Ontologie der Mathematik

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Fliege
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Ontologie der Mathematik

Beitrag von Fliege »

In der Philosophie der Mathematik wird gefragt, worin das Wesen mathematischer Objekte besteht.

Ist beispielsweise die Zahl 7:
A. ein Zeichen auf dem Papier (Formalismus),
B. ein Gedanke im Kopf (Intuitionismus oder Konstruktivismus),
C. ein Abstraktum (als platonische Idee – Platonismus)?

Bilden beispielsweise 7 Steine einen Haufen, wo befindet sich die Zahl 7 als mathematisches Objekt?
Welchem Steinhaufen würde die Zahl 0 oder die Zahl -7 innewohnen? (vgl. Platonismus – Formalismus – Konstruktivismus bei Hirnwindungen).

Bertrand Russell meint: "Die Mathematik ist eine Wissenschaft, wo man niemals weiß, wovon man spricht, noch auch ob das, was man sagt, wahr ist" (siehe Startseite von Hirnwindungen).

Von was handelt Mathematik?
(Mir selber schwebt – ähnlich wie bei Sprache – eine Verschmelzung der Aspekte A und B vor.)
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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H2O
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von H2O »

In der Welt der Technik setzen wir Verfahren der Mathematik derart gewohnheitsmäßig an, daß unsereiner hier zusammen fährt! Da braucht man schon einmal einen kräftigen Anschub. Hier scheint er verfügbar zu sein:

https://www.philosophie.uni-muenchen.de ... index.html
Ontologie

Die Ontologie beschäftigt sich mit allem, was es gibt, denn sie fragt erstens, was es heißt, daß es etwas gibt, und zweitens, welche Kategorien von Objekten existieren und in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Zur Beantwortung der ersten Frage wird der Begriff der Existenz und sein Verhältnis zu anderen zentralen Begriffen analysiert. Besonders wichtig ist die Verknüpfung mit dem Begriff der Identität und die Rolle von Identitätskriterien, d.h. die Frage, ob man, wenn man eine Art von Objekten als existierend ansehen will, die Bedingungen muß angeben können, unter denen gilt, daß ein Ding dieser Art identisch ist mit einem Ding dieser Art. Ein weiterer zentraler Begriff ist der der Wirklichkeit; problematisch ist, ob alles, was existiert, wirklich ist, oder ob auch das existiert, was nur möglich ist, und ob es nicht existierende Objekte gibt. Im Zuge der zweiten Frage wird vor allem diskutiert, ob es außer den Objekten, die nur einmal vorkommen, auch solche gibt, die vielfach exemplifiziert sind, d.h. Universalien; ob es eine Art von Objekten gibt, von der die übrigen einseitig abhängig sind (Substanzen), und wenn ja, von welcher Art diese Abhängigkeit ist (z.B. kausal); ob der Begriff von notwendigen Eigenschaften (Essenzen) sinnvoll und was das Verhältnis zusammengesetzter Objekte zu ihren Teilen ist.

Die Frage nach der Existenz und der Struktur von Objekten der Welt wirft zugleich logisch-philosophische Fragen auf, die Gegenstand der formalen Ontologie sind. So werden seit etwa 60 Jahren mit Instrumenten der modernen Logik Axiomatisierungen nominalistischer Theorien diskutiert. Das Problem der Reduktion zwischen ontologischen Kategorien kann als Reduktion zwischen Theorien behandelt werden. Ein Spezialproblem stellt die Frage nach der Natur abstrakter Objekte im Kontext der Mathematik dar; es verbindet die Ontologie mit der Philosophie der Mathematik.
Kann man ohne gründliche Vorbelastung mit der Philosophie der Mathematik überhaupt diesen Folgeschritt machen?
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Nomen Nescio
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Nomen Nescio »

H2O hat geschrieben:(20 Feb 2019, 23:42)

In der Welt der Technik setzen wir Verfahren der Mathematik derart gewohnheitsmäßig an, daß unsereiner hier zusammen fährt! Da braucht man schon einmal einen kräftigen Anschub. Hier scheint er verfügbar zu sein:

https://www.philosophie.uni-muenchen.de ... index.html


Kann man ohne gründliche Vorbelastung mit der Philosophie der Mathematik überhaupt diesen Folgeschritt machen?
ich bin gewöhnt über die ontologie der entwicklung von wesen zu sinnen c.q. zu reden. wenig philosophie noch die der mathe. ;)
nathan über mich: »er ist der unlinkste Nicht-Rechte den ich je kennengelernt habe. Ein Phänomen!«
blues über mich: »du bist ein klassischer Liberaler und das ist auch gut so.«
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H2O
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von H2O »

Nomen Nescio hat geschrieben:(21 Feb 2019, 02:35)

ich bin gewöhnt über die ontologie der entwicklung von wesen zu sinnen c.q. zu reden. wenig philosophie noch die der mathe. ;)
Sie sehen ja schon, daß auch Anwender der Mathematik ihre liebe Not haben, eine Philosophie darüber auf zu spannen, die doch wohl methodologische Vergleiche mit anderen Wissenschaften ermöglichen soll. Ich jedenfalls kann das nicht... zu weit abgelegen von meinem alten Arbeitsfeld. Aber immerhin beachtlich, daß es unter uns Teilnehmer gibt, die dieses Thema noch weiter vertiefen können! :thumbup:

Und nun bitte einmal etwas Substanz zum Thema!
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Little Joe »

Fliege hat geschrieben:(20 Feb 2019, 00:14)

In der Philosophie der Mathematik wird gefragt, worin das Wesen mathematischer Objekte besteht.

Ist beispielsweise die Zahl 7:
A. ein Zeichen auf dem Papier (Formalismus),
B. ein Gedanke im Kopf (Intuitionismus oder Konstruktivismus),
C. ein Abstraktum (als platonische Idee – Platonismus)?

Bilden beispielsweise 7 Steine einen Haufen, wo befindet sich die Zahl 7 als mathematisches Objekt?

Welchem Steinhaufen würde die Zahl 0 oder die Zahl -7 innewohnen?


(Mir selber schwebt – ähnlich wie bei Sprache – eine Verschmelzung der Aspekte A und B vor.)


Es ist bekannt, dass die Ontologen sich über solche Fragen wie dem Wesen der Zahlen den Kopf zerbrechen, aber unnötigerweise . Denn es handelt sich um ein Problem, welches weder empirisch noch durch philosophieren lösbar ist. Dennoch liegt die Lösung gewissermaßen auf der Hand. Wie du sagst ist nur Antwort A und B denkbar. Wobei Antwort B sich auf Antwort A bijektiv übertragen lässt. Somit ist eigentlich nur Antwort B korrekt.

Ohne Bewusstsein gäbe es auch keine Zahlen, sondern nur Konstellationen in denen sich Objekte gegenüberstehen und sich damit beeinflussen. Nur durch mentale Repräsentationen ist es möglich Mengen als Zahlen darzustellen. Somit gibt es die Zahl 7 nicht, genauso wenig wie die Zahl VII. Sie ist nur ein Notationsmittel um den Alltag zu ordnen und Mengen begreiflich zu machen. Wenn 7 Steine einen Haufen bilden trägt keiner die indische Zahl 7 mit sich herum. Ein Esel wird vielleicht von 7 Mücken geplagt, aber in keiner Mücke wohnt die Kraft von 7 Mücken, wie es manche gerne hätten.
Glauben ist besser für´s Herz.

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BingoBurner
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von BingoBurner »

Fliege hat geschrieben:(20 Feb 2019, 00:14)

In der Philosophie der Mathematik wird gefragt, worin das Wesen mathematischer Objekte besteht.

Ist beispielsweise die Zahl 7:
A. ein Zeichen auf dem Papier (Formalismus),
B. ein Gedanke im Kopf (Intuitionismus oder Konstruktivismus),
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Bilden beispielsweise 7 Steine einen Haufen, wo befindet sich die Zahl 7 als mathematisches Objekt?
Welchem Steinhaufen würde die Zahl 0 oder die Zahl -7 innewohnen? (vgl. Platonismus – Formalismus – Konstruktivismus bei Hirnwindungen).

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Oh Gott, Gott
..........räüsper--------


Die Eins steht für den Anfang, für Gott und das Universum

Die Zwei bedeutet Zweifel, Gegensatz und Widerspruch

Die Drei steht für das Gute und für die Dreieinigkeit

Vier ist die Ordnung, Himmelsrichtung und Jahreszeit

Die Fünf steht für den Menschen, die Sechs für Vollkommenheit

Acht ist die Glückszahl, neun die Potenz aus der heiligen Drei

Doch die Sieben ist für mich alles und nichts kommt an sie heran
Ja, die Sieben ist einfach alles, es ist die Zauber- und Märchenzahl

Sieben Schöpfungstage brauchte Gott um die Welt zu bauen
Sieben Tage hat die Woche, sieben mal geht die Sonne im Osten für uns auf
Über sieben Brücken musst du gehen, sieben dunkle Jahre überstehen,
Sieben mal, sieben mal, das ist unsere Zahl, die über allem steht
Sieben Priester rannten sieben mal um die ganze Stadt



Und erst nachdem er sieben Geißlein fraß, war der Wolf so richtig satt
Sieben Raben, sieben Schwaben und das verflixte siebte Jahr,
Jesus hängt schon lange am Kreuz, als er noch sieben Worte sprach
Es ist nur 'ne Zahl, doch sie lässt mich nicht mehr los
Nur eine Zahl, ich kann nichts dagegen tun



Sieben Meere gibt es auf der Welt, Sieben Wunder wurden bisher gezählt



Und man weiß, dass es sieben Zwerge hinter sieben Bergen gibt
Man soll sieben mal siebzig Mal verteilen, sieben Namen hat der heilige Geist,


Für den siebten Himmel gibt einen Likör, der nach sieben Kräutern heißt
Sieben mageren Jahren gingen sieben fette voraus,


Sieben drückt die Unendlichkeit und die Sonnen der Weisheit aus
Es ist nur 'ne Zahl, doch sie läßt mich nicht mehr los
Nur eine Zahl, ich kann nichts dagegen tun


Die Sieben Posaunen von Jericho klingen immer noch in unseren Ohren
Sieben Sachen mußt du packen, wenn du die Stadt für immer verlassen sollst

Der Mensch lebt zehn mal sieben Jahre lang, hat uns die Bibel mal gesagt
Bei den Vier Winden und der Dreifaltigkeit wird dir sofort wieder klar:



Es ist nur 'ne Zahl, doch sie läßt mich nicht mehr los
Nur eine Zahl, ich kann nichts dagegen tun
Es ist nur 'ne Zahl, doch sie läßt mich nicht mehr los
Nur eine Zahl, ich kann nichts dagegen tun



z4ubi
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von z4ubi »

Little Joe hat geschrieben:(25 Feb 2019, 17:32)
Sie ist nur ein Notationsmittel um den Alltag zu ordnen und Mengen begreiflich zu machen.
Aber dann gibt es die Zahl 7 doch?
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Fliege
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Fliege »

z4ubi hat geschrieben:(25 Feb 2019, 22:47)
Aber dann gibt es die Zahl 7 doch?
Die Frage ist wohl, wie es die Zahl 7 gibt. Betrachtet man die Zahl 7 als Notationsmittel, gibt es die Zahl 7 als Zeichen (beispielsweise auf dem Papier) gemäß Startbeitrag, Fall A.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von z4ubi »

Fliege hat geschrieben:(25 Feb 2019, 22:51)

Die Frage ist wohl, wie es die Zahl 7 gibt. Betrachtet man die Zahl 7 als Notationsmittel, gibt es die Zahl 7 als Zeichen (beispielsweise auf dem Papier) gemäß Startbeitrag, Fall A.
Wie sie es gibt, hängt dann wohl von uns ab, richtig?
Wenn es die Menschheit nicht mehr gibt und der Steinhaufen unverändert bleibt, liegen dort dann immernoch 7 Steine?
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Fliege
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Fliege »

z4ubi hat geschrieben:(26 Feb 2019, 20:17)
Wie sie es gibt, hängt dann wohl von uns ab, richtig?
Wenn es die Menschheit nicht mehr gibt und der Steinhaufen unverändert bleibt, liegen dort dann immernoch 7 Steine?
Das ist eine spannende Frage.
Ich meine, nach dem Ende aller hinreichend intelligenten Wesen besteht der Steinhaufen zwar immer noch aus 7 Steinen (so wie Stickstoff immer noch aus 7 Protonen, 7 Elektronen und meist 7 Neutronen besteht), doch die Zahl 7 existiert nicht mehr als gedankliches Konzept (Fall B im Startbeitrag).
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Little Joe »

Fliege hat geschrieben:(26 Feb 2019, 21:14)

Das ist eine spannende Frage.
Ich meine, nach dem Ende aller hinreichend intelligenten Wesen besteht der Steinhaufen zwar immer noch aus 7 Steinen (so wie Stickstoff immer noch aus 7 Protonen, 7 Elektronen und meist 7 Neutronen besteht), doch die Zahl 7 existiert nicht mehr als gedankliches Konzept (Fall B im Startbeitrag).
Gedankliche Zahlkonzepte dienen nur dazu um Mengen Aussagekraft zu verleihen. Wie schon angedeutet : Wenn 7 Mücken einen Esel plagen, so wird der Esel nur geplagt, weil die 7 Mücken Energie besitzen. Wäre der Esel aber ein Holzklotz wäre die Energie der Mücken ohne Relevanz. Dennoch existiert die Situation der 7 Mücken, aber es interessiert eben nicht. In diesem Fall wäre es unrelevant ob eine oder 7 Fliegen umherschwirren, die Lage der Dinge an sich bleibt gleich " gravierend ", sofern kein Bewusstsein da ist, welches Mengen intuitiv erfassen oder gar zählen kann.

Es läst sich auch verallgemeinern : Erst deshalb weil bewusstseinsfähige Wesen den Mengen um sich herum Bedeutung verleihen wollen, muss diesen eine Aussagekraft in Form von Zahlen gegeben werden. Aber außerhalb der mentalen Repräsentation haben diese wohl kein eigenes Sein. Natürlich lässt sich dies nicht ausschließen oder gar beweisen. Deshalb lohnt sich der Disput nur insofern, da man neue Zusammenhänge erkennt. Aber wirklich neue Erkentnisse lassen sich bei solchen philosophischen Themen nicht finden.
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BlueMonday
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von BlueMonday »

z4ubi hat geschrieben:(26 Feb 2019, 20:17)

Wie sie es gibt, hängt dann wohl von uns ab, richtig?
Wenn es die Menschheit nicht mehr gibt und der Steinhaufen unverändert bleibt, liegen dort dann immernoch 7 Steine?
Es gibt das Wort oder den Bezeichner(durch den Menschen), es gibt das Phänomen(wieder durch den Menschen, bspw. das Drücken im Schuh, wenn ein Stein drin steckt), es gibt die Verknüpfung zwischen Bezeichner und Phänomen(Bedeutung durch den Menschen) ... und es gibt -vermutlich- das Ding an sich (gänzlich ohne menschlichen Begriff), über das sich weiter nichts sagen lässt, nur schweigen (s. Wittgenstein). Letztlich, "Ding" ist schon zu viel gesagt.

Der Stein als vermeintlich materielle oder physische Einheit ist ja schon Zuschreibung, Interpretation, Zurechtmachung, der ganze Materiebegriff, alle Begriffe.
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Adam Smith »

7 = Menge oder Anzahl der Objekte Steine in diesem Gebiet.
Das ist Kapitalismus:

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H2O
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(27 Feb 2019, 18:27)

7 = Menge oder Anzahl der Objekte Steine in diesem Gebiet.
Das wäre aber eine elegante Kurzschrift!
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keinproblem
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von keinproblem »

Fliege hat geschrieben:(20 Feb 2019, 00:14)

In der Philosophie der Mathematik wird gefragt, worin das Wesen mathematischer Objekte besteht.

Ist beispielsweise die Zahl 7:
A. ein Zeichen auf dem Papier (Formalismus),
B. ein Gedanke im Kopf (Intuitionismus oder Konstruktivismus),
C. ein Abstraktum (als platonische Idee – Platonismus)?

Bilden beispielsweise 7 Steine einen Haufen, wo befindet sich die Zahl 7 als mathematisches Objekt?
Welchem Steinhaufen würde die Zahl 0 oder die Zahl -7 innewohnen? (vgl. Platonismus – Formalismus – Konstruktivismus bei Hirnwindungen).

Bertrand Russell meint: "Die Mathematik ist eine Wissenschaft, wo man niemals weiß, wovon man spricht, noch auch ob das, was man sagt, wahr ist" (siehe Startseite von Hirnwindungen).

Von was handelt Mathematik?
(Mir selber schwebt – ähnlich wie bei Sprache – eine Verschmelzung der Aspekte A und B vor.)
Ich denke Zahlen sind metaphysische Konstanten, C ist der Realität am nächsten.
Zahlen haben eine Dimension, die über der der Raumzeit steht. Die Sieben existiert unabhängig davon, ob es sieben Sachen gibt. Jeder hier wird wohl zustimmen wenn ich sage, dass es eine begrenzte Anzahl an Quarks in unserem Universum gibt. Wenn wir diese Zahl verdoppeln ergibt sich eine Zahl, die zu groß ist um alle physischen Objekte unseres Universums zu beschreiben. Man kann natürlich auch noch weiter gehen und sagen, dass alle Materie aus Schwingungen besteht und das es mit Anzahl dann kompliziert wird usw. - dann sei aber eingewendet, dass es auch metaphysische Objekte gibt (Ideen, Naturgesetze, auch Zahlen selbst,..) die man aufzählen kann.

Wenn man also eine Zahl hat die zu groß für eine reale Anzahl ist, liegt es in meinen Augen auf der Hand, dass diese Zahl trotzdem genauso existiert wie bspw.Sieben. Es gibt kein philosophisches Indiz dafür, dass eine Zahl die (noch) keine Anzahl ist weniger Bedeutung hat als eine, die schon eine Anzahl ist. Kein einziges.

Vielmehr scheint es so, dass Zahlen konstant sind, unbeeindruckt von der physischen Realität. Vielleicht hat aber auch jemand eine bessere Position.

lg
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von z4ubi »

BlueMonday hat geschrieben:(27 Feb 2019, 18:22)

Es gibt das Wort oder den Bezeichner(durch den Menschen), es gibt das Phänomen(wieder durch den Menschen, bspw. das Drücken im Schuh, wenn ein Stein drin steckt), es gibt die Verknüpfung zwischen Bezeichner und Phänomen(Bedeutung durch den Menschen) ... und es gibt -vermutlich- das Ding an sich (gänzlich ohne menschlichen Begriff), über das sich weiter nichts sagen lässt, nur schweigen (s. Wittgenstein). Letztlich, "Ding" ist schon zu viel gesagt.

Der Stein als vermeintlich materielle oder physische Einheit ist ja schon Zuschreibung, Interpretation, Zurechtmachung, der ganze Materiebegriff, alle Begriffe.
Also existieren Zahlen in der menschlichen Realität.
Ob sie außerhalb davon existieren, darüber können wir nur spekulieren.

keinproblem hat geschrieben:(27 Feb 2019, 22:24)

Ich denke Zahlen sind metaphysische Konstanten, C ist der Realität am nächsten.
Zahlen haben eine Dimension, die über der der Raumzeit steht. Die Sieben existiert unabhängig davon, ob es sieben Sachen gibt.
Aber auch die Zahlen und Objekte der Metaphysik gibt es nicht ohne Menschen, die sie "denken" können?
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BlueMonday
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von BlueMonday »

z4ubi hat geschrieben:(28 Feb 2019, 11:04)

Also existieren Zahlen in der menschlichen Realität.
Ob sie außerhalb davon existieren, darüber können wir nur spekulieren.




Aber auch die Zahlen und Objekte der Metaphysik gibt es nicht ohne Menschen, die sie "denken" können?
Die Zahl ist nichts anderes als ein Begriff, der für sich allein genommen bedeutungslos ist und ohne einen Begreifenden(resp. Zählenden) nicht existiert. Bedeutung mal buchstäblich genommen: Auf etwas deuten/zeigen.
Aber worauf zeigt man? Nicht auf das "Ding an sich" eben, sondern auf ein Phänomen(Erscheinung, Schein). Oder so gesagt, wir behandeln nie die Dinge selbst oder an sich. Es gibt bspw. keine Dreiecke außerhalb unserer Vorstellung. Das Dreieck ist eine Form, die wir über die an sich begriffslose, unbegriffene Welt legen. Wir sehen in der Welt Dreiecke, in einem aktiven, schaffenden Sinne. Hören wir damit auf, bleiben dort keine Dreiecke mehr.
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von z4ubi »

BlueMonday hat geschrieben:(28 Feb 2019, 14:22)

Die Zahl ist nichts anderes als ein Begriff, der für sich allein genommen bedeutungslos ist und ohne einen Begreifenden(resp. Zählenden) nicht existiert.
D.h. unser Denken oder unsere Vorstellung lassen Zahlen/Begriffe/Ideen existieren.
So wie ein Projektor einen Film auf der Leinwand "existieren" lässt.

Das Spaghettimonster bezieht sich nicht einmal auf ein Phänomen, aber die Idee des Spaghettimonsters existiert in unserem Denken.
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Fliege »

Little Joe hat geschrieben:(27 Feb 2019, 17:48)
Es läst sich auch verallgemeinern: Erst deshalb weil bewusstseinsfähige Wesen den Mengen um sich herum Bedeutung verleihen wollen, muss diesen eine Aussagekraft in Form von Zahlen gegeben werden. Aber außerhalb der mentalen Repräsentation haben diese wohl kein eigenes Sein.
So schätze ich die Lage ebenfalls ein (gemäß Fall B im Startbeitrag). Mathematik ist demnach eine zugespitzte Art der Gedankenspielerei – neben Träumen, Fantasieren und dem Schreiben von schöner Literatur (Belletristik, also auf Fiktion basierender Literatur). Das Zugespitzte an der mathematischen Fiktion besteht, wie ich meine, in der systematisierten Vorgehensweise, die zwar auch in der Belletristik vorkommt, aber in der Belletristik nicht so streng durchgehalten und präzise auf den Punkt gebracht wird wie in der Mathematik.
Little Joe hat geschrieben:(27 Feb 2019, 17:48)
Natürlich lässt sich dies nicht ausschließen oder gar beweisen. Deshalb lohnt sich der Disput nur insofern, da man neue Zusammenhänge erkennt. Aber wirklich neue Erkentnisse lassen sich bei solchen philosophischen Themen nicht finden.
Was neue philosophische Erkenntnisse anlangt, bin ich optimistischer als du. Bei einem etwaigen Erstkontakt mit außerirdischer Intelligenz dürfte Philosophie der Mathematik wichtig werden, weil es in diesem Fall darum gehen würde, was eine außerirdische Intelligenz, mit der man über Mathematik zu reden versucht, verstanden haben könnte und warum sie das verstanden haben könnte. Schaut man sich beispielsweise die binomischen Formeln "(a + b)² = a² + 2ab + b²", "(a - b)² = a² - 2ab + b²", "(a + b) . (a - b) = a² - b²" an, so ahnt man, dass eine außerirdische Intelligenz allein aus dem Schriftbild erstens auf das Vorliegen von mathematischen Formeln und zweitens auf die Bedeutung einzelner Zeichen als Bestandteil dieser Formeln raten/tippen könnte (gemäß Fall A im Startbeitrag).
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von z4ubi »

Die Menschheit schickt ein unbemanntes Raumschiff ins All. Darin sitzt ein Roboter. Der Roboter tätigt einfache Kurseingaben und das Schiff liefert ihm Messdaten.
Der Roboter kann natürlich auch nur ein Programm auf dem Bordcomputer des Schiffes sein.
Auch nach dem Ende der Menschheit fliegt das Schiff. Kurse werden berechnet, Flugdauer wird aufgezeichnet. Exisitieren jetzt Zahlen unabhängig von uns ?
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von watisdatdenn? »

z4ubi hat geschrieben:(26 Mar 2019, 16:23)
Exisitieren jetzt Zahlen unabhängig von uns ?
Meiner Ansicht nach Ja.
So wie das Geräusch des umfallenden Baumes exisitert den kein Mensch hört (als Schallwellen).

Es gibt dann nur deren Interpretation in unserem Gehirn nicht.


Für mich sind Zahlen schon fast der Inbegriff von Abstraktion. Das ist ja genau ihre Stärke und macht sie so vielseitig verwendbar.
odiug

Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von odiug »

Mathematik ist eine Sprache und so erklärt sich auch ihre Wesensbestimmung, als Repräsentation logischer Zusammenhänge.
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von schokoschendrezki »

Dimensionslose Naturkonstanten sind Beispiele für real existierende Gegebenheiten. Sofern es sich wirklich um Konstanten handelt. Diese Frage ist in einigen Fällen nicht geklärt. In anderen Fällen schon. Das (gar nicht mal so bekannte) "Buffonsche Nadelproblem", die Frage nach der Wahrscheinlichkeit, dass eine willkürlich geworfene Nadel ein Gitter paralleler Linien schneidet, ist ein Beispiel dafür, dass die Kreiszahl Pi nicht einfach nur im Zusammenhang mit eigentlich abstrakten Fragestellungen auftaucht wie dem nach dem Verhältnis von Radius und Umfang eines idealen Kreises sondern quasi tatsächlich in der Natur als Seinsprinzip existiert. Die Zahl ist nicht nur abstrakt herleitbar sondern mit dem Nadelexperiment experimentell bestimmbar wie Lufttemperatur oder Luftdruck. Kreise und Kugeln in der Natur sind immer nur näherungsweise Kreis oder Kugeln. Die hingeworfene Nadel dagegen führt im Grenzwert exakt zur Kreiszahl. In der Folge: Trigonometrische Funktionen zum Beispiel sind tatsächlich Teil der Realität, der Natur und nicht nur Abstraktionen.

Bei den Strings der Stringtheorie verschmelzen ebenfalls eigentlich totale mathematische Abstraktionen mit zumindest angenommenen, vermuteten realen Objekten der Realität.

Eine ziemlich waghalsige Spekulation könnte sein, dass die widerspruchsfreie Denkbarkeit, Herleitbarkeit von Objekten (wie in der Mathematik) bereits hinreichende Voraussetzung für die reale Existenz irgendeines entsprechenden Phänomens ist. Ich muss es denken können, um zu beweisen, dass es existiert. Dies wäre eine grandiose Wiederauferstehung der deutschen idealistischen Philosophie.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von GerhardLoeffler »

Als Planck entdeckte, dass Energie nur ganzzahlig auftritt, hat er mit dem Planckschen Wirkungsquantum die Grundlage für die Quantentheorie gelegt.

Diese Sternstunde hat der Menschheit die wahre Bedeutung der Zahl 1 in der Natur offenbart.

Alles andere ergibt sich daraus.
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Re: Ontologie der Mathematik

Beitrag von Oliver Krieger »

Wesen und Sein bezeichnen zunächst das Konkrete, also Dinge, die eine materielle Existenz haben. Dessen Gegenteil ist die Abstraktion, abstrahiert von dem, was konkret ist, und hebt dessen Wesen und Sein auf, um es formell, oder schematisch zu bezeichnen.

Mathematik befasst sich mit diesen Formeln und Schematisierungen. Bliebe man auf dieser Ebene, so müsste man ausschließen, dass eine "Ontologie der Mathematik" überhaupt denkbar ist, der Begriff wäre ein Oxymoron.

Doch so ausschließlich ist die Beziehung zwischen Konkretion und Abstraktion ist.

Durch die Verallgemeinerung, und höhere Anordnung auf der Ebene der Abstraktion wird das Konkrete zu ihrer Möglichkeit. Sie selbst ist Virtualisierung, und nicht etwa Vernichtung. Nur dann, wenn man nachweisen könnte, dass durch Mathematik das, was existiert, eigentlich zunichte wird, wäre die Möglichkeit einer Ontologie der Mathematik nicht mehr gegeben.

Doch das ist gewiss nicht der Zweck der Mathematik, sondern im Gegenteil, die Formulierung geeigneter Schemata, durch die das, was existiert besser verstanden werden kann. Nicht nur stellen Naturkonstanten sehr viel eher das Gegenteil einer Vernichtung dar, insofern sie Eigenschaften von Materie bezeichnen, die diese entweder tatsächlich hat, oder denen diese zustrebt - hierdurch wird Mathematik beinahe wesentlicher als die wesenhafte Materie selbst - sondern es sind auch die Befassungen der theoretischen Mathematik allein darum nicht sinnlos, oder gar wesenlos, nur weil diesen praktische, konkrete Anwendbarkeit oder Repräsentation fehlt.

Diese sind, als methodische Übungen zur Verbesserung jedweder Formulierung und Schematisierung, an sich wesentlich, und, wie man an den komplexen Zahlen erkennen kann, deren konkrete Anwendungen sich erst später offenbarten, immer möglicherweise auch auf konkrete Verhalte anwendbar, von denen es noch kein genaues Wissen gibt.

Darum hat die Ontologie der Mathematik durchaus einen Sinn.
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Wichtiger, als die Frage, ob und wann Skepsis angemessen ist, ist die Erkenntnis, wo sie regelmäßig endet.
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