Vongole hat geschrieben:(11 Nov 2020, 05:37)
Nein, ich behaupte nicht das Verbot einer Gedenkfeier, aber ich behaupte, dass sie möglich gewesen wäre, wenn man unter Corona-Bedingungen zur gleichen Zeit eine Demo zulässt.
Und ich behaupte, dass diese Verfassung, auf die sich die Stadt und auch du berufen, u.a. entstanden ist unter dem Eindruck der unsäglichen Verbrechen gegen die Juden, die am 9.November 1938 ihren vorläufigen Höhepunkt fanden.
Deshalb hätte Dresden sich den "Luxus" leisten können, diese Demo derart zu erschweren, dass sie nicht stattgefunden und damit den jüdischen Deutschen das Empfinden erspart hätte, dass das Rederecht eines Neonazis wie Kalbitz
über dem Gedenken an die Shoah steht.
Aber du hast natürlich recht, man kann das GG beliebig auslegen, Dresden hat gezeigt, wie man das macht.
Dann war es offensichtlich nur eine rhetorische Falle
Vongole hat geschrieben:(10 Nov 2020, 18:41)
Genau diese Neutralität war nicht gegeben. Die öffentliche Gedenkfeier
durfte coronabedingt nicht stattfinden, die Demo hingegen schon.
Wenn die Stadt schon aus gesetzlichen Gründen die Demo zulässt, dann wäre es ein Gebot des Anstands gewesen, die Gedenkfeier bei gleichen Auflagen ebenfalls zu veranstalten.
Das Gebot des Anstand haben die Stadtväter offensichtlich nicht gehabt. Man kann es also niemand sonst vorwerfen. Oder der jüdischen Gemeinde, die eine Gedenkfeier durchführt?!
Ich fordere das Gedenken und die Erinnerung ein. Sie haben einen festen Platz in dieser Gesellschaft. Aber daneben gibt es sehr viele andere Faktoren, die diese Gesellschaft, diese Demokratie erst zu dem gemacht haben, was wir heute erleben und was unsere Freiheit sichert.
Wir leben in einer Phase, in der diese Gesellschaft vibriert. Und genau in dieser Zeit neigen wir dazu, unsere Grundsätze (die uns all das ermöglichen) beliebig zu machen, jene, die wir eigentlich an unserer Seite haben sollten fortwährend zu diffamieren, Vorwahlkampf mit billigen und kompetenzfreien Vorwürfen zu betreiben!!!
Bevor ich aber weiter ein Plädoyer für die Grundwerte der Demokratie halte.
Wenn du glaubst, dass ein Ereignis oder ein Leid, ein Glaube oder was auch immer über allem steht und zumindest temporär diese Grundwerte außer Kraft setzt, dann gehörst du zu denen, die eben nicht aus dem gelernt haben, was bis zum heutigen Tage zu einer wehrhaften Demokratie geführt hat und nein, ich glaube nicht, dass man das GG auslegen kann, da irrst du und du zeigst, dass du nicht verstehen willst....Dresden hatte keinen Spielraum in Richtung Verbot. Es wäre keine Auslegung, es verfassungswidrig gewesen...Dresden hatte die Chance zu einer Gegenveranstaltung, dazu Stellung zu beziehen.
Ich sag es einmal sehr, sehr deutlich...was du und andere fordern, ist im Wesen das, was wir hinter uns gelassen haben und ich bitte es nicht auf den Holocaust zu beziehen sondern auf das Wesen zweiter diktatorischer Systeme, die bestimmten wann und vor allem durch wen Freiheitsrechte in Anspruch genommen werden dürfen.
Ich wurde seit der 5. Klasse zum Täter gemacht. Erst als Deutscher, dann als Polizist. Ich bin so lange gegen diese Diffamierungen und Beleidigungen resistent, wie ich mich auf die verfassungsrechtlichen Prinzipien verlassen und ihnen vertrauen kann. An dem Tag, und der wäre gekommen, würde man deine Forderungen realisieren, an dem diese Prinzipien nachhaltig verletzt werden, muss ich die Sinnlosigkeit meines Lebens konstatieren. Ich hoffe, ich muss das niemals erleben oder eingestehen.