Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

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imp
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von imp »

jack000 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:19)

Der Schuss geht ganz schnell nach hinten los. Dann sind nämlich plötzlich:
- Ein Schwätzchen mit Kollegen
- Der Gang zum Kaffeeautomat
- Die Zigarette zwischendurch
- Der Gang zur Toilette
- etc..
Keine Arbeitszeiten mehr, sondern Freizeit.
In vielen Firmen wird Rauchern pauschal eine Viertelstunde Arbeitszeit abgezogen - für viele Raucher ist das eine Lösung, bei der sie was gutmachen.
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firlefanz11
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EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von firlefanz11 »

Der Europäische Gerichtshof verpflichtet Arbeitgeber zur vollständigen Arbeitszeiterfassung. So sollen Arbeitnehmer vor unbezahlter Mehrarbeit geschützt werden. Tatsächlich aber bringt das mehr Bürokratie - und schadet Europa insgesamt.

...

Stechuhren für alle? Und für Außendienstler eine App, mit der sie ihre Stempelkarte virtuell bedienen? Es droht, so zu kommen. Nützen wird das freilich wenig. ... Verlierer sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Arbeitgeber werden zu Kontrolleuren. Beschäftigte werden ihres Vertrauens beraubt, dass sie auch wirklich arbeiten, wenn sie im Dienst sind. Mal schnell zum Sport (edit von mir: oder das Kind irgendwo abholen oder einen Behördengang erledigen) und dann abends wieder an den Schreibtisch - die vor allem in kreativen Berufen gelebte Flexibilität wird ausgebremst.
Der Flurschaden, den das Urteil des Europäischen Gerichtshofes anrichtet, ist noch weitaus größer. Er schadet dem Ansehen Europas - vor allem bei seinen Bürgern. Knapp zwei Wochen vor der Europa-Wahl wird den Menschen mal wieder ein gehöriger Nachteil der Union vor Augen geführt: immer mehr Bürokratie. Über von der EU detailliert festgelegte Regeln über die Beschaffenheit von Bananen kann man ja vielleicht noch lachen. Wenn es um Arbeitszeiten, Gängelung von Arbeitnehmern und immer neuen Bürokratiewahnsinn für Unternehmen geht, ist der Spaß allerdings vorbei.
https://www.n-tv.de/wirtschaft/kommenta ... 23853.html

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relativ
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von relativ »

firlefanz11 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:43)

https://www.n-tv.de/wirtschaft/kommenta ... 23853.html

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Pauschal ist eben nie perfekt.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von jack000 »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 10:27)

Das sind sie rein rechtlich auch schon heute nicht.
Aber es gibt ja auch genügend Firmen, in denen es heute eine Arbeitszeiterfassung gibt. Frag doch mal nach, ob die Beschäftigten sich fürs Kaffeeholen austragen müssen.
Alexyessin hat geschrieben:(15 May 2019, 10:35)

Toilette ist Menschenrecht.
Ansonsten sind die von dir genannten Punkte auch heute schon keine Arbeitszeit mehr.
Das ist ja korrekt, aber es wird derzeit halt i.d.R. in der Praxis so umgesetzt. Wenn aber nun Vorschrift wird, Erbsen zu zählen befürchte ich aber nun mal, dass sich das auch negativ für den Arbeitnehmer auswirken kann.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von jack000 »

imp hat geschrieben:(15 May 2019, 10:41)

In vielen Firmen wird Rauchern pauschal eine Viertelstunde Arbeitszeit abgezogen
Sowas ist zulässig :?:
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Quatschki »

Wie bemisst man eigentlich unterschiedliche Arbeitsintensität?
Ich finde es sehr demotivieren, wenn man Zeit absitzen oder heruntergammeln muß.
Wie früher zu Ostzeiten, wenn es nichts zu tun gab und die Leute im Endeffekt auf der Arbeit zur Flasche griffen.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Alexyessin »

jack000 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:49)

Sowas ist zulässig :?:
Betriebsvereinbarung.
Wir haben uns ausgestempelt - bis die Zeiterfassungsdame mit dem BR gemeint hat, das sollten wir nicht mehr machen, das gäbe viel mehr Arbeit als ohne.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Alexyessin »

jack000 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:48)

Das ist ja korrekt, aber es wird derzeit halt i.d.R. in der Praxis so umgesetzt. Wenn aber nun Vorschrift wird, Erbsen zu zählen befürchte ich aber nun mal, dass sich das auch negativ für den Arbeitnehmer auswirken kann.
Hier gehts nicht um ein paar Minuten sondern um geleistete Arbeitszeit des Arbeitnehmer in Zeiten, die nicht geregelt sind. Grade bei Homeoffice eine wichtige Grundlage.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von becksham »

jack000 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:48)

Das ist ja korrekt, aber es wird derzeit halt i.d.R. in der Praxis so umgesetzt. Wenn aber nun Vorschrift wird, Erbsen zu zählen befürchte ich aber nun mal, dass sich das auch negativ für den Arbeitnehmer auswirken kann.
Es wird nicht Vorschrift, Erbsen zu zählen. Bislang musste nur Arbeitszeit über 8 Stunden hinaus erfasst werden und jetzt hat das Gericht entschieden, dass die komplette Arbeitszeit erfasst werden muss. Wenn Arbeitgeber nun meinen, sie müssten Erbsen zählen, gibt es in den allermeisten Betrieben Betriebsräte, die da ein Wörtchen mitzureden haben.
Ich weiß gar nicht, warum immer alles schlecht geredet werden muss. Im letzten Jahr wurden hier 2,1 Milliarden Überstunden geleistet, nur die Hälfte davon bezahlt. Das ist doch nicht gut und gesund. Hier haben Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von jack000 »

Alexyessin hat geschrieben:(15 May 2019, 10:56)

Hier gehts nicht um ein paar Minuten sondern um geleistete Arbeitszeit des Arbeitnehmer in Zeiten, die nicht geregelt sind. Grade bei Homeoffice eine wichtige Grundlage.
Naja, schauen wir mal was dabei heraus kommt. Homeoffice mache ich derzeit so wie ich das für richtig halte und mein Chef unterschreibt das am Monatsende was ich angebe. Wenn er es mir nicht glaubt, kann er HO ja in Zukunft für mich untersagen. In Zukunft stelle ich mir das dann so vor, dass ich ausstempeln muss wenn es an der Tür klingelt weil der Postbote ein Paket bringt. Während ich am Arbeitsplatz 15 Minuten in die Luft gucken kann ohne das ich ausstempeln muss.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von jack000 »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 11:06)
Im letzten Jahr wurden hier 2,1 Milliarden Überstunden geleistet, nur die Hälfte davon bezahlt.
Ich frage mich immer, wie sowas überhaupt geht. Aber ist das nicht eh eine andere Baustelle?
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von zollagent »

firlefanz11 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:43)

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Wessen Europaverdrossenheit? Die derjenigen, die aus dem systematischen Betrug an Arbeitnehmern Gewinn ziehen? Weder das Geweine um "Vertrauensarbeit" noch das um angebliche "Bürokratische Monster" hat irgendeine Substanz. In KEINEM Betrieb geht's heute noch ohne EDV. Und da eine Funktion "Arbeitsstart" und "Arbeitsende" einzubauen und die jeweiligen Uhrzeigen einzugeben ist angesichts der Datensammelei, die allenthalben betrieben wird, ein Geschimpfe über Peanuts.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Alexyessin »

jack000 hat geschrieben:(15 May 2019, 11:10)

Naja, schauen wir mal was dabei heraus kommt. Homeoffice mache ich derzeit so wie ich das für richtig halte und mein Chef unterschreibt das am Monatsende was ich angebe. Wenn er es mir nicht glaubt, kann er HO ja in Zukunft für mich untersagen. In Zukunft stelle ich mir das dann so vor, dass ich ausstempeln muss wenn es an der Tür klingelt weil der Postbote ein Paket bringt. Während ich am Arbeitsplatz 15 Minuten in die Luft gucken kann ohne das ich ausstempeln muss.
Die Zeiterfassung muss halt geregelt sein. Was dann ist, ist wieder was anderes. Nur wenn sie nicht geregelt ist, gibts halt Probleme.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von JJazzGold »

firlefanz11 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:43)

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Ich grüble noch, was “Arbeitszeit objektiv ermittelt“ bedeuten soll.

Zudem erschließt sich mir nicht, wie die Arbeitszeitüberwachung bei Home Office und Dienstreisen gestaltet werden soll, um dem AG zu ermöglichen, diese zu kontrollieren.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von zollagent »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 11:29)

Ich grüble noch, was “Arbeitszeit objektiv ermittelt“ bedeuten soll.

Zudem erschließt sich mir nicht, wie die Arbeitszeitüberwachung bei Home Office und Dienstreisen gestaltet werden soll, um dem AG zu ermöglichen, diese zu kontrollieren.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von becksham »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 11:29)

Ich grüble noch, was “Arbeitszeit objektiv ermittelt“ bedeuten soll.

Zudem erschließt sich mir nicht, wie die Arbeitszeitüberwachung bei Home Office und Dienstreisen gestaltet werden soll, um dem AG zu ermöglichen, diese zu kontrollieren.
Er soll sie ja nicht kontrollieren, sondern dokumentieren. Und wenn er bisher geglaubt hat, dass der Mensch zu Hause gearbeitet hat, warum soll er das denn künftig nicht tun, nur weil es jetzt irgendwo dokumentiert wird.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von John Galt »

Alexyessin hat geschrieben:(15 May 2019, 11:19)

Die Zeiterfassung muss halt geregelt sein. Was dann ist, ist wieder was anderes. Nur wenn sie nicht geregelt ist, gibts halt Probleme.
Die letzten 2000 Jahre hat sich kein Arbeitnehmer um die Zeiterfassung geschert, wovon sein Lebensunterhalt abhängig ist, bis der großartige EUGH kam.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von firlefanz11 »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 11:29)

Ich grüble noch, was “Arbeitszeit objektiv ermittelt“ bedeuten soll.

Zudem erschließt sich mir nicht, wie die Arbeitszeitüberwachung bei Home Office und Dienstreisen gestaltet werden soll, um dem AG zu ermöglichen, diese zu kontrollieren.
Stand doch im Artikel. Stechuhr App...
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Alexyessin »

John Galt hat geschrieben:(15 May 2019, 11:33)

Die letzten 2000 Jahre hat sich kein Arbeitnehmer um die Zeiterfassung geschert, wovon sein Lebensunterhalt abhängig ist, bis der großartige EUGH kam.
Genau............. :thumbup:
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von JJazzGold »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 09:47)

Ich versteh es auch nicht. Dies hier aus dem Eingangslink ist doch eigentlich einleuchtend:



Es geht um Arbeitnehmerrechte. Ich kann da nichts Schlimmes dran finden. Die Arbeitszeitgesetze haben sich ja nicht geändert. Es geht nur um eine bessere Aufzeichnung.
Eigentlich geht es um Kontrolle. Der AG wird verpflichtet, ein System zur verlässlichen, lückenlosen Kontrolle geleisteter Arbeitszeit einzuführen. Weder Dienstreisen, noch Home Office lassen sich kontrollieren. Vertrauensarbeitszeit generell nicht. Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte der Wegfall der vorgeschriebenen Tagesarbeitszeit zugunsten einer Wochen-, Monats- oder Jahresarbeitszeit sein, wenn die Gewerkschaften mitspielen.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von JJazzGold »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 11:32)

Er soll sie ja nicht kontrollieren, sondern dokumentieren. Und wenn er bisher geglaubt hat, dass der Mensch zu Hause gearbeitet hat, warum soll er das denn künftig nicht tun, nur weil es jetzt irgendwo dokumentiert wird.
Um der Anforderung des EuGH zu entsprechen, kann der AG nicht einfach die Erfassung der Arbeitszeit an den Mitarbeiter delegieren, ohne zu kontrollieren.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von relativ »

Man kann ja davon ausgehen, das es etliche Sonderregelungen geben wird, gerade im öffentlichen Dienst.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von becksham »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 11:43)

Um der Anforderung des EuGH zu entsprechen, kann der AG nicht einfach die Erfassung der Arbeitszeit an den Mitarbeiter delegieren, ohne zu kontrollieren.
Diese Kontrolle oblag ihm auch jetzt schon. Er ist nämlich verpflichtet, auf die Einhaltung der Gesetze zu achten.

/Kann man die beiden Stränge nicht zusammenlegen? Ist bisschen mühsam, in beiden zu diskutieren.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von relativ »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 11:43)

Um der Anforderung des EuGH zu entsprechen, kann der AG nicht einfach die Erfassung der Arbeitszeit an den Mitarbeiter delegieren, ohne zu kontrollieren.
Wenn Vertrauen da ist und war, wird dies aber wohl genau so passieren.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von Alexyessin »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 11:46)

Diese Kontrolle oblag ihm auch jetzt schon. Er ist nämlich verpflichtet, auf die Einhaltung der Gesetze zu achten.

/Kann man die beiden Stränge nicht zusammenlegen? Ist bisschen mühsam, in beiden zu diskutieren.
Grad passiert :)
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von relativ »

Alexyessin hat geschrieben:(15 May 2019, 11:47)

Grad passiert :)
Super, Danke.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Quatschki »

Und wer kontrolliert das Ganze? Der Zoll?
Es sind ja auch alles sensible, personenbezogene Daten, die wiederum der DSGVO unterliegen!
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von relativ »

Quatschki hat geschrieben:(15 May 2019, 11:49)

Und wer kontrolliert das Ganze? Der Zoll?
Es sind ja auch alles sensible, personenbezogene Daten, die wiederum der DSGVO unterliegen!
Neben zufälligen Kontrollen durch den Staat, wird es wohl Hauptsächlich darum gehen, daß Arbeitnehmer bzw. Gewerkschaften hier einen gesetzlichen Hebel haben um z.B. Ausbeutung zu verhindern und gesetzliche Regelungen wie z.B. bei den Ruhezeiten, einzuhalten.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von imp »

jack000 hat geschrieben:(15 May 2019, 10:49)

Sowas ist zulässig :?:
Klar. Man kann auch pauschal Ankunfts- und Umkleidezeiten abziehen, etwa bei Pflegediensten.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von relativ »

imp hat geschrieben:(15 May 2019, 11:59)

Klar. Man kann auch pauschal Ankunfts- und Umkleidezeiten abziehen, etwa bei Pflegediensten.
Welche Ankunftszeit?
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JJazzGold
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von JJazzGold »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 11:46)

Diese Kontrolle oblag ihm auch jetzt schon. Er ist nämlich verpflichtet, auf die Einhaltung der Gesetze zu achten.

/Kann man die beiden Stränge nicht zusammenlegen? Ist bisschen mühsam, in beiden zu diskutieren.
A) Bisher konnte das der AG auf den Mitarbeiter delegieren, weshalb es “Vertrauensarbeitszeit“ heisst.

B) Prima Idee :thumbup:
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von JJazzGold »

relativ hat geschrieben:(15 May 2019, 11:47)

Wenn Vertrauen da ist und war, wird dies aber wohl genau so passieren.
Nur sagt der EuGH mit seinem Urteil, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von becksham »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 12:02)

A) Bisher konnte das der AG auf den Mitarbeiter delegieren, weshalb es “Vertrauensarbeitszeit“ heisst.
...
Richtig, Vertrauen spielt bei der Vertrauensarbeitszeit eine große Rolle (wobei sich meistens die Arbeitnehmer dabei selbst bescheißen) aber die Kontrolle bleibt dennoch beim Arbeitgeber und übrigens auch beim Betriebsrat, denn auch dieser hat die Einhaltung von Gesetzen zu überwachen.
Bei der Vertrauensarbeitszeit spielt die Arbeitszeit als solche eine geringe Rolle. Eine (automatische) Personalzeiterfassung ist nicht erforderlich. Ein gänzliches Fehlen einer Arbeitszeiterfassung widerspräche in Deutschland allerdings den Regelungen des Arbeitszeitgesetzes[6][7] und des Arbeitsschutzgesetzes[8], welches die Arbeitnehmer vor überhöhter Belastung und einer Entgrenzung und die dadurch entstehenden Auswirkungen auf die Gesundheit schützen soll. Der Arbeitgeber hat seinen Betrieb so zu organisieren, dass er die Durchführung der geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen selbst gewährleisten kann.[9] Nach § 16 Abs. 2 ArbZG muss der Arbeitgeber diejenigen Arbeitszeiten aufzeichnen, die arbeitstäglich über acht Stunden hinausreichen. Er muss darüber hinaus dem Betriebsrat auf dessen Verlangen Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und über den Umfang der tatsächlich geleisteten wöchentlichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer geben (können).[10] Typischerweise wird bei der Vertrauensarbeitszeit die Zeitaufzeichnung an den Arbeitnehmer delegiert, die Verantwortung für die Korrektheit bleibt im Wesentlichen beim Arbeitgeber.[6] Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber findet insofern statt, als er, wie auch der Betriebsrat, die Einhaltung aller Schutzgesetze und eventueller tariflicher Vereinbarungen zu überwachen hat; eine weitergehende Kontrolle kann entfallen.[1] Dabei ist teilweise von allen Seiten kaum noch das ernsthafte Bemühen darum festzustellen, dass diese auch wirklich eingehalten werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrauensarbeitszeit
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Troh.Klaus »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 11:38)
Eigentlich geht es um Kontrolle. Der AG wird verpflichtet, ein System zur verlässlichen, lückenlosen Kontrolle geleisteter Arbeitszeit einzuführen. Weder Dienstreisen, noch Home Office lassen sich kontrollieren. Vertrauensarbeitszeit generell nicht. Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte der Wegfall der vorgeschriebenen Tagesarbeitszeit zugunsten einer Wochen-, Monats- oder Jahresarbeitszeit sein, wenn die Gewerkschaften mitspielen.
Eigentlich geht es um die Messung der Arbeitszeiten, nicht um Kontrolle. Und eigentlich ist das Ziel, Arbeitnehmerrechte zu stärken.
Natürlich kann das auch nach hinten los gehen. Aber drüber kann man erst sinnvoll diskutieren, wenn man die Durchführungsverordnung vorliegen hat.

Wie sieht denn bei Euch derzeit die Arbeitszeiten-Erfassung aus? Alle mit reiner Vertrauensarbeitszeit?

Mich trifft das Gesetz nicht (mehr). Aber während meiner ersten Angestelltenjahre habe ich vier Jahre bei Siemens mit Stechuhr gearbeitet, mit der Möglichkeit der manuellen Korrektur und Nacherfassung. Danach habe ich meine Arbeitszeiten immer selbst erfasst, inklusive Überstunden. Manchmal ganz analog auf Papier, manchmal fortschrittlich in einer Anwendung.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Quatschki »

relativ hat geschrieben:(15 May 2019, 11:52)

Neben zufälligen Kontrollen durch den Staat, wird es wohl Hauptsächlich darum gehen, daß Arbeitnehmer bzw. Gewerkschaften hier einen gesetzlichen Hebel haben um z.B. Ausbeutung zu verhindern und gesetzliche Regelungen wie z.B. bei den Ruhezeiten, einzuhalten.
Im Bereich der prekären Beschäftigung wird es überhaupt nicht bewirken
Jene, die bisher das, was ihnen zusteht, nicht eingeklagt haben, werden es auch künftig nicht tun.

Da, wohingegen Fachkräftemangel herrscht, ist dieser Fachkräftemangel die beste Versicherung des Arbeitnehmers gegen Ausbeutung und Unterbezahlung.
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von JJazzGold »

becksham hat geschrieben:(15 May 2019, 12:11)

Richtig, Vertrauen spielt bei der Vertrauensarbeitszeit eine große Rolle (wobei sich meistens die Arbeitnehmer dabei selbst bescheißen) aber die Kontrolle bleibt dennoch beim Arbeitgeber und übrigens auch beim Betriebsrat, denn auch dieser hat die Einhaltung von Gesetzen zu überwachen.


https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrauensarbeitszeit
Das war bisher so, jetzt muss der AG nachweisen, dass er ein Kontrollsystem hat. Ich bin nicht sicher, dass er die Kontrolle mal ebenso auf den Betriebsrat abwälzen kann. Wäre ich Auditor würde ich aufgrund des EuGH Urteils einen Nachweis über das Kontrollsystem verlangen. Denn ohne dieses, kann der Mitarbeiter durch sich selbst initiiert, oder durch Dritte, schlichtweg ausstempeln und unerfasst weiter arbeiten und genau das soll ja gemäß EuGH durch eine “objektive“, sprich sachliche Erfassung verhindert werden.

Zumindest ist das die einzig passende Definition, die meines Erachtens auf “objektiv“ passt.
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becksham
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von becksham »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 12:39)

Das war bisher so, jetzt muss der AG nachweisen, dass er ein Kontrollsystem hat. Ich bin nicht sicher, dass er die Kontrolle mal ebenso auf den Betriebsrat abwälzen kann. Wäre ich Auditor würde ich aufgrund des EuGH Urteils einen Nachweis über das Kontrollsystem verlangen. Denn ohne dieses, kann der Mitarbeiter durch sich selbst initiiert, oder durch Dritte, schlichtweg ausstempeln und unerfasst weiter arbeiten und genau das soll ja gemäß EuGH durch eine “objektive“, sprich sachliche Erfassung verhindert werden.

Zumindest ist das die einzig passende Definition, die meines Erachtens auf “objektiv“ passt.
Ich sehe es nicht so negativ. Und dass es Missbrauch geben kann, wird sicher kein System der Welt verhindern können. Wer betrügen will, wird es sicher auch künftig schaffen.

/ Könnte man vielleicht eine Umfrage in den Strang einfügen, wer bisher eine Arbeitszeiterfassung hat? Gibt uns vielleicht einen kleinen, unrepräsentativen Überblick über derzeitige Regelungen, so nach dem Motto
- volle Arbeitszeiterfassung
- nur Überstundenerfassung
- keine Erfassung?
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relativ
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Re: EUGH begräbt Vertrauensarbeitszeit u. Flexibilität

Beitrag von relativ »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 12:06)

Nur sagt der EuGH mit seinem Urteil, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Die Kontrolle wird in seiner Häufigkeit wohl eher weniger als die von Geschwindigkeitskontrollen sein und da wohl auch in den bekannten Brennpunkten.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von relativ »

Quatschki hat geschrieben:(15 May 2019, 12:24)

Im Bereich der prekären Beschäftigung wird es überhaupt nicht bewirken
Jene, die bisher das, was ihnen zusteht, nicht eingeklagt haben, werden es auch künftig nicht tun.

Da, wohingegen Fachkräftemangel herrscht, ist dieser Fachkräftemangel die beste Versicherung des Arbeitnehmers gegen Ausbeutung und Unterbezahlung.
Wie gesagt, es ist ein zusätzlicher Hebel zu den jetzt schon bestehenden Rechten.
Die Erklärung des Urteils sagt ja auch eindeutig, daß es der einzige Weg ist um zu 100% sicherzustellen, ob gesetzliche Standards eingehalten werden.
Wie dies passiert und ob und in welchem Umfang die Kontrollen sind , ist dann Sache der Exekutive des jeweiligen Landes.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von becksham »

Hier noch ein ziemlich entspannter Artikel zum Thema. Vielleicht nimmt er ja ein wenig die Ängste.

https://www.spiegel.de/karriere/arbeits ... 67343.html
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JJazzGold
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von JJazzGold »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 May 2019, 12:19)

Eigentlich geht es um die Messung der Arbeitszeiten, nicht um Kontrolle. Und eigentlich ist das Ziel, Arbeitnehmerrechte zu stärken.
Natürlich kann das auch nach hinten los gehen. Aber drüber kann man erst sinnvoll diskutieren, wenn man die Durchführungsverordnung vorliegen hat.

Wie sieht denn bei Euch derzeit die Arbeitszeiten-Erfassung aus? Alle mit reiner Vertrauensarbeitszeit?

Mich trifft das Gesetz nicht (mehr). Aber während meiner ersten Angestelltenjahre habe ich vier Jahre bei Siemens mit Stechuhr gearbeitet, mit der Möglichkeit der manuellen Korrektur und Nacherfassung. Danach habe ich meine Arbeitszeiten immer selbst erfasst, inklusive Überstunden. Manchmal ganz analog auf Papier, manchmal fortschrittlich in einer Anwendung.
Wie sah sie aus. ;) Mich trifft es auch nicht mehr.

Wenn ich mich an den Anfang zurück erinnere, dann wurde zwar erfasst, handschriftlich, aber das wurde sehr vertrauensvoll und großzügig gehandhabt, nicht zum Nachteil der AN. Nachdem die Stechuhr kam, ging das nicht mehr, aber da war ich bereits eigenverantwortlich tätig, was ich sehr genossen habe, da ich zu den Nachtigallen gehöre und nicht zu den Lerchen.
Dass man von Zeiterfassung ungebunden dazu tendiert, mehr Stunden als die vorgegebene 40 Stunden Woche zu arbeiten, kann ich bestätigen, aber man holt sich auch immer wieder den Ausgleich.

Mir ist klar, was mit dem Urteil erreicht werden soll, nur fürchte ich, dass sich die Erfordernisse einer bürokratischen Regelung mittels daraus resultierender Vereinfachung der Erfassung und Kontrolle auch negativ auf diejenigen Beschäftigten auswirken kann, die heute vom Vertrauen leben.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von relativ »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 14:25)

Mir ist klar, was mit dem Urteil erreicht werden soll, nur fürchte ich, dass sich die Erfordernisse einer bürokratischen Regelung mittels daraus resultierender Vereinfachung der Erfassung und Kontrolle auch negativ auf diejenigen Beschäftigten auswirken kann, die heute vom Vertrauen leben. [/color]
Genau so könnte es vielerorts werden.
Bisher musste zwar auch jemand für diese Vertrauensarbeitszeit theoretisch gerade stehen, aber eben nicht schriftlich. Dies könnte sich jetzt in einigen Bereichen/Abteilungen ändern und somit evtl. auch das Vertrauen.
Ich gehe aber auch davon aus, daß viele Unternehmen Exeltabellen einführen werden, wo die Beschäftigten, oder die Bereichsleiter die Zeiten eintragen und da geht es dann wohl auch eher um Vertrauen.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von imp »

JJazzGold hat geschrieben:(15 May 2019, 14:25)

Wie sah sie aus. ;) Mich trifft es auch nicht mehr.

Wenn ich mich an den Anfang zurück erinnere, dann wurde zwar erfasst, handschriftlich, aber das wurde sehr vertrauensvoll und großzügig gehandhabt, nicht zum Nachteil der AN. Nachdem die Stechuhr kam, ging das nicht mehr, aber da war ich bereits eigenverantwortlich tätig, was ich sehr genossen habe, da ich zu den Nachtigallen gehöre und nicht zu den Lerchen.
Dass man von Zeiterfassung ungebunden dazu tendiert, mehr Stunden als die vorgegebene 40 Stunden Woche zu arbeiten, kann ich bestätigen, aber man holt sich auch immer wieder den Ausgleich.

Mir ist klar, was mit dem Urteil erreicht werden soll, nur fürchte ich, dass sich die Erfordernisse einer bürokratischen Regelung mittels daraus resultierender Vereinfachung der Erfassung und Kontrolle auch negativ auf diejenigen Beschäftigten auswirken kann, die heute vom Vertrauen leben.
Ich sehe da weniger Probleme. 48 Stunden in der Woche reichen vollkommen aus, für bestimmte Randbereiche gibt es genehmigungspflichtige Ausnahmen. Arbeitszeiterfassung bedeutet nicht Arbeitszeitüberwachung - die Erfassung kann auch zeitnah nachträglich und von Hand erfolgen. Zudem ist aus einer Erfassung kein Verbot von Gleitzeit abzuleiten.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von peterkneter »

relativ hat geschrieben:(15 May 2019, 15:11)

Genau so könnte es vielerorts werden.
Bisher musste zwar auch jemand für diese Vertrauensarbeitszeit theoretisch gerade stehen, aber eben nicht schriftlich. Dies könnte sich jetzt in einigen Bereichen/Abteilungen ändern und somit evtl. auch das Vertrauen.
Ich gehe aber auch davon aus, daß viele Unternehmen Exeltabellen einführen werden, wo die Beschäftigten, oder die Bereichsleiter die Zeiten eintragen und da geht es dann wohl auch eher um Vertrauen.
ja das fürchte ich. Dieses Gesetz kann sehr negative Folgen haben. Genauso wie damals beispielsweise die Reformierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Jahre 2016. Die Absicht dahinter war, dass
es möglichst mehr Festeinstellungen und weniger Befristungen geben sollte. Die Folge war, dass alle Befristeten Entlassen wurden. Nur so ein Beispiel von einem Gesetz, was gutes Will und Schlechtes Schafft.

Gerade in Betrieben ohne Betriebsrat kann das dann Schnell zur Überwachung kommen, alles Legitimiert durch das Gesetz. Ich hoffe das der Datenschutz da noch einiges Abfeder kann, von wegen der Vision
von JJazzGold mit dem Chip der Überwacht, wo man gerade ist und ob man an die Arbeit denkt oder in der Nasebort...Ich weiß, manche können beides gleichzeitig.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Mango »

Das mit der Arbeitszeit erfassung ist der grösste Witz .Ich bin selber Arbeitgeber und habe feste Zeiten als kleines Fachgeschäft mit Werkstatt Öffnungszeiten von bis da nach ich geschlossen.Bei Grösseren Firmen über 50 Mitarbeiter gibt es schon immer eine Zeiterfassung anstatt Bürokratie ab zu bauen ist Deutschland Spitzenreiter im aufbauen nur ein kleines Besispiel . Kurse zur Batterieverordnung dann Verpackungsverordnung dann Kurse von der Berufsgenosenschaft dann Certifizierungen und weitere mind.30 Auflagen es geht grade so weiter und die Einzelhändler sterben aus.Des weiteren massig Steuern und Abgaben der verantwortliche der sich das ausgedacht hat hat es meiner Meinung an der Ampel sollen die doch die Grossen Firmen lieber unter die Lupe nehmen aber das traut sich kein Politiker sonst fehlen ja die Parteispenden.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von Markus84 »

Zeiterfassung ist richtig. Wenn ich mein Auto in die Werkstatt gebe und es dauert 2 Stunden kann ich auch nicht sagen ich zahle nur 40 Minuten.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von peterkneter »

Mango hat geschrieben:(15 May 2019, 17:52)

Das mit der Arbeitszeit erfassung ist der grösste Witz .Ich bin selber Arbeitgeber und habe feste Zeiten als kleines Fachgeschäft mit Werkstatt Öffnungszeiten von bis da nach ich geschlossen.Bei Grösseren Firmen über 50 Mitarbeiter gibt es schon immer eine Zeiterfassung anstatt Bürokratie ab zu bauen ist Deutschland Spitzenreiter im aufbauen nur ein kleines Besispiel . Kurse zur Batterieverordnung dann Verpackungsverordnung dann Kurse von der Berufsgenosenschaft dann Certifizierungen und weitere mind.30 Auflagen es geht grade so weiter und die Einzelhändler sterben aus.Des weiteren massig Steuern und Abgaben der verantwortliche der sich das ausgedacht hat hat es meiner Meinung an der Ampel sollen die doch die Grossen Firmen lieber unter die Lupe nehmen aber das traut sich kein Politiker sonst fehlen ja die Parteispenden.
Gebe dir da absolut recht. Meine Frau ist auch Selbstständig in einem Kleinstbetreib und es gibt auch gefühlt jeden Monat eine Auflage mehr und ein Gesetz mehr, ein Bekleidungsraum, Wer Wäscht die Berufkleidung der Mitarbeiter, Ein Separater Raum für einen Server, Hygienevorschriften, Verordnete Anschaffungen, die man teuer Bezahlen muss ohne dass man eine Wahl hat. Das ist wirklich Grausam und Vermiest einem das Selbstständig sein gehörig. Bis es nur noch Großkonzerne gibt und die Innenstädte leer sind....Aber das ist ein anderes Thema.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von peterkneter »

Markus84 hat geschrieben:(15 May 2019, 18:01)

Zeiterfassung ist richtig. Wenn ich mein Auto in die Werkstatt gebe und es dauert 2 Stunden kann ich auch nicht sagen ich zahle nur 40 Minuten.
Die Motivation des Gesetzes zweifelt auch keiner an, aber dass es zu Misbrauch führen kann und wird, das ist die Gefahr.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von JJazzGold »

peterkneter hat geschrieben:(15 May 2019, 17:41)

ja das fürchte ich. Dieses Gesetz kann sehr negative Folgen haben. Genauso wie damals beispielsweise die Reformierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Jahre 2016. Die Absicht dahinter war, dass
es möglichst mehr Festeinstellungen und weniger Befristungen geben sollte. Die Folge war, dass alle Befristeten Entlassen wurden. Nur so ein Beispiel von einem Gesetz, was gutes Will und Schlechtes Schafft.

Gerade in Betrieben ohne Betriebsrat kann das dann Schnell zur Überwachung kommen, alles Legitimiert durch das Gesetz. Ich hoffe das der Datenschutz da noch einiges Abfeder kann, von wegen der Vision
von JJazzGold mit dem Chip der Überwacht, wo man gerade ist und ob man an die Arbeit denkt oder in der Nasebort...Ich weiß, manche können beides gleichzeitig.
Der Chip war nur halb scherzhaft gemeint. Irgendwann wird er unter der Flagge “zum Schutz des AN“ kommen.

Wie es pauschale Urteile so an sich haben, wird die nachzuweisende Messung, die aufgrund von glaubwürdigem Nachweis einer Kontrolle unterliegen muss, dem einen Teil der AN zugute kommen und dem anderen Teil in seiner kreativen Bewegungsfreiheit schaden. Es läuft auf eine Selbstverpflichtung der Betriebe hinaus, aber ob das als Nachweis im Zweifelsfall rechtlich reicht, daran habe ich so meine Zweifel. Um sicher zu gehen ist die Etablierung eines Kontrollsystems unerlässlich. Das ist erheblicher bürokratischer Aufwand. Den könnte man ggfls durch eine Erweiterung des zeitlichen Prüfrahmens reduziert halten und gleichzeitig anfallende Peaks damit legal abfedern.

Wenn ich einen kleinen Betrieb betrachte, der zukünftig nicht nur einen Azubi Mindestlohn stemmen muss, sondern auch noch ein kontrollierbares Zeitbemessungssystem etablieren, dann frage ich mich, wie ein kleiner, mittelständischer Betrieb das alles schultern soll.
Zuletzt geändert von JJazzGold am Mi 15. Mai 2019, 18:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Veränderung des Arbeitslebens durch EUGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung

Beitrag von JJazzGold »

imp hat geschrieben:(15 May 2019, 15:45)

Ich sehe da weniger Probleme. 48 Stunden in der Woche reichen vollkommen aus, für bestimmte Randbereiche gibt es genehmigungspflichtige Ausnahmen. Arbeitszeiterfassung bedeutet nicht Arbeitszeitüberwachung - die Erfassung kann auch zeitnah nachträglich und von Hand erfolgen. Zudem ist aus einer Erfassung kein Verbot von Gleitzeit abzuleiten.
Was verstehst du unter “zeitnah“?
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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