. Es bleiben Teile übrig, die wiederum andere ausschließen. Die Frage ist dann auf welche Art und Weise Eigentümer verkehren (bei Stirner auch ein wichtiger Begriff, der Verkehr). Das ist das Kontinuum zwischen roher Gewalt(Betrug, Täuschung etc.) und freiwilliger Hergabe. Und wie gesagt, wenn ich nichts als meinen Körper habe und ich niemanden zu irgendeinem gegenseitig nützlichen Verkehr bewegen kann, dann bleibt nur der (Mund)raub oder meine Existenz endet dann notgedrungen. Wie sollte es anders sein?
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 16:20)

Der Ausschluss ist ja nun in der Regel nicht total, kann es eigentlich nicht sein. Es bleiben Teile übrig, die wiederum andere ausschließen. Die Frage ist dann auf welche Art und Weise Eigentümer verkehren (bei Stirner auch ein wichtiger Begriff, der Verkehr). Das ist das Kontinuum zwischen roher Gewalt(Betrug, Täuschung etc.) und freiwilliger Hergabe. Und wie gesagt, wenn ich nichts als meinen Körper habe und ich niemanden zu irgendeinem gegenseitig nützlichen Verkehr bewegen kann, dann bleibt nur der (Mund)raub oder meine Existenz endet dann notgedrungen. Wie sollte es anders sein?

Ja aber wenn Max Stirner im Endeffekt ein Eigentumsloser ist, wieso sollte er dann dafür sein? Das kann er ja nur, wenn er daraus ein Nutzen erkennt. Wenn andere beispielsweise ein Eigentum hat und er nicht. Was hat er dann davon? Dann wird er sicherlich ein Raub begehen. Das mögen wiederum die Libertären nicht. Da sie Raub als unmoralisch bewerten. Sie kritisieren ja dafür den Staat. Stirner interessiert sich weder für den Staat, noch für die moralischen Prinzipien irgendwelcher Privatleute.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Corella »

Adam Smith hat geschrieben:(12 Jan 2020, 16:13)

Es gibt halt gleiche Interessen.
Eine Gesellschsft kann Arbeitsteilung und Verstetigung von Prozessen organisieren. So werden Mittel erschlossen und verfügbar gemacht. Eine Pflegekraft, die Alte und Kranke über die Runden bringt, leistet einen essentiellen Beitrag, ohne gleiche Interessen anderer Vereine zu teilen.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Adam Smith »

Corella hat geschrieben:(12 Jan 2020, 16:30)

Eine Gesellschsft kann Arbeitsteilung und Verstetigung von Prozessen organisieren. So werden Mittel erschlossen und verfügbar gemacht. Eine Pflegekraft, die Alte und Kranke über die Runden bringt, leistet einen essentiellen Beitrag, ohne gleiche Interessen anderer Vereine zu teilen.
Stirner lehnt hier Zwänge in Bezug auf die Finanzierung ab.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

Corella hat geschrieben:(12 Jan 2020, 15:54)

Wie erklärte Stirners Denkbild der Welt die Entstehung eines Large Hadron Colliders? Da brauchte es wohl ein bisschen mehr, als einen Verein!
Eigenartige Frage. Wie sähe ein Kirchenbau aus, wenn es keinen Gott gäbe? Nun hat Stirner nicht Gott abgeschafft, sondern ihn zum Eigentum gemacht. Die Kirche kann man natürlich immer noch bauen, wenn man denn ein Interesse daran hat und sie zu seiner Sache machen - genau wie einen Teilchenbeschleuniger. Wie baut man einen Teilchenbeschleuniger? Das ist ja nun im Wesentlichen eine technologische Frage, die zu Zeiten Stirners (1806 -1856) noch nicht zu beantworten war. Und dann eine ökonomische Frage. Auf was verzichtet man für seinen Bau? Was ist weniger wichtig? Wer soll verzichten? Wer soll urteilen? Wer soll gegen sein Interesse gezwungen werden?
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

lili hat geschrieben:(12 Jan 2020, 16:27)

Ja aber wenn Max Stirner im Endeffekt ein Eigentumsloser ist, wieso sollte er dann dafür sein? Das kann er ja nur, wenn er daraus ein Nutzen erkennt. Wenn andere beispielsweise ein Eigentum hat und er nicht. Was hat er dann davon? Dann wird er sicherlich ein Raub begehen. Das mögen wiederum die Libertären nicht. Da sie Raub als unmoralisch bewerten. Sie kritisieren ja dafür den Staat. Stirner interessiert sich weder für den Staat, noch für die moralischen Prinzipien irgendwelcher Privatleute.
Ja, das ist alles richtig :). Stirner war im heutigen Sinne kein Libertärer, auch kein Liberaler, auch kein Anarchist, aber eben auch kein Etatist, kein Kommunist oder Humanist. Am nächsten kommt m.E. Egoist und radikaler Sprachkritiker.
M.E. hatte er schon einen Sinn für den "Markt" also den Verkehr zwischen Eigentümern, der eben in der Regel nützlicher ist als sich beständig gegenseitig zu bestehlen und zu berauben. Ihm war Eigentum eine nützliche, aber keine heilige Sache. Er wollte Eigentümer sein, in jeder Hinsicht - wie praktisch alle anderen auch. Er wollte haben statt besessen sein.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von lili »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 17:01)

Ja, das ist alles richtig :). Stirner war im heutigen Sinne kein Libertärer, auch kein Liberaler, auch kein Anarchist, aber eben auch kein Etatist, kein Kommunist oder Humanist. Am nächsten kommt m.E. Egoist und radikaler Sprachkritiker.
M.E. hatte er schon einen Sinn für den "Markt" also den Verkehr zwischen Eigentümern, der eben in der Regel nützlicher ist als sich beständig gegenseitig zu bestehlen und zu berauben. Ihm war Eigentum eine nützliche, aber keine heilige Sache. Er wollte Eigentümer sein, in jeder Hinsicht - wie praktisch alle anderen auch. Er wollte haben statt besessen sein.
Dann müsste dennoch jeder Eigentum bekommen. Denn sonst wäre ja das Risiko da keins mehr zu besitzen.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Stoner »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 17:01)

Ja, das ist alles richtig :). Stirner war im heutigen Sinne kein Libertärer, auch kein Liberaler, auch kein Anarchist, aber eben auch kein Etatist, kein Kommunist oder Humanist. Am nächsten kommt m.E. Egoist und radikaler Sprachkritiker.
M.E. hatte er schon einen Sinn für den "Markt" also den Verkehr zwischen Eigentümern, der eben in der Regel nützlicher ist als sich beständig gegenseitig zu bestehlen und zu berauben. Ihm war Eigentum eine nützliche, aber keine heilige Sache. Er wollte Eigentümer sein, in jeder Hinsicht - wie praktisch alle anderen auch. Er wollte haben statt besessen sein.
Inwiefern verstehen Sie ihn als Sprachkritiker? Kleiner Hinweis (zum Blättern) genügt.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von BlueMonday »

Das ist der sprachkritische Kern bei Stirner (aus Recensenten Stirners):

"Was Stirner sagt, ist ein Wort, ein Gedanke, ein Begriff; was er meint, ist kein Wort, kein Gedanke, kein Begriff. Was er sagt, ist nicht das Gemeinte, und was er meint, ist unsagbar."
http://www.lsr-projekt.de/poly/enrec.html

Diese Differenz letztlich zwischen dem was sich sagen lässt und was eigentlich ist. Das ist Wittgensteins "worüber man schweigen muss". Nietzsches "grundsätzliche Fälschung alles Geschehens".
Das Eigentliche liegt im Sprachlosen. Mit der Sprache beginnt die Beugung, die Verfälschung, die Verallgemeinerung, die Entfernung. Stirner konsumiert die Verfälschung, holt sie zurück zum Eigentümer, zum Schöpfenden. Gott ist sein Eigentum. Der Begriff ist sein Eigentum. Seine Beugung in seinem Interesse.

Der Religiöse will aber die Ehrfurcht, den heiligen Schauer vor einem Teilchenbeschleuniger, der über der Existenz der Eigentlichen und Einzigen zu rangieren habe. Dieser Kult, dass das Ganze "mehr als die Teile" wäre. Bei Stirner sind es vollumfänglich die Teile, die irgendetwas zusammensetzen. Der Verein ist nichts weiter als die sich Vereinenden, die Bewegung der Vereinenden, die vereinende Bewegung, angetrieben von den Interessen der Eigentlichen. Aber der Religiöse wittert ein "Mehr", das über die Interessen der Einzelnen hinaus zu erhalten ist :)
Zuletzt geändert von BlueMonday am So 12. Jan 2020, 17:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Corella »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 16:47)

Eigenartige Frage. Wie sähe ein Kirchenbau aus, wenn es keinen Gott gäbe? Nun hat Stirner nicht Gott abgeschafft, sondern ihn zum Eigentum gemacht. Die Kirche kann man natürlich immer noch bauen, wenn man denn ein Interesse daran hat und sie zu seiner Sache machen - genau wie einen Teilchenbeschleuniger. Wie baut man einen Teilchenbeschleuniger? Das ist ja nun im Wesentlichen eine technologische Frage, die zu Zeiten Stirners (1806 -1856) noch nicht zu beantworten war. Und dann eine ökonomische Frage. Auf was verzichtet man für seinen Bau? Was ist weniger wichtig? Wer soll verzichten? Wer soll urteilen? Wer soll gegen sein Interesse gezwungen werden?
Stirner scheint mir die Abhängigkeit technisch-kultureller Errungenschaften von organisierten Massen zu gering zu schätzen, aber ich überdehne meine Kompetenzen, schon gut ;)
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Re: Max Stirners Lehre

Beitrag von Corella »

BlueMonday hat geschrieben:(12 Jan 2020, 17:22)

Das ist der sprachkritische Kern bei Stirner (aus Recensenten Stirners):

"Was Stirner sagt, ist ein Wort, ein Gedanke, ein Begriff; was er meint, ist kein Wort, kein Gedanke, kein Begriff. Was er sagt, ist nicht das Gemeinte, und was er meint, ist unsagbar."
http://www.lsr-projekt.de/poly/enrec.html

Diese Differenz letztlich zwischen dem was sich sagen lässt und was eigentlich ist. Das ist Wittgensteins "worüber man schweigen muss". Nietzsches "grundsätzliche Fälschung alles Geschehens".
Das Eigentliche liegt im Sprachlosen. Mit der Sprache beginnt die Beugung, die Verfälschung, die Verallgemeinerung, die Entfernung. Stirner konsumiert die Verfälschung, holt sie zurück zum Eigentümer, zum Schöpfenden. Gott ist sein Eigentum. Der Begriff ist sein Eigentum. Seine Beugung in seinem Interesse.

Der Religiöse will aber die Ehrfurcht, den heiligen Schauer vor einem Teilchenbeschleuniger, der über der Existenz der Eigentlichen und Einzigen zu rangieren habe. Dieser Kult, dass das Ganze "mehr als die Teile" wäre. Bei Stirner sind es vollumfänglich die Teile, die irgendetwas zusammensetzen. Der Verein ist nichts weiter als die sich Vereinenden, die Bewegung der Vereinenden, die vereinende Bewegung, angetrieben von den Interessen der Eigentlichen. Aber der Religiöse wittert ein "Mehr" :)
Und für Holisten sind das Nichts-anderes-Alsereien - das zieht sich durch. Du weißt wenigstens, warum du dich zu einem der Lager bekennst. Das weiß ich zu schätzen, auch als Opposition.
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