Ammianus hat geschrieben:(25 Jan 2021, 01:01)
Tja, ich kenn das noch aus der DDR, wenn man in der Schule oder sonstwo sich einer falschen Wortwahl schuldig machte, z.B. den Antifaschistischen Schutzwall "Mauer" nannte. Hatte man nichts zu verlieren und wollte auch nichts werden, dann war es sogar ein regelrechter Spaß, damit die Figuren mit dem richtigen Klassenstandpunkt kräftig zu provozieren.
Aber auch in den 00er Jahren gab es ein lustiges Erlebnis an einer Universität. In irgendeinem Zusammenhang hatte ich das Wort "Eskimo" verwendet. Und gleich fuhr ein als Antifa-Typ bekannter Studierender dazwischen: "Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dieses Wort nicht mehr zu verwenden?"
Meschugge ist Trumpf ...
Da sollten wir aber zwei Dinge nicht durcheinanderbringen. Die DDR-Gesellschaft war unter anderem geprägt von der
Willkür von Personen. Infolge des Mangels an demokratischer Rückkopplung. Provinzfürsten, Parteisekretäre, Hausgemeinschaftsleitungen konnten ungehindert ihre privaten Macken ausleben. Ich kann mich an eine Diskussion an einer Uni erinnern, in der ganz offen davon gesprochen wurde, wirklich wörtlich, es ging um Menschen aus der Richtung "Nationale Befreiungsbewegungen" in Afrika ... dass diese Leute "eben noch auf dem Baum saßen und eine Banane aßen" ... und was die hier bei uns zu suchen hätten. Niemand von den Genossen und FDJ-Leuten hat etwas dagegen gesagt. Niemand! Das hat aber nix mit dem Programm des soundsovielten Parteitags zu tun. Sondern damit, dass die DDR-Gesellschaft a) eine Gesellschaft von Hausmeistern und Zeltplatzwarten war und b) dass eben in einer Gesellschaft ohne Rückkopplung über freie Presse, Disput, Aushandlung usw. es dazu kommt, dass Einzelpersonen ihre lokale Macht ausleben können. Solange sie rein formal nur irgendwie die Linie der Partei nicht überschreiten. Es kann dabei durchaus sein, und ich habe es auch erlebt, dass in wenigen Fällen diese Einzelpersonen eben auch eine ausgesprochen liberale Einstellung durchsetzten.
Was
heute oftmals kritisiert wird. Und oftmals zurecht, ist etwas ganz anderes: Die Bereitschaft zum Konsens. Die Unterordnung unter die Mehrheitsgesellschaft. Die Bequemlichkeit, das zu sagen und das zu machen, was eben alle so machen und sagen. Es wird irgendwann eine Gendesprech-App geben, die einen korrekten Sprachgebrauch in ein Sozialpunktesystem einfließen lässt. Falscher Gendersprech --> schlechtere Kreditwürdigkeit. Nicht in China. Sondern hier!
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)