Da hast du absolut recht. Der wirtschaftliche Aufstieg des kleinen Dänemark in so kurzer Zeit ist wirklich erstaunlich. Dabei gibt es in Dänemark nicht einmal Schwerindustrie oder Riesenkonzerne wie VW oder Daimler. Novo Nordisk oder Danske Bank sind da im Vergleich Krämerläden. Nein, es sind die unzähligen mittelständischen Betriebe, die die Wirtschaft Dänemarks groß gemacht haben. Ich nenne da nur einmal den Hersteller von Regeleinrichtungen für Heizungsanlagen, Wärmepumpen, Lüftungsanlagen, Fernwärmeerzeuger etc. Danfoss. Ansonsten hat sich die dänische Industrie sehr auf „klein aber fein“ spezialisiert und ist mit sehr vielen Produkten Weltmarktführer ohne dass dies an riesigen Fabrikanlagen mit großen rauchenden Schloten von weitem erkennbar wäre.Astrocreep2000 hat geschrieben:(06 Jun 2021, 13:07)
Die Dänen haben es in den letzten 30-40 Jahren offensichtlich geschafft, ein - eher rückständiges Agrarland - in eine moderne Dienstleistungsgesellschaft (?) zu transformieren, schaffen viel lifestyliges/designiges (Bekleidung, Möbel etc., Produktion sicherlich in China ...). Wie gesagt: Da müsste jetzt ein Wirtschafsexperte UND Dänemarkkenner ran.
Dem kann ich nur zustimmen. Nur hat die Digitalisierung im technischen Bereich bei den Dänen viel früher begonnen. Deutschland ist von der Industriegeschichte her ein Land, in dem der Maschinenbau lange Zeit und vielleicht auch jetzt noch Spitze auf dem Weltmarkt war. Deutsche Maschinen waren und sind immer noch an Präzision, Fertigungsgenauigkeit und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in vielen Bereichen unschlagbar. Mit Aufkommen der Digitaltechnik und elektronischen Steuerungsanlagen blieb dann Deutschland zunächst mit der Entwicklung zurück während unsere kleinen nordischen Nachbarn viel früher Lösungen suchten und auch fanden, um Maschinen digital zu steuern. Da waren und sind die Nordländer m.E. einfach schneller. Vorbehalte gegenüber der Digitaltechnik gab es da nicht, ganz im Gegenteil.Ich bezweifle auch überhaupt nicht, dass die Digitalisierung dabei eine Rolle gespielt haben wird. Aber Digitalisierung allein macht sicher nicht glücklich. Die Dänen sind meiner Meinung nach glücklich(er), weil es ihnen wirtschaftlich sehr gut geht. Dann sind sie einfach von ihrer Mentalität her viel entspannter und gelassener als wir Deutsche, was für eigentlich alle Skandinavier gilt. Da spielen ganz sicher auch historische Dinge mit hinein.
Diese Unbefangenheit der Dänen und seinen nördlichen Nachbarn setzte sich auch bei der Digitalisierung im datentechnischen Bereich fort. Jede Möglichkeit die die Digitaltechnik da bot bzw. bietet wird sowohl von der Industrie als auch vom Verbraucher gern angenommen. Sicher gibt es auch in Skandinavien Skeptiker die vor Datenmissbrauch warnen und die Leichtigkeit mit der die Mehrheit der Bevölkerung jede digitale Neuerung feiern öffentlich und kritisch hinterfragen. Aber das ist eine Minderheit, der keine große Beachtung geschenkt wird.
Hier allerdings: Natürlich ich nicht faktisch belegen, dass die Sammlung aller möglichen Daten über den einzelnen Menschen und deren Vernetzung nicht nur Benefits bringen wird, sondern auch Benachteiligung, Diskriminierung, Ausgrenzung.(...) Wenn z.B. die Krankenversicherung der Meinung ist, Du lebst zu ungesund (und Deinen Beitrag erhöht oder Dich gleich rausschmeißt), Dein potentieller oder aktueller Arbeitgeber aufgrund von Gesundheitsdaten zu der Überzeugung kommt, Du bist ein "Underperformer", nicht mehr belastbar usw.
Nur mal am Beispiel Gesundheitsdaten, deren rein medizinischer Benefit ja eindeutig vorhanden wäre. Aber: Wer garantiert uns, dass all diese Daten nur in unserem Interesse eingesetzt werden? Die Konzerne lechzen nach dem gläsernen Kunden, das ist doch klar. Da gibt es jede Menge "Optimierungspotential" - in deren Sinne. Aber auch in unserem?
Ja, die Gefahr besteht grundsätzlich. Ich frage mich nur, ob dies allein Grund sein kann wirklich äußerst sinnvolle digitale Möglichkeiten aufgrund möglichen Datenmissbrauchs grundsätzlich abzulehnen. Bei der digitalen Patientenakte beispielsweise überwiegen für mich ganz klar die Vorteile. U.U. kann die sogar Menschenleben retten.
Der Nachbar unseres Zweitwohnsitzes in Jütland hat an der Universität als Politologe im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften gelehrt. Er erklärt die fast völlige Unbefangenheit der Dänen und auch der Nachbarstaaten gegenüber der neuen Technologien damit, dass die Bevölkerung ein viel größeres Vertrauen zu ihrer Regierung hat als die deutsche und sich sagt, dass die es schon richtig macht. Datenmissbrauch gibt es sicherlich auch in Dänemark aber anscheinend nicht in dem Ausmaß wie bei uns. Da scheint es noch so etwas wie einen Ehrenkodex zu geben und auch zu funktionieren, selbst bei Arbeitgebern.
Hinzu kommt die sprichwörtliche Gelassenheit der Dänen. „Hygge“ ist den Dänen wichtig, auch Konzern- und Personalchefs. Natürlich muss auch der dänische Angestellte „funktionieren“. Es gilt da aber viel mehr als bei uns der Handschlag und das gegenseitige Vertrauen während in Deutschland erst einmal argwöhnisch das Haar in der Suppe des Bewerbers gesucht und der zunächst von allen Seiten durchleuchtet wird.
Gerade weil wir hier in Deutschland keine Verhältnisse wie in Skandinavien haben sollte es Aufgabe der Regierung sein, Datenmissbrauch mit aller Härte zu begegnen. Mir ist es völlig schleierhaft wie es angehen kann dass z.B. Google völlige Narrenfreiheit hat was den Datenschutz oder besser Datenmissbrauch betrifft.