Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

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Atalanttore
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Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von Atalanttore »

Die NATO wurde vor dem Warschauer Pakt als Verteidigungsbündnis gegründet. Der Warschauer Pakt ist mit dem Untergang des transatlantischen Erzfeindes, UdSSR, auch untergegangen. Die NATO besteht weiterhin.

Ob US-Atomwaffen in Europa die Sicherheit erhöhen oder verringern, ist ein bekannter Streitpunkt.

Kein Streitpunkt ist dagegen, dass bei bestimmten Posten die Herkunft der jeweiligen Person eine Rolle spielt. So ist der militärische Oberbefehlshaber der NATO in Europa (SACEUR) immer ein General des US-Militärs und der NATO-Generalsekretär immer ein Europäer.

Unter anderem bei der Finanzierung, der Truppenstärke und dem militärischen Kommando dominieren die USA die NATO.

Eine Europäische Armee (der EU) ohne Zersplitterung in nationale Armeen und entsprechend höherer Effizienz/Schlagkraft wird innerhalb der NATO nicht von jedem gern gesehen. Beispielsweise ist der aktuelle NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg dagegen (Quelle). Das ist insofern erstaunlich, weil eine höhere Effizienz/Schlagkraft der gesamten Verteidigungsfähigkeit der NATO zugutekommen würde.

Ist die NATO tatsächlich nur ein Verteidigungsbündnis oder dient die NATO hauptsächlich der Sicherstellung der militärischen Vormachtstellung der USA in Europa (und Verteidigung ist nur das Nebenprodukt von in Europa stationierten US-Truppen)?
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Cobra9
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von Cobra9 »

Atalanttore hat geschrieben:(07 Jun 2020, 16:50)

Die NATO wurde vor dem Warschauer Pakt als Verteidigungsbündnis gegründet. Der Warschauer Pakt ist mit dem Untergang des transatlantischen Erzfeindes, UdSSR, auch untergegangen. Die NATO besteht weiterhin.

Ob US-Atomwaffen in Europa die Sicherheit erhöhen oder verringern, ist ein bekannter Streitpunkt.

Kein Streitpunkt ist dagegen, dass bei bestimmten Posten die Herkunft der jeweiligen Person eine Rolle spielt. So ist der militärische Oberbefehlshaber der NATO in Europa (SACEUR) immer ein General des US-Militärs und der NATO-Generalsekretär immer ein Europäer.

Unter anderem bei der Finanzierung, der Truppenstärke und dem militärischen Kommando dominieren die USA die NATO.

Eine Europäische Armee (der EU) ohne Zersplitterung in nationale Armeen und entsprechend höherer Effizienz/Schlagkraft wird innerhalb der NATO nicht von jedem gern gesehen. Beispielsweise ist der aktuelle NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg dagegen (Quelle). Das ist insofern erstaunlich, weil eine höhere Effizienz/Schlagkraft der gesamten Verteidigungsfähigkeit der NATO zugutekommen würde.

Ist die NATO tatsächlich nur ein Verteidigungsbündnis oder dient die NATO hauptsächlich der Sicherstellung der militärischen Vormachtstellung der USA in Europa (und Verteidigung ist nur das Nebenprodukt von in Europa stationierten US-Truppen)?
Streitpunkt Ob eine Zusammenfassung der Streitkräfte tatsächlich den Kampfwert erhöhen würde. Ich glaube es nicht.

Das wird aber rein politisch eh nicht mehr passieren behaupte ich. Dazu gibt es einfach derzeit zu wenig Zusammenarbeit. Natürlich dient die NATO auch politischen Interessen. Aber Sie dient der Verteidigung bzw Abschreckung.

Wir können uns die Zukunft vorstellen, die nicht nur Europa, sondern die ganze Welt erwartet hätte, wenn Nordamerika Europa in der Stunde der Not nicht geholfen hätte. Und wir wissen, dass diese Landung ein einmaliges Bündnis zwischen unseren Kontinenten geschaffen hat. Natürlich hatten die Sowjets nur gute Absichten.

Solideste Versicherung der Welt würde ich sagen ist die NATO trotz allem.

Die NATO entwickelt Raketenabwehrsysteme, um Europa und die europäische Bevölkerung gegen eine schwerwiegende und wachsende Bedrohung zu schützen. Im Indischen Ozean arbeitet die Nato mit der Europäischen Union und vielen anderen zusammen, um die von Piraten bedrohten Seewege sicherer zu machen. Und überall auf der Welt übernimmt sie Aufgaben wie Minensuche, Katastrophenhilfe, Beratung zur Demokratisierung des Militärs und gemeinsam mit der UN den Schutz von Kindern.

Nur einige Beispiele.

Aber Sicherheit ist wie Gesundheit, man bemerkt sie erst, wenn sie sich verschlechtert. Deshalb braucht man Versicherungen
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von Atalanttore »

Cobra9 hat geschrieben:(07 Jun 2020, 19:26)

Streitpunkt Ob eine Zusammenfassung der Streitkräfte tatsächlich den Kampfwert erhöhen würde. Ich glaube es nicht.
Glauben ist nicht notwendig. Vor ein paar Jahren hat die EU dazu eigene Nachforschungen angestellt.

Cobra9 hat geschrieben:(07 Jun 2020, 19:26)
Das wird aber rein politisch eh nicht mehr passieren behaupte ich. Dazu gibt es einfach derzeit zu wenig Zusammenarbeit.
In einem Beitrag fasst die EU ihre Maßnahmen zusammen.

Cobra9 hat geschrieben:(07 Jun 2020, 19:26)
Natürlich dient die NATO auch politischen Interessen. Aber Sie dient der Verteidigung bzw Abschreckung.
Die NATO wird von einem Land mit einer langen Liste an Militäroperationen dominiert. Ein abschreckender Faktor ist da sicherlich gegeben.

Cobra9 hat geschrieben:(07 Jun 2020, 19:26)
Wir können uns die Zukunft vorstellen, die nicht nur Europa, sondern die ganze Welt erwartet hätte, wenn Nordamerika Europa in der Stunde der Not nicht geholfen hätte. Und wir wissen, dass diese Landung ein einmaliges Bündnis zwischen unseren Kontinenten geschaffen hat. Natürlich hatten die Sowjets nur gute Absichten.
Auch wenn es gerne kleingeredet wird, aber mit Abstand die meisten Opfer im 2. Weltkrieg hatte die UdSSR.

Cobra9 hat geschrieben:(07 Jun 2020, 19:26)
Die NATO entwickelt Raketenabwehrsysteme, um Europa und die europäische Bevölkerung gegen eine schwerwiegende und wachsende Bedrohung zu schützen.
Welche schwerwiegende und wachsende Bedrohung ist konkret gemeint?

Cobra9 hat geschrieben:(07 Jun 2020, 19:26)
Aber Sicherheit ist wie Gesundheit, man bemerkt sie erst, wenn sie sich verschlechtert. Deshalb braucht man Versicherungen
Viele Versicherungen sind Luxus. Letztendlich braucht man nur wenig Versicherungen wirklich. Aber um finanzielle Themen geht es hier auch nicht.
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Cobra9
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von Cobra9 »

Atalanttore hat geschrieben:(07 Jun 2020, 22:35)

Glauben ist nicht notwendig. Vor ein paar Jahren hat die EU dazu eigene Nachforschungen angestellt.



In einem Beitrag fasst die EU ihre Maßnahmen zusammen.



Die NATO wird von einem Land mit einer langen Liste an Militäroperationen dominiert. Ein abschreckender Faktor ist da sicherlich gegeben.



Auch wenn es gerne kleingeredet wird, aber mit Abstand die meisten Opfer im 2. Weltkrieg hatte die UdSSR.



Welche schwerwiegende und wachsende Bedrohung ist konkret gemeint?



Viele Versicherungen sind Luxus. Letztendlich braucht man nur wenig Versicherungen wirklich. Aber um finanzielle Themen geht es hier auch nicht.
Erstens gibt es unterschiedliche Studien und Analysen sowie Pläne. Weshalb es durchaus notwendig ist darüber zu sprechen.

Wenn Du deine Meinung dazu hast bitte. Ich glaube nicht das es Sinn macht die Streitkräfte zu bündeln derzeit und die nächsten 15-20 Jahre wird das nicht passieren.

Weder gibt es eine gemeinsame Sicherheits noch Außenpolitik. Dito unterschiedliche Ansichten wirtschaftlich. Beispielsweise Rüstung.


Jede EU Armee hat Grundlagen zu erfüllen. Einen Grad der Integration und des Föderalismus voraussetzt, über den die EU nicht verfügt und den die meisten Mitglieder nicht akzeptieren werden.


Eine Europa-Armee ist – wenn überhaupt – nur in ferner Zukunft vorstellbar. Derartige Langfristkonzepte hätten aber keinerlei Auswirkungen auf den aktuellen sicherheitspolitischen Handlungsbedarf. Sie aktuell zu diskutieren ist deshalb müßig.





Statt politische Energien auf das Fernziel einer Europa-Armee zu verschwenden sollte versucht werden, die konkrete militärische Kooperation voran zu treiben. Mit bi- und multilateralen Projekten oder mit Anlehnungspartnerschaften ließen sich Kooperationsinseln schaffen, welche die Schlagfähigkeit der Streitkräfte real erhöhen. Außerdem Grundlagen langfristig schaffen sowie finanzielle Einsparungen ermöglichen.




Die USA spielen eine gewisse Rolle, aber keine Dominanz. Die USA können die Nato nicht zwingen zu Aktionen oder Teilnahme an Konflikten. Beispiele gab es genug. Das die USA drauf bestehen das andere Staaten langfristig ihren Anteil selbst leisten ist nachvollziehbar. Die Sowjetunion hatte erhebliche Opfer im Zweiten Weltkrieg. Das ist bedauerlich und wurde von mir nicht kleingeredet. Aber Fakt ist das Osteuropa unter Stalins Knute gezwungen wurde. Danach zu einer Bedrohung des Westen wurde.


Natürlich geht es auch um die finanziellen Mittel für Streitkräfte. Denn daraus resultieren Aufträge und da wird kein Staat freiwillig Abstriche machen wollen. Frankreich bsp.

Oder Erlöse von Exporte. Finanzen sind schon ein Faktor. Auch im Rahmen der Nato.

Bedrohungen sind vielseitig. Terroristen, Russland, China....... gibt viele potenzielle Konflikte. Du stellst auch keine Feuerwehr erst auf wenn es brennt.




Die aktuelle Russland-Krise hat gezeigt, dass die Arbeitsteilung zwischen dem militärischen Akteur NATO und dem sicherheitspolitischen, aber nicht militärischen Akteur EU gut funktioniert. Die NATO konzentriert sich auf die militärische Abschreckung Russlands, um eine Ausdehnung des Konfliktes auf NATO-Territorium zu vermeiden. Die EU versucht hingegen, mit ihrem breiten Spektrum an Handlungsmöglichkeiten die Krise zu entschärfen und Russland zu einem weniger aggressiven Verhalten zu bewegen.


Eine europäische Streitmacht mit gemeinsamem Oberkommando beendete jedes Mitspracherecht eines nationalen Parlaments über die Frage von Krieg und Frieden. Sofort. Aus realpolitischen Gründen, was immer Staatsrechtler dazu sagen. Die Europäische Union würde implodieren, sollte ein Staat ausscheren, wenn der große Rest des Kontinents marschieren möchte.


Die Aushöhlung des Haushaltsrechts und die faktische Abschaffung des Rechts, über Krieg und Frieden zu entscheiden wäre die Übertragung der Souveränität des Volkes auf europäische Institutionen, die allenfalls von Regierungen, nicht jedoch von Parlamenten kontrolliert werden. Und das reicht nicht für eine breite Diskussion?

Das gilt allen voran für Deutschland mit seinem gesetzlich geregelten Parlaments Vorbehalt. Soll ich weitermachen :p
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H2O
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von H2O »

Das gilt allen voran für Deutschland mit seinem gesetzlich geregelten Parlaments Vorbehalt. Soll ich weitermachen :p
Nein, lieber nicht! Ihre Proklamation hätte in sehr ähnlicher Weise auch zum Kaiserreich oder zum Nazireich gepaßt. Aber die Geschichte bewegt sich immer weiter; vom stolzen Kaiserreich sind nach dem Nazi-Wahnsinn immer noch ansehnliche Brocken übrig geblieben. Aber die Gewißheiten der Kaiserzeit haben sich verändert. So geht das nun auch mit dem Rest Europas, der sich tastend neu aufstellt, nachdem er als kulturelles und militärisches Machtzentrum der Welt ausgeschaltet wurde.

Dazu, also zu den Tastversuchen, kann man Beiträge verfassen, die den Weg in die Zukunft mitgestalten oder den Verbleib in der Unterordnung verfestigen. Ihren Beitrag ordne ich dem Bereich Unterordnung zu. Das kann völlig vernünftig sein... mein Ding ist das allerdings nicht!
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imp
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2020, 00:03)

Nein, lieber nicht! Ihre Proklamation hätte in sehr ähnlicher Weise auch zum Kaiserreich oder zum Nazireich gepaßt. Aber die Geschichte bewegt sich immer weiter; vom stolzen Kaiserreich sind nach dem Nazi-Wahnsinn immer noch ansehnliche Brocken übrig geblieben. Aber die Gewißheiten der Kaiserzeit haben sich verändert. So geht das nun auch mit dem Rest Europas, der sich tastend neu aufstellt, nachdem er als kulturelles und militärisches Machtzentrum der Welt ausgeschaltet wurde.

Dazu, also zu den Tastversuchen, kann man Beiträge verfassen, die den Weg in die Zukunft mitgestalten oder den Verbleib in der Unterordnung verfestigen. Ihren Beitrag ordne ich dem Bereich Unterordnung zu. Das kann völlig vernünftig sein... mein Ding ist das allerdings nicht!
Sind wir im richtigen Unterforum?

Grundsätzlich ist bei der Rüstung oft weniger mehr. Wir haben Jahre lang aus der Bundeswehr Tran und heiße Luft rausgelassen und in andere Dinge investiert. Das hat zu unserer Sicherheit und dem Wohlstand viel beigetragen.

Eine stärkere Kooperation kann erlauben, noch mehr Luft rauszulassen und mit weniger Geld genauso sicher zu leben.
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H2O
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von H2O »

imp hat geschrieben:(08 Jun 2020, 06:12)

Sind wir im richtigen Unterforum?

Grundsätzlich ist bei der Rüstung oft weniger mehr. Wir haben Jahre lang aus der Bundeswehr Tran und heiße Luft rausgelassen und in andere Dinge investiert. Das hat zu unserer Sicherheit und dem Wohlstand viel beigetragen.

Eine stärkere Kooperation kann erlauben, noch mehr Luft rauszulassen und mit weniger Geld genauso sicher zu leben.
Fast möchte ich Ihnen zustimmen! Gelänge es, die Streitkräfte Italiens, Spaniens, Portugals, Frankreichs, der Niederlande, Schwedens, Polens und Deutschlands so zu öffnen, daß sie unter gemeinsamer Führung und Finanzierung ständen, man könnte eine sehr wirksame und in dem Sinne ansehnliche Streitmacht betreiben. Das sollte auch unser gemeinsames Ziel sein.

Das Ziel ist auch ziemlich offiziell verkündet worden; nur sind auf dem Wege kaum Fortschritte zu beobachten. Deshalb ja auch nur "fast Zustimmung"! Bis diese Sache endlich ins Rutschen kommt, sollte unser Land schon Kraftanstrengungen machen, sich so weit vom Partner USA zu lösen, daß Gespräche mit den USA auf Augenhöhe
möglich sind. Denn unsere Bedrohungslage ist ja recht gut erkennbar, und selbst unsere wirtschaftlichen Interessen wollen geschützt sein gegen Piraterie und Menschenschmuggel, gegen völlig reale Fernbedrohungen und solche gleich an den Grenzen der EU. Wer sagt denn, daß es keine Absprachen nach dem Muster Hitler-Stalin geben könnte, die beim nächsten Aufflackern des ferngesteuerten Bürgerkriegs in der Ukraine nicht zu bewaffneten Übergriffen an der Grenze Polens und des Baltikums führt, oder unseren Luftraum zum Sperrgebiet erklärt? Da gilt immer noch der Leitspruch, den es in den ersten Supermärkten zu lesen gab: "Niemand bedient Sie besser als Sie sich selbst!"

Auch hier ist die Geschichte sehr im Fluß... wenn ich zurückdenke an die Zeit eines Gorbatschows und eines Jelzins... da sind aus meiner Sicht sehr große Möglichkeiten verspielt worden. Nun ja, das Gefühl der deutschen Unabhängigkeit war damals noch nicht sonderlich ausgeprägt, die Einsicht, daß ein übermächtiger Partner eben nicht nur Partner sondern auch Vormacht sein muß, saß noch tief in den Erfahrungen des Kalten Kriegs.

Zum Unterforum: Wo sehen Sie denn diesen Strang am sinnvollsten angesiedelt? Als "Überthema" im Unterforum 3? Ich bin gern bereit, diesen Strang an einen besseren Ort zu überweisen.
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von Adam Smith »

Atalanttore hat geschrieben:(07 Jun 2020, 16:50)

Die NATO wurde vor dem Warschauer Pakt als Verteidigungsbündnis gegründet.
Das ist richtig. Nur ging man in den USA davon aus, dass Russland Westeuropa und die USA angreifen wird.

25.12.1950

Ehe das Jahrzehnt, ja, ehe das Jahr zu Ende ist, können sich die Vereinigten Staaten und Rußland miteinander im Kriege befinden - eine ebenso unausweichliche wie fürchterliche Tatsache.
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44451404.html

Aus dem Grund wurden die Militärausgaben nach dem Zweiten Weltkrieg auch nicht wieder auf dem Stand vor dem Krieg zurückgefahren. Sie betrugen Ende der 40er Jahre etwa 8% in Bezug auf das BIP und erhöhten sich durch den Koreakrieg deutlich über 10% und blieben dann bei 10% bis in die 60er Jahre.

https://en.m.wikipedia.org/wiki/Militar ... of_GDP.png

Der Begriff militärisch-industrieller Komplex entstand zu der Zeit.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Milit%C ... er_Komplex

Heute beträgt der Anteil des Militärs am BIP nur noch 3,4%.

https://de.statista.com/statistik/daten ... r-laender/
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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imp
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von imp »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2020, 07:21)

Fast möchte ich Ihnen zustimmen! Gelänge es, die Streitkräfte Italiens, Spaniens, Portugals, Frankreichs, der Niederlande, Schwedens, Polens und Deutschlands so zu öffnen, daß sie unter gemeinsamer Führung und Finanzierung ständen, man könnte eine sehr wirksame und in dem Sinne ansehnliche Streitmacht betreiben. Das sollte auch unser gemeinsames Ziel sein.

Das Ziel ist auch ziemlich offiziell verkündet worden; nur sind auf dem Wege kaum Fortschritte zu beobachten. Deshalb ja auch nur "fast Zustimmung"! Bis diese Sache endlich ins Rutschen kommt, sollte unser Land schon Kraftanstrengungen machen, sich so weit vom Partner USA zu lösen, daß Gespräche mit den USA auf Augenhöhe
möglich sind.
Wenn wir in Weltregionen wie etwa im Nahost einmal vermehrt auftreten müssen, weil das einfach nicht mehr der hauptsächliche Focus der US-Anstrengungen ist, dann wird eine EU-Armee möglicherweise eine andere Wirkung haben als wenn da "deutsche Panzer" auftauchen. Das kann unnötige Vorbehalte abbauen helfen. Es ist wahr, die bisherigen Schritte sind eher symbolisch und von geringem praktischem Wert. Rein finanziell ist "Augenhöhe" mit den US-Ausgaben nicht annähernd zu erwarten, schon gar nicht ohne die treulosen Briten, die sich jetzt einfach davonmachen - was natürlich ihr Recht ist. Da fallen eigentlich nur Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien ins Gewicht. Der Rest ist im Weltmaßstab zu klein und trägt nur zu unserer gemeinsamen Stärke bei als Teil eines integrierten Systems. Wenn "Augenhöhe" nicht erreichbar ist, wird man ein "ausreichend" definieren müssen. Ein "ausreichend" für die Eigensicherung des EU-Raums und begrenzte Aktionsfähigkeit auf den Seewegen, auch für ausgewählte kleinere UN-Aufträge, das wäre bei ausreichender Integration gut bezahlbar - man wäre unabhängiger von den Launen der NATO-Partner Türkei, USA, England - auch unabhängig genug von der nicht immer gleich guten Kooperationsbereitschaft Russlands. Eine Großmacht wäre es nicht, eher eine Anti-Großmacht. Müssen wir mehr sein wollen? Die beste Rüstung ist immer eine gewachsene Wirtschaft, weil die bei gleicher Anstrengung mehr Verteidigung erlaubt.
Denn unsere Bedrohungslage ist ja recht gut erkennbar, und selbst unsere wirtschaftlichen Interessen wollen geschützt sein gegen Piraterie und Menschenschmuggel, gegen völlig reale Fernbedrohungen und solche gleich an den Grenzen der EU. Wer sagt denn, daß es keine Absprachen nach dem Muster Hitler-Stalin geben könnte, die beim nächsten Aufflackern des ferngesteuerten Bürgerkriegs in der Ukraine nicht zu bewaffneten Übergriffen an der Grenze Polens und des Baltikums führt, oder unseren Luftraum zum Sperrgebiet erklärt? Da gilt immer noch der Leitspruch, den es in den ersten Supermärkten zu lesen gab: "Niemand bedient Sie besser als Sie sich selbst!"
Es gibt so einige Bedrohungen in der Welt, mit denen man in Europa zu tun bekommt. Wir wollen auch fähig sein, etwa im Zweifelsfall Verbündeten und Freunden an fremden Mittelmeerküsten kurzfristig wirksam beizustehen, wenn das nötig sein sollte. Dein Szenarium eines Hitler-Stalin-Paktes sehe ich aber nicht als ein reales Problem an. Es mangelt sowohl an Hitler als auch an Stalin. Wenn du mit russischsprachigen oder russischstämmigen Esten redest, dann merkst du auch einen Unterschied zwischen einer Verbundenheit mit den Menschen jenseits von Narva und dem Wunsch, Russland möge herkommen. Letzteres ist eher eine verschwindende Minderheit, meist zu alt um selbst noch einmal umzuziehen und, wenn man ehrlich ist, auch zu bequem. Der beste Schutz ist auch hier, eine attraktive Gesellschaft mit gutem Leben auch für die ärmeren und die älteren, die Minderheiten und die Problembeladenen anzubieten.

Polen grenzt doch auch an ein Stück Russland an - sowie an Belarus, das seit Jelzin mit Russland eine recht zwiespältige Vertragsgemeinschaft bildet. Gibt es denn irgendwelche Interessen der Menschen, hier Veränderungen an den Grenzen herbeizuführen? Fühlen sich die Menschen auf polnischer Seite vernachlässigt, schlecht behandelt, bei Fördermitteln übergangen, politisch ausgegrenzt? Ich denke, nein. Ebenso glaube ich nicht, dass auf den anderen Grenzseiten irgendwelche ernsten Bedürfnisse bestehen, mit den heute polnischen Menschen gemeinsam Staat zu machen. Was vielleicht möglich werden kann: Leichtere Reise, leichterer Handel, die kleinen Beziehungen unter Nachbarn verstärken. Mensch zu Mensch, nicht Land zu Land. Dafür ist eine EU-Armee weder schädlich noch nützlich. Die Rede von Hitler und Stalin sollten wir aber sparsamer verwenden, wenn wir über heutige Probleme und Konflikte diskutieren.
Auch hier ist die Geschichte sehr im Fluß... wenn ich zurückdenke an die Zeit eines Gorbatschows und eines Jelzins... da sind aus meiner Sicht sehr große Möglichkeiten verspielt worden. Nun ja, das Gefühl der deutschen Unabhängigkeit war damals noch nicht sonderlich ausgeprägt, die Einsicht, daß ein übermächtiger Partner eben nicht nur Partner sondern auch Vormacht sein muß, saß noch tief in den Erfahrungen des Kalten Kriegs.
Man darf da die Schuld nicht einseitig sehen. Gorbechev und auch Yeltsin waren relativ schwache Führungspersonen in einem zerrütteten Staat. Yeltsin, der mit Panzern auf das Parlament rückte - das ist eine Person der Krise. Deutschland war zumindest bis Ende der 90er auch sehr mit sich selbst beschäftigt, mit der Integration des Ostens, mit seiner eigenen neuen Rolle in Europa. Briten und Franzosen rückten in einer neuen Welt ohne echte Blockkonfrontation endgültig in eine weniger prominente Rolle in der Welt. In der US-Politik wusste man nicht so recht mit seiner Rolle als verbliebene Weltmacht umzugehen, alles schien möglich, die Geschichte zuende, die Sehnsucht nach überschaubaren Verhältnissen groß und Kina war ein Entwicklungsland im Wurmfortsatz des untergehenden roten Machtblocks, irgendwo zwischen Korea und Vietnam. Das war eben eine verrückte Zeit damals.

Wenn eine vertrauensvolle und belastbare Kooperation mit allen Ländern des Ostblocks und eben auch mit Russland nicht erreicht wurde, dann liegen die Ursachen nicht nur im fehlenden Willen seitens der EU und der NATO-Staaten. Auch Russland war noch nicht handlungsfähig, noch nicht innerlich sortiert und orientiert auf die Möglichkeiten und Grenzen, die verblieben. Es ist da leider einiges verpasst worden in diesen Jahren. Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Die relativ halbherzigen Versuche auf der Arbeitsebene wurden immer überlagert von politischen Misstönen - Selbstbehauptung, Neuorientierung, Siegerposen. Vieles, das dann der frühe Putin noch mit Nachdruck versuchte, ist inzwischen seit 2008 eingemottet worden. Heute denken wir über eine Zeit nach Putin nach. Es gibt vieles, das es über die Länder in unserem Osten zu sagen gilt. Aber Hitler und Stalin lassen wir doch besser im Geschichtsbuch.

Zum Unterforum: Wo sehen Sie denn diesen Strang am sinnvollsten angesiedelt? Als "Überthema" im Unterforum 3? Ich bin gern bereit, diesen Strang an einen besseren Ort zu überweisen.
Ich bin da unsicher. Traditionell verteilen sich die ganzen Militärthemen auf das Außenforum und das Forum Inneres/Sicherheit.
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von Cobra9 »

imp hat geschrieben:(08 Jun 2020, 06:12)

Sind wir im richtigen Unterforum?

Grundsätzlich ist bei der Rüstung oft weniger mehr. Wir haben Jahre lang aus der Bundeswehr Tran und heiße Luft rausgelassen und in andere Dinge investiert. Das hat zu unserer Sicherheit und dem Wohlstand viel beigetragen.

Eine stärkere Kooperation kann erlauben, noch mehr Luft rauszulassen und mit weniger Geld genauso sicher zu leben.


Zu deiner gefühlten Sicherheit und Sichtweise eventuell. Realität ist das die Sicherheit sowie Situation sich verschlechtert hat. Ich geb Dir Recht das mit Geld besser umgegangen werden sollte bei der Bundeswehr inklusive Verwaltung. Aber es ist der Dienstherr wo hier versagt, nicht die Truppe.

Eine starke Kooperation ist nicht zielführend wenn Du glaubst jeder kann dabei Abrüstung betreiben
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Re: Was ist der tatsächliche Zweck der NATO?

Beitrag von imp »

Cobra9 hat geschrieben:(08 Jun 2020, 11:30)
Ich geb Dir Recht das mit Geld besser umgegangen werden sollte bei der Bundeswehr inklusive Verwaltung. Aber es ist der Dienstherr wo hier versagt, nicht die Truppe.
Ich habe bestimmt nicht vor, den Soldaten zu erklären, wie ich ihren Beruf besser machen würde. Die machen, wie alle anderen auch, im Rahmen der Vorgaben und Notwendigkeiten, so gut sie können.
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