Skeptiker hat geschrieben:(24 Aug 2020, 18:30)
Sören, bei einer offensichtlich diskriminierenden Aussage, müsste der Angeklagte sicherlich erklären, warum die nun ausgerechnet nicht willkürlich diskriminierend ist. Wenn das nicht gelingt, ist Willkür naheliegend. Willkürliche Massnahmen gegen Personengruppen sind Rassismus.
Das ist der Grundgedanke unseres Rechtssystems und deshalb auch erstmal soweit richtig. Abweichend von Deiner Beurteilung gilt nur: Es gibt nur ganz wenige und ganz genau definierte Fälle, in denen sich ein beliebiger Mensch überhaupt "diskriminierend" verhalten darf. Verstößt er gegen diese in Gesetzen niedergeschriebenen Regeln, muss der Angeklagte gar nichts mehr erklärten. Besser: Es ist dann völlig egal, was er zu erklären hat. Das interessiert niemanden mehr. Jedenfalls keinen Richter.
Beispiel: Wenn ein Mensch katholischer Bischof ist und eine Klosterschule leitet, dann darf er die Einstellung muslimischer oder jüdischer oder buddhistischer Lehrer ablehnen ---- ganz unabhängig von Qualifikation, Berufserfahrung oder sonstigen Merkmalen wie z.B. Schwerbehinderung. Das nennt man "Tendenzschutz". Basiert auf dem Recht auf freie Meinungsäußerung.
Wenn derselbe Bischof allerdings "nebenbei" ein Lebensmittelgeschäft betreibt, und dortselbst Muslimen oder Juden oder ... das Einkaufen verbieten will, ist das NICHT MEHR durch die Meinungsfreiheit gedeckt! Sein Recht auf Tendenzschutz kann er nicht geltend machen hinsichtlich seiner Kunden! Er kann dieses Recht auf Tendenzschutz nichtmal geltend machen, wenn es um die Personen geht, die in seiner katholischen Schule z.B. die Toiletten säubern!
Schreibt der oben genannte Bischof öffentlich eine Hausmeisterstelle aus, in der er z.B. Muslime oder Juden oder Frauen oder Einbeinige oder Zwergenwüchsige oder .... wen auch immer ... von vornherein von einer Bewerbung ausschließt, dann hat der gottesfürchtige Mann wenige Tage später ein ganzes Rudel von Abmahnanwälten am Hals. Und das wird dann RICHTIG teuer!
Keinesfalls muss das Gericht den positiven Nachweis erbringen, dass es nur rassistisch gemeint gewesen sein kann, wenn der Angeklagte keine andere Erklärung liefern kann.
Stimmt genau. Das muss ein Gericht nicht nachweisen. Das Gericht hat nämlich nicht die Aufgabe, zu belegen, was ein möglicher Angeklagter vielleicht "gemeint" hat. Es muss nur nachweisen, was er "getan" hat! Und wenn das Handeln des Angeklagten gegen Gesetze verstoßen hat, dann ist das strafbar. Egal ob sich der Angeklagte strafbar machen wollte.
Wenn der Angeklagte eine andere Erklärung liefert, erst dann würde es in die nähere Betrachtung der Umstände gehen. So ist jedenfalls mein laienhaftes Rechtsverständnis.
Und so ist das eben nicht. Mögliche Erklärungen eines Angeklagen in so einem Fall würden nur dann von Interesse sein, wenn der Angeklagte rechtliche Grundlagen für sein Verhalten vortragen könnte. Kann er das nicht, muss ihm nichts weiter nachgewiesen werden, als sein bloßes Verhalten. Seine "Motive" interessieren dann niemanden mehr. Das ist auch keine "Umkehr der Beweislast". Es geht einzig und allein um die Frage, ob gegen Gesetze verstoßen wurde oder nicht. Und unsere Gesetze verbieten es nunmal, spezielle Personengruppen wie z.B. Juden oder Muslime oder Frauen oder Zwerge vom Zugang zu "Positionen gesellschaftlichen Vorteils" von vornherein auszuschließen. Einzige Ausnahme: Tendenzschutz!
Wer kein Recht hat, für sich Tendenzschutz in Anspruch zu nehmen und trotzdem "unwillkommene" Menschen auszuschließen versucht, der bricht unsere Gesetze. Dafür gibt es dann auch keine "Erklärungen" des Täters mehr. Der muss sich einfach damit abfinden, dass im Zweifel ein Gericht prüft, ob seine "Erklärungen" rechtskonform sind.