Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

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H2O
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Re: Der Bundestag soll schlanker werden

Beitrag von H2O »

Tomaner hat geschrieben:(10 Nov 2019, 23:04)

Ich frage mich schon, ob Wähler von einem Abgeordneten von ihren Wahlkries vertreten werden wollen oder nicht! Genau das ist es, welche Intressen ich wirklich vertreten haben möchte? Genau das betrifft jetzt AfD, die wollen alles andere als Interessen ihrer Wähler vertreten, lediglich Vorurteile bedienen! Durch Reduzierung von Abgeordnte ewrgibt sich, AfD Leute die Vollversager sind, die deutsche Arbeiter hassen wie die Pest, vertreten plötzlich deinen Wahlkreis alleine, um diesen zu vernichten. Das Problem ist, nicht das sie überhaupt die Probleme von Arbeitern kennen würden, sie wollen diese voll in die Pfanne hauen! Wir haben inzwischen einen AfD Abgeordneten, der sich hinstellt und sagt, die Arbeiter gehen ihm am Arsch vorbei, er vertritt die Interessen von deutschen Schäferhunden!
In einer demokratischen Wahl geht es um Mehrheiten. Der mit >50% gewählte Bewerber vertritt die Mehrheit des Wählerwillens in seinem Wahlkreis. Dafür wurde er gewählt... wozu denn sonst?

Einen AfD-Strang sollten wir hier aber nicht eröffnen. Das Thema gehört in den Sammelstrang zur AfD.

Hier wollen wir doch darüber sprechen, wie man den Bundestag wieder zu einem noch überschaubaren Beschlußorgan machen könnte, also die Zahl seiner gewählten Abgeordneten auf eine Größenordnung von 350 bis 450 Abgeordneten beschränken kann.
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Kamikaze
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Re: Der Bundestag soll schlanker werden

Beitrag von Kamikaze »

PeterK hat geschrieben:(07 Nov 2019, 14:46)
Deshalb frage ich. Weiter oben war ja die Rede von den "enormen Bezügen" ;).
Die Abgeordnetenentschädigung des Bundestages liegt aktuell bei 10.083,45€/Monat + 4.418,09€/Monat Kostenpauschale.
Das macht unterm Strich pro Abgeordnetem und Monat 14.501,54€ - also für 709 Abgeordnete 10.281.591,86€/Monat oder auch 133.660.694,20€/Jahr.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordne ... 3%A4digung

Zwar bin ich der Meinung, dass Politiker gerne gut verdienen dürfen für ihre (oft stressige) Arbeit, aber bei 709 Abgeordneten sind die Bezüge insgesamt doch als "enorm" zu bezeichnen.
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Re: Der Bundestag soll schlanker werden

Beitrag von PeterK »

Kamikaze hat geschrieben:(12 Nov 2019, 09:06)

Die Abgeordnetenentschädigung des Bundestages liegt aktuell bei 10.083,45€/Monat + 4.418,09€/Monat Kostenpauschale.
Das macht unterm Strich pro Abgeordnetem und Monat 14.501,54€ - also für 709 Abgeordnete 10.281.591,86€/Monat oder auch 133.660.694,20€/Jahr.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Abgeordne ... 3%A4digung

Zwar bin ich der Meinung, dass Politiker gerne gut verdienen dürfen für ihre (oft stressige) Arbeit, aber bei 709 Abgeordneten sind die Bezüge insgesamt doch als "enorm" zu bezeichnen.
Wenn ich nicht völlig falsch rechne, bekommst Du für 130 Mio/a knapp 26 DAX-30-"Chefs". Unabhängig davon meine ich aber auch, dass 700+x BT-Abgeordnete nicht sein müssten.
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Re: Der Bundestag soll schlanker werden

Beitrag von Kamikaze »

PeterK hat geschrieben:(12 Nov 2019, 15:09)
Wenn ich nicht völlig falsch rechne, bekommst Du für 130 Mio/a knapp 26 DAX-30-"Chefs". Unabhängig davon meine ich aber auch, dass 700+x BT-Abgeordnete nicht sein müssten.
Das erscheint mir auf den ersten Blick korrekt. Über die Legitimation für solch hohe Gehälter (und die gigantischen Gehälter von Konzern-Chefs), während die Schere zwischen arm und Reich immer weiter auseinander geht, sollte jedoch in einem anderen Thread debattiert werden.
Ich bin jedenfalls der Meinung, dass ein Gehalt, das um den Faktor 3,7 höher liegt, als das Durchschnittsgehalt eines Vollzeit-Arbeiters (~3.880€ Brutto; Quelle: https://de.statista.com/themen/293/durc ... einkommen/ ) durchaus nicht zu niedrig angesetzt ist. Zumal unsere Volksvertreter keine Sozialabgaben bezahlen (bei Steuern bin ich mir grade nicht sicher) - also annähernd Brutto = Netto beziehen und innerhalb einer Legislatur lebenslange Pensions- ("Renten-")Ansprüche erwerben, die ein durchschnittlicher Arbeiter in seinem Leben gar nicht erwirtschaften kann.

"Wir dürfen nicht riskieren, dass wir im nächsten Bundestag 800 Abgeordnete oder mehr haben", betonte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Bericht aus Berlin. Deshalb müsse das Wahlrecht dringend reformiert werden - und zwar vor Frühjahr 2020. Dann würden die ersten Kandidaten für die nächste Bundestagswahl nominiert.
[...]
Damit bei der nächsten Bundestagswahl, voraussichtlich im September 2021, das Parlament nicht mehr so groß oder sogar noch weiter aufgebläht wird, soll durch eine Wahlrechtsreform die Anzahl der Sitze reduziert werden. Darüber sind sich die Parteien einig. Doch der Weg dorthin ist umstritten.
[...]
Eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe, die unter der Leitung von Schäuble nach einer gemeinsamen Lösung gesucht hatte, war im April ergebnislos auseinandergegangen.
https://www.tagesschau.de/inland/schaeu ... n-103.html
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Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von H2O »

Mich beunruhigt der aufgeblähte Bundestag mit 709 Abgeordneten, deren Zahl gemäß Bundestagspräsident bei anhaltendem Trend der Parteienvielfalt demnächst auf 800 ansteigen könnte... so Schäuble. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir auch noch Landesparlamente haben und Kommunalvertretungen, die ihrerseits die politischen Willensbildung fördern wollen.

Das Deutsche Reich kam mit 397 Abgeordneten zu politischen Entscheidungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichstag ... iserreich)

Das Wahlrecht entsprach mit zwei aufeinanderfolgenden Wahlen dem heutigen französischen Wahlrecht nahezu vollständig. Im 1. Wahlgang war der Bewerber gewählt, der >50% der Stimmen seines Wahlkreises gewann. Bei der Stichwahl in Wahlkreisen ohne dieses klare Ergebnis genügte die Mehrheit der Stimmen.

Nun ist ja klar, daß Demokraten nicht wieder in die Machtverhältnisse des Kaiserreichs zurück kehren wollen. Aber ich finde bemerkenswert, daß unsere französischen Nachbarn mit ihrem Wahlsystem leben können, und ich frage mich, warum wir uns ein solches Wahlsystem gönnen, das zu fast uferloser Anzahl von Abgeordneten führen kann.

Klar ist auch, daß unser deutsches Wahlrecht die Zahlenverhältnisse der Stimmen je Partei genauer annähert als ein Mehrheitswahlrecht das im allgemeinen kann und tut. Also wählen wir in 299 Wahlkreisen Abgeordnete mit einfacher Mehrheit. Und dann erzeugen wir mit unserer Zweitstimme die Verhältniszahl der Parteien im Bundestag. Dabei werden heute Parteien unter 5% nicht mehr betrachtet. Das zuerst erwähnte Mehrheitswahlrecht hat unterschiedliche Auswirkungen: Eine bundesweit sehr kleine Partei kann in einem Wahlkreis einen besonders anerkannten Bewerber durchsetzen, auch wenn sie ansonsten die 5%-Hürde nicht knacken kann. Aber meist setzen sich doch Bewerber der "großen Volksparteien" durch. Bei völliger Gleichverteilung könnte eine einzige Partei sämtliche Wahlkreise gewinnen. Etwa CDU/CSU 30%, SPD 20%, Grüne 10% und Linke 10%. 3 der 4 Parteien haben kein Direktmandat gewonnen; eine starke Verfälschung des Wählerwillens... unwahrscheinlich aber immerhin möglich.

Nun werden die Direktmandate den Parteien in ihren Stimmenergebnissen zugeordnet. Die 30% CDU entsprechen im Extremfall 299 Abgeordneten. 20% SPD sind dazu etwa 200 Abgeordnete, plus 100 Grüne plus 100 Linke. Schon sind wir bei 600 Abgeordneten. Das ist aber zu einfach gedacht. Natürlich muß die Verteilung der Abgeordneten auch der Verteilung in den Bundesländern entsprechen... da könnte ja jeder kommen! Und schon vermehrt sich die Zahl der CDU-Abgeordneten, damit auch dieses Bild eingehalten wird. Und damit vermehrt sich aber auch die Zahl der Abgeordneten der übrigen Parteien. Am Ende dieses Spiels haben wir eine recht gute Abbildung des Wählerwillens nach Bundesländern, immerhin bereinigt um Stimmen, die an Parteien die unter 5% Zustimmung gelandet sind. Also, der Alptraum >800 Abgeordnete ist möglich! Und die Frage steht im Raum, ob in einem solchen Parlament mit dieser Zahl von Abgeordneten noch für politische Gespräche und politischen Streit Raum bleibt... und wie viele Abgeordnete davon praktisch ausgeschlossen sind und nur als Stimmvieh Wirkung entfalten. Auch nicht schlimm, wenn damit nicht auch noch eine fürstliche Bezahlung verbunden wäre... die, wenn ich mich richtig erinnere, der eines einfachen Richters beim Bundesgerichtshof entspricht. Neid ist da völlig unangebracht, auch über erworbenes Übergangsgeld beim Ausscheiden aus dem Bundestag und erworbene Pensionsansprüche nach Erreichen der Altersgrenze. Wirklich bedenklich ist der Reibungsverlust einer so großen Organisation und der Aufgabenmangel als unbeachteter Hinterbänkler... die reine Verschwendung!

Daher mein Vorschlag, es mit dem ganz feinen Ausgleich nicht zu übertreiben und auch dort eine gröbere Abstufung in Analogie zur 5%-Hürde ein zu führen. Oder gleich zum Wahlrecht für den Deutschen Reichstag zurück zu kehren, das sich in Frankreich noch heute bewährt: Erster Wahlgang: Wahlkreis ist mit >50% Zustimmung gewonnen, zweiter Wahlgang: Verbliebene Wahlkreise gehen an den Bewerber mit den meisten Stimmen. Dazu schreibt wiki:
Gewählt wurde in Einmannwahlkreisen mit absolutem Mehrheitswahlrecht. Damit gab es nur direkt gewählte Abgeordnete. Es war derjenige gewählt, der im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Geschah dies nicht, kam es zwischen den beiden Kandidaten mit der höchsten Stimmenzahl zu einer Stichwahl. Die Stichwahlen gewannen während der Reichstagswahlen im Kaiserreich immer größere Bedeutung. Während bei der Reichstagswahl 1874 nur in 46 der 397 Wahlkreise (11,6 %) Stichwahlen abgehalten werden mussten, waren es bei der Reichstagswahl 1890 schon 147 Wahlkreise (37 %) und bei der Reichstagswahl 1912 190 Wahlkreise (47,9 %).[4]

Dies war Ausdruck der Tatsache, dass die Bedeutung von „Hochburgen“ der Parteien abnahm, während sich insbesondere die Sozialdemokratie als reichsweite Massenbewegung etablierte. Die Sozialdemokraten waren an zunehmend mehr Stichwahlen beteiligt (im Jahr 1912 an 120 der 190 Stichwahlen), wovon sie die Mehrheit verloren (im Jahr 1912: 45 gewonnene Stichwahlen von 120), weil sozialdemokratische Kandidaten in der Stichwahl meist einer großen Koalition aller bürgerlichen Parteien gegenüberstanden. Besonders erfolgreich in den Stichwahlen waren die liberalen Parteien der Mitte, die die große Mehrheit ihrer Reichstagsmandate in der Regel erst in der Stichwahl gewinnen konnten. Beispielsweise nahmen die Nationalliberalen bei der Wahl 1912 an 68 Stichwahlen teil, von denen sie 41 gewannen. Im ersten Wahlgang waren nur 3 Direktkandidaten erfolgreich gewesen. Die Deutsche Fortschrittspartei nahm 1912 an 55 Stichwahlen teil, von denen sie 42 gewann. Im ersten Wahlgang hatte sie kein einziges Direktmandat erzielt.


Leider wurde im Kaiserreich mit der Größe der Wahlkreise getrickst. Das müßte ein Gesetz verhindern: "200.00 +-10.000 Wahlberechtigte bilden einen Wahlkreis."
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Adam Smith »

Selbst mit 800 Abgeordneten hätten wir nicht das grösste Parlament der Welt.

https://www.bedeutungonline.de/die-10-g ... -der-welt/

China mit seinen 2.897 Abgeordneten werden wir nicht schlagen. Nur leben in China halt auch 16 mal mehr Menschen.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Adam Smith »

Ein weiteres Problem dürfte sein, dass in den Plenarsaal im Reichstagsgebäude nur etwa 800 Abgeordnete passen.
Wenn wir das Wahlrecht nicht reformieren, könnte unser Bundestag auf 800 oder mehr Mitglieder anschwellen", sagte Oppermann dem SPIEGEL. "Ein so großes Parlament würde - im Dauerbetrieb - nicht mehr in den Plenarsaal des Reichstagsgebäudes passen, dann müssten wir für Bundestagssitzungen eine Ausweichmöglichkeit suchen."
https://www-spiegel-de.cdn.ampproject.o ... 02350.html
Das ist Kapitalismus:

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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Quatschki »

Das EU-Parlament hat zwar nur 751 Abgeordnete, aber dafür mit Brüssel und Straßburg gleich zwei "Reichstage"
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(12 Apr 2020, 10:35)
Mich beunruhigt der aufgeblähte Bundestag mit 709 Abgeordneten, deren Zahl gemäß Bundestagspräsident bei anhaltendem Trend der Parteienvielfalt demnächst auf 800 ansteigen könnte...
Dieser Trend (immer kleinere Anteile der Volksparteien) scheint z.Zt. gebrochen.
Wenn CDU/CSU, wie nach aktuellen Umfrage-Ergebnissen, wieder satte Prozent-Zahlen einfahren, ergeben sich weniger Überhangmandate, somit auch weniger Ausgleichsmandate und somit eine geringere Abgeordnetenzahl.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(12 Apr 2020, 12:18)

Das EU-Parlament hat zwar nur 751 Abgeordnete, aber dafür mit Brüssel und Straßburg gleich zwei "Reichstage"
Das hat politische Gründe, an denen ich derzeit auch nicht rühren würde angesichts des Zerfalls der EU. In der EU gibt es ärgerlichere Schieflagen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von H2O »

Adam Smith hat geschrieben:(12 Apr 2020, 10:42)

Selbst mit 800 Abgeordneten hätten wir nicht das grösste Parlament der Welt.

https://www.bedeutungonline.de/die-10-g ... -der-welt/

China mit seinen 2.897 Abgeordneten werden wir nicht schlagen. Nur leben in China halt auch 16 mal mehr Menschen.
Indiens Parlament kommt mit 545 Abgeordneten für 1,6 Mrd Mitbürger aus.
Chinas Parlament umfaßt 150 Abgeordnete (Zentralkomitee) für eine vergleichbare Anzahl von Mitbürgen.

Der deutsche Bundestag ist gewaltig überbläht, wenn wir an unsere Landtage und Kommunalvertretungen denken.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Quatschki »

H2O hat geschrieben:(13 Apr 2020, 09:42)

Indiens Parlament kommt mit 545 Abgeordneten für 1,6 Mrd Mitbürger aus.
Chinas Parlament umfaßt 150 Abgeordnete (Zentralkomitee) für eine vergleichbare Anzahl von Mitbürgen.

Der deutsche Bundestag ist gewaltig überbläht, wenn wir an unsere Landtage und Kommunalvertretungen denken.
Das ist eben unsere föderalistische Tradition.
Bis 1918 hatten wir 4 Könige, 6 Großherzöge, 5 Herzöge und 7 regierende Fürsten mit jeweils eigener Hofhaltung und dazu noch 3 freie Hansestädte.
Und das Kaiserreich hatte innenpolitisch gegenüber den Bundestaaten kaum mehr zu melden als heute die EU gegenüber ihren Mitgliedern.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von H2O »

Quatschki hat geschrieben:(13 Apr 2020, 12:34)

Das ist eben unsere föderalistische Tradition.
Bis 1918 hatten wir 4 Könige, 6 Großherzöge, 5 Herzöge und 7 regierende Fürsten mit jeweils eigener Hofhaltung und dazu noch 3 freie Hansestädte.
Und das Kaiserreich hatte innenpolitisch gegenüber den Bundestaaten kaum mehr zu melden als heute die EU gegenüber ihren Mitgliedern.
Wenn ich mir eine KArte des Deutschen Reiches von 1874 bis 1918 ansehe, dann lese ich allein aus der politischen Einfärbung seiner Länder eine ziemlich klare Hackordnung ab. Der Reichstag vertrat das Reich. Allerdings bleiben seine Befugnisse für mich im Dunklen. Die Adelsherrschaft galt ja noch.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(13 Apr 2020, 09:42)

Indiens Parlament kommt mit 545 Abgeordneten für 1,6 Mrd Mitbürger aus.
Chinas Parlament umfaßt 150 Abgeordnete (Zentralkomitee) für eine vergleichbare Anzahl von Mitbürgen.
Ich habe den Eindruck, der deutsche Bundestag macht, im Ergebnis, wesentlich bessere Politik als die Parlamente in Indien und China.
wenn wir an unsere Landtage und Kommunalvertretungen denken.
Dann sollte man sich zum Vergleich auch mit den Regionalparlamenten in anderen Ländern beschäftigen.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von jorikke »

Seit der Gründung der Bundesrepublik vor gut 70 Jahren wird das deutsche Wahlrecht diskutiert.
Gut so.
Trotz aller Einwände die man erheben kann, wenn man denn Befürworter der einen oder anderen Spielart ist, sollte man nicht vergessen, wir sind bislang gut damit gefahren.
Mit dem Wahlrecht Großbritanniens, dem der USA oder Frankreichs kann unsere Wahlprozedur durchaus bestehen. Sie schafft keine Ungerechtigkeiten wie ein reines Mehrheitswahlrecht, die Kandidaten sind nicht anhängig von ihrer persönlichen Vermögenslage wie in den USA und das französische Wahlrecht unterscheidet sich mit den zwei Wahlgängen zwar in der Form, nicht aber wesentlich im Ergebnis von unserem Erst-u. Zweitstimmensystem.
Möglicherweise ist ja das italienische Wahlsystem das effizienteste. Immerhin haben sie es in 72 Nachkriegsjahren auf 64 Regierungen gebracht.
Deshalb, in einem Wahlsystem zählt nicht nur die Gerechtigkeit bis zur dritten Nachkommastelle, wichtiger ist die Solidität und Effektivität.
In meinen Augen sind deshalb die Auswüchse, die hier vehement kritisiert werden, wie heißt das Zauberwort, ach ja, Petitessen.
Die mögliche Vergrößerung des Bundestages auf 800 Abgeordnete.
Halte ich zwar auch für unglücklich, nicht aber wirklich ärgerlich.
Verglichen mit Frankreich, die haben in der Nationalversammlung 577 Abgeordnete, sind das bezogen auf die Bevölkerungszahl gar nicht so viel mehr. Moment, ich rechne mal nach.
Ist Zustand:
Frankreich ein Abgeordneter für 116.118 Bürger.
Deutschland ein Abgeordneter auf 117.066 Einwohner.
Sollte sich in Deutschland die Abgeordnetenzahl weiter nach oben bewegen, wird sich das Verhältnis zu unseren Ungunsten verändern. Immerhin, man versucht ja diese Automatik in den Griff zu bekommen.
Es geht hier also nur um eine Präventivsorge.
Muss man dennoch ernst nehmen, es kostet ja unser Geld, unsere Steuergelder.
Wer sich darüber Gedanken macht, schrammt am Beifall nie vorbei.
Habe ich mal ausgerechnet.
Seitdem runzele ich nicht mal mehr die Stirn wenn die Parlamentarier Kosten kritisiert werden.
... und schon wieder, Petitessen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von H2O »

Maikel hat geschrieben:(13 Apr 2020, 18:21)

Ich habe den Eindruck, der deutsche Bundestag macht, im Ergebnis, wesentlich bessere Politik als die Parlamente in Indien und China.
Tja, auch ein Weg, die Qualität politischer Entscheidungen zu bewerten. Je mehr Abgeordnete, desto besser. Aber meine Überzeugung ist das nicht.
Dann sollte man sich zum Vergleich auch mit den Regionalparlamenten in anderen Ländern beschäftigen.
Will ich gern tun; an welchem Regionalparlament reiben Sie sich denn besonders?
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Neandertaler »

H2O hat geschrieben:(11 Apr 2020, 22:49)

Dann spiele ich jetzt den Advokaten des Teufels: Natürlich kann man ein reines Verhältniswahlrecht einführen, bei dem von vornherein die Zahl der Abgeordneten klar ist. Dann bekommt jede Partei genau die Zahl der Sitze, die ihrem Stimmenanteil entspricht. Bei 300 Abgeordneten als Zielgröße braucht die kleinste Partei noch 0,3% Stimmenanteil. Wenn man dann solche Feinheiten wie "Fraktionsstärke" wegläßt, dann ist das die Zusammensetzung des Parlaments. Im unwahrscheinlichen Extremfall tummeln sich dann 300 Parteien im Bundestag.
Richtig im theoretischen Extremfall können sich bei 300 Sitzen und reinen Verhältniswahlrecht ohne Hürden 300 Parteien tummeln.
Aber wieviele Parteien können sich bei einem reinen Mehrheitswahlrecht und 300 Sitzen im theoretischen Extremfall im Parlament tummeln? Natürlich auch 300!
Aber auch abseits von theoretischen Überlegungen ist es auch in der Praxis so daß das Mehrheitswahlrecht keineswegs unbedingt für weniger Parteien im Parlament sorgt. In Britischen Parlament sitzen beispielweise 10 Parteien. Regionale Hochburgen machen dies möglich.

Ich halte von beiden Möglichkeiten nichts; das französische Wahlrecht bietet einen sehr guten Kompromiß,
ich verstehe ehrlich gesagt nicht wo du beim Französischen Wahlrecht einen guten Kompromiss siehst. Zwischen Mehrheits- und Verhältniswahlrecht? Die Stärke des Verhältniswahlrecht ist das es zu repräsentativen Ergebnis führt. Was hab ich als Anhänger desselben vom Französischen Wahlrecht? Da ist diese ja überhaupt nicht gegeben.
Das deutsche Wahlrecht versucht hingegen wirklich die Stärken des Mehrheitswahlrecht (persönlicher Abgeordneter) und des Verhältniswahlrecht zu vereinen.


STV (übertragbare Einzelstimne) wie in Irland und Australien ist tatsächlich ein Kompromiss zwischen Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht mit dem Vorteil daß keine Stimmen unter dem Tisch fallen.

Offene Liste wie z.b. in der Schweiz vereinen die Vorteile beider Wahlsysteme.
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von H2O »

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wo du beim Französischen Wahlrecht einen guten Kompromiss siehst. Zwischen Mehrheits- und Verhältniswahlrecht? Die Stärke des Verhältniswahlrecht ist das es zu repräsentativen Ergebnis führt. Was hab ich als Anhänger desselben vom Französischen Wahlrecht? Da ist diese ja überhaupt nicht gegeben.
Das französische Wahlrecht erzwingt, daß sich kleine Parteien zuvor abstimmen, wenn sie erfolgreich ihre Kandidaten durchsetzen möchten. Was übrigens auch in GB versucht wurde, um bei der letzten Wahl den BREXIT kippen zu können. Leider ist das gegen die Konservativen und die Arbeitspartei nicht gelungen. Das war für britische Verhältnisse wohl zu ungewöhnlich.

Das französische Wahlrecht läßt nach dem ersten Wahlgang schon zu, daß die Wähler ahnen können, worauf die Zusammensetzung des Parlaments hinaus laufen dürfte. Deshalb setzen dann verschärft Absprachen der Parteien ein, welchen Kandidaten sie gemeinsam für das Parlament aufstellen werden. Es kommt also zu Koalitionsbildungen, die der Wähler bewerten kann. Er muß ja nicht gut finden, was ihm seine Parteien so vorschlagen. Damit entfällt das Genöhle, daß bei verzwickter Regierungsbildung die Parteien koalieren, ohne daß der Wähler seine Stimme dazu gegeben hatte.

Ja, es ist wahr, daß auch in Systemen mit Mehrheitskandidaten kleine Parteien zum Zuge kommen, wenn sie sich entweder zuvor absprechen oder sie aber räumliche Hochburgen haben. Immerhin ist dem Wähler aber schon vor der Wahl im 2. Wahlgang bewußt, zu welcher Art Regierungsbildung er mit seiner Stimme beiträgt. Genau diese Tatsache und natürlich auch die festgelegte Anzahl von Abgeordneten finde ich gut am französischen und auch am alten deutschen Wahlsystem der deutschen Kaiserzeit so vorteilhaft gegenüber unserem deutschen Wahlsystem seit 1949. Die Persönlichkeit des Abgeordneten geht im Wahlkampf nicht prägend genug ein, auf Koalitionen hat der Wähle wenig Einfluß.

Schließlich wird ein Parlament auch dafür gewählt, daß es zuverlässig eine Regierungsmehrheit gibt... und nicht dafür, daß 709 Abgeordnete sich einige Monate darum streiten, ob nun Jamaika oder eine GroKo unsere Geschicke lenken soll.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von JosefG »

Die Überhangmandate sollten abgeschafft werden, dann braucht man auch keine Ausgleichsmandate.

Die Wahlkreissieger einer Partei werden in der Reihenfolge ihrer absoluten Stimmenzahl berücksichtigt.
Ein Mandat erhalten höchstens soviele Wahlkreissieger, wie der Partei gemäß Zweitstimmenanteil zustehen.

Es wird dann einige Wahlkreise ohne direkt gewählten Abgeordneten geben, aber das ist hinzunehmen.
Der Direktkandidat vertritt effektiv ohnehin nur die Anhänger seiner Partei, nicht den ganzen Wahlkreis.

https://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=5&t=69150

----
PS: Wird so auch von der AfD vorgeschlagen und hat deshalb keine Aussicht auf Umsetzung.
https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 49dbd9b762
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Re: Der Bundestag soll schlanker werden

Beitrag von JosefG »

Wäre es nicht sinnvoll, den Strang
https://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=32&t=69814 hier anzuhängen?
PS: Falls er nicht angehängt wird, dann ist er hiermit jedenfalls verlinkt, passt auch.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Neandertaler »

H2O hat geschrieben:(13 Apr 2020, 23:29)
.... Was übrigens auch in GB versucht wurde, um bei der letzten Wahl den BREXIT kippen zu können. Leider ist das gegen die Konservativen und die Arbeitspartei nicht gelungen. Das war für britische Verhältnisse wohl zu ungewöhnlich.
Ich denke es lag eher daran daß eine Mehrheit der Briten den Brexit wollten (ich weiß ketzerische These) und selbst die vorher eher unentschlossen nun der Meinung waren lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.


Ja, es ist wahr, daß auch in Systemen mit Mehrheitskandidaten kleine Parteien zum Zuge kommen, wenn sie sich entweder zuvor absprechen oder sie aber räumliche Hochburgen haben.
Ja der Erfolg hängt von spezifische lokalen Gegebenheiten habt. Und das gefällt mir nicht, ich möchte das der Wahlerfolg einer Partei von ihrem Landesweiten Stimmenanteil und nicht von lokalen Umständen abhängt.

. Die Persönlichkeit des Abgeordneten geht im Wahlkampf nicht prägend genug ein, auf Koalitionen hat der Wähle wenig Einfluß.soll.
Die Abgeordnete werden in Deutschland von der Partei aufgestellt, egal ob Liste oder Wahlkreis, und stimmen nach Parteidisziplin ab. Wieso soll ihre Persönlichkeit interessant sein? Dafür bräuchte es ein anderes, loseres Parteiverständnis.
Schließlich wird ein Parlament auch dafür gewählt, daß es zuverlässig eine Regierungsmehrheit gibt... und nicht dafür, daß 709 Abgeordnete sich einige Monate darum streiten, ob nun Jamaika oder eine GroKo unsere Geschicke lenken soll.
Jein, Mal ein Blick über dem Tellerrand:
Beim von dir erwähnten Deutschen Kaiserreich war es nicht so, sondern es müssten sich Mehrheiten im Parlament für bestimmte Vorhaben gesucht werden. Gleiches gilt für die EU und auch in den USA, wo der Präsident so eine Art Wahlkaiser ist, muss im Senat keineswegs eine Regierungsmehrheit vorliegen.
Anderes Beispiel wären die skandinavischen Minderheitsregierungen oder die Schweiz. Mir erscheinen diese Beispiele durchaus attraktiv und funktionell.

In der BRD ist man sehr konservativ bei der Regierungsbildung. Als das damalige drei Parteien System durch die grünen auf vier erweitert wurde war die Hoffnung daß diese neue unmögliche Partei schnell wieder verschwindet, und die Frage wie Man den mit 4 Parteien im Parlament eine Regierung bilden könnte, selbiges hat sich dann noch zweimal (Linke, AfD) wiederholt. Letzlich kann es ab drei Parteien unter bestimmten Konstellationen schwierig sein eine Regierung zu bilden durch noch mehr Parteien ändert sich dann nichts Grundsätzliches mehr. Die Kindergarten mit dem Spiel ich nicht Attitude hat halt nichts im Parlament verloren. Letzlich gefallen mir Koalitionen wie Jamika wesentlich besser als dumpfe Lagerwahlkämpfe, auch wenn eventuell etwas länger verhandelt wird.
Ich bin linksliberal, ich habe mich testen lassen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von H2O »

Na ja, die Dauer von "Wahlergebnis" bis "Regierung gebildet" sollte schon noch in einem vertretbaren Verhältnis zur Legislaturperiode von 4 Jahren stehen. Das Ziel wurde zuletzt sehr deutlich verfehlt. Wir haben Glück, daß wir wenigstens 3 staatstragende Parteien haben! Das muß nicht so bleiben!

Ich glaube ohnehin mehr an "anfaßbare" Menschen als an "nicht greifbare" Organisationen wie Parteien. Ich möchte mein Kreuzchen bei "richtigen Menschen" machen dürfen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Tomaner »

JosefG hat geschrieben:(14 Apr 2020, 01:13)

Die Überhangmandate sollten abgeschafft werden, dann braucht man auch keine Ausgleichsmandate.

Die Wahlkreissieger einer Partei werden in der Reihenfolge ihrer absoluten Stimmenzahl berücksichtigt.
Ein Mandat erhalten höchstens soviele Wahlkreissieger, wie der Partei gemäß Zweitstimmenanteil zustehen.

Es wird dann einige Wahlkreise ohne direkt gewählten Abgeordneten geben, aber das ist hinzunehmen.
Der Direktkandidat vertritt effektiv ohnehin nur die Anhänger seiner Partei, nicht den ganzen Wahlkreis.

https://www.politik-forum.eu/viewtopic.php?f=5&t=69150

----
PS: Wird so auch von der AfD vorgeschlagen und hat deshalb keine Aussicht auf Umsetzung.
https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... 49dbd9b762
Die Aussage stimmt nach meiner Meinung nicht! So gut wie jeder Abgeordneter wird auch Interessen seines Wahlkreises vertreten! Welchen genauen Vorteil soll es haben, wenn Wahlkreise keinerlei Vertreter mehr haben und welches System soll dann bestimmen, welche Wahlkreise es trifft?
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von JosefG »

Tomaner hat geschrieben:(18 Apr 2020, 12:42)

Welchen genauen Vorteil soll es haben, wenn Wahlkreise keinerlei Vertreter mehr haben
Es hat keinen Vorteil, aber auch keinen gravierenden Nachteil.
und welches System soll dann bestimmen, welche Wahlkreise es trifft?
Ein Wahlkreis bleibt ohne direkt gewählten Abgeordneten, wenn der Wahlkreissieger in der Rangfolge aller Wahlkreissieger derselben Partei (diese Rangfolge ergibt sich aus der absoluten Zahl der Erststimmen) nicht mehr zum Zuge kommt, weil andernfalls die Partei ein Überhangmandat erhielte.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von jorikke »

Adam Smith hat geschrieben:(12 Apr 2020, 10:42)

Selbst mit 800 Abgeordneten hätten wir nicht das grösste Parlament der Welt.

https://www.bedeutungonline.de/die-10-g ... -der-welt/

China mit seinen 2.897 Abgeordneten werden wir nicht schlagen. Nur leben in China halt auch 16 mal mehr Menschen.
Haben denn die Chinesen auch das 16-fache an Problemen?
Möglicherweise ein paar mehr als wir. Sicher nicht 16 x soviel.
China hat etwa doppelt so viele Ministerien wie Deutschland und nicht etwa 16 x so viele.
Dort werden Gesetze gemacht, die für alle gelten.
Einen Vergleich zwischen Bevölkerungszahl und Abgeordnetenzahl herzustellen ist deshalb ziemlich blödsinnig.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von H2O »

jorikke hat geschrieben:(18 Apr 2020, 18:28)

Haben denn die Chinesen auch das 16-fache an Problemen?
Möglicherweise ein paar mehr als wir. Sicher nicht 16 x soviel.
China hat etwa doppelt so viele Ministerien wie Deutschland und nicht etwa 16 x so viele.
Dort werden Gesetze gemacht, die für alle gelten.
Einen Vergleich zwischen Bevölkerungszahl und Abgeordnetenzahl herzustellen ist deshalb ziemlich blödsinnig.
In diesen Größenordnungen China, Indien, USA kann es gar keinen Streit darüber geben. Was demokratische Mitbestimmung betrifft, kann ich gar keine andere Lösung sehen als die an eine Bevölkerungszahl angepaßte Volksvertretung. Deshalb sind bundesstaatlich organisierte Gemeinwesen vermutlich ein Lösungsschritt auf diesem Wege.

Natürlich braucht auch Malta eine arbeitsfähige Regierung und ein arbeitsfähiges Parlament. Meine Vermutung: Da gibt es zahlenmäßig nach oben und nach unten gesehen vernünftige Grenzen. Mein Gefühl sagt mir, daß 800 Abgeordnete im Bundestag ein heller Wahnsinn sind; im EU-Parlament geht es wohl kaum unter dieser Zahl.

Im EU-Parlament hat man sich aber auch nicht mehr an den Grundsatz der Proportionalität der Zahl der Abgeordneten zur Zahl der vertretenen Mitbürger gehalten, sondern eine vernünftige obere und untere Grenze überlegt, damit das EU-Parlament noch arbeitsfähig bleibt.

Eine der größeren Sorgen war immer, daß wenige volkreiche Staaten den Weg der EU unter sich aushandeln würden, oder daß eine Mehrheit kleiner Staaten der Minderheit großer Staaten den Weg in die Zukunft vorschreiben würde. Daher dann das Konzept der doppelten Mehrheiten: Eine Mehrheit der vertretenen Staaten und eine Mehrheit der vertretenen EU-Bürger ist notwendig, um zu verbindlichen Entscheidungen zu gelangen (EU-Ministerrat).

Im EU-Parlament ist diese Regelung durch das Konzept der degressiven Vertretung von Mitbürgern einzelner Länder wirksam. Ein Abgeordneter gleich 1 Stimme, aber jeder Abgeordnete vertritt eine sehr unterschiedliche Zahl von EU-Bürgern. So etwas geht also auch! Allerdings sehr weit weg vom Ideal der Gleichwertigkeit von Wählerstimmen bei Willensentscheidungen. Da sind eben Kompromisse nicht zu vermeiden, um arbeitsfähig zu bleiben.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Adam Smith »

jorikke hat geschrieben:(18 Apr 2020, 18:28)

Haben denn die Chinesen auch das 16-fache an Problemen?
Möglicherweise ein paar mehr als wir. Sicher nicht 16 x soviel.
China hat etwa doppelt so viele Ministerien wie Deutschland und nicht etwa 16 x so viele.
Dort werden Gesetze gemacht, die für alle gelten.
Einen Vergleich zwischen Bevölkerungszahl und Abgeordnetenzahl herzustellen ist deshalb ziemlich blödsinnig.
Und aus welchem Grund sind dann die Parlamente unserer Bundesländer unterschiedlich gross?
Das ist Kapitalismus:

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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von jorikke »

Adam Smith hat geschrieben:(19 Apr 2020, 10:03)

Und aus welchem Grund sind dann die Parlamente unserer Bundesländer unterschiedlich gross?
Um innerhalb Deutschlands einigermaßen gleiche Verhältnisse zu schaffen.
Das hat allerdings nichts mit der Frage zu tun wie groß das Verhältnis zwischen Abgeordneten und der Zahl der von ihm parlamentarisch vertretenen Menschen im Idealfall sein soll.
Wenn man zum Beispiel die Zahl von rund 390 Abgeordneten im Kaiserreich als Maßstab nimmt und meint und meint diese Abgeordneten würden ausreichen um in einer ungleich komplizierter gewordenen Welt alles zu wuppen, dann gute Nacht.
Ich bin davon überzeugt, realistisch betrachtet müsste man heute die Zahl der Abgeordneten erheblich aufstocken. Das ist aber dermaßen unpopulär, deshalb nicht durchsetzbar.
Um nicht nur Gesetze zu erhalten, die auf Bauchgefühl beruhen, hat man die Gesetzesarbeit auf Ausschüsse verteilt, die die Vorarbeit leisten.
Selbst die sind längst nicht mehr kompetent genug um jede Thematik zu beherrschen. Daraus resultieren die immer mehr werdenden Ausarbeitungen des eigenen Beamtenapparates des Bundestages.
Auch die sind überfordert und um ihre Vorlagen zu erfüllen beauftragen sie mehr und mehr externe Berater und Gutachter.
D,h. nicht mehr die gewählten Politiker arbeiten Entscheidungen aus, sondern sie stimmen nur über vorbereitete Gesetzestexte ab.
Deshalb, je kleiner die Zahl der Abgeordneten, desto mehr Entscheidungen werden letztlich von nicht gewählten subalternen Beamten oder externen Beratern durchgesetzt. Fragwürdig im Sinne der Demokratie.
Letztlich kommt der Widerstand gegen ein größeres Parlament aus dem Bauchgefühl heraus, alles viel zu teuer.
Kostenbewusstsein muss sein.
Deshalb müssen Kosten, auch die eines Parlamentes, in einem von der Bevölkerung akzeptiertem Rahmen bleiben.
Die Diäten der jetzigen 709 Abgeordneten betragen in Summe z.Zt. 81 Millionen Euro pro Jahr.
Da das in Etwa unser Bevölkerung entspricht brauch man nicht groß zu rechnen. Jeder zahlt für die Abgeordneten also einen Euro pro Jahr.
Gut acht Cent im Monat.
Ich mache mich jetzt mal so unbeliebt wie der Kopper von der deutschen Bank.
Peanuts.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Adam Smith »

jorikke hat geschrieben:(19 Apr 2020, 12:07)

Die Diäten der jetzigen 709 Abgeordneten betragen in Summe z.Zt. 81 Millionen Euro pro Jahr.
Da das in Etwa unser Bevölkerung entspricht brauch man nicht groß zu rechnen. Jeder zahlt für die Abgeordneten also einen Euro pro Jahr.
Gut acht Cent im Monat.
Ich mache mich jetzt mal so unbeliebt wie der Kopper von der deutschen Bank.
Peanuts.
Insgesamt kostet uns der Bundestag etwa 1 Milliarde Euro pro Jahr.

Laut diesem Link kosten uns die Abgeordneten 460 Millionen Euro im Jahr.

In dem Rechnungshof-Bericht sind laut „Bild“ Jahresausgaben in Höhe von 137 Millionen für Miete und Unterhalt der Gebäude vorgesehen sowie rund 112 Millionen für die Fraktionen. Stark zu Buche schlagen die Abgeordneten, deren Diäten sich kommendes Jahr auf rund 460 Millionen Euro summierten
https://m-faz-net.cdn.ampproject.org/v/ ... 26881.html

Wobei das jetzt nicht viel ist.

Grund: ein neuer Kosten-Rekord des Parlaments! Steuerzahler-Präsident Reiner Holznagel (43) klagt in BILD: „Jedes einzelne Mandat erzeugt unmittelbare Kosten von mehr als 750 000 Euro pro Jahr.“
https://m-bild-de.cdn.ampproject.org/v/ ... .bild.html
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Adam Smith »

Hier werden die Kosten aufgeschlüsselt.

https://www.bundeshaushalt.de/#/2019/so ... 41103.html

254 Millionen für die Beschäftigung von Mitarbeitern.

118 Millionen Geldleistungen an die Fraktionen

83 Millionen für Arbeitnehmer

81 Millionen Entschädigungen und Amtszulagen

70 Millionen für Beamte

56 Millionen Bewirtschaftung Gebäude

49 Millionen Altersentschädigung für ehemalige Abgeordnete

37 Millionen Aufwandsentschädigung

18 Millionen Miete und Pacht.

Direkt zuordnen lassen sich nur die 81 und die 37 Millionen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von jorikke »

Ich hatte nur die Kosten für die Abgeordnetendiäten genannt. 81 Millionen, wie von die bestätigt.
Einzelposten aufzuführen dient allenfalls der Verwirrung.
Nehmen wir die Gesamtkosten des Bundestages, sind wir bei einer Milliarde/Jahr.
Macht pro Bürger pro Bürger etwa einen Euro pro Monat.
Fast das gesamte Taschengeld eines Fünfjährigen.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von imp »

Der Einerwahlkreis ist antiquiert. Ich würde Parteien mit Bundesliste antreten lassen und die andere Hälfte des Parlaments mit 25 regionalen Mehrpersonenkreisen bestücken.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von H2O »

imp hat geschrieben:(23 May 2020, 13:02)

Der Einerwahlkreis ist antiquiert. Ich würde Parteien mit Bundesliste antreten lassen und die andere Hälfte des Parlaments mit 25 regionalen Mehrpersonenkreisen bestücken.
Bildet ein solches Parlament vergleichbar genau die Stimmenverteilung so ab wie das derzeitige? Ungerecht geht auf viele Weisen. Ich sehe das französische Wahlrecht mit seinen zwei Wahlgängen mit einiger Sympathie, was die Bürgerbeteiligung an möglichen Koalitionsbildungen betrifft.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(24 May 2020, 08:51)

Bildet ein solches Parlament vergleichbar genau die Stimmenverteilung so ab wie das derzeitige? Ungerecht geht auf viele Weisen. Ich sehe das französische Wahlrecht mit seinen zwei Wahlgängen mit einiger Sympathie, was die Bürgerbeteiligung an möglichen Koalitionsbildungen betrifft.
Die Wahrscheinlichkeit paradoxer Situationen wie "negatives Stimmgewicht" ist beim aktuellen System höher als beim Vorschlag.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von H2O »

imp hat geschrieben:(24 May 2020, 09:47)

Die Wahrscheinlichkeit paradoxer Situationen wie "negatives Stimmgewicht" ist beim aktuellen System höher als beim Vorschlag.
Ja, das ist schon klar. Die verrückten Klimmzüge der derzeitigen Zuordnung von Stimmen wollten aber ganz unbedingt auf eine "gerechte" Wiedergabe des Wahlergebnisses hinwirken. Dieses Ergebnis ginge dann sicher verloren... und die Frage bleibt, wie viel "gerechter" das vorgeschlagene System der Stimmenbewertung gegenüber grobschlächtigeren Wahlsystemen wie etwa des französischen noch wäre.

Ich hoffe in der Tat auf eine kluge und durchsichtige Lösung mit <500 MdB.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(24 May 2020, 15:43)

Ja, das ist schon klar. Die verrückten Klimmzüge der derzeitigen Zuordnung von Stimmen wollten aber ganz unbedingt auf eine "gerechte" Wiedergabe des Wahlergebnisses hinwirken. Dieses Ergebnis ginge dann sicher verloren... und die Frage bleibt, wie viel "gerechter" das vorgeschlagene System der Stimmenbewertung gegenüber grobschlächtigeren Wahlsystemen wie etwa des französischen noch wäre.

Ich hoffe in der Tat auf eine kluge und durchsichtige Lösung mit <500 MdB.
Ein reines Mehrheitswahlrecht wäre mit dem Grundgesetz möglicherweise im Konflikt. Unabhängig vom Wahlrecht ist aber die Parlamentsgröße deutlich zu hoch. Mehr als ein Fünftel aller Abgeordneten bezieht Zusatzeinkommen aus Nebentätigkeiten über 1000 Euro im Monat. Bei der FDP ist es fast jeder zweite. Daneben ist fast jeder in irgendeiner größeren Parteifunktion auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene meist ehrenamtlich aktiv oder steht Vereinen und Stiftungen vor. Das Mandat lässt offenbar viel Zeit für anderes. Man bedenke, dass viele Bundesminister "nebenbei" noch Abgeordnete sind bzw bleiben. Mit Blick auf diese Unterbeschäftigung erscheint eine Verkleinerung des Bundestages auf unter 300 Mandate machbar.

Ein nicht ganz ernst gemeinter Denkanstoß: Gebt die Bundestagstätigkeit einfach den knapp unter 100 deutschen Europaabgeordneten als Nebenjob und erlaubt Abgeordneten , zB wenn sie Minister werden, vom Mandat vorübergehend mit Rückkehrrecht zurückzutreten bzw Stellvertreter auf Zeit zu bestimmen. Das deutsche Europawahlrecht ist super einfach und gerecht: Nur eine Stimme, praktisch alle Parteien außer der Union treten mit einer einheitlichen Bundesliste an, es gibt keinerlei paradoxe Ergebnisse.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von H2O »

imp hat geschrieben:(24 May 2020, 16:10)

Ein reines Mehrheitswahlrecht wäre mit dem Grundgesetz möglicherweise im Konflikt. Unabhängig vom Wahlrecht ist aber die Parlamentsgröße deutlich zu hoch. Mehr als ein Fünftel aller Abgeordneten bezieht Zusatzeinkommen aus Nebentätigkeiten über 1000 Euro im Monat. Bei der FDP ist es fast jeder zweite. Daneben ist fast jeder in irgendeiner größeren Parteifunktion auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene meist ehrenamtlich aktiv oder steht Vereinen und Stiftungen vor. Das Mandat lässt offenbar viel Zeit für anderes. Man bedenke, dass viele Bundesminister "nebenbei" noch Abgeordnete sind bzw bleiben. Mit Blick auf diese Unterbeschäftigung erscheint eine Verkleinerung des Bundestages auf unter 300 Mandate machbar.

Ein nicht ganz ernst gemeinter Denkanstoß: Gebt die Bundestagstätigkeit einfach den knapp unter 100 deutschen Europaabgeordneten als Nebenjob und erlaubt Abgeordneten , zB wenn sie Minister werden, vom Mandat vorübergehend mit Rückkehrrecht zurückzutreten bzw Stellvertreter auf Zeit zu bestimmen. Das deutsche Europawahlrecht ist super einfach und gerecht: Nur eine Stimme, praktisch alle Parteien außer der Union treten mit einer einheitlichen Bundesliste an, es gibt keinerlei paradoxe Ergebnisse.
Mit dem Ansatz "EU-Parlament" könnte ich mich auch anfreunden. Auch da ging es doch darum, im Rahmen erträglicher Grenzen, was die Zuordnung von Wählerstimmen betrifft, ein noch arbeitsfähiges Parlament zu schaffen. Die Gleichwertigkeit der Wählerstimmen wurde also sehr bewußt ausgeklammert.

Mich stört natürlich schon, daß man auf diese Weise sehr profilierte Politiker zugunsten von grauen Mäusen aus dem EU-Parlament fernhält. Aber dieses ungute Gefühl ist aus zu halten, wenn man an die Entartungen denkt, die zu 800 MdB führen können.

"Ihre" 300 MdB entsprechen wohl so ungefähr der Größe des französischen Parlaments... und warum nicht endlich einmal etwas Sinnvolles vereinheitlichen zugunsten der Europäischen Gemeinschaft?
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Ove Haithabu »

H2O hat geschrieben:(12 Apr 2020, 10:35)
Daher mein Vorschlag, es mit dem ganz feinen Ausgleich nicht zu übertreiben und auch dort eine gröbere Abstufung in Analogie zur 5%-Hürde ein zu führen. Oder gleich zum Wahlrecht für den Deutschen Reichstag zurück zu kehren, das sich in Frankreich noch heute bewährt: Erster Wahlgang: Wahlkreis ist mit >50% Zustimmung gewonnen, zweiter Wahlgang: Verbliebene Wahlkreise gehen an den Bewerber mit den meisten Stimmen.
Wahrscheinlich stehen die nächsten Bundestagswahlen ja nächstes Jahr an, daher müsste die Angelegenheit langsam Fahrt aufnehmen denn ansonsten ist es zu spät. Um eine Verkleinerung der Wahlkreise kommt man wohl nicht herum wenn man weiterhin jedem Wahlkreissieger sein Mandat zugestehen will.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Maikel »

Ove Haithabu hat geschrieben:(24 Jun 2020, 14:15)

Wahrscheinlich stehen die nächsten Bundestagswahlen ja nächstes Jahr an, daher müsste die Angelegenheit langsam Fahrt aufnehmen denn ansonsten ist es zu spät. Um eine Verkleinerung der Wahlkreise kommt man wohl nicht herum wenn man weiterhin jedem Wahlkreissieger sein Mandat zugestehen will.
Du meinst vermutlich "Vergrößerung der Wahlkreise".

Bei den aktuellen Umfragewerten halte ich das eher für unnötig. Wenn CDU/CSU dann tatsächlich um die 40% bekommen, können sie den größten Teil der gewonnen Direktmandate auch ohne Überhangmandate unterbringen.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von H2O »

Ove Haithabu hat geschrieben:(24 Jun 2020, 14:15)

Wahrscheinlich stehen die nächsten Bundestagswahlen ja nächstes Jahr an, daher müsste die Angelegenheit langsam Fahrt aufnehmen denn ansonsten ist es zu spät. Um eine Verkleinerung der Wahlkreise kommt man wohl nicht herum wenn man weiterhin jedem Wahlkreissieger sein Mandat zugestehen will.
Durch die Belastung der Politik mit der Corona-Pandemie ist dieses Thema erst einmal wieder unter einem Berg anderer Probleme verschwunden. Der Jammer kehrt zurück, wenn die bestehende Regelung dann tatsächlich zu über 800 Abgeordneten führt!
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Ove Haithabu »

Maikel hat geschrieben:(24 Jun 2020, 18:10)

Du meinst vermutlich "Vergrößerung der Wahlkreise".

Bei den aktuellen Umfragewerten halte ich das eher für unnötig. Wenn CDU/CSU dann tatsächlich um die 40% bekommen, können sie den größten Teil der gewonnen Direktmandate auch ohne Überhangmandate unterbringen.
Ja, sorry, Vergrößerung meinte ich. So recht mag ich an die 40% langfristig nicht glauben. In Zeiten einer Pandemie ist es nicht unüblich, dass sich Wähler hinter die Regierung stellen. Langfristig allerdings werden wir uns darauf einstellen müssen dass es mehrere Parteien mit einer mittelgroßen Zahl an Mandatsträgern gibt.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Ove Haithabu »

H2O hat geschrieben:(24 Jun 2020, 23:45)

Durch die Belastung der Politik mit der Corona-Pandemie ist dieses Thema erst einmal wieder unter einem Berg anderer Probleme verschwunden. Der Jammer kehrt zurück, wenn die bestehende Regelung dann tatsächlich zu über 800 Abgeordneten führt!
Möglicherweise kommt noch einmal Schwung in die Debatte. Eventuell wird sogar nächsten Freitag über den Vorschlag der Opposition abgestimmt.
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Re: Der Bundestag soll schlanker werden

Beitrag von JosefG »

Kritikaster hat geschrieben:(07 Nov 2019, 20:30)

Darauf würde ich Wetten annehmen.
So klar scheint es jedenfalls nicht zu sein, dass die Nicht-Berücksichtigung mancher Wahlkreissieger
verfassungswidrig wäre, wenn nun sogar Ralph Brinkhaus ein entsprechendes Modell vorschlägt.

https://www.mdr.de/nachrichten/politik/ ... s-100.html
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Perkeo »

Mal Hand aufs Herz: Wer von euch kennt denn überhaupt den Namen seines Wahlkreis-Abgeordneten? Wer von Euch hat jemals mit der Erststimme einen Menschen statt eine Pertei gewählt?
Die Erststimme ist überflüssig.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von imp »

Perkeo hat geschrieben:(10 Jul 2020, 15:33)

Mal Hand aufs Herz: Wer von euch kennt denn überhaupt den Namen seines Wahlkreis-Abgeordneten? Wer von Euch hat jemals mit der Erststimme einen Menschen statt eine Pertei gewählt?
Die Erststimme ist überflüssig.
Mit der Erststimme wählst du immer Personen. Natürlich kenne ich den Wahlkreisgewinner, ich habe ihn ja ausgezählt.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MDB

Beitrag von Quatschki »

H2O hat geschrieben:(13 Apr 2020, 13:35)
... Der Reichstag vertrat das Reich. Allerdings bleiben seine Befugnisse für mich im Dunklen. Die Adelsherrschaft galt ja noch.
Er hat zum Beispiel das BGB beschlossen und damit die Grundlagen des bis heute gültigen bürgerlichen Rechts in Deutschland.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Aldemarin »

Wie viele Abgeordnete hätten eigentlich im Reichstagsgebäude Platz?
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von imp »

Aldemarin hat geschrieben:(12 Jul 2020, 17:05)

Wie viele Abgeordnete hätten eigentlich im Reichstagsgebäude Platz?
Das kommt drauf an, wie man bestuhlt. Über 800 wirds aber langsam heikel auch wegen Brandschutz und Evakuierung. Neben den Abgeordneten sind auch verschiedene Mitarbeiter im Parlament unterwegs.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von Perkeo »

imp hat geschrieben:(10 Jul 2020, 15:39)

Mit der Erststimme wählst du immer Personen. Natürlich kenne ich den Wahlkreisgewinner, ich habe ihn ja ausgezählt.
OFFIZIELL wählt man mit der Erststimme immer Personen. Bezüglich der faktischen Situation bleibe ich bei meiner Vermutung, dass nur die allerwenigsten Wähler ein anderes Entscheidungskriterium haben als die Partei die ihn aufstellte.
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Re: Schäuble: Demnächst weltgrößtes Parlament bis zu 800 MdB

Beitrag von imp »

Perkeo hat geschrieben:(15 Jul 2020, 16:40)

OFFIZIELL wählt man mit der Erststimme immer Personen. Bezüglich der faktischen Situation bleibe ich bei meiner Vermutung, dass nur die allerwenigsten Wähler ein anderes Entscheidungskriterium haben als die Partei die ihn aufstellte.
Das hat miteinander nichts zu tun. Du wählst mit der Erststimme immer einen Wahlkreiskandidaten. Sofern man nicht in den Überhang kommt, hat die Partei davon auch keinen Vorteil.
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