Frank_Stein hat geschrieben: ↑Mi 19. Apr 2023, 21:37
Ich halte das Konzept der Arbeitszeiterfassung für ein Relikt des 20. Jh. und man sollte es überwinden.
Was hängen sich Richter des EUGH da rein? Im Zeitalter des Homeoffice ist Arbeitszeiterfassung so sinnvoll wie Herpes am Sack!
Braucht kein Mensch und verursacht nur Unannehmlichkeiten!
Ich brech mal eine Lanze für die Richter. Zunächst einmal gibt es eine konkrete Klage, weshalb sich die Richter überhaupt mit der Frage beschäftigen. Dann gibt es rechtliche Vorgaben der Politik, an die sich die Richter halten müssen. Wenn beispielsweise in Gesetzen zum Arbeitsschutz steht, dass Menschen nicht mehr als 10h am Stück arbeiten dürfen - dann ist das halt auch geltendes Recht und umzusetzen. Ob das sinnvoll ist - diese Bewertung durch die Richter ist sehr schwierig, weil die Sinnhaftligkeit von Gesetzen festzustellen, ist zunächst Aufgabe der Politik. Auf Sinnhaftigkeit überprüfen Richter Gesetze dann und nur dann, wenn diese beispielsweise im Widerspruch zu Verfassungen/Grundgesetzen oder ähnlicher Rechtsakte stehen - und selbst dann wird weniger über den Sinn, als vielmehr über die Vereinbarkeit mit bestehenden übergeordneten Gesetzen und Verordnungen geurteilt. Es ist Aufgabe der Politik, nicht der Justiz, sinnhafte Gesetze zu entwickeln und durchzusetzen.
WENN es aber als Grundlage besteht, dass es Gesetzte zur Arbeitszeit und weiteren Themen gibt, die dann und nur dann erfüllbar sind, wenn man eine Arbeitszeiterfassung macht - dann ist die Konsequenz klar - es braucht eine Arbeitszeiterfassung!
In Deutschland speziell ist das Problem, dass die Regierung (Merkel) trotz Verpflichtung keine gesetzlichen Anpassungen an die europäische Norm gemacht hat. Andere Länder sind hier weiter - und haben Gesetze etabliert, die durchaus auch Vertrauensarbeitszeit und ähnliche Modelle ermöglichen.
Für Deutschland gibt es erste Überlegungen der Ampel dazu, wie man das Urteil des EuGH konkret in einem Gesetzesentwurf zur Arbeitszeit umsetzen kann. Ich bin da gar nicht so pessimistisch, dass da was gescheites raus kommt. Es sieht derzeit danach aus, dass man Vertrauensarbeitszeit auch weiterhin ermöglichen wird - aber nur dann, wenn es halt auch Ausführungsbestimmungen beispielsweise durch ergänzende Betriebsvereinbarungen gibt.
Das wird der Königsweg sein - und irgendwie ist das auch richtig. Denn Vertrauensarbeitszeit sollte doch nicht Seitens der Arbeitgeber zur impliziten Ausbeutung der Arbeitnehmer führen. MODERNE Arbeitgeber haben daran kein Interesse - bleibt nur die Hoffnung, dass es der deutsche Gesetzgeber nicht verkack..... und ein bürokratisches Monster generiert.
Es gibt schon Länder in der EU, die die EU-Richtlinien und die EuGH-Urteile halbwegs leichtgewichtig umgesetzt haben - das sollten wir auch tun.