BlueMonday hat geschrieben:(30 Sep 2017, 11:19)
Ok, also das Threadthema mal ausnahmsweise:
Freiheit ist es, wenn man etwas los wird, sich löst, sich einer ungeliebten Sache entledigt. Nun ist jede Bewegung von etwas weg auch gleichzeitig auch eine Bewegung auf etwas zu. Sprich, man will auch etwas haben.
Wie kommen nun die Menschen in der Regel an das, was sie haben wollen? Sie geben etwas im Gegenzug her, was ein anderer braucht. Das nennt sich auch Tausch. Die Grundoperation des zivilsierten Lebens. Da direkter Tausch selten möglich sein wird, hat sich zur Lösung eine Institution namens Geld spontan entwickelt, ein allgemein etabliertes Tauschmittel. Der Austausch läuft also über eine weitere Station, über einen Mittler.
Daran ist nun alles individuell bzw. kann sich spontan ordnen und finden ohne zentrale oder "kollektive" Entscheidung. Das ist die berühmte "unsichtbare Hand".
Der Kommunist will nun diese Tauschgesellschaft überwinden bzw das Leistungsprinzip. Leistung und Gegenleistung soll entkoppelt werden:
"Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen."
Im ersten Teil geht es um eine negative Freiheit (frei wovon). Man will frei sei von Bevormundung, Anleitung etc. Man leistet idealerweise aus eigenem Antrieb - so weit die eigenen Fähigkeiten und Motive reichen. Und im zweiten Teil geht es um die Haben-"Freiheit". Nehmen können, wonach das indivduelle Bedürfnis schreit - unabhängig von der erbrachten Leistung. Kollektiv oder zentral geplant ist da in erster Linie auch nichts. Der gedachte gemeinsame Korb, aus dem man sich bedient, müsste sich auch spontan füllen, da der kommunistische Mensch ja wie gesagt auch frei von Bevormundung sein will.
Der Unterschied besteht nur im Modus des Umgangs miteinander. Das eine ist ein verbindlicher Tausch, meist vertraglich fixiert. Tit for tat. Wie du mir, so ich dir. Der Kommunist will ohne diese Strategie auskommen. Und er müsste nur anfangen damit. Leisten ohne direkte Gegenleistung. Aber er fängt nicht an (wie unser lieber Threadersteller ja auch nicht). Denn er kann das Vertrauensproblem nicht überwinden (was die "tit for tat"-Strategie des verbindlichen Tausches mit Leichtigkeit bewerkstelligen kann). Er läuft immer Gefahr, der Dumme zu sein. Er leistet voraus. Aber andere leben nur bequem nach ihren Bedürfnissen, bedienen sich. Davor fürchtet er sich insgeheim, denn Kommunisten sind ja in der Regel die schlimmsten Aufrechner. Und genau dieser Reflex ist ihr größtes Hindernis. Sie schauen ganz genau, was der andere (zu viel) hat und wie wenig, (zu wenig) er dafür geleistet hat. Anders gesagt, er leidet leider an der wohl unheilbaren Krankheit der neidigen "Gleicheititis", will alles nivellieren, angleichen. Am Ende sitzen unseren freiheitlichen Kommunisten im Kreis vorm leeren Gemeinschaftskorb... und es passiert nichts ... und wenn sie nicht gestorben und verhungert sind, dann sitzen sie noch immer da und träumen vom Kommunismus.
Die größten Gleichmacher sind nicht die Kommunisten, sondern die Neoliberalen. Verliert ein Ingenieur seine Arbeit, so wird er nach einem Jahr so behandelt wie ein überzeugter Gammler, der weder etwas lernte, noch sich jemals veranlasst sah, irgendwie zu arbeiten. Kein Kommunist strebt nach einem solch extremen Maß an Gleichheit.
Auch gab es in der DDR Unterschiede. Ich kenne z.B. Leute, die eine Bäckerei besaßen. Zwar durften sie dort niemanden nach Gutdünken mit Niedrigstlöhnen ausbeuten oder ein Brötchen für 10 Pfennig verkaufen, das hätte den Straftatbestand des Wuchers erfüllt. Aber sie hatten doch Eigentum und dadurch gewisse Freiheiten.
Es gab also durchaus Unterschiede beim Wohlstand. Man hat allerdings die Spitzen gekappt. Niemand konnte in seinen Millionen baden, aber auch niemand musste beim Essen sparen, konnte den Strom nicht mehr bezahlen oder war von Obdachlosigkeit bedroht, weil er die Miete nicht mehr aufbringen konnte.