Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

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Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:13)

Ja, bei einer Suchterkrankung ist das Problem wohl ähnlich gelagert - allerdings ohne den Aspekt der Gefährdung der Bevölkerung (wenn man von Belästigungen und Beschaffungskriminalität mal absieht).
Ungefähr ein Drittel aller Körperverletzungen finden unter Alkoholeinfluss statt. Wenn man berücksichtigt, dass im Normalfall nicht ein Drittel aller Menschen momentan unter Alkoholeinfluss stehen, sondern deutlich weniger, bedeuten Alkohol und alle Suchtkrankheiten dazu eine deutliche Gefahrenpotenzierung.

https://www.kenn-dein-limit.info/news/a ... fluss.html
franzmannzini

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:07)
Ich kenn schon welche, die erst gar keinen Schein mehr wollten. Normale Menschen, die wussten, das sie lieber saufen als Autofahren.
Bei welcher Suchttherapie musst du bitte Bäume umarmen?
Hatte ich schon mal irgend wo geschrieben.
Und nein, keine Suchttherapie, eher eine Psychotherapie (Verkehrstherapie+++).
Ein akkreditierter Therapeut, das ist der der den Persilschein für den MPU-Gutachter verfasst, hat eine Frau.

Die ist Schamanin. Da es darum geht möglichst viele Stunden zu erhaschen, konnte man wählen:
45min beim Therapeuten für 65€ (äußerst harter Gesprächsstil, Ehrenrühriges inklusive)
oder
180€ bei der Schamanin für 80€ (easy peasy Schmanenzeugs)

Übrigens musstest du da keine Bäume umarmen, aber einige dachten man müßte es,
um später der Persil-Schein zu bekommen.

Mein (wirklich) letzter Persilschein hat 3.000€ gekostet, Schamanenstunden + Therapeutenstunden.
Ziel war Abstinenz (taktische Vorgabe), Ergebnis ist 0,00Promille beim führen von Fahrzeugen jeglicher Art.

Beim ersten Mal 1992 oder so, hatte es noch gereicht dem MPU-Psychologen ohne jegliche Vorbereitung die phantastischste Geschichte der Welt zu erzählen,
die ich vor dem Spiegel etliche Male probte, damit sie ganz sicher sitzt. Das würde heute nicht mehr funktionieren.
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Progressiver hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:07)

Was hat dieser Thread jetzt bitte schön mit "Kuscheljustiz" zu tun? Der Attentäter von Würzburg war vorher schon kurz in psychiatrischer Behandlung. Die Ärzte dort konnten aber keine Gefahr feststellen, die von ihm ausgehen würde. Vielleicht braucht es aber auch nur bessere und mehr Psychiater und Psychologen?
Ja. Vielleicht muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es nie eine genaue Diagnose geben wird und auch nicht, wie gefährlich ein Mensch gegenüber anderen und sich selbst sein wird. Wenn dem so wäre, dann würde man auch eine Vielzahl an Suiziden verhindern können. Aber wenn überhaupt wird man nur grob eine Einschätzung darüber abgeben können, wie gefährlich jemand für sich und andere sein wird.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:28)

Hatte ich schon mal irgend wo geschrieben.
Und nein, keine Suchttherapie, eher eine Psychotherapie (Verkehrstherapie+++).
Ein akkreditierter Therapeut, das ist der der den Persilschein für den MPU-Gutachter verfasst, hat eine Frau.

Die ist Schamanin. Da es darum geht möglichst viele Stunden zu erhaschen, konnte man wählen:
45min beim Therapeuten für 65€ (äußerst harter Gesprächsstil, Ehrenrühriges inklusive)
oder
180€ bei der Schamanin für 80€ (easy peasy Schmanenzeugs)

Übrigens musstest du da keine Bäume umarmen, aber einige dachten man müßte es,
um später der Persil-Schein zu bekommen.

Mein (wirklich) letzter Persilschein hat 3.000€ gekostet, Schamanenstunden + Therapeutenstunden.
Ziel war Abstinenz (taktische Vorgabe), Ergebnis ist 0,00Promille beim führen von Fahrzeugen jeglicher Art.

Beim ersten Mal 1992 oder so, hatte es noch gereicht dem MPU-Psychologen ohne jegliche Vorbereitung die phantastischste Geschichte der Welt zu erzählen,
die ich vor dem Spiegel etliche Male probte, damit sie ganz sicher sitzt. Das würde heute nicht mehr funktionieren.
In Bayern brauchst du eine abgeschloßene Therapie ( Sucht ) und ein Jahr nachweisbar ohne Alkohol. Und da sind sie tricky, die rufen dich an und dann musst du am Abend Haare abzupfen gehen. Kenn jemanden, den haben sie die ersten drei Monate vier Mal geholt, dann vier Monate gar nicht und dann noch mal zwei. Er war halt schlau genug gar nicht zu trinken, daher wars ihm egal. Wer keine Haare mehr hat, der muss alle zwei Wochen zur Blutentnahme ( Gamma gt-Wert )
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin kein Nazi, aber...
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:34)

In Bayern brauchst du eine abgeschloßene Therapie ( Sucht ) und ein Jahr nachweisbar ohne Alkohol. Und da sind sie tricky, die rufen dich an und dann musst du am Abend Haare abzupfen gehen. Kenn jemanden, den haben sie die ersten drei Monate vier Mal geholt, dann vier Monate gar nicht und dann noch mal zwei. Er war halt schlau genug gar nicht zu trinken, daher wars ihm egal. Wer keine Haare mehr hat, der muss alle zwei Wochen zur Blutentnahme ( Gamma gt-Wert )
In Berlin wird der Urin-Test angewendet, einmal monatlich per Telefonanruf ( 3 Tage nachweisbar ), allerdings war es sehr unwahrscheinlich, das man nach
zwei Tagen oder so noch mal angerufen wurde, man konnte sich also nach dem Test in die Besinnungslosigkeit saufen.
Letztendlich werden aber tatsächlich Süchtige von den, so wie ich meine, Gelegenheitstrinkern getrennt.
Ein tatsächlich Süchtiger bekommt seinen Schein meistens auch nicht wieder.
Zu dieser Zeit habe ich ca. 12 Monate tatsächlich keinen Alkohol getrunken, aber nur um für mich selbst raus zu finden, ob ich das wirklich kann.
Es war sehr aufschlußreich, sich auf einer sehr feuchtfröhlichen Party aufzuhalten, und selbst nichts getrunken zu haben,
quasi eine Studie: Wie bin ich, wenn ich betrunken bin. :)
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:47)

In Berlin wird der Urin-Test angewendet, einmal monatlich per Telefonanruf ( 3 Tage nachweisbar ), allerdings war es sehr unwahrscheinlich, das man nach
zwei Tagen oder so noch mal angerufen wurde, man konnte sich also nach dem Test in die Besinnungslosigkeit saufen.
Letztendlich werden aber tatsächlich Süchtige von den, so wie ich meine, Gelegenheitstrinkern getrennt.
Ein tatsächlich Süchtiger bekommt seinen Schein meistens auch nicht wieder.
Zu dieser Zeit habe ich ca. 12 Monate tatsächlich keinen Alkohol getrunken, aber nur um für mich selbst raus zu finden, ob ich das wirklich kann.
Es war sehr aufschlußreich, sich auf einer sehr feuchtfröhlichen Party aufzuhalten, und selbst nichts getrunken zu haben,
quasi eine Studie: Wie bin ich, wenn ich betrunken bin. :)
Wir schweifen hier ab, aber in dem einen Punkt gebe ich dir Recht. Sie wollen damit wirklich die "Scheiße passiert" Scheinverlierer von den "Istjaschonimmergutgegangen" Scheinversäufern trennen. Gibt ja auch Sinn. Ansonsten lassen wir das Thema hier, ich denk, sonst kommen wir gut ins OT.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Alexyessin hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:51)

Wir schweifen hier ab, aber in dem einen Punkt gebe ich dir Recht. Sie wollen damit wirklich die "Scheiße passiert" Scheinverlierer von den "Istjaschonimmergutgegangen" Scheinversäufern trennen. Gibt ja auch Sinn. Ansonsten lassen wir das Thema hier, ich denk, sonst kommen wir gut ins OT.
Natürlich würde das ins OT wandern.
Obwohl Sucht auch eine psychische Erkrankung ist, oder sein kann, die Folgen für die Gesellschaft hat, wie z.B. Drogenkriminalität.
Allerdings ist mir immer noch nicht klar, wie man erkennen will, das jemand durch seine psychische Erkrankung gefährlich für die Gesellschaft ist,
bevor er durch eine Straftat auffällig geworden ist.
Und selbst dann sehe ich es als äußerst schwierig an, eine Geisteskrankheit zu diagnostizieren, die eine Zwangsbehandlung notwendig macht.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bin ich der Meinung, das hier im Großen und Ganzen keine weitere Verschärfung unternommen werden sollte.
Es gibt zwar nach wie vor Einzelfälle, bei welchen ich kein Verständnis für entsprechende Entscheidungen der Gerichte aufbringen kann,
aber es sind Einzelfälle.
Vielleicht sollte hier nur noch mal untersucht werden, wie die Akkreditierung von "Therapeuten" erfolgt, die schließlich in die Lage versetzt werden positive Gutachten zu erstellen,
welche bei Gericht von Vorteil sind.
Zum Schluß noch eine Anekdote:
MPU-Psychologe zu mir: "Ich hätte ihnen den Führerschein nicht wieder gegeben." :)
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Alexyessin »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 19:34)

Natürlich würde das ins OT wandern.
Obwohl Sucht auch eine psychische Erkrankung ist, oder sein kann, die Folgen für die Gesellschaft hat, wie z.B. Drogenkriminalität.
Allerdings ist mir immer noch nicht klar, wie man erkennen will, das jemand durch seine psychische Erkrankung gefährlich für die Gesellschaft ist,
bevor er durch eine Straftat auffällig geworden ist.
Und selbst dann sehe ich es als äußerst schwierig an, eine Geisteskrankheit zu diagnostizieren, die eine Zwangsbehandlung notwendig macht.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bin ich der Meinung, das hier im Großen und Ganzen keine weitere Verschärfung unternommen werden sollte.
Es gibt zwar nach wie vor Einzelfälle, bei welchen ich kein Verständnis für entsprechende Entscheidungen der Gerichte aufbringen kann,
aber es sind Einzelfälle.
Vielleicht sollte hier nur noch mal untersucht werden, wie die Akkreditierung von "Therapeuten" erfolgt, die schließlich in die Lage versetzt werden positive Gutachten zu erstellen,
welche bei Gericht von Vorteil sind.
Zum Schluß noch eine Anekdote:
MPU-Psychologe zu mir: "Ich hätte ihnen den Führerschein nicht wieder gegeben." :)
Sucht ist eine Krankheit. Soviel steht nun mal fest. Die Frage ist da halt auch immer, ist sich der Süchtige sich seiner Krankheit bewusst und wenn er sich bewusst ist, will er sich behandeln lassen. Aber auch hier - wie von dir gut geschrieben - back to topic sehe ich keine Notwendigkeit die Zwangsbehandlungen einzuführen. Schau, ich bin Raucher, ich bin süchtig, ich müsste aufhören. Darf man mich deswegen zwangsbehandeln? Nein.
Wie ich vorhin schon geschrieben hab, geht meiner Meinung nach die Gefahr weniger von Psychotikern oder Schizophrenen aus sondern von denen mit soziopathischen Störungen.
Jene, die bei Gewalt an Menschen keine Gefühle entwickeln können. Aber auch diesen Kranken merkt die Gesellschaft es meist erst, wenn was passiert ist.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Progressiver »

Sören74 hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:30)

Ja. Vielleicht muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es nie eine genaue Diagnose geben wird und auch nicht, wie gefährlich ein Mensch gegenüber anderen und sich selbst sein wird. Wenn dem so wäre, dann würde man auch eine Vielzahl an Suiziden verhindern können. Aber wenn überhaupt wird man nur grob eine Einschätzung darüber abgeben können, wie gefährlich jemand für sich und andere sein wird.
Aus eigener Erfahrung kann ich sowieso das Gegenteil berichten. Als ich seinerzeit anfing, mich nach der Schulzeit und dem Zivildienst, in ein Studium zu stürzen, erkrankte ich ebenfalls akut an einer Psychose. Da ich bemerkte, dass ich psychische Probleme bekam, war gleich im ersten Semester einer der ersten Schritte der Gang zur psychologischen Studienberatung der Universität. Diese schickte mich gleich zum Psychiater, der mir gleich die richtige Diagnose an den Kopf knallte, ohne sie mir zu erklären. Stattdessen wollte er mir eine Beruhigungsspritze geben. Als ich zögerte, wurde ich zur örtlichen Klinik geschickt. Dort wurde ich von einer Psychologin untersucht, die gerade einmal ihr Studium fertig hatte. Diese diagnostizierte mir lediglich eine Anpassungsstörung, was sich als falsch herausstellte. Eine Psychiaterin ließ mich in einen Kernspindtomographen stecken, um mich näher zu untersuchen. Ansonsten fühlte ich mich von ihr mit meinen Problemen nicht ernst genommen. Ich hatte den Eindruck, dass sie mich wegekeln wollte. Also brach ich den Kontakt zu ihr ab. Ich schwor mir, nie wieder zu solchen Quacksalbern zum gehen. Ich wollte meine Probleme in der folgenden Zeit alleine lösen, obwohl ich starke Einsamkeitsdepressionen hatte. Oder hätte ich zu meinen Eltern gehen sollen? Ich dachte, ich wollte mein Studium mit aller Gewalt weiterführen. Wenn ich meinen Eltern von meinen zusätzlichen psychischen Problemen berichtet hätte, dann würden sie sich noch mehr Sorgen machen. Also schwieg ich ihnen gegenüber. An einen Studienabbruch dachte ich damals noch nicht, da ich ahnte, dass ich die gleichen Probleme weiter haben würde, wenn ich stattdessen mit einer Ausbildung beginnen würde. So machte ich also weiter.

Das allerverrückteste an der gesamten Geschichte war, dass ich meinen letzten Hauptseminarschein, den ich an dieser Universität machen durfte, mit einer "Eins" bestand. Da ich über die Jahre hinweg immer mehr Angst bekam, dass mir mein Leben entgleiten würde, strengte ich mich immer mehr an, um genau dies zu verhindern. Wie bei so vielen üblich, dachte ich auch, ich würde mich in einem Krieg befinden. In meinem Kopf feierte die Paranoia auch fröhliche Urzustände. Als ich das Gefühl bekam, dass ich psychisch absolut nicht mehr konnte, bin ich dann doch zu meinen Eltern gegangen. Und diese haben mich dann eingewiesen.

Was ich aber sagen will, ist: Solange man nicht akut selbstmordgefährdet oder extrem verhaltensauffällig ist, bekommt man oftmals keine Behandlung. Und die Nachbarn und Kommilitonen scheren sich einen Dreck um einen, wenn man psychische Probleme hat. Ähnliches gilt oftmals für die Psychiater. Siehe oben. Wenn man dann aber ganz am Boden ist, dann probieren sie alle möglichen Medikamentencocktails an einem aus. Manche haben Glück. Bei denen hilft schon der erste Cocktail. Diejenigen, die Pech haben, müssen aber irgendwann in ein Pflegeheim, weil sie kaputttherapiert wurden. An begleitende Psychotherapie kann ich mich auch nicht erinnern. Bei mir war es jedenfalls so: Solange ich konnte, versuchte ich mich zu beherrschen und mein Leben im Griff zu halten. Ich ahnte, dass mir niemand helfen konnte außer ich mir selbst. Ich wurde auch nie gewalttätig oder laut. Die beste Entscheidung in meinem Studium war dennoch, dass ich selbst die Reißleine ziehen konnte. Andere können das nicht. Diese sind dann jetzt schon lange tot. Aber mein Eindruck war gewesen: Wenn ich mich selbst nicht mit allerletzter Kraft zu meinen Eltern schleppe, um ihnen zu sagen, dass ich nicht mehr konnte, dann würde ich draufgehen.

Von den Psychiatern sowie den anderen Mitmenschen in meiner Universitätsstadt bekam ich keine Hilfe in meiner psychischen Ausnahmesituation. Die Psychiater in der Klinik wiederum wollten mich derart mit Medikamenten zupumpen, dass ein normales Leben nicht mehr möglich war. Glücklicherweise hatte ich dann noch Hilfe von woanders. Außerdem war ich noch nie jemand, der früh aufgibt. Ich habe es im Laufe der Zeit immer mehr geschafft, mich ins Leben zurückzukämpfen. Aber dumme Sprüche musste ich mir nach der Klinik ebenfalls auch von der Familie eines Onkels anhören: "Psychose? Ja hat er denn Drogen genommen?" Nein, hatte ich nie. "Und ihm ist jetzt psychisch zu schlecht, um uns besuchen zu kommen? Wieso strengt er sich nicht an?" Mit diesem Teil der Familie haben wir auch keinen Kontakt mehr.

Im Nachhinein weiß ich jedenfalls, dass die Leute in meiner Universitätsstadt nicht alle gegen mich waren, als ich psychotisch war. Aber psychische Erkrankung hin oder her: Schon zu meiner Zeit waren die Menschen gleichgültig genug, dass es sie völlig kalt ließ, wie es ihren Mitmenschen ging. Dies dürfte sich heute noch verschlimmert haben.

Von daher wären meine Forderungen vor allem, dass die Menschen emphatischer auf ihre Mitmenschen zugehen sollten. Psychische Krankheiten sollten darüber hinaus nicht tabuisiert oder stigmatisiert werden, damit die Betroffenen leichter aus sich heraus gehen können, um ihre psychischen Probleme zu berichten. Es braucht eine bessere Versorgung mit Psychologen und Psychiatern bzw. mit Therapieplätzen. Und was die Schulen betrifft: Mehr Schulpsychologen bzw. ein Aufklärungsunterricht über psychische Erkrankungen wäre förderlich. Ich sehe da zwar schon die Rechtsknaller kommen, die dann behaupten, dass sich dann alle mit den psychischen Erkrankungen anstecken können, wenn man dies macht. Wenn dagegen psychische Erkrankte generell kriminalisiert und unter Generalverdacht gestellt werden, so ist dieser Schritt nicht hilfreich. Es ist statistisch erwiesen, dass im Durchschnitt psychisch Erkrankte sogar weniger kriminell sind als sogenannte "Gesunde". Und die meisten Morde und Vergewaltigungen werden sowieso von "Normalos" verübt, die voll zurechnungsfähig sind. Die wissen also, was sie tun. Und im schlimmsten Fall sind sie eben Soziopathen.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

"Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, dem wird bald jedes Problem zum Nagel."
franzmannzini

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von franzmannzini »

Progressiver hat geschrieben:(13 Jul 2021, 20:05)
... Und im schlimmsten Fall sind sie eben Soziopathen.
Der schlimmste Soziopath ist ein intelligenter/gebildeter Soziopath, er ist eigentlich ein Psychopath der gut spielen kann.
Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung kann er leicht überspielen (Schauspielern), so daß nur ein sehr erfahrener Psychoanalytiker die Persönlichkeitsstörung bemerkt.

Anekdote:
Als sehr junger Mensch war ich auch auffällig, ADHS war noch nicht erfunden.
In Folge wurde ich zu drei Kinderpsychologen geschickt (Jugendreferat der DDR), den ersten beiden,
gelang es nicht mich zu bezwingen, sie fingen an, mich anzubrüllen, der*innen dritte eine Kinderpsychologin
stellte nach wenigen Tests fest ---> Unterforderung---> zu spät---> Einweisung in eine Erziehungsanstalt von Margot H..
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Progressiver hat geschrieben:(13 Jul 2021, 17:07)

Was hat dieser Thread jetzt bitte schön mit "Kuscheljustiz" zu tun? Der Attentäter von Würzburg war vorher schon kurz in psychiatrischer Behandlung. Die Ärzte dort konnten aber keine Gefahr feststellen, die von ihm ausgehen würde. Vielleicht braucht es aber auch nur bessere und mehr Psychiater und Psychologen? Die Versorgung mit solchen Ärzten ist nämlich ein Witz! Wer nicht schon betreut wird und Hilfe braucht, der muss oft Monate lang warten, bis er oder sie einen Therapieplatz bekommt. Dies gilt für alle Formen von psychischen Beschwerden. Psychische Krankheiten werden einfach nicht ernst genommen in dem Sinne, dass sie insbesondere für die Betroffenen lebensgefährlich sind. Und wenn dann ab und zu einer austickt, nachdem die Gesellschaft die ganze Zeit weggeguckt hat, ist hinterher das Geschrei groß. Und überhaupt scheint es ja so zu sein, dass auch bei psychischen Erkrankungen aus Kostengründen die Patienten mit "offenen Wunden" entlassen werden. Vielleicht sollte man überhaupt mal aufhören damit, das Gesundheitssystem kaputt zu sparen!

Und auch unter den Jugendlichen hat die Zahl der psychischen Krankheiten in der Corona-Krise dramatisch zugenommen. Insgesamt betrachtet, haben die Kliniken und Therapeuten gerade mal die Kapazitäten frei, um diejenigen zu behandeln, die kurz vor dem Selbstmord stehen. Auch, wer an Burnout leidet, musste schon vor Corona mindestens ein halbes Jahr auf einen Therapieplatz warten.

Insgesamt betrachtet, werden psychische Erkrankungen jedenfalls immer noch zu sehr tabuisiert und stigmatisiert. Es sollte zum Schulunterricht gehören, dass auch über psychische Erkrankungen aufgeklärt wird. Die Inklusive sollte besser vonstatten gehen. Dann würden sich auch die Betroffenen eher trauen, sich zu melden, wenn sie psychische Probleme haben. Ja, und natürlich darf auch bei den Schulpsychologen nicht gespart werden.

Wer an der Gesundheit spart -auch an der psychischen-, der riskiert Tote aus Fahrlässigkeit. Insofern würde ich auch die Politik da in die Pflicht nehmen. Und nein: Auch eine Depression ist beispielsweise nicht vorbei, wenn man sich ein wenig mehr anstrengt. Das gleiche gilt für Panikattacken.
Sorry, aber wir müssen nichts anderes tun,
als unserem Nachbarn die Tageszeit zu sagen.
Wir müssen nichts anderes tun , als der Oma nebenan die Tür aufzuhalten.
Und wir müssen besonderen Menschen eben besondere Aufmerksamkeit schenken.
das nennt sich Nachbarschaftshilfe.
Warum nicht?
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Bin sicherlich blöde.
Aber welche Sicherung verspricht dieser Mann?
Gut aufpassen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Stimmt schon. Aber ich glaube das Du nur die lieben kennst.
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 20:20)

Der schlimmste Soziopath ist ein intelligenter/gebildeter Soziopath, er ist eigentlich ein Psychopath der gut spielen kann.
Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung kann er leicht überspielen (Schauspielern), so daß nur ein sehr erfahrener Psychoanalytiker die Persönlichkeitsstörung bemerkt.

Anekdote:
Als sehr junger Mensch war ich auch auffällig, ADHS war noch nicht erfunden.
In Folge wurde ich zu drei Kinderpsychologen geschickt (Jugendreferat der DDR), den ersten beiden,
gelang es nicht mich zu bezwingen, sie fingen an, mich anzubrüllen, der*innen dritte eine Kinderpsychologin
stellte nach wenigen Tests fest ---> Unterforderung---> zu spät---> Einweisung in eine Erziehungsanstalt von Margot H..
Was erzählen Sie für einen Unfug?
Jugendhilfe schützt nicht gegen Drogen.
So einfach sind Wahrheiten. Noch Fragen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Bielefeld09 »

Sorry, aber die Frage stellt sich nicht.
Bei Suchtfragen hätte ich Dir mehr zugetraut.
In meiner Welt gibt es Grenzen.
Sorry, das ich das anders sehe.
2 Brüder verloren an Drogen.
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Aus meiner Erfahrung, ich arbeitete 3 Jahre in psychosomatischen Einrichtungen,
aber auch mal in einer Behinderteneinrichtung, in einer Psychiatrie und in diversen Altenheimen,
teils mit Menschen, welche recht auffällig sind, möchte ich dazu sagen:

Mehr als 90 % der Menschen, welche Schizophren sind, oder auch nur gelegentlich eine Psychose entwickeln,
sind in diesem Zustand ängstlich, misstrauend und ziehen sich zurück.
Jene knapp 10 % die dabei gefährliche Aggressionen entwickeln und gewalttätig werden sind von den anderen klar zu unterscheiden.
Hinzu kommt vielleicht noch zu einem kleinen Anteil jene Bipolaren, die in der Manie zur körperlichen Aggression neigen.

Okay, es mag darunter (also der 1. Gruppe) noch welche geben, die aus der Ängstlichkeit heraus (sie fühlen sich in die Ecke gedrängt, obgleich keine Bedrohung vorliegt) zur "Gegenwehr" greifen, aber das kommt seltener vor.

Aber dort, wo die Aggressionen bekannt sind,
da müsste aus meiner Sicht schon schneller mit Freiheitsentzug begonnen werden.

In der Regel wissen Bipolare von ihrer manischen Seite aus ihren gesunden Phasen heraus.

In beiden Fällen (Manie und Schizophrenie) also der Plus-Symptomatik muss bei zu Aggression neigenden Menschen rasch gehandelt werden.
In beiden Fällen herrscht eine Assoziationsflut durch den Dopaminüberschuss,
dieser ist durch Neuroleptika leicht zu bremsen.

Besonders gefährlich wird es insbesondere dann, wenn eine asoziale kulturelle Prägung zusätzlich vorliegt.
"Tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie findet" im Islam.
"Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um" im Christentum.
Ja, letzteres sei auch gesagt, dies hatte ein Christenfanatiker gesagt, nachdem er einen Abtreibungsarzt in den USA erschossen hatte.

Sollte solch eine Fanatisierung bekannt sein,
und zusätzlich eine Schizophrenie oder Manie mit körperlicher Gewalt,
dann ist die Zwangsunterbringung dringlich erforderlich.
Und hierfür müssen auch die Gesetze angepasst werden.

Klar kann es dann immer wieder auch mal einen Menschen zu Unrecht treffen,
man muss also auf Intrigen (wie bei Gustl Mollath) auch acht geben.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von discipula »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jul 2021, 16:50)
Ich persönlich würde die Hürde für eine Zwangsbehandlung eher unter der einer Zwangseinweisung ansetzen. In der Realität scheint es genau umgekehrt zu sein. Ich frage mich ob das schlau ist.
ja, das ist schlau.

Die restliche Bevölkerung soll mit minimalen (nicht maximalen) Mitteln vor gefährlichen Leuten geschützt werden. Einssperren erreicht dieses Ziel.

Der Wunsch, zu gesunden, muss allerdings von einem Menschen selbst kommen. Inklusive auch die Wahl der Therapie. Gerade psychiatrische Medikamente sind selbst nicht ungefährlich, benötigen Disziplin im Einnehmen, das Ausschleichen geht teils sehr sehr lange und wer sich daran nicht hält, droht in noch grössere Krisen zu kippen... nein nein, sowas macht man freiwillig, oder gar nicht.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Billie Holiday »

franzmannzini hat geschrieben:(13 Jul 2021, 20:20)

Der schlimmste Soziopath ist ein intelligenter/gebildeter Soziopath, er ist eigentlich ein Psychopath der gut spielen kann.
Seine dissoziale Persönlichkeitsstörung kann er leicht überspielen (Schauspielern), so daß nur ein sehr erfahrener Psychoanalytiker die Persönlichkeitsstörung bemerkt.

Anekdote:
Als sehr junger Mensch war ich auch auffällig, ADHS war noch nicht erfunden.
In Folge wurde ich zu drei Kinderpsychologen geschickt (Jugendreferat der DDR), den ersten beiden,
gelang es nicht mich zu bezwingen, sie fingen an, mich anzubrüllen, der*innen dritte eine Kinderpsychologin
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Du warst in einem Jugendwerkhof? :eek:
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

„Just because you’re offended, doesn’t mean you’re right.“ (Ricky Gervais)
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 05:28)

Jene knapp 10 % die dabei gefährliche Aggressionen entwickeln und gewalttätig werden sind von den anderen klar zu unterscheiden.
Stellt sich bei diesen Untersuchungen nicht auch die Frage, ob diese Aggressionen nach innen oder nach außen gerichtet sind?
Papaloooo hat geschrieben: Aber dort, wo die Aggressionen bekannt sind,
da müsste aus meiner Sicht schon schneller mit Freiheitsentzug begonnen werden.

In der Regel wissen Bipolare von ihrer manischen Seite aus ihren gesunden Phasen heraus.
Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Teeernte »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:24)

Stellt sich bei diesen Untersuchungen nicht auch die Frage, ob diese Aggressionen nach innen oder nach außen gerichtet sind?



Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
Ob "DIE" nun den ZUG nehmen ....oder einen "Freiflug" - sobald GEFAHR für die Allgemeinheit entsteht - gibts nur "Unterbringung".
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Skeptiker

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Skeptiker »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:24)
...
Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
Wir reden hier ja über eine Frage der Grenzziehung in der Gesellschaft. Da macht es mE wenig Sinn, Aussagen emotional und inhaltlich zu übersteigern.

Es wird sicherlich nicht darum gehen "grundsätzlich" Menschen mit bipolaren Störungen die Freiheit zu entziehen. Wichtig wäre aber durchaus zu erkennen, in welchen Fällen diese Menschen stark von einer Behandlung profitieren könnten, obwohl typischerweise auf wenig Einsicht beim Betroffenen zu hoffen ist. Zudem muss immer wieder auch das Schutzbedürfnis der Gesellschaft betrachtet werden. Selbstverständlich wäre es unverhältnismäßig aufgrund dieses Sicherheitsbedürfnisses "alle" Menschen mit bipolaren Störungen wegzusperren. Auf der anderen Seite hielte ich es ebenfalls für unverhältnismäßig, dass dort wo eine Behandlung dringend geboten ist um Gefahren zu vermeiden, man aber auf Ignoranz beim Betroffenen stößt, es dann einfach "laufen zu lassen". Da würde ich die Gesellschaft unnötigen Gefahren ausgesetzt sehen.

Insofern unterstütze ich durchaus Papaloos Ansatz. Es muss klar sein, dass die Freiheit des Kranken bei der Gefährdung der Mitmenschen endet. Krankheitsbilder, die eine Gefährdung der Mitmenschen nahelegen, erfordern in meinen Augen einen gewissen Grad der Kooperation des Patienten. Es muss Konsequenzen haben, wenn die nicht gegeben ist. Die müssen ja nicht immer aus Freiheitsentzug bestehen, aber "einfach laufen lassen" wird potentiellen Opfern nicht gerecht.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:39)
Wichtig wäre aber durchaus zu erkennen, in welchen Fällen diese Menschen stark von einer Behandlung profitieren könnten, obwohl typischerweise auf wenig Einsicht beim Betroffenen zu hoffen ist. Zudem muss immer wieder auch das Schutzbedürfnis der Gesellschaft betrachtet werden.
Wenn das Deine wirkliche Argumentationschiene ist, dann wäre ich wirklich vorsichtig, dass diese nicht auch gegen Dich verwendet wird. Die Idee, man muss einer Behandlung zustimmen, wenn sie mehr Nutzen als Kosten für die Gesellschaft bringt, kann auch dann angewandt werden, wenn es medizinische Behandlungen betrifft, die Dir vorgeschlagen werden, aber Du nicht machen möchtest. Konsequent weitergedacht kann das auch ganz andere Fälle betreffen, beispielsweise Alkohol am Steuer. Man könnte dann durchaus argumentieren, wer mit Alkohol am Steuer erwischt wird, sollte dauerhaft die Fahrerlaubnis entzogen bekommen, denn die Wiederholungsgefahr ist einfach zu groß und man müsse die Gesellschaft schließlich vor verheerenden Unfällen schützen. Dasselbe kann man auch bei Straftaten, die unter Alkoholeinfluss liefen, sagen. Auch da könnte man eine dauerhafte Sicherheitsverwahrung fordern, außer der Patient verpflichtet sich zu einer Therapie.
Skeptiker hat geschrieben: Selbstverständlich wäre es unverhältnismäßig aufgrund dieses Sicherheitsbedürfnisses "alle" Menschen mit bipolaren Störungen wegzusperren. Auf der anderen Seite hielte ich es ebenfalls für unverhältnismäßig, dass dort wo eine Behandlung dringend geboten ist um Gefahren zu vermeiden, man aber auf Ignoranz beim Betroffenen stößt, es dann einfach "laufen zu lassen". Da würde ich die Gesellschaft unnötigen Gefahren ausgesetzt sehen.
Der relevante Punkt ist, wie definiert sich "eine Behandlung dringend geboten"? Das wäre doch dann keine rein medizinische Einschätzung mehr, sondern eine juristisch motivierte. Und wenn schon denn schon, würde ich an erster Stelle die Behandlung von Alkoholsüchten sehen, da diese Sucht zu sehr vielen Straftaten und Körperverletzungen führen. Aber genau diesen Aspekt hast Du in einem vorangegangenen Beitrag heruntergespielt. Warum eigentlich?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Um mal bei dem Thema Alkoholsucht, was auch zu den psychischen Erkrankungen zählt, weiter zu machen, es gibt Gerichtsurteile, die die Fälle zur Zwangseinlieferung klar abgrenzen. Das Hauptkriterium lautet in den Fällen bei der Selbstgefährdung.

"Unter Betreuung stehende schwer alkoholkranke Menschen können zu ihrem eigenen Schutz zwangsweise in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht werden. Voraussetzung für die Freiheitsentziehung ist, dass die Alkoholsucht einem „geistigen Gebrechen“ vergleichbar ist und der Betroffene keinen eigenen freien Willen mehr bilden kann, entschied der Bundesgerichtshof."

"Eine Alkoholsucht allein oder eine bestehende Rückfallgefahr rechtfertige eine zwangsweise Unterbringung dagegen noch nicht, so die Karlsruher Richter."

"Der BGH hielt in seinem Beschluss vom 18. Juli 2018 die zwangsweise Unterbringung in der Psychiatrie für gerechtfertigt. Eine Alkoholsucht allein oder eine bestehende Rückfallgefahr könne die Unterbringung aber nicht begründen. Auch dürften Alkoholkranke, so wie jeder andere Mensch auch, Hilfen ablehnen."

https://www.vdk.de/deutschland/pages/th ... ng?dscc=ok
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 12:24)
Schlägst Du gerade ernsthaft vor, Menschen mit bipolaren Stören die Freiheit zu entziehen?
Im Falle der Manie, und wenn eine auffällige Fremdgefährdung da ist, wie ich es geschrieben habe, dann ja.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 13:58)

Im Falle der Manie, und wenn eine auffällige Fremdgefährdung da ist, wie ich es geschrieben habe, dann ja.
Eine "auffällige" Fremdgefährdung halte ich nicht für ausreichend und im übrigen auch Gerichte nicht. Das müssen schon recht hohe und nicht manipulierbare Kriterien sein, um das zuzulassen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Wer mit sich und seiner Umgebung nicht zurechtkommt, gehört therapiert. Wer aber sich oder andere Menschen durch sein Verhalten gefährdet, gehört zwangstherapiert.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von discipula »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:07)

Wer mit sich und seiner Umgebung nicht zurechtkommt, gehört therapiert. Wer aber sich oder andere Menschen durch sein Verhalten gefährdet, gehört zwangstherapiert.
Wer andere gefährdet, gehört aus dem Verkehr gezogen, sodass er (ist ja meist ein er, selten eine sie) keinen Schaden mehr anrichten kann.

Zwangstherapien erreichen dies nicht. Wegsperren schon.

Eine Therapie soll ein Angebot sein, für jene, die das wollen.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Schnitter »

discipula hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:20)

Wer andere gefährdet, gehört aus dem Verkehr gezogen, sodass er (ist ja meist ein er, selten eine sie) keinen Schaden mehr anrichten kann.
Gilt das auch für die Besucher einer Covidioten Demo ? :p
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von discipula »

Schnitter hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:25)

Gilt das auch für die Besucher einer Covidioten Demo ? :p
nö, die gefährden ja niemanden.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:05)

Eine "auffällige" Fremdgefährdung halte ich nicht für ausreichend und im übrigen auch Gerichte nicht. Das müssen schon recht hohe und nicht manipulierbare Kriterien sein, um das zuzulassen.
Eine auffällige Fremdgefährdung liegt vor, wenn jemand schnell handgreiflich wird, wenn jemand grundlos auf andere Menschen einprügelt.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:52)

Eine auffällige Fremdgefährdung liegt vor, wenn jemand schnell handgreiflich wird, wenn jemand grundlos auf andere Menschen einprügelt.
Das trifft bei den allermeisten Menschen mit einer bipolaren Menschen nicht zu. Zudem sind die Attentäter von Hanau und Halle damit nicht aufgefallen. Und ich halte es für fraglich, bei Menschen, bei denen das vorkam man dauerhaft von einer auffälligen Fremdgefährdung sprechen kann.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Schnitter »

discipula hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:27)

nö, die gefährden ja niemanden.
Natürlich tun sie das, denn die verbreiten das Virus dort wo sie nach der Demo wieder hinfahren. Somit haben sie Menschenleben auf dem Gewissen.

Einsperren oder nicht ?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:58)

Das trifft bei den allermeisten Menschen mit einer bipolaren Menschen nicht zu. Zudem sind die Attentäter von Hanau und Halle damit nicht aufgefallen. Und ich halte es für fraglich, bei Menschen, bei denen das vorkam man dauerhaft von einer auffälligen Fremdgefährdung sprechen kann.
Absolut, und das habe ich ja auch gesagt,.
In aller Regel ist es auch so dass bei einer Schizoidität (bzw einer Psychose) der Mensch eher mit Angst reagiert.
In aller Regel ist das so, dass Maniker ziemlich aufbrausend sind, aber selten gewalttätig.
Aber um den Fall der Fälle geht es ja gerade hier im Beitrag.
Und da würde ich einfach sagen, sobald jemand gewalttätig auffällig wird, lieber schneller wegsperren, als erstmal zu warten.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

discipula hat geschrieben:(14 Jul 2021, 14:20)

Wer andere gefährdet, gehört aus dem Verkehr gezogen, sodass er (ist ja meist ein er, selten eine sie) keinen Schaden mehr anrichten kann.

Zwangstherapien erreichen dies nicht. Wegsperren schon.

Eine Therapie soll ein Angebot sein, für jene, die das wollen.
Jemand, der nicht Herr seiner selbst ist, benötigt eine Therapie. Das ist dann kein Angebot, sondern eine Zwangsmaßnahme.
Wir reden von Menschen, die sich und andere Menschen gefährden, nicht von harmlosen Fällen. Und wir wollen nicht darauf warten, dass ein IRRER in einem Wahnanfall jemanden niedersticht, der gerade zufällig in der Nähe ist.
daccord ??
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Umetarek »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 16:47)

Jemand, der nicht Herr seiner selbst ist, benötigt eine Therapie. Das ist dann kein Angebot, sondern eine Zwangsmaßnahme.
Wir reden von Menschen, die sich und andere Menschen gefährden, nicht von harmlosen Fällen. Und wir wollen nicht darauf warten, dass ein IRRER in einem Wahnanfall jemanden niedersticht, der gerade zufällig in der Nähe ist.
daccord ??
Und woher weiß man sowas vorher?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Umetarek hat geschrieben:(14 Jul 2021, 17:25)

Und woher weiß man sowas vorher?
Jede psychische Erkrankung hat eine Vorgeschichte, außerdem einen Verlauf. Und ein (guter) Psychiater kann das abschätzen. Der Patient nicht. Zumal er sich ja nichtmal als "Patient" sieht.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Umetarek »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 17:27)

Jede psychische Erkrankung hat eine Vorgeschichte, außerdem einen Verlauf. Und ein (guter) Psychiater kann das abschätzen. Der Patient nicht. Zumal er sich ja nichtmal als "Patient" sieht.
Ich kann jetzt nicht sagen in wieweit sowas linear oder in Schüben läuft, das kriegt der Psychiater eventuell gar nicht mit. Ich weiß nur das die Medikamente von manisch depressiven (keine Schizophrene, aber auch die leiden bisweilen an Verfolgungswahn) alle Gefühle abdämpft, die schlechten , aber eben auch die guten, ich weiß nicht, ob ich das aushalten würde auf Dauer. Will man ein "geordnetes" Leben führen, bleibt einem aber nicht viel anderes übrig.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Umetarek hat geschrieben:(14 Jul 2021, 17:42)

Ich kann jetzt nicht sagen in wieweit sowas linear oder in Schüben läuft, das kriegt der Psychiater eventuell gar nicht mit. Ich weiß nur das die Medikamente von manisch depressiven (keine Schizophrene, aber auch die leiden bisweilen an Verfolgungswahn) alle Gefühle abdämpft, die schlechten , aber eben auch die guten, ich weiß nicht, ob ich das aushalten würde auf Dauer. Will man ein "geordnetes" Leben führen, bleibt einem aber nicht viel anderes übrig.
Ich erinnere an den hervorragenden Film "Einer flog übers Kuckucksnest"! Der die grenzen der Psychiatrie aufzeigte, wodurch es letztlich zum (vermeidbaren) Drama kam.
Eine Lösung für alle denkbaren Fälle gibt es nicht. Leider...
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Umetarek hat geschrieben:(14 Jul 2021, 17:42)

Ich kann jetzt nicht sagen in wieweit sowas linear oder in Schüben läuft, das kriegt der Psychiater eventuell gar nicht mit. Ich weiß nur das die Medikamente von manisch depressiven (keine Schizophrene, aber auch die leiden bisweilen an Verfolgungswahn) alle Gefühle abdämpft, die schlechten , aber eben auch die guten, ich weiß nicht, ob ich das aushalten würde auf Dauer. Will man ein "geordnetes" Leben führen, bleibt einem aber nicht viel anderes übrig.
Der psychotische, wie auch der manische Schub geht meist nach ein paar Wochen vorbei.
In der Phase der Minus-Sypmtomatik oder der psychischen Normalität sind Neuroleptika nicht erforderlich.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 19:24)

Der psychotische, wie auch der manische Schub geht meist nach ein paar Wochen vorbei.
In der Phase der Minus-Sypmtomatik oder der psychischen Normalität sind Neuroleptika nicht erforderlich.
Irrtum!
Es ist ein fataler Fehler, Medikamente abzusetzen. Egal, ob in der manischen oder depressiven Phase.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Papaloooo hat geschrieben:(14 Jul 2021, 16:33)

Absolut, und das habe ich ja auch gesagt,.
In aller Regel ist es auch so dass bei einer Schizoidität (bzw einer Psychose) der Mensch eher mit Angst reagiert.
In aller Regel ist das so, dass Maniker ziemlich aufbrausend sind, aber selten gewalttätig.
Aber um den Fall der Fälle geht es ja gerade hier im Beitrag.
Und da würde ich einfach sagen, sobald jemand gewalttätig auffällig wird, lieber schneller wegsperren, als erstmal zu warten.
Das halte ich für reichlich naiv gedacht, denn Fälle wie in Halle und Hanau hätte man damit überhaupt nicht verhindert. Bist Du überhaupt in der Lage, die Gefahrenlage durch Menschen mit bipolaren Störungen zu beziffern?
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 16:47)

Jemand, der nicht Herr seiner selbst ist, benötigt eine Therapie. Das ist dann kein Angebot, sondern eine Zwangsmaßnahme.
Wir reden von Menschen, die sich und andere Menschen gefährden, nicht von harmlosen Fällen.
Wo und wie oft tun sie das denn? Kannst Du das mal quantifizieren?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 19:49)

Irrtum!
Es ist ein fataler Fehler, Medikamente abzusetzen. Egal, ob in der manischen oder depressiven Phase.
Na da sind sich hier die zwei Pychoexperten tatsächlich nicht einig. :x
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 20:10)

Wo und wie oft tun sie das denn? Kannst Du das mal quantifizieren?
Jeder (!) Fall ist einer zuviel.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 20:12)

Na da sind sich hier die zwei Pychoexperten tatsächlich nicht einig. :x
Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Wirkung von Medikamenten darauf beruht, dass sie für die Dauer der notwendigen Einnahme verabreicht gehören.
Sogar simple Antibiotika sind zur Gänze einzunehmen.
Sören74

Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Sören74 »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 20:16)

Jeder (!) Fall ist einer zuviel.
Das klingt wie jemand der meint, dass jeder Covid-19-Verstorbene einer zu viel wäre. Mit dieser Einstellung kann man aber keine vernünftige Politik betreiben, sondern trainiert sich eine totalitäre Sichtweise an, die Freiheitsrechte als lästiges Hindernis zu einer perfekten Welt wahrnimmt.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von BlueMonday »

Man sollte zwei Dinge hier unterscheiden: Jemanden, der über die Maßen gefährlich erscheint festzusetzen, sicher zu verwahren oder auszuweisen zum Schutz anderer. Und andererseits eine "Behandlung" gegen den Willen. Letzteres hat in einer zivilisierten Gesellschaft nichts zu suchen. Ersteres wird manchmal nötig sein.

Das ganze Feld der Psychiatrie bzw. der "geistigen Krankheit" war und ist ja durchaus auch umstritten. Auch dazu gibt es nicht nur eine Ansicht.
"If you talk to God, you are praying; if God talks to you, you have schizophrenia. If the dead talks to you, you are a spiritualist; if you talk to the dead, you are a schizophrenic."
The Second Sin (1973) ‘Schizophrenia’, Thomas Szasz.
Zuletzt geändert von BlueMonday am Mi 14. Jul 2021, 21:41, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Fuerst_48 »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 20:21)

Das klingt wie jemand der meint, dass jeder Covid-19-Verstorbene einer zu viel wäre. Mit dieser Einstellung kann man aber keine vernünftige Politik betreiben, sondern trainiert sich eine totalitäre Sichtweise an, die Freiheitsrechte als lästiges Hindernis zu einer perfekten Welt wahrnimmt.
Wenn du mal mein Alter erreicht hast, wirst du verstehen, dass ein erheblicher Teil der Menschen schlicht und ergreifend dumm ist und nicht fähig, oder willens, sich vernünftigen Maßnahmen zu stellen (Impfpflicht, Zwangstherapie, etc)
Ein Fehler dabei ist, die Eigengefährdung, wie sie der Raucher oder Alkoholiker betreibt, ein weit größerer, die Fremdgefährdung (Ansteckung, Angriff auf Leib&Leben), die man tunlichst hintanhalten muß.
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von BlueMonday »

Fuerst_48 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 21:23)

Wenn du mal mein Alter erreicht hast, wirst du verstehen,
Auch wieder so eine "grandiose" Argumentationslinie. Wenn der andere nur gesehen hätte, was ich gesehen habe, dann würde er denken so wie ich, und wenn sein Bart so lang und grau wie meiner wäre, dann würde er anders reden - nämlich wie ich...
Es gibt Menschen, die sehr alt geworden sind mit einer antipsychiatrischen Position, wie bspw. zitierter Thomas Szasz. Die viel gesehen und noch viel mehr nachgedacht haben. Menschen, die sich ihr ganzes akademisches Leben mit dem Thema befasst haben - willst du solchen Menschen auch mit deinem bloßen Alter als "Argument" kommen?
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Re: Zwangsbehandlung psychischer Erkrankungen - Wie frei sollte ein Kranker entscheiden dürfen?

Beitrag von Papaloooo »

Sören74 hat geschrieben:(14 Jul 2021, 20:08)

Das halte ich für reichlich naiv gedacht, denn Fälle wie in Halle und Hanau hätte man damit überhaupt nicht verhindert. Bist Du überhaupt in der Lage, die Gefahrenlage durch Menschen mit bipolaren Störungen zu beziffern?
Was bitte soll Halle und Hanau mit einer bipolaren Störung zu tun haben???

Nachtrag: wozu sollte ich das denn beziffern können?
Nur weil ich sage, wenn jemand in der Manie handgreiflich wird und Menschen grundlos verschlägt, so sollte er dann auch für die Phase der Manie weggesperrt werden.
Sollte er nur ab einer bestimmten Quote von Manikern, die aggressiv werden weggesperrt werden, oder was willst Du denn damit aussagen? Kannst du da mal etwas klarer werden?
Zuletzt geändert von Papaloooo am Mi 14. Jul 2021, 22:16, insgesamt 1-mal geändert.
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