Nachrichten aus dem Iran.

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Cobra9
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(11 Aug 2021, 17:58)

Raisi hat sein Kabinett vorgestellt.

Es wurde von Iran International berichtet, dass es eine Verzögerung gegeben hat, weil der Vize-Präsident der Raisi an die Seite gestellt wurde ein direkter Vertrauter von Khamenei ist und womöglich auf mehr ideologisch orientierte Leute bestanden hat. Daran merkt man auch, dass es mit der Hausmacht von Raisi nicht weit her ist und er sich eine solche erstmal aufbauen muss. Es scheint immer so ein wenig ein Kampf zu sein zwischen Leuten die einigermaßen wissen was sie tun, daher neben der Treue zum System eine eher technokratische Sicht auf die Welt haben und Leute die ideologisch verdeppert sind und anstatt detailliertes Fachwissen versuchen populistische Forderungen und Koranzitate zusammen zu bringen. Said Jalili ist da das Paradebeispiel der Bücher geschrieben hat wie "The Paradigm of Islamic Political Thought in Quran" oder "Foreign Policy of the Prophet of Islam" und entsprechend lief das dann auch mit ihm als Verhandlungsführer zum Atomprogramm unter Ahmadinejad.

Der neue Außenminister ist Hossein Amir-Abdollahian, er wurde vor nicht allzu langer Zeit von Vice interviewed und ist kein Unbekannter. Er wird bei Vice als rechte Hand von Qassem Suleimani vorgestellt und kommt aus diesem Revolutionsgardenumfeld ist aber auch jemand der Internationale Beziehungen studiert hat. Also jemand der natürlich die Ansichten der Revolutionsgarden teilt, aber auch niemand der wie ein Jalili die internationalen Beziehungen allein als ideologisches Schlachtfeld sieht sondern einen Sinn für nationale Interessen hat. So jemand wird verhandeln und auch Übereinkünfte treffen, wenn er einen Sinn darin sieht.
https://en.wikipedia.org/wiki/Hossein_Amir-Abdollahian


Hier ein Artikel über ihn:
IRGC-Aligned Ex-Ambassador is Iran's Next Foreign Minister
https://iranwire.com/en/features/10084
Daraus eine Geschichte aus der Zeit der Verhandlungen zwischen Iran und USA zum JCPOA als auch über den Jemen geredet wurde und Amir Abdollahian noch ein Vize-Außenminister unter Zarif war. Amir-Abdollahian als Verbindungsmann zwischen Revolutionsgarden/Qassem Suleimani und dem Zarif-Außenministerium.


Der Wirtschaftsminister scheint aber ein eher ideologisch Orientierter zu sein:

https://iranintl.com/en/iran/irans-rais ... n-suspects

Die drängendsten Fragen sind jetzt Rückkehr zum JCPOA, Wirtschaftskrise im Iran und das neue Internetgesetz.

Du kannst im Prinzip auch Bob den Baumeister mit Team in die Regierung setzen.

Effektiv hat der oberste Gelehrte doch das Kommando.
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Cobra9 hat geschrieben:(24 Aug 2021, 11:46)

Du kannst im Prinzip auch Bob den Baumeister mit Team in die Regierung setzen.

Effektiv hat der oberste Gelehrte doch das Kommando.
Bißchen witzlos
Nicht wirklich.

Das System funktioniert grundsätzlich so, dass sich Khamenei nicht in das Tagesgeschäft einmischt, sondern nur wichtige Grundsatzentscheidungen trifft, die allgemeinen Rahmenbedingungen vorgibt und einschreitet wenn er Missstände sieht. Aber am Ende agiert die Regierung eigenverantwortlich. Würde Khamenei sich in alles einmischen wäre er ja auch für alles verantwortlich und das wäre ja bescheuert für die Stabilität des Gesamtsystems und komplett unpraktikabel, weil auch Khamenei nicht alles gleichzeitig machen kann. Das Außergewöhnliche ist im Tagesgeschäft eigentlich nicht Khamenei sondern die Revolutionsgarden welche teilweise außen- und innenpolitisch bei Sachen agieren, die eigentlich in die Zuständigkeit der Regierung fallen würden bzw. deren Geheimdienst sich der Kontrolle durch die normale Regierung entzieht.

Wobei es natürlich so ist, dass es ja ein großes Büro von Khamenei mit sehr vielen Mitarbeitern gibt, welche an vielen Stellen dann gerne ein Wörtchen mitzureden haben. Beispielsweise stammt der wichtigste Vizepräsident, der bei der Bildung des Kabinetts ein wichtiges Wörtchen mitzureden hatte aus dem Büro von Khamenei. Es geht dann nicht darum, dass Khamenei zu allem seinem Senf abgibt, sondern das Leute - die seine Ansichten kennen - diese bei Gelegenheit äußern und versuchen andere zu motivieren sie umzusetzen. Was aber dann natürlich nicht immer uneingeschränkt passiert, wenn es um tagesaktuelle Details geht.

Aber Khamenei ist am Ende nicht derjenige, welcher z.B. die konkrete Wirtschaftspolitik macht und diese dann intern verantwortet. Auch wenn er natürlich in seinen Reden seine Wünsche äußert, die dann aber nicht zwangsläufig realistisch sind - wie sein Wunsch nach einer Resistance Economy und ähnliches mehr. Das würde anderfalls wie gesagt ja auch ziemliche Risiken mit sich bringen, weil wer alles macht, der ist dann auch für alles verantwortlich und Khamenei versucht ja ständig für nichts verantwortlich zu sein und alles auf andere abzuwälzen. Stattdessen hält er Reden und wirft dann der Regierung Versäumnisse vor, wenn irgendwas schief läuft.
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Cobra9
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(24 Aug 2021, 16:57)

Nicht wirklich.

Das System funktioniert grundsätzlich so, dass sich Khamenei nicht in das Tagesgeschäft einmischt, sondern nur wichtige Grundsatzentscheidungen trifft, die allgemeinen Rahmenbedingungen vorgibt und einschreitet wenn er Missstände sieht. Aber am Ende agiert die Regierung eigenverantwortlich. Würde Khamenei sich in alles einmischen wäre er ja auch für alles verantwortlich und das wäre ja bescheuert für die Stabilität des Gesamtsystems und komplett unpraktikabel, weil auch Khamenei nicht alles gleichzeitig machen kann. Das Außergewöhnliche ist im Tagesgeschäft eigentlich nicht Khamenei sondern die Revolutionsgarden welche teilweise außen- und innenpolitisch bei Sachen agieren, die eigentlich in die Zuständigkeit der Regierung fallen würden bzw. deren Geheimdienst sich der Kontrolle durch die normale Regierung entzieht.

Wobei es natürlich so ist, dass es ja ein großes Büro von Khamenei mit sehr vielen Mitarbeitern gibt, welche an vielen Stellen dann gerne ein Wörtchen mitzureden haben. Beispielsweise stammt der wichtigste Vizepräsident, der bei der Bildung des Kabinetts ein wichtiges Wörtchen mitzureden hatte aus dem Büro von Khamenei. Es geht dann nicht darum, dass Khamenei zu allem seinem Senf abgibt, sondern das Leute - die seine Ansichten kennen - diese bei Gelegenheit äußern und versuchen andere zu motivieren sie umzusetzen. Was aber dann natürlich nicht immer uneingeschränkt passiert, wenn es um tagesaktuelle Details geht.

Aber Khamenei ist am Ende nicht derjenige, welcher z.B. die konkrete Wirtschaftspolitik macht und diese dann intern verantwortet. Auch wenn er natürlich in seinen Reden seine Wünsche äußert, die dann aber nicht zwangsläufig realistisch sind - wie sein Wunsch nach einer Resistance Economy und ähnliches mehr. Das würde anderfalls wie gesagt ja auch ziemliche Risiken mit sich bringen, weil wer alles macht, der ist dann auch für alles verantwortlich und Khamenei versucht ja ständig für nichts verantwortlich zu sein und alles auf andere abzuwälzen. Stattdessen hält er Reden und wirft dann der Regierung Versäumnisse vor, wenn irgendwas schief läuft.

Ahja. Nicht wirklich seh ich anders. Allein Wiki sagt der Oberste Führer ist der Chef und hat die Macht.

Wenn Er will macht der Präsident brav Männchen oder wird abgesetzt bei Bedarf.


Der Oberste Führer gibt die Richtlinien der aktuelle Politik vor und hat durch die Befugnis, den Präsidenten jederzeit abzusetzen, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Tagespolitik. Eine direkte Einflussnahme des Führers auf die Politik der Regierung geschieht zudem über den Wächterrat.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Oberste ... rer_(Iran)



n)

Der Führer (Rahbar) ist das Staatsoberhaupt des Iran. Er ernennt die Hälfte der Mitglieder des Wächterrates sowie den obersten Richter des Landes. Dem Führer obliegt außerdem der Oberbefehl über die Streitkräfte und die Ernennung der Mitglieder des Schlichtungsrates.


https://de.m.wikipedia.org/wiki/Politis ... m_des_Iran



Beispiel. Der iranische Präsident will was anderes als der Oberste Führer. Entweder der Präsident fügt sich oder es gibt Ärger.


Der Präsident setzt um was Er darf. Mehr nicht
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Cobra9 hat geschrieben:(25 Aug 2021, 14:31)

Ahja. Nicht wirklich seh ich anders. Allein Wiki sagt der Oberste Führer ist der Chef und hat die Macht.

Wenn Er will macht der Präsident brav Männchen oder wird abgesetzt bei Bedarf.

Der Oberste Führer gibt die Richtlinien der aktuelle Politik vor und hat durch die Befugnis, den Präsidenten jederzeit abzusetzen, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Tagespolitik. Eine direkte Einflussnahme des Führers auf die Politik der Regierung geschieht zudem über den Wächterrat.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Oberste ... rer_(Iran)

n)
Der Führer (Rahbar) ist das Staatsoberhaupt des Iran. Er ernennt die Hälfte der Mitglieder des Wächterrates sowie den obersten Richter des Landes. Dem Führer obliegt außerdem der Oberbefehl über die Streitkräfte und die Ernennung der Mitglieder des Schlichtungsrates.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Politis ... m_des_Iran

Beispiel. Der iranische Präsident will was anderes als der Oberste Führer. Entweder der Präsident fügt sich oder es gibt Ärger.

Der Präsident setzt um was Er darf. Mehr nicht
Also natürlich liegt die endgültige Macht beim Revolutionsführer, aber wie gesagt kommt es auf die Details an und der Revolutionsführer mischt sich für gewöhnlich nicht in die Alltagspolitik ein, sondern er legt bestimmte Richtlinien vor und trifft Grundsatzentscheidungen vor allem in der Außenpolitik. Der Präsident wird sich natürlich schwer tun gegen den explizit geäußerten Willen des Revolutionsführers zu handeln, aber die Krux liegt im politischen Alltag darin, dass der Revolutionsführer sich nicht zu allen Detailfragen öffentlich äußert, weil er damit auf Dauer nur seine eigene Position schwächen und die Integrität des politischen Systems schaden würde.

Der Präsident kann nicht so ohne weiteres und jederzeit abgesetzt werden. Es braucht dazu einen Beschluss des Obersten Gerichts oder des Parlaments (2/3-Mehrheit) welches die Nicht-Eignung des Präsidenten feststellt. Das heißt es braucht dazu ein potenziell konfliktträchtiges Verfahren in dem der Revolutionsführer erstmal einen de facto Konsens im politischen System herstellen muss einen Präsidenten abzusetzen, andernfalls werden dessen politische Verbündete zu Oppositionellen und wenn er das willkürlich macht ist die Islamische Republik schnell Geschichte. Ein Präsident der sich keine offensichtliche und klare Verfehlung gegen die Prinzipien des Systems hat zukommen lassen und eine eigene Machtbasis im System und auch im Parlament hat ist nicht so ohne weiteres abzusetzen und willkürliches Handeln würde ein ziemliches Schisma im System hervorrufen.

Es ist daher immer so eine Sache was verfassungsrechtlich möglich ist und was politisch tatsächlich sinnvoll ist.

Mein Argument ist nicht, dass der Präsident sich dem klar geäußerten Willen des Revolutionsführers in einer politischen Krise des Systems widersetzen kann, sondern das er in vielen Fragen der Regierungsführung große Freiheiten hat seine eigenen Vorstellungen umzusetzen, weil der Revolutionsführer sich nicht in jedes Detail der Regierungsführung einmischt, weil dies politisch nicht ratsam wäre und weil das auch einfach nicht die Rolle des Revolutionsführers innerhalb des Systems ist. Es handelt sich hier um ein politisches System, eine politische Administration und da läuft es etwas anders, als in einer Armee mit einer klaren Befehlsstruktur von oben nach unten. ;)
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Vongole »

Die iranische Regierung erlaubt Öl- und Gasexporte nach Afghanistan:
Iran resumed fuel exports to Afghanistan a few days ago following a request from the new Afghan government, which feels empowered by the U.S. withdrawal to buy the sanctioned nation's oil more openly, an Iranian official told Reuters.
To counter the price spike, the new Taliban asked Shi'ite Iran to keep the borders open for traders.
"The Taliban sent messages to Iran saying 'you can continue the exports of petroleum products'," Hamid Hosseini, board member and spokesperson of Iran's Oil, Gas and Petrochemical Products Exporters' Union, in Tehran, told Reuters.
The Taliban sent messages to Iranian traders and to an Iranian chamber of commerce, which has close links to the government.
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 021-08-23/
Da die Talibs über keine finanziellen Mittel verfügen, dürfte m.E. die Gegenleistung darin bestehen, afghanische Bürger von der Flucht in den Iran abzuhalten.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Vongole hat geschrieben:(25 Aug 2021, 17:18)

Die iranische Regierung erlaubt Öl- und Gasexporte nach Afghanistan:

Da die Talibs über keine finanziellen Mittel verfügen, dürfte m.E. die Gegenleistung darin bestehen, afghanische Bürger von der Flucht in den Iran abzuhalten.
Die Taliban bezahlen das Öl auch nicht, sondern afghanische Unternehmer die es dann weiterverkaufen oder verwenden. Die Taliban bekommen Zölle, die sie um bis zu 70% gesenkt haben.
https://iranintl.com/en/iran-in-brief/i ... an-request
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Vongole »

Platon hat geschrieben:(25 Aug 2021, 17:34)

Die Taliban bezahlen das Öl auch nicht, sondern afghanische Unternehmer die es dann weiterverkaufen oder verwenden. Die Taliban bekommen Zölle, die sie um bis zu 70% gesenkt haben.
https://iranintl.com/en/iran-in-brief/i ... an-request
Und wovon wollen die Unternehmer das bezahlen? Sämtliche Gelder sind eingefroren, das der Zentralbank wurde ins Ausland transferiert.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Vongole hat geschrieben:(25 Aug 2021, 17:37)

Und wovon wollen die Unternehmer das bezahlen? Sämtliche Gelder sind eingefroren, das der Zentralbank wurde ins Ausland transferiert.
Es geht hier ja um lokale Händler an der Grenze und das dürfte dann alles über iranische und afghanische Konten laufen.
Oder sie rennen dort auch mit Briefen voller Geld durch die Gegend. ^^
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Gutmensch1
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Gutmensch1 »

Platon hat geschrieben:(25 Aug 2021, 16:44)

Also natürlich liegt die endgültige Macht beim Revolutionsführer, aber wie gesagt kommt es auf die Details an und der Revolutionsführer mischt sich für gewöhnlich nicht in die Alltagspolitik ein, sondern er legt bestimmte Richtlinien vor und trifft Grundsatzentscheidungen vor allem in der Außenpolitik. Der Präsident wird sich natürlich schwer tun gegen den explizit geäußerten Willen des Revolutionsführers zu handeln, aber die Krux liegt im politischen Alltag darin, dass der Revolutionsführer sich nicht zu allen Detailfragen öffentlich äußert, weil er damit auf Dauer nur seine eigene Position schwächen und die Integrität des politischen Systems schaden würde.

Der Präsident kann nicht so ohne weiteres und jederzeit abgesetzt werden. Es braucht dazu einen Beschluss des Obersten Gerichts oder des Parlaments (2/3-Mehrheit) welches die Nicht-Eignung des Präsidenten feststellt. Das heißt es braucht dazu ein potenziell konfliktträchtiges Verfahren in dem der Revolutionsführer erstmal einen de facto Konsens im politischen System herstellen muss einen Präsidenten abzusetzen, andernfalls werden dessen politische Verbündete zu Oppositionellen und wenn er das willkürlich macht ist die Islamische Republik schnell Geschichte. Ein Präsident der sich keine offensichtliche und klare Verfehlung gegen die Prinzipien des Systems hat zukommen lassen und eine eigene Machtbasis im System und auch im Parlament hat ist nicht so ohne weiteres abzusetzen und willkürliches Handeln würde ein ziemliches Schisma im System hervorrufen.

Es ist daher immer so eine Sache was verfassungsrechtlich möglich ist und was politisch tatsächlich sinnvoll ist.

Mein Argument ist nicht, dass der Präsident sich dem klar geäußerten Willen des Revolutionsführers in einer politischen Krise des Systems widersetzen kann, sondern das er in vielen Fragen der Regierungsführung große Freiheiten hat seine eigenen Vorstellungen umzusetzen, weil der Revolutionsführer sich nicht in jedes Detail der Regierungsführung einmischt, weil dies politisch nicht ratsam wäre und weil das auch einfach nicht die Rolle des Revolutionsführers innerhalb des Systems ist. Es handelt sich hier um ein politisches System, eine politische Administration und da läuft es etwas anders, als in einer Armee mit einer klaren Befehlsstruktur von oben nach unten. ;)

Ja, das ist wie beim Bauleiter und dem Handwerker. Der Maler bekommt die Anweisung die Wand weiss zu streichen und er macht es dann auch so. Nur, der Maler kann in "feinen Details", wie z.B. unter der Sockelleiste, die Farbe auslassen. Der Bauleiter wird seine Arbeit so akzeptieren. Ob das nun als "Macht" bezeichnet werden kann, wenn der Präsident in allen unerheblichen Fragen Handlungsfreiheit hat, sei mal dahin gestellt. Die Wahrheit ist, der Revolutionsführer hat das Sagen, Punkt. Er kann durchsetzten, was er will, wann er das will und wie er es will. Nichts steht ihm im Wege... Von wegen "politisches System".... Das ist eine Diktatur!!! Nichts anderes.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Ich würde es eher als eine ideologische Oligarchie charakterisieren, denn eine 1-Mann-Diktatur.
Das sieht man z.B. schon daran, dass zu erwarten ist, dass das System im wesentlichen unverändert weiterbestehen wird, wenn Khamenei stirbt und durch jemand anderen ersetzt wird bzw. es gab ja auch mal die Idee die Revolutionsführer-Position durch ein 3-Mann Gremium zu besetzen.
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Cobra9
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Cobra9 »

Platon hat geschrieben:(25 Aug 2021, 16:44)

Also natürlich liegt die endgültige Macht beim Revolutionsführer, aber wie gesagt kommt es auf die Details an und der Revolutionsführer mischt sich für gewöhnlich nicht in die Alltagspolitik ein, sondern er legt bestimmte Richtlinien vor und trifft Grundsatzentscheidungen vor allem in der Außenpolitik. Der Präsident wird sich natürlich schwer tun gegen den explizit geäußerten Willen des Revolutionsführers zu handeln, aber die Krux liegt im politischen Alltag darin, dass der Revolutionsführer sich nicht zu allen Detailfragen öffentlich äußert, weil er damit auf Dauer nur seine eigene Position schwächen und die Integrität des politischen Systems schaden würde.

Der Präsident kann nicht so ohne weiteres und jederzeit abgesetzt werden. Es braucht dazu einen Beschluss des Obersten Gerichts oder des Parlaments (2/3-Mehrheit) welches die Nicht-Eignung des Präsidenten feststellt. Das heißt es braucht dazu ein potenziell konfliktträchtiges Verfahren in dem der Revolutionsführer erstmal einen de facto Konsens im politischen System herstellen muss einen Präsidenten abzusetzen, andernfalls werden dessen politische Verbündete zu Oppositionellen und wenn er das willkürlich macht ist die Islamische Republik schnell Geschichte. Ein Präsident der sich keine offensichtliche und klare Verfehlung gegen die Prinzipien des Systems hat zukommen lassen und eine eigene Machtbasis im System und auch im Parlament hat ist nicht so ohne weiteres abzusetzen und willkürliches Handeln würde ein ziemliches Schisma im System hervorrufen.

Es ist daher immer so eine Sache was verfassungsrechtlich möglich ist und was politisch tatsächlich sinnvoll ist.

Mein Argument ist nicht, dass der Präsident sich dem klar geäußerten Willen des Revolutionsführers in einer politischen Krise des Systems widersetzen kann, sondern das er in vielen Fragen der Regierungsführung große Freiheiten hat seine eigenen Vorstellungen umzusetzen, weil der Revolutionsführer sich nicht in jedes Detail der Regierungsführung einmischt, weil dies politisch nicht ratsam wäre und weil das auch einfach nicht die Rolle des Revolutionsführers innerhalb des Systems ist. Es handelt sich hier um ein politisches System, eine politische Administration und da läuft es etwas anders, als in einer Armee mit einer klaren Befehlsstruktur von oben nach unten. ;)

Ich akzeptiere deine Meinung, sehe es anders. Niemand der alle Fünf beisammen hat verlässt sich bspw bei größeren Deals aber auf die Regierung.

Man einigt sich vorab mit den höchsten Instanzen. Die pfeifen auch die Rev. Garden zurück. Kostet eben was.

Aber ich seh es eben bißchen anders deswegen wie du
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Der iranische Außenminister hat sich bei seinem ersten großen Auftritt als Außenminister lächerlich gemacht. Er konnte einen Arabisch-Text nicht fehlerfrei vorlesen und stand beim Abschlussfoto an der falschen Stelle.
he first appearance of Iran's new Foreign Minister Hossein Amir-Abdollahian on the international stage was marked by so many blunders that Iranian media could not simply ignore them. Although he has been on the job for just a week, but he was Iran's deputy foreign minister for at least three years until 2016 under former Foreign Minister Javad Zarif.

During his visit to Iraq on August 28 to attend the Baghdad Conference on Cooperation and Partnership, the new foreign minister read out a statement in Arabic which drew much attention not for its content, but for the fact that he could not even read a text in Arabic he had carried with him to Baghdad. He did not appear to notice how annoyed were Arab heads of state and foreign ministers who had to listen to his poor intonation and errors in syntax, not to mention his pronunciation of Arabic words.[...]
https://iranintl.com/en/world/iranian-f ... d-blunders

[youtube][/youtube]
Da hat wohl jemand vergessen ihm vorher die Vokalisierungszeichen zu notieren und da kann man dann schonmal in Schwierigkeiten kommen, wenns mit dem eigenen Arabisch nicht weit her ist. :D

Angeblich kann er sehr gut Englisch und Arabisch und das wurde im Parlament auch vorgebracht als eine seiner Qualifikationen als er als Außenminister bestätigt wurde. Es ist schon länger klar, dass seine Englisch-Kentnisse eher unterdurchschnittlich sind und nun weiß man auch, dass es mit seinem Arabisch nicht weit her ist. Hier ein Video von 2015 wo er sich abmüht auf Englisch zu reden...
[youtube][/youtube]

:? :? :D :D
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Gutmensch1 »

Platon hat geschrieben:(31 Aug 2021, 13:07)

Der iranische Außenminister hat sich bei seinem ersten großen Auftritt als Außenminister lächerlich gemacht. Er konnte einen Arabisch-Text nicht fehlerfrei vorlesen und stand beim Abschlussfoto an der falschen Stelle.

https://iranintl.com/en/world/iranian-f ... d-blunders

[youtube][/youtube]
Da hat wohl jemand vergessen ihm vorher die Vokalisierungszeichen zu notieren und da kann man dann schonmal in Schwierigkeiten kommen, wenns mit dem eigenen Arabisch nicht weit her ist. :D

Angeblich kann er sehr gut Englisch und Arabisch und das wurde im Parlament auch vorgebracht als eine seiner Qualifikationen als er als Außenminister bestätigt wurde. Es ist schon länger klar, dass seine Englisch-Kentnisse eher unterdurchschnittlich sind und nun weiß man auch, dass es mit seinem Arabisch nicht weit her ist. Hier ein Video von 2015 wo er sich abmüht auf Englisch zu reden...
[youtube][/youtube]

:? :? :D :D
Ich habe nicht heraushören können, dass sein arabisch schlecht sei aber ich muss gestehen, ich kann kein arabisch. :)
Wo er falsch gestanden haben soll, geht aus dem Foto meiner Meinung nach auch nicht heraus. Es ist aber egal, was er kann, als Marionette der Mullahs muss er nur eine Sache können: Zu gehorchen.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Gutmensch1 hat geschrieben:(01 Sep 2021, 14:16)

Ich habe nicht heraushören können, dass sein arabisch schlecht sei aber ich muss gestehen, ich kann kein arabisch. :)
Wo er falsch gestanden haben soll, geht aus dem Foto meiner Meinung nach auch nicht heraus. Es ist aber egal, was er kann, als Marionette der Mullahs muss er nur eine Sache können: Zu gehorchen.
Er hätte in der hinteren Reihe links stehen müssen. Aber vermutlich wollte er nicht neben dem saudischen Außenminister und hinter Macron stehen daher hat er sich in die vordere Reihe neben die Staatschefs auf die andere Seite hingestellt.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von lili »

Iran: Atomabkommen auf der Kippe

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... np1taskbar

US-Präsident Joe Biden und die Europäer wollen den Deal retten, doch die neue Hardliner-Regierung in Teheran baut das Nuklearprogramm aus und verweigert Verhandlungen.

Oh Oh! Das sieht übel aus.
Wer einen Beruf ergreift, ist verloren.

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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Im Moment ist weitgehend unklar, was die Raisi-Regierung eigentlich will. Sie wollen Verhandlungen an deren Ende Sanktionen aufgehoben werden. Aber man hat Verstöße gegen das Abkommen unternommen, mutmaßlich um Verhandlungsmasse zu generieren, damit am Ende Sanktionen aufgehoben und Verstöße zurückgenommen werden. Nachdem aber Israel die Uran-Anreicherung sabotiert hat, hat man damit begonnen viel Uran hoch anzureichern und man hat seit 2018 wissenschaftliche Fortschritte gemacht. Es ist daher ziemlich klar, dass ein Rückkehr zum Stand von 2015 wenig wahrscheinlich ist, weil die Iraner auf ihren technischen Fortschritt der letzten Jahre nicht verzichten werden wollen. Sie haben ja bisher auch lauthals Forderungen gestellt, dass die USA ihre Sanktionen zuerst aufheben sollen, was offensichtlich für die USA unannehmbar ist.

Ich habe auch den Verdacht, dass man in der Raisi-Administration erstmal sondieren will, ob sie das Atomabkommen überhaupt noch brauchen. D.h. inwiefern China und Russland ihnen ökonomisch helfen trotz US-Sanktionen. Man will ja bessere Beziehungen mit China und Russland und deren internationalen Organisationen und am liebsten wäre es Khamenei und der aktuellen Administration, wenn man überhaupt kein Abkommen mit den USA schließt. Dazu will man offenbar schauen, inwiefern man intern ökonomische Ressourcen z.B. durch eine Umstrukturierung der Subventionen mobilisieren könnte.

Von daher ist mein Eindruck, dass man die Sache eher herauszögert um zu schauen, ob man nicht auch ohne Atomabkommen eine wirtschaftliche Erholung hinbekommt.

Und wenn man dennoch gezwungen ist ernsthaft eine Lösung zu suchen möchte man durch zahlreiche Verstöße und zumindest eine leichte wirtschaftliche Erholung in einer stärkeren Verhandlungsposition sein, als man das in den letzten Jahren war.

Was jetzt aktuell ansteht ist natürlich die Sitzung bei der IAEA, wo der Iran natürlich durch seine zahlreichen Verstöße in der Kritik steht und auch wenn man droht, dass eine anti-iranische Resolution sich negativ auf die Verhandlungen auswirken würde, muss man sich halt auch fragen, ob das im Moment überhaupt relevant ist und ob die Iraner zum jetzigen Zeitpunkt an Verhandlungen interessiert sind.

Für die USA ist halt die Frage, welche diplomatischen Alternativen es zum Abkommen geben könnte. Also z.B. ein neues Abkommen, bei dem nicht die Uran-Anreicherung sondern andere technische Details - die für den Bau der Atombombe unabdingbar sind - eine zentrale Rolle einnehmen. Weil irgendwann kommt der Punkt, wo das alte Abkommen technisch keinen Sinn mehr macht und man sich dann überlegen muss, was denn noch Sinn machen würde.
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lili
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von lili »

Atombehörde einigt sich mit Iran bei Kamera-Überwachung

https://www.welt.de/politik/ausland/art ... chung.html

Es kommt Bewegung.
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streicher
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von streicher »

lili hat geschrieben:(12 Sep 2021, 17:28)

Atombehörde einigt sich mit Iran bei Kamera-Überwachung

https://www.welt.de/politik/ausland/art ... chung.html

Es kommt Bewegung.
Das wäre allerdings ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung. Transparenz schafft Vertrauen.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Es blieb ihnen ja kaum etwas anderes übrig, wenn sie sich die Option einer Einigung in Wien weiter offenhalten wollen. Andernfalls hätte es nämlich eine Anti-Iran-Resolution bei der IAEA gegeben und das hätte wahrscheinlich wiederum zu einer Reaktion des Iran geführt, welche eine Rückkehr zum Verhandlungstisch in absehbarer Zeit sehr unwahrscheinlich hätte werden lassen. Aber es ist bezeichnend, dass die Kritiker von genau dem gleichen Abkommen unter Rohani es nun unter Raisi positiv sehen.

Iran's Hardliners In Dramatic Shift Support Monitoring Deal With IAEA
https://iranintl.com/en/world/irans-har ... -deal-iaea

Der Iran musste jetzt vernünftig sein, weil irgendwann kommt halt auch der Punkt, wo man in den USA einen Strategiewechsel vornehmen wird, weil die Verhandlungslösung angesichts des Voranschreiten der Uran-Anreicherung im Iran zur reinen Verzögerungstaktik wird. Dann hat man es mit dem Verhandlungsmasse ansammeln übertrieben und stattdessen einen Paradigmenwechsel der Gegenseite provoziert. Es gibt ja bereits Aussagen aus den USA, dass man nicht auf ewig zu Gesprächen bereit sein wird.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Der Iran ist der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beigetreten. Man hatte dort seit 2005 Beobachterstatus und es ist Teil der neuen nach "Osten" orientierten Außenpolitik des Iran. Dies ist eine Neuausrichtung der iranischen Außenpolitik, welche seit dem Ausstieg der USA aus dem JCPOA zunehmend Form angenommen hat und ist eine Abkehr der Politik von Rohani/Zarif, deren Lager primär dafür eingetreten ist Anstrengungen für eine Verbesserung der Beziehungen mit dem Westen zu unternehmen, um so die Sanktionen aufheben zu lassen, Investitionen anzulocken und eine ökonomische Erholung einzuleiten. Es ist also kein spontaner Richtungswechsel, sondern etwas für das seit Jahren in Abhandlungen und Statements argumentiert wurde und das nun unter der neuen Administration umgesetzt werden soll.

Der Grundgedanke ist dabei offensichtlich, dass man durch bessere Beziehungen mit Russland und China in Zukunft unabhängiger vom Druck durch die USA und Europa wird und es zu vermehrter wirtschaftlicher, militärischer und kultureller Zusammenarbeit mit asiatischen Staaten kommt. Die Mitgliedstaaten des SCO sind China, Russland, Indien, Pakistan, Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Kasachstan und Tadschikistan. Man würde es gerne so sehen, dass im 21ten Jahrhundert die weltpolitische Macht sich nach Asien verlagert und der Iran entsprechend als wichtige Regionalmacht daran teilhat. Das große aktuelle Thema der SCO ist natürlich Afghanistan, welches mit dem Beitritt des Iran nun komplett von Mitgliedstaaten des SCO umgeben ist und als multilaterales sicherheitspolitisches Problem in den Zuständigkeitsbereich des SCO fällt. Afghanistan hat selbst Beobachterstatus im SCO und die Taliban erhoffen sich bekanntlich Investitionen aus China.

Die wichtigsten Eckpunkte dieser neuen Politik ist das 25-Jahre Abkommen mit China, eben die Mitgliedschaft im SCO und ein Kooperationsabkommen mit Russland, welches in Arbeit ist.

Die große Frage ist natürlich, ob der Iran hier nicht zu große Hoffnungen in diese Mitgliedschaft und Politik setzt, weil kein asiatischer Staat den eigenen Beziehungen mit dem Iran Priorität gegenüber den eigenen Beziehungen mit den USA geben wird. Man hat durch diesen Schritt die Beziehungen mit China und Russland verbessert, in deren Machtbereich sich Iran stärker integriert, aber das wird an den Sanktionen nichts ändern. Es ist dazu auch so, dass man diese Neuausrichtung der Politik in einem Moment einleitet, wo man selbst ökonomisch extrem unter Druck steht und die Kooperationsabkommen mit China und Russland keineswegs aus einer Position der Stärke abschließt und sich mehr oder weniger auf alles einlassen muss, was diese beiden Länder als Bedingung für Investitionen und Zusammenarbeit verlangen.

Langfristig macht es aber schon viel Sinn, sofern man sich in Wien mit den USA einigen kann und das den Weg öffnet für Investitionen aus China, Indien und Russland und bessere Handelsbeziehungen mit anderen asiatischen Staaten oder auch den Golfstaaten. Wenn das zügig geschieht könnte es eine Strategie sein einen erneuten Ausstieg der USA aus dem Abkommen zu erschweren. Weil das große Problem des Iran bleibt, inwiefern sie einem erneuten Einsetzen der Sanktionen vorbeugen können. Es ist ja keineswegs auszuschließen, dass in vier Jahren in den USA erneut ein Republikaner an der Macht ist, welcher aus einem wie auch immer gearteten Abkommen mit dem Iran aussteigt und die Sanktionen wieder verhängt. Diese Perspektive wird natürlich potenzielle Investoren auch noch einige Jahre abschrecken.
Tehran, Iran – President Ebrahim Raisi has said Iran wants closer ties with its regional neighbours and rejected the United States’s “unilateralism”, as his country became a full member of the influential Shanghai Cooperation Organisation (SCO).

Iran said on Friday it had been accepted as the eighth full member of the organisation during its annual conference in Tajikistan’s capital, Dushanbe. Senior officials from other full member states – namely China, Russia, India, Pakistan, Tajikistan, Uzbekistan, Kyrgyzstan and Kazakhstan – were in attendance.

Iran had held observer status for the past 15 years. It expects the full membership to help it boost its economy and regional standing.

In a speech to the summit, newly elected Raisi predominantly emphasised his main stated foreign policy goal, which is to expand political, economic and cultural ties with countries across the region and protect Iran from unilateral punishments from the West.[...]
Iran denounces ‘unilateralism’ as it becomes full SCO member
https://www.aljazeera.com/news/2021/9/1 ... sco-member

Membership In Shanghai Pact Would Hardly Help Iran's Trade
https://iranintl.com/en/world/membershi ... rans-trade

Why Is Iran So Keen on Joining the SCO?
https://thediplomat.com/2021/09/why-is- ... g-the-sco/
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

In den letzten Wochen ist in Sachen Impfung im Iran einiges passiert. Die Raisi-Regierung hat große Mengen an Impfstoff - vor allem Sinopharm und AstraZeneca - importiert und die offizielle Impfquote liegt aktuell bei 42% Erstimpfungen und 18% komplett geimpften. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten Monaten diese Zahlen weiter stark steigen werden. Der Raisi-Regierung gelingt damit ein erster Erfolg, welcher der Rohani-Administration verwehrt wurde, weil damals das System nicht an einem Strang gezogen hat und man sich gegenseitig blockiert hat. Nun ist es Raisi welcher im Iran die Pandemie unter Kontrolle bringt und damit seine Popularität steigern kann.
Iran’s Raisi focuses on vaccines not nuclear talks
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Lesenswerter Artikel zum Thema Prostitution im Iran. Einerseits die Kurzehe, andererseits die extreme wirtschaftliche Not großer Teile der Bevölkerung, das Ergebnis ist entsprechend.
Wie gingen die islamischen Revolutionäre mit der Prostitution und den Sexarbeiterinnen im Iran um, und wie funktioniert das Geschäft mit dem Sex im Iran heute? Haben sich Angebot und Nachfrage vier Jahrzehnte nach der Machtübernahme der Ayatollahs verändert? Von Nasrin Bassiri[...]
Prostitution in der Islamischen Republik Iran: Aufgeschlossen, liebevoll - und verzweifelt
https://de.qantara.de/inhalt/prostituti ... erzweifelt
[...]In vielen Ländern tragen Sexarbeiterinnen markante Kleidung, damit sie ins Auge fallen und leichter von ihren Kunden erkannt werden. Im Iran ist das aufgrund der islamischen Kleidervorschriften nicht möglich. Sexarbeiterinnen stehen dort anders als in Europa nicht in gewissen Stadtvierteln, sondern überall, an allen Straßen: So kann jede Frau, die am Straßenrand auf ein Sammeltaxi wartet, für eine Prostituierte gehalten werden. Folglich treten Männer in teuren Klamotten und dicken Limousinen für schöne und gepflegte Frauen auf die Bremse, für die anderen halten Männer in südkoreanischen Wagen älteren Modells an, rufen und hupen. Zeigt die Frau kein Interesse und geht weg, legt der Fahrer auch mal den Rückwärtsgang ein und verfolgt sie. Viele iranische Frauen fühlen sich deshalb unsicher, wenn sie alleine unterwegs sind.[...
Das erklärt womöglich ein paar Sachen, die mir erzählt wurden.

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Tom Bombadil
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Tom Bombadil »

Wow, muss toll sein, als hübsche und gepflegte Frau in Teheran. Nicht.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
Thomas Jefferson
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Es mehren sich die Stimmen im Iran, dass man vielleicht doch mal was an der ökonomischen Situation tun sollte. Darunter auch Großayatollah Safi Golpayegani:
The Grand Ayatollah suggested: "We should maintain relations with all the countries in the world. It is not good to be sulking with many other countries. In order to restore the rights of the people and put an end to the current situation which Iranians do not deserve, we should maintain relations with the world."
Iran Should Come To Terms With US Or Expect Economic Disaster, Influencials Warn
https://www.iranintl.com/en/20211023978202

Man muss dabei sagen, dass Golpayegani alles andere als ein Regimekritiker ist. Er ist 102 Jahre alt und gehört als einer der wichtigsten schiitischen Gelehrten im Iran zu den absoluten Unterstützern des Islamischen Republik. Er hat damals die Todesfatwa gegen Shahin Najafi verfasst und hat sich auch mal gegen ein Heiratsmindestalter für Frauen ausgesprochen mit dem Argument, dass der Vater das zu entscheiden hat und nicht der Staat. Wenn dann selbst er bei einem Treffen mit Parlamentssprecher Ghalibaf sagt, dass die wirtschaftliche Lage im Iran wirklich problematisch ist und man mit allen Ländern der Welt Beziehungen haben sollte, dann sagt das einiges aus bzw. ist eine deutliche Ansage an Khamenei und die Mächtigen im Lande. Das zu einem Zeitpunkt wo man nicht den Eindruck hat, dass die Raisi-Administration wirklich ernsthaft versucht eine Einigung mit den USA herbeizuführen. Stattdessen gibt Raisi regelmäßig allgemeine Anordnungen heraus, dass man die ökonomische Lage verbessern soll, aber wirklich einen realistischen Plan wie man das anstellen soll, scheint er nicht zu haben.

Erinnert mich an die Situation mit den Taliban. Man hat jahrelang rumgemosert doch endlich an die Macht zu kommen und wenn man dann mal an der Macht ist, kann man ideologische Reden halten und sich darüber streiten wer welche Posten bekommt, hat aber keinen wirklichen Plan wie man die tatsächlichen Probleme des Landes lösen kann.
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Die neue iranische Administration mit Außenminister Amir-Abdollahian versucht mit ihrer neuen Ostausrichtung die Beziehungen mit China und Russland zu verbessern. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums Said Khatibzadeh hat die Tage angekündigt, dass man ein strategisches Partnerschaftschaftsabkommen schließen will, nachdem man ein solches Abkommen mit China bereits abgeschlossen hat.
Said Khatibzadeh hat geschrieben:“The initial arrangements of this document, entitled the Global Agreement for Cooperation between Iran and Russia, have been concluded. We are in the process of finalizing diverse clauses of the document and we will send it to Moscow. In recent years, it has become necessary to improve relations between Iran and Russia and to concentrate on strategic partnerships. Between Iran, China and Russia, the eastern axis is emerging.
Is A So-Called Eastern Axis Really Emerging Between Russia, China, And Iran?

Das ist offensichtlich wie man sich das vorstellt. Eine geopolitische Ostachse, welche als Gegengewicht zum Westen agiert und Iran am liebsten auf Augenhöhe mit China und Russland. Und man hat in den vergangenen Jahren geopolitische Unterstützung von Russland und China bekommen im Atomstreit, bei dem China und Russland immer sehr skeptisch gegenüber anti-iranischen Resolutionen im UN-Sicherheitsrat und bei der IAEA sind, und natürlich auch beim Thema Syrien, wo es zu einer engen militärischen Kooperation kam und russisches Militär sogar iranische Infrastruktur nutzen konnte. Dazu stehen chinesische Investitionen im Iran und der Verkauf von russischen Waffen an Iran im Raum.

Es gibt allerdings auch starke Meinungsunterschiede zum Beispiel beim Thema Taliban, wo der Iran doch nach anfänglicher Gesprächsbereitschaft eher skeptisch geworden ist, während Russland und China gute Beziehungen zu den Taliban anstreben sofern die eigenen Sicherheitsinteressen in Zentralasien bzw Xinjiang berücksichtigt werden.

Aktuell gibt es ziemliche Spannungen zwischen Iran und Aserbeidschan. Die Gemengenlage scheint mir hier kompliziert zu sein, die aktuelle Krise ist aber offenbar dem Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan vor einem Jahr geschuldet. Die unmittelbare Ursache war die Verhaftung von zwei iranischen Lastwagenfahrern, welche von Iran über aserbeidschanisches Territorium nach Armenien fahren wollten. Wobei es sich um eine Straße handelt, welche an der Grenze zwischen Armenien und Bergkarabach entlang läuft, mal auf der einen und mal auf der anderen Seite der Grenze. Aserbaidschan hat dieses Territorium bekanntlich vor einem Jahr erst erobert bzw. im Friedensabkommen mit Armenien zugesprochen bekommen und hat dann jetzt angefangen dort Polizeicheckpoints zu errichten und Wegzoll von iranischen Lastwagen zu kassieren. In dem Zusammenhang wurden dann zwei Leute verhaftet und zwischenzeitlich wieder freigelassen. Wenn man auf die Karte schaut dann gibt es Straßen vom südlichen Armenien nach Iran, aber bei Kapan laufen alle Verbindungswege von dort nach "Zentralarmenien" zusammen und die Straße von Kapan nach Goris im Norden läuft teilweise über das neu eroberte aserbaidschanische Territorium, wo auch der Zwischenfall mit den Lastwagenfahrern passierte. Das heißt hier besteht die Gefahr, dass Aserbaidschan die Zufahrtsstraßen von Iran nach Zentralarmenien kontrolliert und offenbar iranischen Zugang zu dem Gebiet erschwert hat.
Die Situation könnte noch verschlimmert werden, da Aserbeidschan der Meinung ist, dass das Friedensabkommen die Einrichtung einer Straße, von russischem Militär gesichert, zwischen Aserbaidschan und Nakhjawan vorsieht. Nakhjavan ist eine aserbeidschanische Enklave westlich des südlichen Armeniens und liegt im Grenzgebiet zwischen Armenien und Iran und grenzt im äußersten Westen an die Türkei. Aserbaidschan hat im Verlauf von 2021 mehrere Male offen Anspruch auf das Territorium im südlichen Armenien (Zangezur/Syunik) erhoben und notfalls militärische Maßnahmen angedroht. Es ist eine Fortsetzung des Bergkarabach-Konflikts und Aserbaidschan stellt nun neue territoriale Forderungen, die über die ursprünglichen und nun weitgehend erfolgreich umgesetzten Forderungen in Bergkarabach hinausgehen.
Sangesur-Korridor
Armenisch-aserbaidschanischer Grenzkonflikt 2021

Im Iran befürchtet man nun offenbar, dass Aserbaidschan damit erfolgreich sein könnte, beispielsweise Armenien hier Territorium im Grenzgebiet aufgeben und an anderer Stelle dafür entschädigt und zusätzlich durch Wirtschafts- und Militärhilfe belohnt werden könnte. Das würde dann eine von Aserbeidschan und der Türkei kontrolliertes Gebiet schaffen, welches entlang der gesamten nördlichen iranischen Grenze verläuft. Es würde eine pro-türkische Region von Istanbul bis ans kaspische Meer (und von dort nach Zentralasien) schaffen und Iran im Norden vollständig isolieren bzw. ein Einflussgbiet von Ländern schaffen die mit Israel und der syrischen Opposition verbündet sind.

In Reaktion darauf haben die Revolutionsgarden Truppen ins Grenzgebiet verlegt und ein großes Militärmanöver abgehalten um deutlich zu machen, dass man eine Veränderung der Grenzen oder geopolitischen Lage nicht akzeptieren würde. Dabei kamen auch größere Mengen an schweren Waffen, Drohnen und Helikopter zum Einsatz und war ein sehr ernst gemeintes militärisches Ausrufezeichen. Damit haben die Iraner deutlich gemacht wie ernst sie die Sache nehmen, aber es hat den Konflikt natürlich nicht beruhigt. Aserbeidschan hat dann auch diverse Büros von pro-iranischen kulturellen/religiösen Organisationen geschlossen und pro-iranische schiitische Websites geblockt und ähnliches mehr. Aus Iran gibt es dann alle möglichen Verschwörungstheorien und es ist eine ziemlich aufgeheizte Stimmung. Hier spielen dann auch traditionelle Vorwürfe eine Rolle, dass der Iran Aserbaidschan verdächtigt eine pro-aserbaidschanische Haltung unter der aserbaidschanischen Bevölkerung im Iran zu fördern, während Aserbaidschan argwöhnlich auf pro-iranische Propaganda unter den Schiiten Aserbaidschans schaut.

Der geopolitische Hintergrund ist die Unterstützung Aserbaidschans, die es von Israel während dem Krieg bekommen hat, welches Drohnen geliefert hat, die einen wesentlichen Anteil am Sieg Aserbeidschans hatten. Dazu hat die Türkei sunnitische Kämpfer aus Syrien organisiert, welche an der Seite der aserbaidschanischen Truppen gekämpft haben. Iran sieht sich hier also mit einer Situation konfrontiert, wo es den begründeten Verdacht hat, dass Israel eine Präsenz an der Grenze des Irans aufbaut und es selbst droht den Kontakt mit dem eigenen Verbündeten Armenien zu verlieren. Das natürlich in einer Zeit, wo Israel mit mehreren Golfstaaten Friedensabkommen geschlossen hat und sich damit ein Ring pro-israelischer Staaten entlang der eigenen Grenze zu formen beginnt (was natürlich an die zunehmende iranische Präsenz an der Israelischen Grenze erinnert, vor allem bei den Golanhöhen im Süden Syriens, wo Iran neben dem Gazastreifen und dem Südlibanon ein weiteres Einflussgebiet aufbauen will ^^).



Was der Iran nun versucht hat ist Russland für die eigene Position zu gewinnen und Amir Abdollahian war in Moskau und erklärte, dass man die Beziehungen zu Russland erheblich verbessern und ausbauen möchte. (Iran looking for ‘big jump’ in Russia relations with Moscow talks). Er hat beim Thema Aserbeidschan aber eine Abfuhr erhalten und Lavrov hat sich stattdessen für politische Verhandlungen aller beteilligten Länder ausgeprochen. Russia suggests 3+3 format with Turkey, Iran, Azerbaijan, Armenia, Georgia in Caucasus

Russland möchte bekanntlich gute Beziehungen zu Aserbaidschan und Armenien gleichermaßen haben und dort weiter als Ordnungsmacht auftreten und jede weitere militärische Eskalation vermeiden. Ebenso teilt man keineswegs die Haltung des Irans zu Israel, was ja in Syrien schon dazu führt, dass man gemeinsam mit Iran und Assad gegen die Rebellen kämpft, aber Israel freie Hand lässt Hisbollah, Revolutionsgarden und auch mal Assads Truppen zu bombardieren. Von daher mag das mit der Ostausrichtung der iranischen Außenpolitik ja gut und schön sein, aber selbst in diesem wichtigen Konflikt mit Aserbaidschan kann Iran keineswegs auf die politische Unterstützung der Länder zählen, welche es als geopolitische Verbündete einer östlichen Achse in Stellung bringen will.

Auch beim Thema Wiederaufnahme der Atomgespräche in Wien hat sich Russland zuletzt unzufrieden mit der iranischen Verzögerungstaktik gezeigt. Man hat abgelehnt, dass das Abkommen nochmal von Anfang an neu verhandelt wird, angemahnt, dass man bei Verhandlungen in Wien und nicht in Brüssel diskutiert und in einem Fall sogar ziemlich offen gefragt, wann die Iranische Seite denn bitte an den Verhandlungstisch zurückkehren will. Es ist auch keineswegs zu erwarten, dass Russland oder China dem Iran die erhoffte wirtschaftliche Unterstützung/Erleichterung gewähren wird ohne eine Einigung in Wien.

Von daher wurde in den letzten Wochen deutlich, dass die neue Administration im Iran sehr aktiv versucht diese Ostausrichtung der eigenen Außenpolitik umzusetzen, aber die Erfolge, die man damit erzielen kann, scheinen doch recht begrenzt zu sein.

Konflikt zwischen Iran und Aserbaidschan: Glut unter der Asche

https://www.intellinews.com/azerbaijan-detains-iranian-truck-drivers-as-land-corridors-dispute-with-armenia-worsens-220863/
Baku Releases Iranian Truck Drivers As Tensions Ease
Army Commander Says Iran Will Not Tolerate Changes At Its Northern Borders
Newspaper In Tehran Sniffs Azeri-Turkish-US-Israeli Plot Against Iran
In Latest Azerbaijan-Iran Spat, Baku Blocks ‘Pro-Iranian’ Websites
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

In Isfahan gab einen großen Protest mit mehreren Tausend Teilnehmern über den ausgetrockneten Fluss der Stadt. Ein ikonisches Wahrzeichen der Stadt, welches die meiste Zeit im Jahr ausgetrocknet ist, hin und wieder aber etwas Wasser hat. Durch den Klimawandel gibt es dieses Jahr in der gesamten Region vom Libanon bis nach Iran kaum Regen und eine Dürre. Es hatte im Juli in Khuzestan im Südwesten des Landes eine große Protestwelle wegen der Wasserknappheit gegeben. In Esfahan gibt es seit 2 Wochen kleinere Veranstaltungen, aber das heute war eine ziemlich große Menschenmenge. Der Protest geht von einigen Landwirten aus, die durch die Trockenheit ihre Existenz verlieren und Bewohner der Stadt haben sich ihnen angeschlossen. Es mag auch kein Zufall sein, dass die großen Proteste von 2019 diese Woche genau zwei Jahre her sind. Da ging es in Isfahan auch sehr hoch her. Dazu liegt die Inflation weiterhin bei 50% und die Arbeitslosigkeit ist hoch etc.
Large protests to lack of water by farmers in the central Iranian city of Esfahan, backed by the city’s residents, continued Friday for the second week running.

Thousands of people gathered on the dry bed of the iconic Zayandeh Roud river and on the 400-year-old bridges linking the two parts of Esfahan to demand action by the government. Friday’s protest was one of the largest demonstrations in the city in recent years.

[...]
Iranians who also have to cope with a serious economic crisis and 50-percent inflation rate see government mismanagement as the main reason for all kinds of issues.

Protesters on Friday continued chanting slogans, as they have been doing all along. They chanted "Flowing Zayandeh Roud Is Our Indisputable Right," a play on the slogan "Nuclear Energy Is Our Indisputable Right," often chanted at state-sanctioned rallies. "Give Back Our Zayandeh Roud, Give Back Esfahan Its Breath.”[...]
https://www.iranintl.com/en/20211119687633


Titel des Videos:
Umfangreiche Präsenz und Symphatie der Menschen von Isfahan mit den protestierenden Bauern Freitag 28 Aban 1400 (= heute)
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Habe ein paar mehr Videos angesehen. Ich würde vermuten, dass das der größte Regierungskritische Protest seit 2009 war heute, in dem Sinne wie viele Leute auf einmal vor Ort waren. Die Slogans sind aber auf den Fluss bezogen und es wurde nicht zum Umsturz aufgerufen. Es war also im Rahmen dessen was das Regime zulässt. Weil es finden ja ständig kleinere Proteste statt, die weitgehend toleriert werden, sofern keine Slogans gegen Khamenei und das System gerufen werden. Der Protest wurde auch vom Regime selbst wahrgenommen und in den Regimekonformen Medien verbreitet bzw. dort wurde dann von der Reaktion der Raisi-Regierung berichtet. Da haben Minister&Co mal wieder die Anweisung gegeben, dass man sich dem Problem annehmen soll, aber nicht viel Konkretes was echte Lösungen angeht, wie ja eigentlich bei allen Problemen die die Regierung lösen soll. Auf der anderen Seite ist das ein wirklich großer Protest gewesen heute und man wird nicht riskieren wollen, dass das jetzt jede Woche Freitags so stattfindet... Das so offen über den Protest berichtet wird spiegelt womöglich auch eine gewisse Frustration mit der neuen Regierung innerhalb des Systems wieder, weil man viel versprochen und angekündigt aber außer den Impfungen nicht viel geliefert hat. Raisi ist (noch) nicht der Revolutionsführer. Er ist nicht heilig und unkritisierbar im System. Er hat es ja immer noch nicht geschafft einen Bildungsminister zu ernennen, nachdem die ersten beiden Kandidaten vom Parlament abgelehnt wurden, weil selbst denen der Nepotismus zu deutlich und offensichtlich war bei der Ernennung der bisherigen Kandidaten.

PressTV (englisch): (Regimekonform)
Dried-up river draws Iranians on Isfahan streets to demand its revival
https://www.presstv.ir/Detail/2021/11/1 ... ian-Raeisi

Farsnews (Persisch): (Regimekonform)
https://www.farsnews.ir/isfahan/news/14 ... 9%84%D8%AA




(ISNA = Islamic Student News Agency, Regimekonform, gerne aber mal mit Kritik)
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Security forces have deployed in the Iranian city of Esfahan on Thursday after government agents attacked protesting farmers in their camp earlier in the day.

Reports and social media videos from Esfahan show that special riot police armored cars are visible throughout the city and some streets have been closed to traffic. Farmers and Esfahan residents have called for a large protest on Friday.[...]

The sudden change in tone could be related to the passing of an important anniversary. November 15 marked the second anniversary of the 2019 anti-regime protests when security forces killed hundreds of unarmed demonstrators across the country. The government probably did not want a repeat of violence to coincide with a sensitive date, which could fuel unrest in other parts of the country.

Social media users reported that many people received text messages from security agencies warning them not to show up at any protest location.
https://www.iranintl.com/en/20211125037213

Habs mir schon gedacht, dass man das nicht nochmal so zulassen wird. Es ist zu befürchten, dass das mal wieder schlimme Szenen gibt morgen.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Wie zu erwarten war. Aber bisher noch keine großen Berichte über Opfer.
DUBAI (Reuters) – Hundreds of protesters, some throwing rocks, clashed with police in Iran’s central city of Isfahan on Friday, Iranian news agencies and social media posts said, after officers fired tear gas at demonstrators backing farmers demanding water for crops.

Isfahan, Iran’s third largest city, has been the site of protests over water shortages held in the dried up riverbed of the Zayandeh Rud, the largest river in the region.

The semi-official news agency Fars said demonstrators threw rocks and set fire to a police motorcycle and an ambulance. “They are in groups of 40-50 on streets around Khaju Bridge and are estimated at around 300,” Fars said.

State TV showed police firing teargas at demonstrators gathered in the dried riverbed. A video posted on social media showed protesters chanting back: “Shame on you!” Reuters could not independently verify the clip.[...]
Protesters, police clash in central Iran after rally over water shortages
https://wtvbam.com/2021/11/26/protester ... shortages/
Security forces in Esfahan, Iran's third largest city, blocked roads and anti-riot special forces on motorcycles attacked protesters Friday, firing tear gas.

Videos posted on social media Friday morning show thousands of protesters in the city's dry riverbed and its adjacent boulevards chanting slogans and refusing to leave despite heavy use of tear gas, firing guns in the air and paramilitary and plainclothes motorcyclists driving into crowds. Some social media users claim protesters are being targeted with birdshots.[..]
Iran Security Forces Storm Protest Site, Fire Tear Gas In Esfahan
https://www.iranintl.com/en/20211126892228
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Es gab heute große Proteste von Lehrern im ganzen Land, welche mehr Gehalt und die Freilassung von festgenommenen Lehrern fordern:
On the third day of their strike, tens of thousands of teachers across Iran staged rallies Monday demanding higher pay and freedom for colleagues in prisons.

Implementation of the legislation, which would bring salaries and pensions in line with of other civil servants, would benefit around 750,000 teachers.

The budget bill that President Ebrahim Raisi presented to parliament December 12 proposes increasing the education ministry's budget by 14 percent but does not identify specific resources to increase teachers' salaries matching the reform plan.

Videos posted on social media showed rallies in Tehran, tens of smaller cities, and most province capitals including, Ahvaz, Tabriz, Zanjan, Kerman, Rasht,Yasuj, and Bushehr.[...]
https://www.iranintl.com/en/20211213513839

Das hier war in Schiraz:


Das Lied was die da am Anfang singen ist übrigens Yare Dabestani-e man- Mein (Grund)Schulfreund


https://www.youtube.com/watch?v=oypQWOPwuZU
Text und Übersetzung:
https://lyricstranslate.com/de/yare-dab ... riend.html
passend für einen Protest der Lehrer
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Das Budget für das kommende Jahr verdeutlicht, dass der Staat bzw. die Islamische Republik sich immer mehr der Staatspleite nähert. Durch eingebrochene Einnahmen aus Ölverkäufen muss der Staat Geld direkt oder indirekt Geld von der Zentralbank leihen und die Zentralbank bezahlt diese Darlehen indem es Geld druckt. Das wiederum befeuert erst so richtig die Inflation, die seit Jahren bei ca 50% liegt. Um das verfügbare Geld finden dann Verteilungskämpfe zwischen Parlament und Präsident statt und diversen Interessengruppen, die vom Staat bezahlt werden. Wie die Rentner, die Lehrer, die Staatsangestellten. Und in diesem Kontext finden dann auch Proteste vor allem der ersten beiden Gruppen statt. Sollte die dritte Gruppe irgendwann mal streiken, dann sieht es für die Islamische Republik richtig düster aus, weil diese Leute kann die Polizei nicht mal eben zusammenprügeln, denn das sind die Leute welche die Islamische Republik am Laufen halten und auch die Masse an Leuten auf pro-Regierungsdemos. Im neuen Budget wurde ihr Gehalt um durchschnittlich 10% erhöht, was bei 50% Inflation natürlich einer massiven Gehaltssenkung gleichkommt. Es ist aber zu erwarten, dass das nochmal geändert wird, weil das natürlich so nicht geht. Sollten die Sanktionen dann noch stärker umgesetzt und das Geld noch knapper werden, könnten diese Verteilungskämpfe innerhalb des Regimes unmittelbar das Fortbestehen der Islamischen Republik gefährden, weil man zumindest einen Teil der eigenen Leute nicht mehr bezahlen kann, während überall im Land Proteste wegen der wirtschaftlichen Lage stattfinden. Und die werden erst so richtig losgehen, wenn man z.B. mal wieder auf die Idee kommt Subventionen für Benzin oder Brot zu kürzen. (Oder Steuern zu erhöhen.) Es ist fraglich, dass die Islamische Republik sich an der Macht halten kann, wenn es am Ende nur noch die Revolutionsgarden und der harte Kern der besonders Überzeugten sind, die wirklich für das System kämpfen.
A leading economic daily in Tehran says the main implication of Iran's new budget bill for ordinary people would be higher inflation in the months to come.

Donyaye Eghtesad (World of Economy) has highlighted the elimination of cheap dollars government has been providing to importers of food and medicine as the main factor, which will boost prices.

The government's annual budget bill for the new Iranian year that starts on March 21,2022 was handed over to the parliament for ratification on Sunday. Usually, the bill will undergo dramatic changes before it takes its final shape probably in February or March.[...]

Meanwhile, observers say an average 10 percent salary increase for government employees amid 50-percent inflation, will add to dissatisfaction among the workers. On Monday, thousands of Iranian teachers clashed with the police near the parliament after security agents attacked protesters who wanted a pay adjustment to make up for the impact of the country's back-breaking inflation. Not only government office workers are affected but millions of workers in state-owned industries.

Social media users in Iran have pointed out that the 10 percent raise for government employees is ridiculous while Raisi has proposed a 300-percent increase for the expenses of the Presidential Office.[...]
https://www.iranintl.com/en/20211214587224

Wenn Khamenei nicht bald mal in Sachen Atomprogramm zur Besinnung kommt, wird die Islamische Republik irgendwann so geschwächt sein, dass die USA sich fast unmittelbar aussuchen können, ob man die Islamische Republik noch retten will durch ein Abkommen oder die Sanktionen einfach beibehält bis zur Revolution.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Ein Video, wo ein Iraner mit der Kamera durch Sistan und Belutschistan fährt und Eindrücke sammelt. Zumeist einfach nur mit der Kamera durchgefahren bzw. durchgelaufen. Für diese Regionen gibt es zurecht seit jeher eine Reisewarnung. Ist auch ein wenig Armutstourismus was er da macht, weil das sind die Gegenden mit der größten Armut und mit viel Kriminalität auch dank der benachbarten Afghanistan und Pakistan. Sehr viele von diesen nichtssagenden Bazarszenen im Video aber ein paar interessante Eindrücke dabei imho.

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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Bolero »

MONA (17) IM IRAN VON EHEMANN ENTHAUPTET
Die Polizei half, ihr Versteck zu finden
Justiz entscheidet jetzt, ob die Täter wegen Mord oder „Ehrenmord“ verurteilt werden
Ihre brutale Ermordung sorgt für Entsetzen im Iran und auf der ganzen Welt. Die erst 17-jährige Mona Heidari ist von ihrem gewalttätigen Ehemann verfolgt, entführt und dann getötet worden: Mit Hilfe seines Bruders enthauptete er sie, lief nach der Bluttat mit einem Messer in der einen und ihrem Kopf in der anderen Hand grinsend auf der Straße umher.
https://www.bild.de/politik/ausland/pol ... .bild.html

Schlimmer wie in der Steinzeit!! :dead:
“Wir leben im besten Deutschland, das es jemals gegeben hat”
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Die britischen Gefangenen im Iran kommen jetzt frei.
LONDON (AP) — A plane carrying Nazanin Zaghari-Ratcliffe, a British charity worker detained in Iran for almost six years, flew out of Tehran and headed for home Wednesday, soon after the U.K. government settled a decades-old debt to Iran.

Zaghari-Ratcliffe and another British-Iranian dual national, Anoush Ashoori, who was detained in Tehran in 2017, boarded a plane from Mehrabad International Airport after the deal was struck. A third dual national, Morad Tahbaz, is set to be released from prison on furlough shortly.

British Prime Minister Boris Johnson, on a trip to the United Arab Emirates and Saudi Arabia on Wednesday, tweeted that he was pleased the two’s “unfair detention” had ended.

“The UK has worked intensively to secure their release and I am delighted they will be reunited with their families and loved ones,” he wrote.

The breakthrough came after extensive diplomacy that secured the release of the three dual nationals and led to agreement to repay the debt in a way that complies with U.K. and international sanctions. Britain agreed to pay Iran 393.8 million pounds ($515.5 million), which will be ring-fenced so the money can only be used for humanitarian purposes. The British government declined to offer details of the arrangement.
[...]
https://apnews.com/article/boris-johnso ... 1e76eba34d
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Nachdem man Subventionen für essenzielle Güter gestrichen und damit einen Preisanstieg ausgelöst hat kommt es seit Tagen zu (eher kleineren) Protesten vor allem in eher ländlichen Gebieten im Iran, welche die Revolutionsgarden mit teils äußerster Gewaltanwendung niederschlagen.

Iran Eliminates Subsidy For Food And Medicine Amid High Inflation
https://www.iranintl.com/en/202203074934

Price protests turn political in Iran as rallies spread
https://www.reuters.com/world/middle-ea ... 022-05-15/

Iranians protest over government price hikes
https://www.france24.com/en/live-news/2 ... rice-hikes
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Vongole
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Vongole »

Platon hat geschrieben: Mo 16. Mai 2022, 00:31 Nachdem man Subventionen für essenzielle Güter gestrichen und damit einen Preisanstieg ausgelöst hat kommt es seit Tagen zu (eher kleineren) Protesten vor allem in eher ländlichen Gebieten im Iran, welche die Revolutionsgarden mit teils äußerster Gewaltanwendung niederschlagen.

(..)
Es liegt alleine an der iranischen Führung, die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Auf die Dauer kann man Protest nicht wegprügeln, aber offensichtlich hat man aus dem Niedergang der Pahlevi
nichts gelernt.
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"It's God's job to judge the terrorists, it's our duty to arrange that meeting." (IDF)
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Ammianus
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Ammianus »

Wieder gehen mutige und wütende Menschen auf die Straße und werden von den Bütteln der Mullahs gejagt. Aber ich sage es als ehemaliger DDR-Bürger: Der Tag wird kommen ...
"Ich möchte an einem Ort sein, an dem es keine Politik gibt, keine Waffen, keine Religion."
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Eine Frau wurde in Teheran von der Moralpolizei totgeprügelt und nachdem sie im Krankenhaus gestorben ist, gab es Proteste. Zunächst in ihrer Heimatregion in Sanandaj. Dazu ein paar kleinere Sachen in Karaj und in Teheran an der Uni. Im weiteren Verlauf gab es heute dann auch einen größeren Protest in Teheran und wieder ein paar Sachen an den Teheraner Unis und weitere (eher kleine) Proteste in anderen Städten, vor allem in kurdischen Gebieten in größerem Umfang. Und natürlich Online mit Masih Alinejad als die Initiatorin von My Stealthy Freedom als zentrale Figur immer wenn es gegen den Hijab geht. Grundsätzlich ist nicht davon auszugehen, dass Anti-Hijab-Proteste das Regime ernsthaft in Schwierigkeiten bringen und das was man bisher sieht ist keine wirklich ernsthafte Mobilisierung, die sich nicht recht leicht von der "Polizei" wird niederknüppeln lassen. Wenn sich diese Proteste aber ausweiten und dann auch Inflation und ökonomische Probleme Teil davon werden, dann kann es schnell gefährlich werden und dann ist mit einem massiven Einsatz der Revolutionsgarden zu rechnen, während im Moment nur die übliche Anti-Riot-Police versucht die Demonstrationen aufzulösen oder zumindest zu kontrollieren.

Protests Spread From Hijab Victim’s Hometown To Other Cities In Iran
https://www.iranintl.com/en/202209189135



Zuletzt geändert von Platon am Mo 19. Sep 2022, 21:52, insgesamt 4-mal geändert.
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Die Frau war Kurdin und die größten Proteste gibt es vor allem in kurdischen Städten: Sanandaj, Bukan, Saqez. In Sanandaj hat man dann auch schonmal das Internet ausgeschaltet. Es ist natürlich mit weiteren Internet-Cuts in Gebieten zu rechnen, wo Proteste stattgefunden haben.





Dazu scheint es in Rascht, eine Stadt am kaspischen Meer auch größere Proteste zu geben.
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JJazzGold
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von JJazzGold »

Mich wundert, dass diese Proteste überhaupt stattfinden.
Das wird wieder in das Verschwinden von Protestierenden in die Mullahkerker, Folter und Tod münden.

In der Geschichte der Menschheit ist mir kein religiöser Fantiker bekannt, der freiwillig abgetreten wäre und der Iran ist voll davon.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Platon
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

JJazzGold hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 21:55 Mich wundert, dass diese Proteste überhaupt stattfinden.
Das wird wieder in das Verschwinden von Protestierenden in die Mullahkerker, Folter und Tod münden.

In der Geschichte der Menschheit ist mir kein religiöser Fantiker bekannt, der freiwillig abgetreten wäre und der Iran ist voll davon.
Das Risiko für den einzelnen Mitläufer ist in den ersten Tagen gar nicht sooo hoch. Das Regime ist gerade in den Provinzstädten jetzt erstmal überwältigt und hat überhaupt nicht die Anzahl an Leuten um die Proteste überall gleichzeitig niederzuschlagen. Die Strategie des Regimes ist im Normfalfall, dass man das Internet abschaltet und lokale Protestbewegungen so isoliert. Dazu werden die Reserven mobilisiert, dass man dann mit zahlreichen Polizisten/Bassijis/etc. an den öffentlichen Plätzen präsent ist um jeden weiteren Protest sofort mit zahlenmäßiger Überlegenheit oder Brutalität niederzuschlagen. Da ist dann zumeist auch schnell Feierabend mit den Demos. Im Nachhinein geht es dann vor allem Leute an den Kragen, die sich hervorgetan haben, also die zu Protesten aufgerufen haben, die Bilder und Videos gemacht und ins Netz gestellt haben und solche die Bassijis etc. angegriffen haben und auf Videos zu sehen sind. Insbesondere Organisatoren werden dann hart verfolgt. Bestes Beispiel Ruhollah Zam, der die Proteste 2017/18 wesentlich geprägt hat und den man mit einer aufwändigen Geheimdienstaktion geholt hat. Oder man hat es bei Masih Alinejad mit einem Attentäter in den USA probiert...

Aber es ist jetzt nicht so, dass im Zuge von so Protesten die breite Masse damit rechnen muss jetzt wie in Syrien zu Tausenden in Folterkellern zu verschwinden. Das Regime versucht eher gegen den "harten Kern" an Aktivisten vorzugehen. Und der kritische Moment kommt im Iran immer nach ein paar Tagen, wenn das Regime seine Kräfte voll gegen die lokalen Protestbewegungen mobilisiert hat und sich dann zeigt, wie viele wirklich bereit sind für die Sache ihr Leben zu riskieren. Normalerweise ist dann schnell vorbei, aber irgendwann vielleicht nicht mehr.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von streicher »

JJazzGold hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 21:55 Mich wundert, dass diese Proteste überhaupt stattfinden.
Das wird wieder in das Verschwinden von Protestierenden in die Mullahkerker, Folter und Tod münden.
Möglicherweise. Hochachtung vor dem Mut der Protestierenden.
Der ehemalige Präsident kommentiert ebenfalls:
Der frühere Präsident Khatami erklärt auf Twitter, diese Methoden der Sittenpolizei verstoßen gegen die Scharia und müssen aufhören.
Ein andere Teheraner Studentin geht im Reuters-Interview noch weiter und scheint sehr selbstbewusst vielen Iranerinnen und Iranern aus der Seele zu sprechen:
Meiner Meinung nach sollten sie die Kopftuch-Pflicht ganz abschaffen. Jeder, der mag, kann ein Kopftuch tragen, aber jeder, der das nicht will, muss es auch nicht tragen.
https://www.tagesschau.de/ausland/iran- ... t-101.html

Diese Sittenpolizei ist ohnehin einfach ein Terrorinstrument.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Misterfritz »

Platon hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 22:12Und der kritische Moment kommt im Iran immer nach ein paar Tagen, wenn das Regime seine Kräfte voll gegen die lokalen Protestbewegungen mobilisiert hat und sich dann zeigt, wie viele wirklich bereit sind für die Sache ihr Leben zu riskieren. Normalerweise ist dann schnell vorbei, aber irgendwann vielleicht nicht mehr.
Und man sollte nicht vergessen, dass die Iraner schon seit Jahrzehnten unter den Mullahs leben. Ich weiss nicht, wieviel Hoffnung auf Änderung da wirklich vorhanden ist.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von streicher »

Platon hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 21:41 Die Frau war Kurdin und die größten Proteste gibt es vor allem in kurdischen Städten: Sanandaj, Bukan, Saqez. In Sanandaj hat man dann auch schonmal das Internet ausgeschaltet. Es ist natürlich mit weiteren Internet-Cuts in Gebieten zu rechnen, wo Proteste stattgefunden haben.
Auf der Seite, die du von der Journalisten "Masih Alinejad" verlinkt hast, sind wirklich noch einige krasse Videos zu sehen. Das Regime dort reagiert hart und trifft oft auf Empörung und Verzweiflung, aber auch auf Gegenwehr der Bürger und Zeugen.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Tom Bombadil »

Ammianus hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 20:23Aber ich sage es als ehemaliger DDR-Bürger: Der Tag wird kommen ...
Dem iranische Volk ist es zu wünschen, the sooner the better. Die Iraner, die ich kennenlernen dufte waren allesamt herzliche und liebe Menschen, alles Flüchtlinge vor den Ayatollahs.
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Misterfritz hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 22:21 Und man sollte nicht vergessen, dass die Iraner schon seit Jahrzehnten unter den Mullahs leben. Ich weiss nicht, wieviel Hoffnung auf Änderung da wirklich vorhanden ist.
Es gab in den letzten Jahren ja immer wieder größere Proteste. Das Regime ist aber recht gut darin zu verhindern, dass aus den verschiedenen Protestbewegungen sich wirklich eine landesweite Protestbewegung entwickelt. Also es gibt Proteste wegen Hijab. Es gibt Proteste wegen der ökonomischen Krise. Es gibt Proteste die im Kern von ethnischen Gruppen getragen werden wie die Belutschen einmal, jetzt viel die Kurden. Aber es treten bei diesen Protesten auch keine wirklichen Führungspersönlichkeiten hervor, welche in der Lage wären die verschiedenen Protestbewegungen mit einer Reihe verschiedener Forderungen und Slogans zu vereinigen. Weil sobald sich Leute hervortun, verschwinden sie sofort. Dazu kommen die Internetsperren, welche eine direkte Massenkommunikation während der Proteste stark erschweren. Damit wurde bisher das Entstehen einer wirklich landesweiten Protestbewegung verhindert, welche eine Koalition verschiedener Gruppen/Klassen im Iran auf die Straße bringen kann.

Weil die verschiedenen Oppositionsgruppen sagen dann immer, dass jetzt endlich "das iranische Volk" rebellisch ist und gegen das Regime eine Revolution macht und man nimmt natürlich in Anspruch für dieses sprechen zu können. Aber bei den Armutsprotesten blieb die Mittel- und Oberschicht zu Hause. Die Hijab-Proteste sprechen eher pro-westliche besser Gestellte in großen Städten sowie Auslandsiraner an, die konservative Armutsbevölkerung mag hier nicht das dringenste Problem sehen. Und wenn die Belutschen zum Beispiel ein Problem mit den Revolutionsgarden haben interessiert das im Rest des Landes niemand. Ich habe auch immer so meine Zweifel wie stark verankert die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen wirklich in der Breite der Bevölkerung sind. Die Volksmujahedin sind eine Sekte und keine Massenbewegung. Und das ist ja noch die am ehesten organisierte Gruppe.

Was es braucht ist eine wirklich übergreifende und ein Stück weit organisierte Protestbewegung, die große Teile der iranischen Bevölkerung ansprechen kann. Dazu sehe ich aktuell lediglich ein paar erste Ansätze. Weil es demonstrieren aktuell die üblichen Hijab-Leute und dazu die Kurden. Aber auch an ein paar anderen Stellen, wo sicherlich auch die ökonomische Lage eine wichtige Rolle spielt. Ich halte es durchaus für gut möglich, dass sich diesen Protesten auch die von den ökonomischen Problemen am härtesten Getroffenen anschließen, weil die allen Grund haben auf die Straße zu gehen. Und daraus kann sich dann eine gute Eigendynamik entwickeln. Aber es wird ja jetzt erstmal die Reaktion des Regimes geben, welches sicherlich versucht hart durchzugreifen.

Man wird sehen was passiert. Ob sich vielleicht doch eine rudimentäre landesweite Protestbewegung entwickelt. Ob es im Regime selbst zu Diskussionen kommt, ob bestimmte Maßnahmen wirklich sinnvoll sind und sich dort Brüche zeigen. Aber im Moment gehe ich davon aus, dass alles wie seit vielen Jahren nur noch schlimer wird. Mehr Armut und mehr Repressionen. Mehr Bilder von zusammen geknüppelten und sogar ein paar erschossenen Demonstranten.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von JJazzGold »

streicher hat geschrieben: Mo 19. Sep 2022, 22:17 Möglicherweise. Hochachtung vor dem Mut der Protestierenden.
Der ehemalige Präsident kommentiert ebenfalls:

https://www.tagesschau.de/ausland/iran- ... t-101.html

Diese Sittenpolizei ist ohnehin einfach ein Terrorinstrument.
Ja, das ist sie.
In der Jugend des Iran brodelte es bereits heftig, als ich zum ersten Mal dort war.
Die war sehr erfindungsreich, die strikten Auflagen zu umgehen, aber immer mit der tödlichen Konsequenz vor Augen.
Ich habe lange gehofft, dieses brutal mordende Regime, von dem niemand behaupten kann.es wäre moderat, gemessen an der Schah Herrschaft, beseitigt zu sehen. Diese Hoffnung habe ich inzwischen aufgegeben. Ob Iran oder Afghanistan, die betroffenen Menschen mögen noch so sehr jammern, letztendlich steht eine Mehrheit zu dem Regime.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von streicher »

Der iranische Präsident knüpft an altes Gehabe aus der Zeiten von Ahmadinedschad an und relativiert den Holocaust.
In einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem US-Fernsehsender CBS sagte Raisi auf die Frage, ob er an die Echtheit des Holocausts glaube: „Es wurde in der Geschichte ein Ereignis beansprucht, und es existieren auch Zeichen, dass es geschehen ist.“ „Es muss erlaubt sein, dass Wissenschaftler diese Themen erforschen“, sagte Raisi laut einer Mitschrift, die Irans Präsidialamt veröffentlichte. „Egal, was Historiker zu diesem Thema sagen, die Geschichte kann in dieser Angelegenheit nicht geleugnet werden“, sagte Raisi weiter.
https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... 28909.html
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Man hat zumindest nach Ahmadinejad gelernt, dass man sich mit dem plumpen Leugnen des Holocausts keinen Gefallen tut und sich damit nur unnötig schadet. Das hatte damals nämlich dazu geführt, dass man auf politischer, kultureller und wissenschaftlicher Ebene ziemlichen Gegenwind bekommen hat und selbst Verbindungen die normalerweise bestehen wurden damit (zeitweise) unmöglich gemacht. Daher ist die grundsätzliche Anerkennung verbunden mit der "ergebnisoffenen Forschung" und ganz besonders die Kritik an einer "Instrumentalisierung des Holocausts durch Israel" normalerweise was man zu hören bekommt, wenn man iranische Offizielle danach fragt. Raisi bemüht sich in seiner Antwort offenbar diese Position wiederzugeben. Wie bei so vielen in der islamischen Welt sieht man den Holocaust primär durch das Paradigma des Nahostkonflikts und man versucht Israel zu delegitimieren indem man Zweifel an etablierten Narrativen zum Holocaust zu sähen versucht insbesondere dahingehend, dass es Israel legitimieren könnte.
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Re: Nachrichten aus dem Iran.

Beitrag von Platon »

Wie mir scheint heute größere Proteste in Städten wo die letzten Tage nichts war. Ansonsten sehr hohe Präsenz von Sicherheitskräften wo zuletzt was war. Allgemein weniger Videos bzw. auch schwerer zu erkennen, ob sie wirklich von heute sind.

Sari, Stadt im am kaspischen Meer gelegenen Mazanderan.

auch da:


Kerman, im Zentraliran gelegen.


In Maschhad stürmt eine große Gruppe an Sicherheitskräften einen Protest an einem öffentlichen Platz. Wenn so etwas auf einen zurennt kann man eben nur noch wegrennen.


Das ist eben dieser Protest bevor die Sicherheitsleute ihn gestürmt haben:


Weitere Videos hier:
LIVE COVERAGE - Iran Protests
https://www.iranintl.com/en/202209200749
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