Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

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Welche Haltung habt ihr zur Meinungs- und Redefreiheit in Deutschland?

Die Meinungsfreiheit sollte faktisch stärker eingeschränkt werden durch konsequentere Anwendung bestehender Gesetze, z.B. durch Vorgehen gegen Hassrede im Netz
6
10%
Die Meinungsfreiheit sollte durch neue Gesetze stärker eingeschränkt werden
1
2%
Die Regelung der Meinungsfreiheit in Deutschland ist vollkommen angemessen
24
38%
Mit ganz geringen Ausnahmen (z.B. Beleidigung ausländischer Staatsoberhäupter) ist die Situation der Meinungsfreiheit in Deutschland angemessen
4
6%
Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist eindeutig zu eng gefasst. Gleich eine ganze Reihe von Gesetzen sollte gestrichen werden, um Redefreiheit herzustellen
28
44%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 63
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Cobra9
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Cobra9 »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 17:09)

Einige Mitdiskutanten sehen einen Zusammenhang zwischen Art. 1 und Volksverhetzung:





Auch im Gesetzestext selbst ist von der Menschenwürde die Rede.


https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__130.html
Also nicht im off. Teil des Forum, sondern die Meinung einzelner Teilnehmer. Gut ist das klargestellt. Rechtlich sind Grenzen völlig okay wie aktuell vorhanden und ausreicgend Freiheit gibts. Auch in den USA gibts überigens Grezen. Prozesse des obersten Supreme Court legen diese fest und zementieren Präzedenzfälle.
Andrij Melnyk nennt Rolf Mützenich den „widerlichsten deutschen Politiker“..wo Er Recht hat...

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Tom Bombadil
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Tom Bombadil »

Fazer hat geschrieben:(05 May 2016, 00:44)

Warum soll "der Türke" vor Rassismus geschützt sein, aber "der Muslim" dadurch de facto nicht?
Wenn man sich so sehr über den Islam lustig oder verächtlich macht oder ihn so sehr verunglimpft, dass der Blasphemie§ greifen würde, dann ist das Rassismus gegen Muslime?
The tree of liberty must be refreshed from time to time with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure.
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Unité 1
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 15:54)

Es geht mir nicht um die Bindung staatlicher Gewalt an die Grundrechte,
Aber mir. Du solltest dir angewöhnen, ganze Absätze zu erfassen. Die Erwähnung der BIndung der staatlichen GEwalt an die Rechte im Art.1GG diente zur Verdeutlichung der Relevanz jenes Artikels.
sondern darum, dass hier Leute aufgetaucht sind, die die Meinungsfreiheit beschränkt sehen wollen mit Berufung auf die in Art. 1 genannte Würde des Menschen.
Da verdrehst du einiges. Du fechtest für das Recht zur Volksverhetzung. Nicht andere Leute wollen die Meinungsfreiheit beschränkt, du willst die Redefreiheit pervertiert sehen.
Die Erwähnung der Würde des Menschen und des Widerstandsrechtes im Grundgesetz sind in der Realität so unwichtig, dass man sie auch gar nicht zu ändern braucht; es ist ja, wie ich erwähnte, im wesentlichen Pathos, das niemanden etwas kostet. Außerdem kann das Grundgesetz jederzeit durch eine andere Verfassung abgelöst werden, wenn sich dafür eine Mehrheit findet.
Ja, prima. Danke für die Wiederholung. Kam aber schon beim ersten Mal an.

Ich hätte wohl genauer fragen müssen: Wenn Art.1GG zum Wesenskern des GG gehört - eine Auffassung, die, soweit ich weiß, von niemanden von Relevanz in Frage gestellt wird -, wie kann man dann ernsthaft von obsoleter Folklore sprechen? Warum steht wohl die Bindung der staatlichen GEwalt an die Grundrechte im Art.1GG, wenn es nur hohles Pathos sei? Warum stünde ausgerechnet das "Pathos" unter ewigem Schutz, Kinkerlitzchen wie Presse- oder Versammlungsfreiheit aber nicht?


Danke, es freut mich immer wieder, wenn andere meine Gedanken faszinierend finden! :D
Gern.
Ich meine damit nicht den Inhalt, sondern die Form. Der Glaube daran, dass die Moral höchsten Ansprüchen genügen muss. Der Glaube daran, dass durch Regeln und Gesetze alles machbar ist. Das Übersehen der Wichtigkeit des Herzlichen, des Einfachen, Schlichten.

Wenn man die deutsche Geschichte betrachtet, wird man ein Oszillieren zwischen höchstem moralischen Anspruch und größter Verwerflichkeit finden, wie bei kaum einer zweiten Nation. Ob das Luther ist oder das Zweite Reich und das Dritte Reich; immer hat man sich für etwas besseres gehalten. Und, vor allem, die Theorie musste passen. So konnte man gemäß - wer war es gleich? Himmler? - anständig bleiben, während man einen Massenmord beging.

Auch heute noch kann man diesen hohen moralischen Anspruch spüren
Deine Salbaderei ist so unerheblich wie nervtötend. Stell dir vor, du warst beim ersten Mal schon verstanden. Stell dir weiterhin vor, dass ich Reaktorunglücke ebenfalls faszinierend finde.
- etwa in der Einschränkung der Meinungsfreiheit.
https://en.wikipedia.org/wiki/Hate_speech

Ist es nicht faszinierend, wie jemand bar jeglichen Wissens sich an der Ablehnung Menschenwürde als Ausdruck tiefsten deutschen Moralismus hochgeilt, dabei nicht davor zurückscheut, die Idee der Verrechtlichung der Menschenwürde in den Geist des Holocaust zu stellen, und das mittels einer Aneinanderreihung inhaltsloser Worthülsen?

Solche böswilligen Verdrehungen unter Missachtung von Realität kommt üblicherweise nur von einer Klientel, nämlich, ähh, von FDP-Anhängern, nech Julian?
Oh, das ist böse, das darf man nicht sagen!
Kann nicht mal jemand dem Vogel Julian das Gefieder rupfen? Bitte?*
Auch der Umweltschutz ist solch ein Beispiel. Andere Länder belehrt man dann gerne, übersieht aber, das jene kein tugendhaftes Verbrechen in der Größenordnung wie Deutschland zu verantworten haben.
Ich denke, ich verzichte an dieser Stelle auf die Gelegenheit, deine Wortwahl wieder mal genauer zu betrachten, "tugendhaftes Verbrechen in der Größenordnung wie Deutschland", obwohl die Betrachtung zweifelsohne sehr erhellend wäre. Nein, ich begnüge mich mit der Feststellung, dass für Teilnehmer Julian eine Linie von Auschwitz zum Dosenpfand besteht. Wegen höchster moralischer ANsprüche und so.
Der Verlauf dieser Diskussion zeigt auch, wie moralisch aufgeladen und prinzipiell alles in Deutschland zugeht. Kann man es nicht ein bisschen tiefer hängen?
:D Genau!
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 8#p3525148
Julian hat geschrieben:Im Dritten Reich durfte man auch die Meinung haben, dass Hitler ein Idiot ist. Nur öffentlich durfte das nicht werden.
Bin deiner Meinung, es ist eine Pest mit jenen Diskutanten, die alles am 3.Reich kontrastieren und feststellen, dass es heute ja immer noch so sei.
In anderen Ländern lebt es sich auch ganz gut, ohne die Einschränkung der Meinungsfreiheit, und ohne verfassungsmäßig verankerte Menschenwürde. Man kann ja gerne anderer Meinung sein und gegen mich argumentieren, aber man sollte doch wahrnehmen, dass das, was ich hier vorschlage, nicht aus der Luft gegriffen und auch nicht abgrundtief böse ist, sondern zur Realität in vielen anderen Ländern, darunter nicht den schlechtesten, gehört.
Es ist angekommen, dass dir aufging, dass der Schutz der Menschenwürde beim fröhlichen Hetzen - was unabdingbar erlaubt werden müsse, sonst würden wir den Ungeist ders Holocaust nie los - irgendwie stört.

*Oh, ist das etwa böse und wirst du jetzt moralisch argumentieren? Oder strafrechtlich argumentieren? Wie auch immer, deine moralinsaure Einschränkungswünsche der Meinungsfreiheit kotzen mich an.

Julian hat geschrieben:(04 May 2016, 16:09)

Grund- und Menschenrechte sind sinnvoll; sie beschreiben ja auch relativ konkrete Dinge.

Das Folterverbot ist in Art. 104 und in verschiedenen anderen Gesetzen geregelt. Du siehst, dies ergibt sich keineswegs aus Art. 1, sondern muss gesondert geregelt werden.
Nein. Die Artikel zur Rede-, Religions- usw-Freiheit ergeben sich ja auch aus Art2.GG - anders wäre eine freie Entfaltung der Persönlichkeit kaum möglich - und sind trotzdem extra aufgeführt.

Genau deswegen sind wir auf Art.1 gekommen. Offenbar ist der Artikel so allgemein formuliert, dass er dazu missbraucht werden kann, anderen den Mund zu verbieten.
Niemand verbietet dir den Mund wegen des Art.1. Erstens kannst du weiterhin auf deinen FDP-Kameradschaftsabenden Wahrheiten über das Gelumpe und Viehzeugs austauschen, solltest du nur nicht öffentlich machen. Zweitens ist es nicht Art.1, sondern Art.5 der missbräuchlicherweise hochgehalten wird, wenn es um das gemeinschaftsstiftende Recht geht, Dinge sagen zu dürfen, die man doch wohl noch mal sagen sollen darf. Drittens hat Art.1 mit den BP-Beleidigungs§ u.ä. nichts zu tun.
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Julian
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 10:17)

Solche böswilligen Verdrehungen unter Missachtung von Realität kommt üblicherweise nur von einer Klientel, nämlich, ähh, von FDP-Anhängern, nech Julian?
Kann nicht mal jemand dem Vogel Julian das Gefieder rupfen? Bitte?*
Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 10:17)
Niemand verbietet dir den Mund wegen des Art.1. Erstens kannst du weiterhin auf deinen FDP-Kameradschaftsabenden Wahrheiten über das Gelumpe und Viehzeugs austauschen, solltest du nur nicht öffentlich machen. Zweitens ist es nicht Art.1, sondern Art.5 der missbräuchlicherweise hochgehalten wird, wenn es um das gemeinschaftsstiftende Recht geht, Dinge sagen zu dürfen, die man doch wohl noch mal sagen sollen darf. Drittens hat Art.1 mit den BP-Beleidigungs§ u.ä. nichts zu tun.
Du verstehst offenbar überhaupt nicht, was ich (und viele andere!) unter Freiheit verstehe. Was sollen die ständigen Unterstellungen, Stichwort Kameradschaftsabende? Was ich hier verteidige, ist ein Konzept der Meinungs- und Redefreiheit, das in den USA und anderen Ländern seit langem angewandt wird.

Hier wird so getan, als würde ich etwas Unerhörtes sagen, das die Tore zur Hölle öffnet. Ist das der Effekt, den die deutsche Schule auf die Leute hat, in dem Sinne, dass ein rotes Licht angeht, sobald man eine bestimmte, von der Regierung und der Lehrerschaft festgelegte Linie überschreitet und etwas Undenkbares, Unerlaubtes schreibt? Wenn jemand gegen den Volksverhetzungsparagraphen ist, muss es notwendigerweise ein Nazi sein, der auf Kameradschaftsabende geht? Was ist das denn bitte für eine ideologische Indoktrination! Dabei ist die Redefreiheit, auf die ich abziele, Realität in anderen Ländern, die im übrigen eine viel stärkere demokratische Tradition als Deutschland haben.

Ich befinde mich, wie auch schon erwähnt, mit einigen Vorschlägen in guter Gesellschaft. Oder denkt jemand, Raul Hilberg oder Noam Chomsky wären verdächtig, Kameradschaftsabende zu organisieren?

Man kann ja gerne anderer Meinung sein und dies argumentativ darstellen. Ich habe weiter oben erwähnt, dass meine eigene Meinungsbildung dazu noch gar nicht abgeschlossen ist; deswegen will ich mich ja in einem Diskussionsfaden austauschen. Allerdings nicht über Kameradschaftsabende und Unterstellungen, sondern über inhaltliche Argumente, die sachlich vorgetragen werden.

Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist. Nun sind aber 70 Jahre vergangen. Ist Deutschland, sind die deutschen Bürger bereit für freiheitlichere Regelungen? Oder müssen wir vor uns selbst immer noch Angst haben und einander Maulkörbe anlegen?
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Brainiac
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Brainiac »

Ich sehe das Ganze so:

Wenn wir mal beim Vergleich mit den USA bleiben, dann kann man dort sicher mehr öffentlich sagen als hier. Siehe zB Trump. Das Land geht deshalb nicht unter. Andererseits geht Deutschland auch nicht deshalb unter, weil man hier etwas weniger öffentlich sagen kann. Jedenfalls kann ich das aus den letzten 70 Jahren nicht erkennen.

D.h. beides ist grundsätzlich möglich. Ich bin aber immer etwas skeptisch, etwas, was woanders funktioniert, in D implantieren zu wollen (weswegen ich auch skeptisch bin, das Schweizer Modell der Direkten Demokratie 1:1 in D einzuführen). Die USA sind in mancher Beziehung härter drauf. Das ist nicht besser und nicht schlechter, es ist einfach anders. Die USA-Interpretation der Redefreiheit 1:1 hier umsetzen zu wollen, würde ggf. nicht zu Deutschland passen.
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Unité 1
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Julian hat geschrieben:(05 May 2016, 11:46)

Du verstehst offenbar überhaupt nicht, was ich (und viele andere!) unter Freiheit verstehe.
Natürlich tue ich das, ist doch nicht schwer.
Was sollen die ständigen Unterstellungen, Stichwort Kameradschaftsabende?
Ein Problem mit der Meinungsfreiheit, Julian?
Ist das der Effekt, den die deutsche Schule auf die Leute hat, in dem Sinne, dass ein rotes Licht angeht, sobald man eine bestimmte, von der Regierung und der Lehrerschaft festgelegte Linie überschreitet und etwas Undenkbares, Unerlaubtes schreibt?
Ja, so war das. Ich habe mich vorher mit meinen alten Lehrern kurzgeschlossen, weil ich nicht wusste, was die gewünschte Mehrheitsmeinung ist.

Die insinuierte Vorstellung einer 68er-Verschwörung, die die gegenwärtige Denkwelt derart beherrscht, das Diskutanten mit anderer Ansicht als Julian auf keinen Fall ihre tatsächliche Meinung vertreten, sondern "festgelegte Linien", ist übrigens auch so ein klassisches FDP-Topos.
Für jemanden, der die Freiheitsidee der USA so hoch hält, hast du ein erstaunliches Problem mit der Anerkennung anderer Meinungen als individuelle.
Wenn jemand gegen den Volksverhetzungsparagraphen ist, muss es notwendigerweise ein Nazi sein, der auf Kameradschaftsabende geht? Was ist das denn bitte für eine ideologische Indoktrination!
Für jemanden, der vorgeblich Achtung und Anstand hochhält, biste ganz schön schnell dabei, meine Meinung als Ergebnis von Indoktrination abzutun. Ich hab's jedenfalls begründet und dir gefällt's nicht. Heul doch.

Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist. Nun sind aber 70 Jahre vergangen. Ist Deutschland, sind die deutschen Bürger bereit für freiheitlichere Regelungen? Oder müssen wir vor uns selbst immer noch Angst haben und einander Maulkörbe anlegen?
Und du fragst dich tatsächlich, warum jemand nach der dritten Wiederholung dieses Mists dich für einen, ähh, FDP-Anhänger halten kann. *kopfschüttel*
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Progressiver
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

Fazer hat geschrieben:(05 May 2016, 00:44)

Du machst es dir etwas einfach.
Beim "Majestätsparagraphen" kann man noch die Position vertreten, dass ist halt eine natürlich Person, die eh schon durch § 185 STGB (Beleidigung) geschützt ist.

Einen solchen Schutz aus 185 hat eine Religionsgemeinschaft aber nicht. Und hier ist deine Position extrem widersprüchlich. Du willst die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die dann wohl durch Staatsangehörigkeit oder Flüchtlingsstatus geprägt ist schützen. Rassismus ist für dich ein Verbrechen. Aber wenn jemand einer Religion angehört und diese Religion (und damit ihr Angehöriger) massiv verunglimpft wird, dann ist alles in Ordnung? Warum soll "der Türke" vor Rassismus geschützt sein, aber "der Muslim" dadurch de facto nicht?

Der Fall mit dem Koran auf Klopapier zeigt, dass es hier Möglichkeiten gibt, die wenig mit Meinungsfreiheit, aber viel mit vorsätzliciher Provokation und Beleidigung einer Gruppe von Menschen zu tun hat.
Für mich stellt sich dieser Punkt recht unkompliziert dar, da ich zwischen Ideen und Menschen unterscheiden kann. Eine Religion ist für mich ein Ideengebilde, welches keiner rationalen oder wissenschaftlichen Prüfung standhält. Genau so wie es erlaubt ist, meine eigenen Ideen zu kritisieren, muss es auch erlaubt sein, ohne falsche Rücksicht Religionen zu hinterfragen und in Grund und Boden zu kritisieren. Bei Menschen verhält es sich jedoch anders, da sie -im Gegensatz zu Ideengebilden, Religionen etc.- so etwas wie eine Menschenwürde besitzen. Wenn ich beispielsweise einen Menschen jüdischen Glaubens als "den Juden" bezeichne und ihn mit allerlei antisemitischen Vorurteilen und Stereotypen belege, dann ist das verbrecherisch. Wenn ich diesen nur als "den Juden" bezeichne, reduziere ich ihn zunächst in seiner Identität auf seine Religionszugehörigkeit. Im zweiten Schritt wird er in diesem Fall von Antisemiten mit allen möglichen schlechten Eigenschaften belegt -also "verschlagen, geldgierig usw.", um ihn abzuwerten. Alleine dadurch wird ihm das Recht genommen, als Subjekt und Individuum zu existieren. Er wird zum Objekt degradiert. Und mit der klischeehaften Zuschreibung von schlechten Eigenschaften wird er in eine Kategorie gepresst, mit der er als Individuum vielleicht gar nichts zu tun hat.

Oder um es anders zu sagen: In einer freien Gesellschaft dürfen, ja müssen, alle Ideen einer kritischen Überprüfung standhalten. Wer aber Menschen kritisiert, indem er sie zu Objekten degradiert und ihnen ihre Menschenwürde abspricht, der hat oft genug die Absicht, sie physisch zu vernichten. Einer Idee tut es nicht weh, wenn man sie auf den Müllhaufen der Geschichte ablädt oder sie augenscheinlich vernichten will. Sie ist ja nur ein Werkzeug. Wenn man mit Menschen dagegen ähnlich verfahren will, dann ist das inhuman und menschenverachtend.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Odin1506 »

Was mich nervt ist diese political correctness.
Ich bin keine Signatur, ich putze hier nur!!! :p
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Julian
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)

Natürlich tue ich das, ist doch nicht schwer.
Das bezweifle ich. Du kannst es mir aber gerne erklären.
Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Ein Problem mit der Meinungsfreiheit, Julian?
Nein, überhaupt nicht. Wenn ich etwas für nicht anständig halte, wenn ich jemanden dazu aufrufe, etwas nicht weiter zu behaupten, wenn ich sage, das etwas falsch sei, heißt das noch lange nicht, dass ich nach dem Strafrichter rufe.

Ich plagiiere mich hier mal eben selbst, obwohl das Ganze sicher noch besser formuliert werden könnte:


Es werden hier mehrere Ebenen miteinander vermischt.

1. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen den Staat
Hier bin ich sehr liberal in meiner Auslegung; dafür wurde ich hier bereits mehrfach kritisiert. Ein Beispiel wäre, dass ich Begriffe wie "Hetze", mit der eine Strafverfolgung begründet wird, sehr kritisch sehe. Ich halte die Meinungsfreiheit, oder besser: Redefreiheit, für fundamental in einer Demokratie. Dieses Recht darf nur wohlüberlegt eingeschränkt werden (etwa bei Verleumdung einer Person).

2. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen andere
Auch hier bin ich der Meinung, dass der Staat die Meinungsfreiheit schützen muss. Beispiel: Hamed Abdel-Samad wird bedroht, weil seine Meinung manchen Muslimen nicht passt. Der Staat hat die Aufgabe, diese Meinung nicht nur zu erlauben, sondern auch denjenigen, der sie äußert, zu schützen und ihm die Meinungsäußerung zu ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise der Polizeischutz für gefährdete Personen oder der polizeiliche Schutz von Veranstaltungen.

3. Anstand
Nicht alles, was von der Meinungsfreiheit gemäß 1. und 2. gedeckt ist, halte ich für anständig. Deswegen kann es durchaus sein, dass ich äußere: Das sollte man so aber nicht äußern. Damit meine ich nicht, dass eine Äußerung strafrechtlich verfolgt werden sollte, sondern nur, dass ich sie nicht für anständig halte und die Leute dazu aufrufe, so etwas nicht zu äußern. Ich würde die Leute aber nicht mit strafrechtlichen Maßnahmen davon abhalten, das zu tun.

4. Die eigene Meinung
Die Meinungsfreiheit zeigt sich gerade darin, dass man auch Meinungen erlaubt, die der eigenen widersprechen. Häufig wird mir vorgeworfen, eine bestimmte Meinung, für deren legale Äußerung ich eintrete, auch selbst zu vertreten. Das ist ein ganz typischer Vorwurf, der gezielt der Diskreditierung der Verteidiger der Meinungsfreiheit dienen soll.

5. Öffentliche Finanzierung
Eine ganz andere Frage ist es, wenn ein Medium (oder ein Kunstwerk) öffentlich finanziert werden soll, über Steuern oder über Gebühren. Selbstverständlich darf man dann eine um Objektivität und Qualität bemühte Berichterstattung erwarten und auch fordern, dass bestimmte Dinge eben nicht öffentlich finanziert ausgedrückt :D werden sollten. Das heißt nicht, dass man Entsprechendes nicht äußern dürfte; allein, ich sehe es nicht ein, so etwas zu finanzieren.

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Ja, so war das. Ich habe mich vorher mit meinen alten Lehrern kurzgeschlossen, weil ich nicht wusste, was die gewünschte Mehrheitsmeinung ist.

Wusst ich's doch. :rolleyes:

Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Die insinuierte Vorstellung einer 68er-Verschwörung, die die gegenwärtige Denkwelt derart beherrscht, das Diskutanten mit anderer Ansicht als Julian auf keinen Fall ihre tatsächliche Meinung vertreten, sondern "festgelegte Linien", ist übrigens auch so ein klassisches FDP-Topos.
Für jemanden, der die Freiheitsidee der USA so hoch hält, hast du ein erstaunliches Problem mit der Anerkennung anderer Meinungen als individuelle.
Für jemanden, der vorgeblich Achtung und Anstand hochhält, biste ganz schön schnell dabei, meine Meinung als Ergebnis von Indoktrination abzutun. Ich hab's jedenfalls begründet und dir gefällt's nicht. Heul doch.
Indoktrination, Sozialisierung, wie auch immer man das nennen mag. Ich finde es gefährlich, dass wir mittlerweile in der Gesellschaft einen Konsens darüber haben, dass bloße Meinungen verboten werden sollten, wenn sie gewisse rote Linien überschreiten - ganz offenbar, weil sie für gefährlich gehalten werden.

Und all dies wird - ausgerechnet! - mit einer Stärkung der Demokratie begründet, dabei ist doch die Meinungsfreiheit das stärkste Bollwerk gegen autoritäre, antidemokratische Entwicklungen. Alle gefährlichen Ideologien, die mir auf die Schnelle einfallen, setzen doch auf die Beschränkung der Meinungsfreiheit, ob das nun der Nationalsozialismus, der Faschismus, der Kommunismus, der politische Islam oder absolute Monarchien sind.

Wäre die Liebe zur Freiheit in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert, statt die nur transiente Vorstellung davon, was gesagt werden darf und was nicht, würde ich besser schlafen.
Unité 1 hat geschrieben:(05 May 2016, 12:12)
Und du fragst dich tatsächlich, warum jemand nach der dritten Wiederholung dieses Mists dich für einen, ähh, FDP-Anhänger halten kann. *kopfschüttel*
Ich finde es schwierig für mich, eine politische Heimat zu finden.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)

Das bezweifle ich. Du kannst es mir aber gerne erklären.
Ich soll dir erklären, was du unter Freiheit verstehst? Ernsthaft? :D

Ich plagiiere mich hier mal eben selbst, obwohl das Ganze sicher noch besser formuliert werden könnte:
Ja, wahnsinnig spannend, dieser xtausendste Beitrag von Julian über Julian. Haste neben der Umvolkung eigentlich noch andere Themen als dich?
Wusst ich's doch. :rolleyes:
Ich glaub dir, dass du das glaubst.



Indoktrination, Sozialisierung, wie auch immer man das nennen mag. Ich finde es gefährlich, dass wir mittlerweile in der Gesellschaft einen Konsens darüber haben, dass bloße Meinungen verboten werden sollten, wenn sie gewisse rote Linien überschreiten - ganz offenbar, weil sie für gefährlich gehalten werden.
Es gibt keine Meinungsverbote. Es gibt keine Debatten über Meinungsverbote. Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß. Damit musste leben lernen.
Ich finde es schwierig für mich, eine politische Heimat zu finden.
Wozu auch, wenn Meinungen bald verboten werden sollen? Strick doch lieber was.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Kritikaster »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)

Indoktrination, Sozialisierung, wie auch immer man das nennen mag. Ich finde es gefährlich, dass wir mittlerweile in der Gesellschaft einen Konsens darüber haben, dass bloße Meinungen verboten werden sollten, wenn sie gewisse rote Linien überschreiten - ganz offenbar, weil sie für gefährlich gehalten werden.
Mal davon abgesehen, dass die ständig wiederholte Behauptung eines angeblichen Meinungsverbotes hanebüchener Unsinn ist, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Du für Dich offenbar ausschließt, DEINE hier zum Besten gegebenen Ergüsse seien NICHT das Ergebnis von "Indoktrination", nur eben durch andere, DEINE Wahrnehmung steuernde Elemente. :D
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Polibu »

In Amerika gibt es Meinungsfreiheit. Hier in Deutschland gibt es nur ein abgespeckte Version. Absolut nicht gleichwertig. Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist von schlechterer Qualität.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Unité 1 »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:00)

Mal davon abgesehen, dass die ständig wiederholte Behauptung eines angeblichen Meinungsverbotes hanebüchener Unsinn ist, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Du für Dich offenbar ausschließt, DEINE hier zum Besten gegebenen Ergüsse seien NICHT das Ergebnis von "Indoktrination", nur eben durch andere, DEINE Wahrnehmung steuernde Elemente. :D
Wenn er es denn ehrlich meinte, woran ich erhebliche Zweifel habe. Ich meine, gesellschaftlicher Konsens über Meinungsverbote, srly?
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(05 May 2016, 11:46)

Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist.
Diese "guten Gründe" gibt es heute immer noch. Oder schon wieder.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Sextus Ironicus »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)



Ich finde es schwierig für mich, eine politische Heimat zu finden.
Braucht auch kein Mensch. Sobald man sich darauf einlässt, ist alle Freiheit im Kopf weg, man verinnerlicht eine Sklavenmoral, egal ob man nun in der hypermoralischen, der hyperautoritären oder hyperglobalisierungstechnischen Höhle sitzt. Der Verstand, die Urteilskraft, die Skepsis, die Freiheit überleben nur in einer überpolitischen Heimat.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Unité 1 hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:47)

Ich soll dir erklären, was du unter Freiheit verstehst? Ernsthaft? :D


Ja, wahnsinnig spannend, dieser xtausendste Beitrag von Julian über Julian. Haste neben der Umvolkung eigentlich noch andere Themen als dich?

Ich glaub dir, dass du das glaubst.




Es gibt keine Meinungsverbote. Es gibt keine Debatten über Meinungsverbote. Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß. Damit musste leben lernen.


Wozu auch, wenn Meinungen bald verboten werden sollen? Strick doch lieber was.
Ich fasse deinen Beitrag mal zusammen: Null inhaltliche Auseinandersetzung mit den von mir aufgeworfenen Fragen. Danke fürs Gespräch.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Kritikaster hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:00)

Mal davon abgesehen, dass die ständig wiederholte Behauptung eines angeblichen Meinungsverbotes hanebüchener Unsinn ist, entbehrt es nicht einer gewissen Komik, dass Du für Dich offenbar ausschließt, DEINE hier zum Besten gegebenen Ergüsse seien NICHT das Ergebnis von "Indoktrination", nur eben durch andere, DEINE Wahrnehmung steuernde Elemente. :D
Du bestreitest es, dass bestimmte Meinungen in Deutschland strafbar sind, so sie denn geäußert werden?

Man darf hier ja nicht einmal Religionen beschimpfen, wenn dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Was das genau ist - eine Beschimpfung und die Störung des öffentlichen Friedens - entscheiden dann Gerichte, nach völlig willkürlichen Kriterien. Das heißt, unsere Rechtssystem unterstützt religiöse Fanatiker, die sich eine Beleidigung ihrer Religion verbitten ("die Beschimpfung") und damit mit Gewalt reagieren ("den öffentlichen Frieden stören").

Traurig, dass das die Leute nicht einmal mehr merken, so sehr haben sie sich an die Gängelung gewöhnt.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Nö, ich plappere nur keine Bildzeitungs-Überschriften nach, was die DDR anbelangt. Aber Nostalgikerin ganz sicher nicht. Geht gar nicht bei meiner Biografie. Allerdings bezog sich mein Satz überhaupt nicht auf die DDR, sondern auf diese Bemerkung von dir: "Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist." Und ich erwiderte, dass es diese "guten Gründe" heute immer noch oder schon wieder gibt. Das hätte ich mir damals zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen können, dass man mal Angst haben muss, dass rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig wird und sich sogar im Bundestag wiederfinden könnte. War vor paar Jahrzehnten noch undenkbar. Und jetzt sitzen die Typen wahrhaftig im Hohen Haus.
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Julian
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Selina hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:06)

Nö, ich plappere nur keine Bildzeitungs-Überschriften nach, was die DDR anbelangt. Aber Nostalgikerin ganz sicher nicht. Geht gar nicht bei meiner Biografie. Allerdings bezog sich mein Satz überhaupt nicht auf die DDR, sondern auf diese Bemerkung von dir: "Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist." Und ich erwiderte, dass es diese "guten Gründe" heute immer noch oder schon wieder gibt. Das hätte ich mir damals zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen können, dass man mal Angst haben muss, dass rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig wird und sich sogar im Bundestag wiederfinden könnte. War vor paar Jahrzehnten noch undenkbar. Und jetzt sitzen die Typen wahrhaftig im Hohen Haus.
Erstens ist deine Gleichsetzung der AfD mit den Nationalsozialisten lachhaft, zweitens glaube ich, dass man in einer reifen Demokratie jede Meinung aushalten muss, auch und gerade dann, wenn sie einem nicht passt. Dieses erzieherische, bevormundende Getue darüber, was gesagt werden darf und was nicht, geht mir auf die Nerven.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Kritikaster »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:51)

Du bestreitest es, dass bestimmte Meinungen in Deutschland strafbar sind, so sie denn geäußert werden?

Man darf hier ja nicht einmal Religionen beschimpfen, wenn dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Was das genau ist - eine Beschimpfung und die Störung des öffentlichen Friedens - entscheiden dann Gerichte, nach völlig willkürlichen Kriterien. Das heißt, unsere Rechtssystem unterstützt religiöse Fanatiker, die sich eine Beleidigung ihrer Religion verbitten ("die Beschimpfung") und damit mit Gewalt reagieren ("den öffentlichen Frieden stören").

Traurig, dass das die Leute nicht einmal mehr merken, so sehr haben sie sich an die Gängelung gewöhnt.
Welch übel Ding, dass Du so etwas hier schreiben darfst, nicht wahr? :D

Aber Du hast recht, dass Du offenbar nicht mehr merkst, was Du so von Dir gibst.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Charles »

Meinungsfreiheit ist doch auch viel mehr, als vom Staat für seine Meinungsäusserungen nicht verfolgt zu werden. Was nutzt es mir, wenn ich zwar vom Staat nicht verfolgt werde, aber unter Polizeischutz leben muss und meinen Job verliere, wenn ich meine Meinung sage?
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Selina
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:08)

Erstens ist deine Gleichsetzung der AfD mit den Nationalsozialisten lachhaft, zweitens glaube ich, dass man in einer reifen Demokratie jede Meinung aushalten muss, auch und gerade dann, wenn sie einem nicht passt. Dieses erzieherische, bevormundende Getue darüber, was gesagt werden darf und was nicht, geht mir auf die Nerven.
Ja. So what. Wie sagte Unité 1 doch gleich? "Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß." Es gibt eine Art von brauner Argumentation, da passt das Wort "Meinung" beim besten Willen nicht. Das wäre so, als würde man plötzlich zum Stubentiger "Bello" sagen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von CaptainJack »

Selina hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:06)

Nö, ich plappere nur keine Bildzeitungs-Überschriften nach, was die DDR anbelangt. Aber Nostalgikerin ganz sicher nicht. Geht gar nicht bei meiner Biografie. Allerdings bezog sich mein Satz überhaupt nicht auf die DDR, sondern auf diese Bemerkung von dir: "Es gab nach dem Zweiten Weltkrieg sicherlich gute Gründe, den Deutschen zu misstrauen und sicherzustellen, dass nationalsozialistische Propaganda nicht mehr möglich ist." Und ich erwiderte, dass es diese "guten Gründe" heute immer noch oder schon wieder gibt. Das hätte ich mir damals zum Beispiel beim besten Willen nicht vorstellen können, dass man mal Angst haben muss, dass rechtsradikales Gedankengut wieder salonfähig wird und sich sogar im Bundestag wiederfinden könnte. War vor paar Jahrzehnten noch undenkbar. Und jetzt sitzen die Typen wahrhaftig im Hohen Haus.
Die sind eben nicht rechtsradikal. Die offizielle Bezeichnung (auch der gegnerischen Politiker) ist i.d.R. allerhöchstens "rechtspopulistisch". Was soll also dein ewiges Gegacker? Immerhin sind wir hier in einem Politikforum, wo wenigstens ein paar eine seriöse Kommunikation führen wollen. Mich aufblähen kann ich an den Stammtischen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Julians Einteilung in jene 5 Punkte gefällt mir, muss ich sagen. Aber ich kann nicht allem zustimmen:
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
1. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen den Staat
[...]Ein Beispiel wäre, dass ich Begriffe wie "Hetze", mit der eine Strafverfolgung begründet wird, sehr kritisch sehe. [...]
Ich bin auch für eine weite Auslegung der Redefreiheit, muss aber auch sagen, dass es Grenzen gibt. Bestimmten Völkern die Pest an den Hals zu wünschen o.ä. sollte schon strafbar sein.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
2. Meinungs- und Pressefreiheit als Recht gegen andere
[...] Der Staat hat die Aufgabe, diese Meinung nicht nur zu erlauben, sondern auch denjenigen, der sie äußert, zu schützen und ihm die Meinungsäußerung zu ermöglichen. [...]
Hier stimme ich zu. Ich verstehe, wenn man es z.B. bei Rechtsradikalen als problematisch empfindet, wenn man sie offen sprechen lässt, aber umgedreht heißt das, dass man andernfalls jedem Menschen die Redefreiheit einschränken kann, sofern man die nötigen Mittel zum Krawall hat. Haben die Rechten bei Merkel ja zum Beispiel auch teilweise gemacht - oder die Linken bei Lindner in Bochum. Gelegtliche Zwischenrufe sind meines Erachtens okay, allerdings keine Störungen mit dem Ziel, eine Veranstaltung dauerhaft unhörbar oder durch Lärm unerträglich zu machen. Das kanns nicht sein.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
3. Anstand
Nicht alles, was von der Meinungsfreiheit gemäß 1. und 2. gedeckt ist, halte ich für anständig. Deswegen kann es durchaus sein, dass ich äußere: Das sollte man so aber nicht äußern. [...] Ich würde die Leute aber nicht mit strafrechtlichen Maßnahmen davon abhalten, das zu tun.
Wie gesagt, das Drohen mit strafrechtlichen Maßnahmen würde ich nach Möglichkeit auch vermeiden, aber in Extremfällen kann es schon nötig sein.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)
4. Die eigene Meinung
[...]Häufig wird mir vorgeworfen, eine bestimmte Meinung, für deren legale Äußerung ich eintrete, auch selbst zu vertreten.[...]
Das habe ich früher tatsächlich auch schon erlebt. Ich habe vor einigen Jahren mal - auch hier im Forum - die Meinung vertreten, die Leugnung des Holocaust sollte, obwohl es zweifellos eine falsche und überaus geschmacklose Äußerung ist, nicht pauschal verboten sein. Es könne meiner Ansicht nach nämlich theoretisch durchaus sein, dass jemand an dieser Stelle einer dummen Verschwörungstheorie aufgesessen ist, aber diese nicht in hetzerischer Absicht vertritt. Zwar kann man sagen, dass es eigentlich klar sein sollte, dass der Holocaust stattgefunden hat - aber es gibt ja auch Leute, die an Chemtrails oder Reptiloiden glauben. Inzwischen bin ich da skeptisch geworden, weil ich eingesehen habe, dass die Symbolwirkung der Aufhebung eines solchen Verbots in der heutigen Zeit überaus problematisch wäre. Was mich damals allerdings sehr geärgert hat, ist, dass mir, als ich diese Position im Piraten-Forum diskutiert hatte, viele unterstellten, ich sei in Wahrheit selbst ein Holocaustleugner und einer von jenen, die die Piraten von Rechts unterwandern wollten. Das ist völliger Quatsch, und ihr habt alle mein Ehrenwort, dass ich den Holocaust nicht anzweifle und mich jederzeit für einen Ban aus diesem Forum aussprechen würde, wenn es jemand tut.
Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 20:29)5. Öffentliche Finanzierung
Eine ganz andere Frage ist es, wenn ein Medium (oder ein Kunstwerk) öffentlich finanziert werden soll, über Steuern oder über Gebühren. [...]
Da stimme ich zu. Es sollte stets unzweifelhaft sein, dass sich diese Kunstwerke etc. im Einklang mit dem Grundgesetz befinden.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Selina hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:13)

Ja. So what. Wie sagte Unité 1 doch gleich? "Es gibt aber auch keine Applauspflicht für Faschoscheiß." Es gibt eine Art von brauner Argumentation, da passt das Wort "Meinung" beim besten Willen nicht. Das wäre so, als würde man plötzlich zum Stubentiger "Bello" sagen.
"Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" - und was Naziproganda oder Faschismus ist, entscheidend die allwissende Antifa oder die Partei. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen?

Merk dir eins: Bei Meinungsfreiheit geht es immer darum, dass man Menschen mit anderer Meinung duldet, nicht der eigenen. Ist das so schwer zu verstehen? Heute mag es die Meinung von XY sein, die verboten ist, morgen vielleicht die deinige.

Und immer wird es eine saubere Begründung geben, und Juristen, die entsprechende Gesetze ausarbeiten und interpretieren. Es wird immer für das Gute geschehen und immer gegen das Böse, ganz wie bei Herrn Maas. Auch Islamisten meinen es nur gut mit dir, oder zumindest mit deiner Seele, die man davor beschützen muss, Mohammed weiter beleidigen zu können.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:22)

"Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" - und was Naziproganda oder Faschismus ist, entscheidend die allwissende Antifa oder die Partei. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen?

Merk dir eins: Bei Meinungsfreiheit geht es immer darum, dass man Menschen mit anderer Meinung duldet, nicht der eigenen. Ist das so schwer zu verstehen? Heute mag es die Meinung von XY sein, die verboten ist, morgen vielleicht die deinige.

Und immer wird es eine saubere Begründung geben, und Juristen, die entsprechende Gesetze ausarbeiten und interpretieren. Es wird immer für das Gute geschehen und immer gegen das Böse, ganz wie bei Herrn Maas. Auch Islamisten meinen es nur gut mit dir, oder zumindest mit deiner Seele, die man davor beschützen muss, Mohammed weiter beleidigen zu können.
Ich weiß nicht, was du hast, du kannst doch alles sagen, was du willst. Keiner verbietet deine Worte, niemand fällt dir in den Arm. Also alles bestens. Und wenn ich von bräunlichen Tönen im Bundestag und in den Landtagen rede, dann dürfen die betreffenden Herrschaften doch auch alle reden, was ihnen so in den Sinn kommt. Keiner fällt ihnen in den Arm. Alles wunderbar. Die Freiheit der Rede ist nicht eingeschränkt. Aber ich muss es doch nicht gut finden so ganz für mich persönlich. Im Gegenteil: Ich krieg da immer das Kotzen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

Polibu hat geschrieben:(23 Dec 2017, 21:08)

In Amerika gibt es Meinungsfreiheit. Hier in Deutschland gibt es nur ein abgespeckte Version. Absolut nicht gleichwertig. Die Meinungsfreiheit in Deutschland ist von schlechterer Qualität.
In den USA gibt es auch den Begriff hate speech, was in etwa ein Äquivalent zur deutschen Volksverhetzung darstellt. Ich würde da trotzdem nicht gerne leben wollen. Dank der laschen Waffengesetze und der hohen Kriminalitätsrate führen die Amerikaner ein weniger stressfreies Leben.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:22)
"Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda", "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" - und was Naziproganda oder Faschismus ist, entscheidend die allwissende Antifa oder die Partei. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen?
Du sagst:
3. Anstand
Nicht alles, was von der Meinungsfreiheit gemäß 1. und 2. gedeckt ist, halte ich für anständig. Deswegen kann es durchaus sein, dass ich äußere: Das sollte man so aber nicht äußern. Damit meine ich nicht, dass eine Äußerung strafrechtlich verfolgt werden sollte, sondern nur, dass ich sie nicht für anständig halte und die Leute dazu aufrufe, so etwas nicht zu äußern. Ich würde die Leute aber nicht mit strafrechtlichen Maßnahmen davon abhalten, das zu tun.
Die Aussage "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" fällt explizit unter diese Kategorie. Diese Menschen sind der Meinung, dass faschistische Meinungen - was auch immer sie damit meinen - nicht unter die Meinungsfreiheit fallen sollten. Wenn Faschisten faschistisch sein dürfen, dürfen die das doch auch, oder? ;)
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Charles »

Watchful_Eye hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:21)
Ich habe vor einigen Jahren mal - auch hier im Forum - die Meinung vertreten, die Leugnung des Holocaust sollte, obwohl es zweifellos eine falsche und überaus geschmacklose Äußerung ist, nicht pauschal verboten sein. Es könne meiner Ansicht nach nämlich theoretisch durchaus sein, dass jemand an dieser Stelle einer dummen Verschwörungstheorie aufgesessen ist, aber diese nicht in hetzerischer Absicht vertritt. Zwar kann man sagen, dass es eigentlich klar sein sollte, dass der Holocaust stattgefunden hat - aber es gibt ja auch Leute, die an Chemtrails oder Reptiloiden glauben.
Selbst wenn jemand in "hetzerischer Absicht" den Holocaust leugnen würde, wäre ich dagegen, dass es strafbar ist. Verbote irgendetwas zu leugnen erinnern mich an das finsterste Mittelalter, wo die Autoritäten irgendwelche ultimativen Wahrheiten und Dogmen per Gesetz festgelgt haben, die man nicht anzweifeln durfte, sonst landete man als "Ketzer" auf dem Scheiterhaufen. Grundsätzlich sollte man alles leugnen dürfen, von der Mondlandung über die runde Erdform bis zum Holocaust und der Existenz Gottes.

Ich denke auch, mit dem Verbot einer Leugnung des Holocaust erreicht man in Wirklichkeit genau das Gegenteil von dem, was man behauptet mit dem Verbot erreichen zu wollen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Progressiver hat geschrieben:(23 Dec 2017, 23:32)

In den USA gibt es auch den Begriff hate speech, was in etwa ein Äquivalent zur deutschen Volksverhetzung darstellt. Ich würde da trotzdem nicht gerne leben wollen. Dank der laschen Waffengesetze und der hohen Kriminalitätsrate führen die Amerikaner ein weniger stressfreies Leben.
Nein, da irrst du - in den USA gibt es keine relevanten Ausnahmen von der Meinungs- und Redefreiheit wegen hate speech. Die Amerikaner glauben da viel zu stark an ihre freedom of speech.

Und die Kriminalität konzentriert sich in den USA in den Ghettos, wo halt auch entsprechende Leute leben. Außerhalb davon sind viele amerikanische Städte inzwischen sicherer als so manche deutsche Städte, auch, weil Polizei und Gerichte dort eben durchgreifen.

Das mit der Segregation wird sich in Deutschland auch noch verstärken, so dass autochthone Deutsche zusammen mit wenig kriminellen Einwanderern (z.B. Ostasiaten, West- und Mitteleuropäer) leben werden, während sich parallel dazu Viertel für beispielsweise Roma und Muslime entwickeln werden. Das leugnet man natürlich, aber es ist ja bereits alltäglich zu beobachten, dass Deutsche aus bestimmten Vierteln, wo die Polizei die Kontrolle aufgegeben hat, wegziehen, wenn ihnen das möglich ist.

Diese Segregation ist ja auch typisch für multikulturelle Gesellschaften. Es geht nicht um ein Miteinander, sondern bestenfalls ein Nebeneinander. Auch sind ethnische Konflikte für solche Gesellschaften typisch, wie jetzt in diesen Tagen, wo türkischstämmige und arabischstämmige Polizeischüler sich in Berlin eine Massenschlägerei geliefert haben.

Die Meinungsfreiheit ist auch wichtig im Hinblick darauf, dass sich die Leute überhaupt frei informieren können. Wenn die Leute die Wahl haben sollen, setzt das voraus, dass sie die Wahlmöglichkeiten kennen. Das ist derzeit leider nicht immer der Fall, weil es als Hetze gilt, wenn man die Probleme anspricht. Manche Ethnien dürfen nicht einmal benannt werden, sondern müssen umschrieben werden (z.B. "Großfamilien").
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

CaptainJack hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:18)

Die sind eben nicht rechtsradikal. Die offizielle Bezeichnung (auch der gegnerischen Politiker) ist i.d.R. allerhöchstens "rechtspopulistisch". Was soll also dein ewiges Gegacker? Immerhin sind wir hier in einem Politikforum, wo wenigstens ein paar eine seriöse Kommunikation führen wollen. Mich aufblähen kann ich an den Stammtischen.
Die sind nicht nur "allerhöchstens rechtspopulistisch", sondern auch postfaktisch! Und wie ich schon in einem anderen Thread schrieb:

"Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung. Aber niemand hat ein Recht auf eigene Fakten."

Genau dies kann man den Trumps, Erdogans, Orbans, Putins dieser Welt sowie der AfD, der FPÖ, der polnischen PiS und anderen Parteien vorwerfen, die als "rechtspopulistisch" verharmlost werden. Denn sie machen Stimmung mit postfaktischen Behauptungen. Oder um es präziser auszudrücken: Sie führen politische Schlammschlachten mit Lügen, gezielten Falschmeldungen und Propaganda.

Wenn anderswo ein Trump mit Orwellschem "Neusprech" seine Behörden auf Linie zu bringen versucht, dann ist das noch ein viel stärkeres Kaliber. Wenn aber hierzulande die AfD oder irgendwelche PEGIDA-Anhänger zum Beispiel über irgendwelche Facebook-Gruppen Gerüchte in Umlauf bringen, die sich bei näherer Überprüfung als substanzlos erweisen, so muss den Verursacher doch mindestens eine Verleumdungsklage treffen.
Zuletzt geändert von Progressiver am Sa 23. Dez 2017, 23:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Watchful_Eye hat geschrieben:(23 Dec 2017, 23:43)

Du sagst:


Die Aussage "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" fällt explizit unter diese Kategorie. Diese Menschen sind der Meinung, dass faschistische Meinungen - was auch immer sie damit meinen - nicht unter die Meinungsfreiheit fallen sollten. Wenn Faschisten faschistisch sein dürfen, dürfen die das doch auch, oder? ;)
Natürlich darf man sagen, Faschismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen, und ähnliche Sprüche, und diese Leute dürfen auch fordern, entsprechende Meinungen zu verbieten - denn dies ist selbst wieder eine Meinung. Nur darf ich dann eben auch sagen, dass ich damit nicht einverstanden bin.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Charles hat geschrieben:(23 Dec 2017, 23:46)
Ich denke auch, mit dem Verbot einer Leugnung des Holocaust erreicht man in Wirklichkeit genau das Gegenteil von dem, was man behauptet mit dem Verbot erreichen zu wollen.
Ich halte das auch für möglich. Allerdings muss man zugestehen, dass die Schlagzeile "Holocaustleugnung in Deutschland neuerdings erlaubt" für bestimmte Bevölkerungsgruppen ziemlich angsteinflößend rüberkommen könnte. :|

In hetzerischer Absicht würde ich es auf jeden Fall verbieten wollen, das wäre dann ja sogar eine besonders widerliche Form der Volksverhetzung. Ich habe allerdings z.B. schon darüber nachgedacht, was wäre, wenn jemand zum Holocaust forscht und - warum auch immer - auf das Ergebnis kommt, es habe weniger Opfer gegeben als nach jetzigen Erkenntnissen. Er würde sich dann sicherlich irren, aber es wäre meines Erachtens unfair, wenn so jemand dann mit einem Bein im Knast stehen würde.

Ahmadinedschad hat genau diesen Umstand für seine Propaganda ausgenutzt und behauptet, der Holocaust könne in Deutschland nicht neutral erforscht werden. Das wäre in der Tat ein Beispiel für einen Fall, wo sich das Verbot kontraproduktiv ausgewirkt hatte. http://www.deutschlandfunkkultur.de/fes ... _id=166559
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Julian hat geschrieben:(23 Dec 2017, 23:58)

Natürlich darf man sagen, Faschismus sei keine Meinung, sondern ein Verbrechen, und ähnliche Sprüche, und diese Leute dürfen auch fordern, entsprechende Meinungen zu verbieten - denn dies ist selbst wieder eine Meinung. Nur darf ich dann eben auch sagen, dass ich damit nicht einverstanden bin.
Das verbietet dir doch keiner, oder? Also zumindest nicht das Gesetz. Wenn du z.B. für irgendeine faschistische Aussage aus diesem Forum gebannt werden würdest, fällt das eben nicht darunter, denn das ist halt Privat.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von think twice »

Charles hat geschrieben:(23 Dec 2017, 23:46)

Selbst wenn jemand in "hetzerischer Absicht" den Holocaust leugnen würde, wäre ich dagegen, dass es strafbar ist. Verbote irgendetwas zu leugnen erinnern mich an das finsterste Mittelalter, wo die Autoritäten irgendwelche ultimativen Wahrheiten und Dogmen per Gesetz festgelgt haben, die man nicht anzweifeln durfte, sonst landete man als "Ketzer" auf dem Scheiterhaufen. Grundsätzlich sollte man alles leugnen dürfen, von der Mondlandung über die runde Erdform bis zum Holocaust und der Existenz Gottes.

Ich denke auch, mit dem Verbot einer Leugnung des Holocaust erreicht man in Wirklichkeit genau das Gegenteil von dem, was man behauptet mit dem Verbot erreichen zu wollen.
Das Verbot der Holocaustleugnung wurde aus Respekt vor den 6 Millionen ermordeten Juden und ihren Angehörigen erlassen und nicht, um Nazis zu erziehen.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Watchful_Eye hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:21)

Julians Einteilung in jene 5 Punkte gefällt mir, muss ich sagen. Aber ich kann nicht allem zustimmen:


Ich bin auch für eine weite Auslegung der Redefreiheit, muss aber auch sagen, dass es Grenzen gibt. Bestimmten Völkern die Pest an den Hals zu wünschen o.ä. sollte schon strafbar sein.
Es gibt wenige Ausnahmen, wie etwa Verleumdung (ich darf nicht sagen, mein Nachbar sei ein Mörder, wenn ihm das nicht nachgewiesen wurde) oder Aufruf zu Straftaten (ich rufe auf eine ernstzunehmende, nicht humoristische Weise zum Mord an meinem Nachbar auf). Über Völkerschaften und Religionen sollte man schimpfen können, wie man will, weil ich auch nicht sehe, wo man da juristisch die Grenze ziehen sollte. Wenn jemand sagt, die Deutschen seien eine Köterrasse, dann ist das eben seine Meinung; das gleiche sollte man dann aber auch über andere Völker oder Minderheiten in Deutschland sagen dürfen.

Wenn etwas juristisch nicht strafbar ist, heißt das noch lange nicht, dass man es gutheißt, oder nicht mit der Kraft des Wortes dagegen einschreitet.
Watchful_Eye hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:21)
Hier stimme ich zu. Ich verstehe, wenn man es z.B. bei Rechtsradikalen als problematisch empfindet, wenn man sie offen sprechen lässt, aber umgedreht heißt das, dass man andernfalls jedem Menschen die Redefreiheit einschränken kann, sofern man die nötigen Mittel zum Krawall hat. Haben die Rechten bei Merkel ja zum Beispiel auch teilweise gemacht - oder die Linken bei Lindner in Bochum. Gelegtliche Zwischenrufe sind meines Erachtens okay, allerdings keine Störungen mit dem Ziel, eine Veranstaltung dauerhaft unhörbar oder durch Lärm unerträglich zu machen. Das kanns nicht sein.
Ja, hier muss es möglich sein, unter Umständen auch Menschen aus einer Versammlung polizeilich entfernen zu lassen, ob das nun linke Trillerpfeifen auf einer AfD-Veranstaltung oder Merkel-muss-weg-Brüller auf einer CDU-Veranstaltung sind. Das heißt ja nicht, dass diese Leute nicht ihre Meinung äußern können, sie können es eben nur nicht auf dieser speziellen Veranstaltung tun, weil sie damit die Redefreiheit anderer Menschen stören.
Watchful_Eye hat geschrieben:(23 Dec 2017, 22:21)
Das habe ich früher tatsächlich auch schon erlebt. Ich habe vor einigen Jahren mal - auch hier im Forum - die Meinung vertreten, die Leugnung des Holocaust sollte, obwohl es zweifellos eine falsche und überaus geschmacklose Äußerung ist, nicht pauschal verboten sein. Es könne meiner Ansicht nach nämlich theoretisch durchaus sein, dass jemand an dieser Stelle einer dummen Verschwörungstheorie aufgesessen ist, aber diese nicht in hetzerischer Absicht vertritt. Zwar kann man sagen, dass es eigentlich klar sein sollte, dass der Holocaust stattgefunden hat - aber es gibt ja auch Leute, die an Chemtrails oder Reptiloiden glauben. Inzwischen bin ich da skeptisch geworden, weil ich eingesehen habe, dass die Symbolwirkung der Aufhebung eines solchen Verbots in der heutigen Zeit überaus problematisch wäre. Was mich damals allerdings sehr geärgert hat, ist, dass mir, als ich diese Position im Piraten-Forum diskutiert hatte, viele unterstellten, ich sei in Wahrheit selbst ein Holocaustleugner und einer von jenen, die die Piraten von Rechts unterwandern wollten. Das ist völliger Quatsch, und ihr habt alle mein Ehrenwort, dass ich den Holocaust nicht anzweifle und mich jederzeit für einen Ban aus diesem Forum aussprechen würde, wenn es jemand tut.
Ich bin gegen jegliche Gesetze, die sich gegen Volksverhetzung, Holocaustleugnung oder Verunglimpfung von Religionen oder Politikern wenden. Eine historische Tatsache wie den Holocaust sollte man leugnen dürfen, wie man auch die Bartholomäusnacht leugnen darf.

Aber mir geht es da so, wie es dir ergangen ist: Wenn man für solch eine Freiheit eintritt, wird man der Holocaustleugnung verdächtig. Mein Ehrenwort könnte ich hier so geben wie du deines, allein: es nutzt nichts.

Dabei würde das Wegfallen solcher Regelungen viel besser erkennbar machen, wo der einzelne steht.

Mit solchen Forderungen befinde ich mich in guter Gesellschaft. Beispielsweise scheint die französische Philosophin Elisabeth Badinter eine ähnliche Haltung einzunehmen:
Auch die „Loi Gayssot“, ein Gesetz, das als Reaktion auf die Grabschändungen von Carpentras erlassen wurde und Auschwitz-Leugner ins Gefängnis bringt, lehnt sie ab. „Ein Rassist oder ein Antisemit wird dadurch nicht zur Vernunft gebracht. Ich habe mich stets gegen die ‚Erinnerungs-Gesetze‘ ausgesprochen, sie behindern die Forschung und die Geschichtsschreibung. Ich bin gegen jede Zensur.“
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/d ... 52732.html
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

think twice hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:13)

Das Verbot der Holocaustleugnung wurde aus Respekt vor den 6 Millionen ermordeten Juden und ihren Angehörigen erlassen und nicht, um Nazis zu erziehen.
Hm, und was ist mit dem Respekt vor anderen Leuten?

Vielleicht gibt es Armenier, die auch nicht wollen, dass der Völkermord an ihrem Volk geleugnet wird, oder Tutsi, die das gleiche für ihren Völkermord tun. Oder es gibt Deutsche, die unter dem Bombenkrieg gelitten, dort Angehörige verloren haben und nun "Bomber Harris, do it again" auch nicht so prickelnd finden. Oder es gibt Christen, die eine Entweihung des Kruzifixes als Blasphemie empfinden und diese gern verfolgt hätten, oder Muslime, die die Darstellung des Propheten oder die Verbrennung des Korans für illegal und respektlos halten. Oder deutsche Frauen, die nicht wollen, dass man die Ereignisse Silvesternacht leugnet.

Was soll man da tun? Alles verbieten? Nein, alles erlauben, und das ausdiskutieren. So ist das Leben eben, es gibt keine safe spaces.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Watchful_Eye hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:05)

Das verbietet dir doch keiner, oder? Also zumindest nicht das Gesetz. Wenn du z.B. für irgendeine faschistische Aussage aus diesem Forum gebannt werden würdest, fällt das eben nicht darunter, denn das ist halt Privat.
Hier gilt natürlich das Hausrecht, und das wird hier teilweise sehr streng, teilweise sehr lasch ausgelegt. Selbstverständlich müssen sich die Betreiber auch juristisch absichern; sie haben sicher auch Angst vor den juristischen Folgen einer hier geäußerten volksverhetzenden oder holocaustleugnenden Aussage. Die Grenzen dafür werden bekanntlich auch immer enger gezogen, so darf man beispielsweise inzwischen auch nicht mehr die Einzigartigkeit des Holocaust bestreiten, und wer Flüchtlinge als "Gesindel" bezeichnet, kann schon mit einer Verurteilung rechnen.

Auf größeren sozialen Netzwerken (z.B. YouTube, Facebook) grassiert derzeit die Zensur; hier wird alles getan, um Maassche Wünsche gehorsamst umzusetzen. Gerichtlich geprüft wird das alles nicht, und was da alles wegzensiert wird, ist teilweise vollkommen lächerlich. Über den Stand der Meinungsfreiheit in China oder Russland darf man sich als Deutscher auf jeden Fall nicht mehr so laut beklagen. Ich denke, dass es hier noch zu größeren Protesten kommen wird.
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Boraiel
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Boraiel »

think twice hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:13)

Das Verbot der Holocaustleugnung wurde aus Respekt vor den 6 Millionen ermordeten Juden und ihren Angehörigen erlassen und nicht, um Nazis zu erziehen.
Aus Respekt vor denen, die uns vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befreiten und uns die Freiheit, die jeden Menschen zusteht, ermöglichten, erkenne ich keinerlei Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit als legitim an.
Solche sind Zeichen eines Unrechtsstaates, der wenig aus der Geschichte gelernt hat und ich fordere jeden Bürger auf gemeinsam mit mir diese zu beseitigen!
Ich hoffe, Ihr schließt euch dieses Anstrengung für freies Deutschland an! :)
Libertas veritasque.
Lesen und verstehen: http://www.feynmanlectures.caltech.edu/I_01.html
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Progressiver »

think twice hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:13)

Das Verbot der Holocaustleugnung wurde aus Respekt vor den 6 Millionen ermordeten Juden und ihren Angehörigen erlassen und nicht, um Nazis zu erziehen.
Meinst du? Ich sehe das anders: Mit diesem Gesetz sowie denjenigen der Volksverhetzung konnte man sicher gehen, dass die Leute, die nach dem Zweiten Weltkrieg einer Nazieinstellung anhingen, ihre "Meinung" nicht wider besseres Wissen -denn sie waren ja oftmals bei den Verbrechen dabei- kundtun konnten. Auf das gesamte Deutschland bezogen, waren die Deutschen zudem gezwungen, sich ihrer Schuld und Verantwortung zu stellen. Andernfalls hätten die Leute es leichter gehabt, ihre Verbrechen abzustreiten und es als sogenannten Legenden der Sieger hinzustellen.

Und auch folgendes darf man nicht vergessen: In der Weimarer Republik war man da freier. Da konnten die Rechten mit der unwahren "Dolchstoßlegende" kommen und ungeniert gegen alle anderen hetzen, die sie als Feinde identifiziert hatten. Dies hat dann die Saat des Bösen ermöglicht, die dann Hitler an die Macht gebracht hat.

Die zweite deutsche Republik hat folglich aus den Fehlern der ersten gelernt. Was wir haben, ist eine wehrhafte Demokratie. Was speziell Genozide betrifft: Ich würde dazu raten, nicht nur die Holocaustleugnung unter Strafe zu stellen, sondern generell alle Genozidleugnungen wie beispielsweise derjenige der Türken an den Armeniern, um mal ein bekannteres Beispiel zu bringen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Watchful_Eye »

Julian hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:17)
[...] Wenn etwas juristisch nicht strafbar ist, heißt das noch lange nicht, dass man es gutheißt, oder nicht mit der Kraft des Wortes dagegen einschreitet.
Ich verstehe den Gedanken, aber ich sehe da schon ein Problem. Wenn jetzt in großer Menger Leute in massiver Weise gegen Bevölkerungsgruppen hetzen, dann gibt es vielleicht eines Tages jemanden, der die Hetze dann auch wirklich umsetzt.
Und nicht vergessen, das gilt dann für beide Seiten. ;) Würdest du sagen, dass eine islamistische Facebookgruppe namens "Schweinefleischfresser sollen sterben" gesetzlich akzeptiert sein soll?
Julian hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:17)
Ja, hier muss es möglich sein, unter Umständen auch Menschen aus einer Versammlung polizeilich entfernen zu lassen, ob das nun linke Trillerpfeifen auf einer AfD-Veranstaltung oder Merkel-muss-weg-Brüller auf einer CDU-Veranstaltung sind. Das heißt ja nicht, dass diese Leute nicht ihre Meinung äußern können, sie können es eben nur nicht auf dieser speziellen Veranstaltung tun, weil sie damit die Redefreiheit anderer Menschen stören.
Ich glaube, ganz so weit würde ich nicht gehen, ansonsten wäre jede Wahlkampfveranstaltung das reinste Jubelpersertreffen. Wenn die einen klatschen, müssen die anderen auch "Buuh" rufen dürfen. Was aber nicht geht, ist, die Veranstaltung in einer Weise zu stören, die es generell unmöglich macht, die Veranstaltung vernünftig abzuhalten (also beispielsweise, während der Redner redet).
Julian hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:17)
Dabei würde das Wegfallen solcher Regelungen viel besser erkennbar machen, wo der einzelne steht.
Teilweise stimmt das, aber ich denke, in dem Aspekt spielt soziale Kontrolle ohnehin eine viel größere Rolle als das Gesetz. Lange, bevor man wirklich den gesetzlichen Rahmen verlässt, kann man sich mittels radikaler Äußerungen gesellschaftlich ins Abseits schießen, teilweise mit genau so großen Konsequenzen (Entlassungen aus wichtigen Positionen etc.).
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Watchful_Eye hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:43)

Ich verstehe den Gedanken, aber ich sehe da schon ein Problem. Wenn jetzt in großer Menger Leute in massiver Weise gegen Bevölkerungsgruppen hetzen, dann gibt es vielleicht eines Tages jemanden, der die Hetze dann auch wirklich umsetzt.
Und nicht vergessen, das gilt dann für beide Seiten. ;) Würdest du sagen, dass eine islamistische Facebookgruppe namens "Schweinefleischfresser sollen sterben" gesetzlich akzeptiert sein soll?
Aufrufe zu Gewalt sollten natürlich weiterhin strafbar bleiben. Insgesamt aber bin ich für möglichst viel Meinungsfreiheit. Im übrigen wird doch in Moscheen schon längst etwas getrieben, was man mit einiger Berechtigung Verhetzung gegen Ungläubige nennen könnte, nur dass wir das halt nicht mitbekommen, weil wir kein Arabisch oder Türkisch sprechen und die Muslime nach innen und außen ganz verschiedene Botschaften haben. Viel würde es also nicht ändern.

Ich lehne fundamental ab, was ein Prediger wie Pierre Vogel sagt, aber ich finde, dass er das Recht haben sollte zu sagen, was er sagt. Das heißt nicht, dass ich nicht massiv dagegen ankämpfen werde, und ich wende mich auch dagegen, zu viele Leute mit ähnlichen Überzeugungen ins Land zu lassen. Eine liberale Demokratie erfordert auch eine gewisse Reife, die die Einwohner vieler Länder schlicht noch nicht erreicht haben. Dazu braucht man sich nur die Umfragen von Pew Research zu Scharia, Antisemitismus und Homophobie anzuschauen - da weiß man, woher der Wind weht und welche Einwanderer man nicht unbedingt in Deutschland haben möchte. Aber wer nun einmal hier ist, muss auch seine Meinung sagen dürfen müssen, aber auch ertragen, wenn der Prophet verhöhnt wird.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von think twice »

Der gemeine Rechte möchte gern unsanktioniert seine Meinung kundtun, dass Muslime und Roma generell ein höheres Gewaltpotential haben als andere Menschen (O-Ton User Julian).
Wenn man den Rechten dann als Hetzer bezeichnet, fängt er an zu weinen, fühlt sich diffamiert und wuerde gern die Meinung, die gegen ihn selbst gerichtet ist, verbieten lassen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

think twice hat geschrieben:(24 Dec 2017, 01:19)

Der gemeine Rechte möchte gern unsanktioniert seine Meinung kundtun, dass Muslime und Roma generell ein höheres Gewaltpotential haben als andere Menschen (O-Ton User Julian).
Wenn man den Rechten dann als Hetzer bezeichnet, fängt er an zu weinen, fühlt sich diffamiert und wuerde gern die Meinung, die gegen ihn selbst gerichtet ist, verbieten lassen.
Das war so sicher kein O-Ton von mir.

Zur Gewaltbereitschaft von Muslimen in Deutschland hatte ich eine Studie zitiert, deren Verständnis aber natürlich einen gewissen Intellekt voraussetzt - etwa darüber, was eine Statistik aussagen kann und was nicht. Es geht dabei ja eher um Mittelwerte und Standardabweichungen als um ein "generell" höheres "Gewaltpotential". Zum "Gewaltpotential" von Roma habe ich, soweit ich mich erinnere, nichts geschrieben; das ging eher in die Richtung der Vermutung, dass diese Leute überproportional an Diebstählen und Enkeltrick-Betrügereien beteiligt seien, wenn man Aussagen von Polizisten und Staatsanwälten Glauben schenkt.

Ja, und nun? Was wolltest du mir eigentlich mitteilen? Deine Aussage, ich würde andere Meinungen verbieten wollen, ist schlicht und ergreifend falsch. Ich empfehle dir dazu, meine Punkteliste von weiter oben durchzugehen. Wenn ich mich diffamiert sehe, wehre ich mich natürlich dagegen - das heißt aber noch lange nicht, dass ich nach dem Strafrichter rufe! Verstehst du den Unterschied wirklich nicht? Ich würde sogar dein Recht, mich meinetwegen als Hetzer zu bezeichnen, verteidigen, würde mich aber trotzdem in einer Diskussion dagegen verwahren, ja, dir meinerseits Hetze vorwerfen.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von think twice »

Julian hat geschrieben:(24 Dec 2017, 01:34)

Das war so sicher kein O-Ton von mir.
Natürlich war er das. Aber da du seit heute morgen ununterbrochen postest, teilweise in 3 Threads gleichzeitig und unterschiedliche Baustellen beackerst, (Flüchtlinge und Sexualstraftaten, Deutschtürken und Erdogan, Muslime/ Roma und Gewalt, AfD und Meinungsfreiheit) habe ich Verständnis dafuer, dass Du nicht mehr im Detail weisst, was du geschrieben hast den lieben, langen Tag.
Duldsamkeit heißt nicht, dass ich auch billige, was ich dulde.
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

think twice hat geschrieben:(24 Dec 2017, 01:47)

Natürlich war er das. Aber da du seit heute morgen ununterbrochen postest, teilweise in 3 Threads gleichzeitig und unterschiedliche Baustellen beackerst, (Flüchtlinge und Sexualstraftaten, Deutschtürken und Erdogan, Muslime/ Roma und Gewalt, AfD und Meinungsfreiheit) habe ich Verständnis dafuer, dass Du nicht mehr im Detail weisst, was du geschrieben hast den lieben, langen Tag.
Dann zitiere doch du mich, dann sind wir nicht auf Mutmaßungen angewiesen.

Ansonsten sind die Weihnachtsgeschenke schon alle gekauft, da hat man halt ein bisschen mehr Zeit fürs Forum. :)
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Julian »

Oder meintest du mein Sloterdijk-Zitat (aus seinem Buch Zorn und Zeit, 2006):
Selbst Kenner der Lage besitzen heute nicht die geringste Vorstellung davon, wie der machtvoll anrollende muslimische youth bulge, die umfangreichste Welle an genozid-schwangeren Jungmännerüberschüssen in der Geschichte der Menschheit, mit friedlichen Mitteln einzudämmen wäre.
Da kommen aber keine Roma vor. :?:
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Kritikaster »

Boraiel hat geschrieben:(24 Dec 2017, 00:34)

Aus Respekt vor denen, die uns vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft befreiten und uns die Freiheit, die jeden Menschen zusteht, ermöglichten, erkenne ich keinerlei Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit als legitim an.
Solche sind Zeichen eines Unrechtsstaates, der wenig aus der Geschichte gelernt hat und ich fordere jeden Bürger auf gemeinsam mit mir diese zu beseitigen!
VORSICHT! :eek:

Gleich klopft bei Dir der FSB an die Tür ...
Der am höchsten entwickelte Sinn ist der Unsinn. (Peter E. Schumacher)
Wo der Sinn aufhört, beginnt der Wahnsinn. (Erhard Horst Bellermann)
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Sextus Ironicus
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Re: Meinungsfreiheit und Redefreiheit in Deutschland und anderswo

Beitrag von Sextus Ironicus »

Julian hat geschrieben:(24 Dec 2017, 01:11)


Ich lehne fundamental ab, was ein Prediger wie Pierre Vogel sagt, aber ich finde, dass er das Recht haben sollte zu sagen, was er sagt. Das heißt nicht, dass ich nicht massiv dagegen ankämpfen werde, und ich wende mich auch dagegen, zu viele Leute mit ähnlichen Überzeugungen ins Land zu lassen. Eine liberale Demokratie erfordert auch eine gewisse Reife, die die Einwohner vieler Länder schlicht noch nicht erreicht haben. Dazu braucht man sich nur die Umfragen von Pew Research zu Scharia, Antisemitismus und Homophobie anzuschauen - da weiß man, woher der Wind weht und welche Einwanderer man nicht unbedingt in Deutschland haben möchte. Aber wer nun einmal hier ist, muss auch seine Meinung sagen dürfen müssen, aber auch ertragen, wenn der Prophet verhöhnt wird.
Ja, sollte er, aber er und seinesgleichen zeigen uns eben das Dilemma dieser Republik. Wenn Reckwitz mit seiner These der Entwicklung vom Allgemeinen hin zum Besonderen, zur wertebasierten Gesellschaft der Singularitäten Recht hat, dann geht damit auch der Teil des allgemeinen Zusammenhalts verloren, aus dem sich die alltägliche und normale Kraft speist, mit solchen Gestalten und Ideologien fertig zu werden, ohne dass man Staat und Recht bemühen müsste. Aber da unsere auf ominöse Werte und Gleichstellung aller Ideologien basierende neue Gesellschaft der Singularitäten jeden aus einem Allgemeinen entstandenen historischen Vorrang aufhebt ( wo also Aufklärung ihrem Wert nach jedem hier einsickernden System gleichgestellt wird), müssen im Grunde alle Differenzen zwischen diesen konträren oder inkompatiblen Grundsätzen auf rechtlicher Basis gelöst werden, weil der liberale Rechstaat sich eben aus sich heraus nicht mehr garantieren kann. Wie einst die Revolution frisst nun der Rechtsstaat seine Kinder.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)
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