Offizielles "Wording"

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ThorsHamar
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von ThorsHamar »

Ein Terraner hat geschrieben:(04 Jul 2019, 09:12)

Public Viewing ist in England eine Aufbahrung.
JA, EBEN !!! :D Was meinst Du, warum ich genau Das erwähnt habe?
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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NB3
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von NB3 »

H2O hat geschrieben:(04 Jul 2019, 08:12)
Wodurch sind wir Deutschen "ziemlich durchschnittlich", was ja noch zu ertragen wäre,
Haha, noch zu ertragen. Die Deutschen sind von sich selbst besessen. Auf neue Fremdwörter reagieren sie, wie man im Thread schön sieht, mit Überheblichkeit und/oder Existenzangst. "Deutscher benutzt ungenehmigtes Fremdwort in der Öffentlichkeit! Einzelversagen oder Systemfehler? Geht die deutsche Kultur vor die Hunde? Müssen wir ab nächsten Dienstag alle Englisch sprechen?" kann man ihnen als Titelbildschlagzeile verkaufen, nehmen sie gern mit, regen sie sich gern drüber auf, wollen sie mit Milliardenaufwand gesetzlich und behördlich reguliert und überwacht sehen. Ist bei den Franzosen, Spaniern, Dänen, usw. nicht großartig anders, die sind genauso verrückt. Durchschnitt, wie gesagt.
H2O hat geschrieben:(04 Jul 2019, 08:12)
sondern auch als Volk extrem engstirnig, verglichen mit Japan? Japan ist so weit weg, daß ich von der Weltläufigkeit dieses Volkes keine rechte Vorstellung habe.
Von Weitläufigkeit würde ich hier nicht reden, nur von der Akzeptanz und Adaption von Fremdwörtern und fremden Konzepten (bei Fremdsprachen sieht die Sache nämlich anders aus). Geht nirgendwo so schnell und problemlos wie in Japan. Es gibt sogar eine dedizierte Schrift für die Übertragung von Fremdwörtern ins Japanische, Katakana. Im Endeffekt sind nur etwa 30% des japanischen Vokabulars original japanisch, der Rest ist Chinesisch, Englisch, Portugiesisch, Holländisch, Deutsch, Französisch, usw. So wird beispielsweise derzeit 牛乳 (chinesisch) langsam durch ミルク (engrisch) verdrängt und keiner regt sich darüber auf. Verstanden wird beides, passt.
Uffhausen
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Uffhausen »

NB3 hat geschrieben:(04 Jul 2019, 11:10)
Die Deutschen sind von sich selbst besessen. Auf neue Fremdwörter reagieren sie, wie man im Thread schön sieht, mit Überheblichkeit und/oder Existenzangst.
Falls du mich damit ansprechen willst - ich habe nur Fragen gestellt, die für mich beantwortet sind. Über deren Sachverhalt ich es wert finde, sich zu unterhalten und zu diskutieren. Ich nutze dieses Forum, wofür es geschaffen wurde. Schande über mich.

Und keine Ahnung, was du hier genau oder ausschließlich liest - oder was du dir einbildest = ich habe hier in diesem Strang den gegenteiligen Eindruck gewonnen; nämlich, dass die hiesigen Teilnehmern den Gebrauch von englischen statt deutscher Begriffe eher gelassen, nützlich und positiv sehen. Worin du deshalb HIER bei "den Deutschen" Selbstbessenheit, Überheblichkeit oder Existenzangst bestätigt und bewiesen siehst, erschließt sich mir nicht.
Ist bei den Franzosen, Spaniern, Dänen, usw. nicht großartig anders, die sind genauso verrückt.

Was ist verrückt an der Wahrung einer Landessprache? Wenn man natürlich meint, derartiges allein mit Geld in den Griff bekommen zu können, dann ja, DAS ist verrückt.
Verstanden wird beides, passt.
Es geht (mir) doch nicht ums Verstehen (von Fremdwörtern), sondern um das WARUM (Fremd- statt Landessprache).

Ich habe das hier titelgebende Wort "(...so das offizielle) Wording..." nicht nachschlagen müssen, mir war klar, was es bedeutet. Und entsprechend betroffener Satz in dem Artikel, welchen ich gestern gelesen habe, wäre nicht uneindeutiger oder missverständlicher geworden, hätte man stattdessen den deutschen Begriff "(...so der offizielle) Wortlaut..." verwendet.
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ThorsHamar
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von ThorsHamar »

NB3 hat geschrieben:(04 Jul 2019, 11:10)

Haha, noch zu ertragen. Die Deutschen sind von sich selbst besessen. Auf neue Fremdwörter reagieren sie, wie man im Thread schön sieht, mit Überheblichkeit und/oder Existenzangst. "Deutscher benutzt ungenehmigtes Fremdwort in der Öffentlichkeit! Einzelversagen oder Systemfehler? Geht die deutsche Kultur vor die Hunde? Müssen wir ab nächsten Dienstag alle Englisch sprechen?" kann man ihnen als Titelbildschlagzeile verkaufen, nehmen sie gern mit, regen sie sich gern drüber auf, wollen sie mit Milliardenaufwand gesetzlich und behördlich reguliert und überwacht sehen. Ist bei den Franzosen, Spaniern, Dänen, usw. nicht großartig anders, die sind genauso verrückt. Durchschnitt, wie gesagt.



Von Weitläufigkeit würde ich hier nicht reden, nur von der Akzeptanz und Adaption von Fremdwörtern und fremden Konzepten (bei Fremdsprachen sieht die Sache nämlich anders aus). Geht nirgendwo so schnell und problemlos wie in Japan. Es gibt sogar eine dedizierte Schrift für die Übertragung von Fremdwörtern ins Japanische, Katakana. Im Endeffekt sind nur etwa 30% des japanischen Vokabulars original japanisch, der Rest ist Chinesisch, Englisch, Portugiesisch, Holländisch, Deutsch, Französisch, usw. So wird beispielsweise derzeit 牛乳 (chinesisch) langsam durch ミルク (engrisch) verdrängt und keiner regt sich darüber auf. Verstanden wird beides, passt.
Gibt es denn in Japan auch sowas wie "Backshop" für Bäckerei, "Handy" für Telefon oder "Public Viewing" für 'ne Fussballübertragung auf 'nen Grossbildschirm, 'ne "Jogginghose", " Julia's Cafe" oder sowas?
Ich meine, es ist doch ein Unterschied, ob sich Sprache praktischerweise internationalisiert oder ob falsche Wortbedeutungen aus einer fremden Sprache zu einer "Geheimsprache" anstelle der eigenen Muttersprache zusammengebastelt werden ....
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Uffhausen »

NB3 hat geschrieben:(04 Jul 2019, 05:02)
Weil sie gebräuchlicher/bequemer sind, weil sie ein Konzept besser abbilden,...
...klingt nach fremdbestimmter Vorschrift, nicht nach natürlicher Entwicklung. :s
...weil sie mysteriös klingen, etc.
Viele Sprachen, bzw. Worte klingen mysteriös. "Mysteriös" z. B.! :D
Verglichen mit Japan sind sie extrem engstirnig.
Die japanische Landessprache ist also ungebräuchlicher/unbequemer, bildet Konzepte schlechter ab, klingt nicht mysteriös genug usw.? Ach so. Wissen das die Japaner schon oder erklärst du es ihnen noch? Am besten auf Englisch. :rolleyes:
...in einer Welt, in der jeder halbwegs gebildete Mensch Englisch spricht...
Also ist für dich jemand, der nicht der englischen Sprache mächtig ist, ungebildet? Aha. Schade, dass diese Menschen das nie erfahren werden, weil sie zu dumm dafür sind. :rolleyes:
Wozu soll das gut sein? Sadistische Ader und Spaß am Gängeln? Oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für gescheiterte Germanisten?
Ich habe doch geschrieben, dass dies bitte nicht rassistisch verstanden werden soll.

Was ist denn so schlimm an der deutschen Sprache, dass sie nicht gewahrt werden sollte?

Du argumentierst, dass das Verwenden von englischen statt deutscher Begriffe "gebräuchlicher/bequemer" sei, dass sie "ein Konzept besser abbilden" und dass sie "mysteriös klingen" - warum ist diese Entwicklung dann erst "so richtig" infolge des digitalen Zeitalters eingetreten - und nicht schon früher? Das Erlernen der englischen Sprache ist nicht erst seit dem es Youtube, Facebook & Co gibt in unserem allgemeinen Bildungssystem fest verankert.
Willst du die Typen, die jetzt Pornos und amerikanische Seifenopern mit Lachern vom Band synchronisieren, zur Sprachpolizei geadelt sehen?
Was hat Synchronisierung jetzt mit dem Thema zu tun?
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von H2O »

Müssen wir ab nächsten Dienstag alle Englisch sprechen?" kann man ihnen als Titelbildschlagzeile verkaufen, nehmen sie gern mit, regen sie sich gern drüber auf, wollen sie mit Milliardenaufwand gesetzlich und behördlich reguliert und überwacht sehen.
Na ja, auf Flugreise nach Irgendwo geht es doch schon los! E-m-p-ö-r-e-n-d! "Sofort Deutsch sprechen, oder ich schieße!" habe ich aus einem Anekdotenbuch von Salcia Landmann gelernt. Da ging es um dem ersten israelisch-arabischen Krieg und um Soldaten, die sich auf Ivrit unterhielten. Das war dem armen Zuwanderer unheimlich!

Ich meine, daß wir Deutschen seit mindestens 50 Jahren so geringe Lebensängste aus zu stehen haben, daß wir solche Aufreger ganz einfach brauchen.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Misterfritz »

Diese Bewahrer der deutschen Sprache sollten dann aber auch NIE an einer Frittenbude Pommes mit Mayo zu bestellen :D
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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ThorsHamar
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von ThorsHamar »

NB3 hat geschrieben:(04 Jul 2019, 05:02)

...Willst du die Typen, die jetzt Pornos und amerikanische Seifenopern mit Lachern vom Band synchronisieren, zur Sprachpolizei geadelt sehen? ...
Nur mal als Tip nebenbei: Al Bundy und seine Familie wurden live auf der Bühne gespielt und teilweise sogar live im TV gesendet. Da man die Lacher des Publikums im Original natürlich nicht bei der Synchro übernehmen konnte, kamen die halt vom Band.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von imp »

Viele Menschen können die deutsche Sprache nicht so gut anwenden und flüchten sich dann in eine Sprache, bei der Sprecher und Zuhörer gleichermaßen inkompetent sind. So ist auch der Alpenrap entstanden.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Gen_Y »

NB3 hat geschrieben:(04 Jul 2019, 11:10)

Haha, noch zu ertragen. Die Deutschen sind von sich selbst besessen. Auf neue Fremdwörter reagieren sie, wie man im Thread schön sieht, mit Überheblichkeit und/oder Existenzangst.
Sie sehen Gespenster. Natürlich unterliegt die deutsche Sprache dem Sprachwandel, sonst wäre sie schon längst ausgestorben.
Der Wortschatz unserer Sprache ist allerdings jetzt schon gigantisch, weshalb nicht jedes angelsächsische Modewort propagiert werden muss.

Menschen, die viel mit Anglizismen arbeiten, sind entweder nicht der deutschen Sprache mächtig oder Wichtigtuer.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Julian »

Die deutsche Modeschöpferin Jil Sander im Jahre 1996 im Magazin der FAZ:
"Ich habe vielleicht etwas Weltverbesserndes. Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, daß man contemporary sein muß, das future-Denken haben muß. Meine Idee war, die hand-tailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, daß man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewußte Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muß Sinn haben für das effortless, das magic meines Stils."
https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8907839.html

Die Deutschen haben einen Minderwertigkeitskomplex und wollen die Sprache der Sieger sprechen.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

Das kommt dadurch, dass die (einflussreichen) Leute, die diese Anglizismen ins Deutsche einführen, fast perfekt zweisprachig sind und von daher seltenst mal in ein Wörterbuch schauen. Dann würden sie z.B. feststellen, dass WORDING unser 'Wortlaut' oder 'Wortwahl' ist. So kommt es auch zu dem Anglizismus EYECATCHER, der für Engländer nichts anderes als ein (ganz altmodischer) Blickfang ist! Aber dass EYE = BLICK ist, das kommt einem erst auf den zweiten Blick in den Sinn natürlich!
Zuletzt geändert von Ewu am Fr 30. Aug 2019, 07:33, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

"Ich habe vielleicht etwas Weltverbesserndes. Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, daß man contemporary sein muß, das future-Denken haben muß. Meine Idee war, die hand-tailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, daß man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewußte Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muß Sinn haben für das effortless, das magic meines Stils."

Das ist eben das, was ich meine: Jil Sander ist zwar perfekt zweisprachig, aber die genauen Übersetzungen für die Jet-Set-Fachausdrücke sind ihr auf die schnelle jedenfalls mal nicht geläufig! Das ist ein Phänomen, was auch bei Gastarbeitern eigentlich immer auftritt, dass die Sprachen gemischt werden, einfach weil man im Moment des Gesprächs nicht groß rumüberlegen kann, wie das jetzt in der anderen Sprache heißt! Das ist kein böser Wille!
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von DarkLightbringer »

Julian hat geschrieben:(15 Jul 2019, 22:02)

Die deutsche Modeschöpferin Jil Sander im Jahre 1996 im Magazin der FAZ:


https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8907839.html

Die Deutschen haben einen Minderwertigkeitskomplex und wollen die Sprache der Sieger sprechen.
Der "Sieger" Karl Lagerfeld sprach hingegen sehr gutes deutsch.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von schokoschendrezki »

Julian hat geschrieben:(15 Jul 2019, 22:02)

Die deutsche Modeschöpferin Jil Sander im Jahre 1996 im Magazin der FAZ:


https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8907839.html

Die Deutschen haben einen Minderwertigkeitskomplex und wollen die Sprache der Sieger sprechen.
Ja. 1996. Mit MInderwertigkeitskomplex hat das nix zu tun. 1996 war die Blütezeit dieses T-Aktien-Fiebers. Daimler-Benz-Chef Reuter träumte vom "internationalen integrierten Technologiekonzern". Bahnchef Mehrdorn wollte (etwas später) aus der Eisenbahn ein "international aufgestelltes Logistikunternehmen" machen. Die Deutsche Bank wollte ein globaler Großinvestor werden. Könnte es sein, dass du "Minderwertigkeitskomplex" mit "Selbstüberschätzung" verwechselst?
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von schokoschendrezki »

So. Und wir haben inzwischen 2019. In einem neuen sehr großen Riesen-Monster-Shopping-Center, äh "Kaufpark" am Rande von Berlin stehen lauter pseudoaltberliner Sprüche wie "kieken" und "koofen". Da soll irgendeine Art von Kiezgemütlichkeit die Laune und die Kauffreudigkeit heben. Ich habe das mit sehr gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen. Es ist natürlich einfach nur ein Marketing-Konzept. Aber man rechnet sich freilich Zustimmung aus. Berlin hat in den letzten 30 Jahren konsequent etwas vermieden, was eigentlich gar nicht so unwahrscheinlich war: DIe Selbststilisierung zum Zille-Milljöh mit Bockwurst und Leierkasten. Das kosmopolitische Klima der 20er Jahre war zum Glück wesentlich prägender für die STadtentwicklung. Ich hoffe nicht, dass da jetzt nochmak eine späte Kehrt-Wende folgt.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

DarkLightbringer hat geschrieben:(30 Aug 2019, 08:21)

Der "Sieger" Karl Lagerfeld sprach hingegen sehr gutes deutsch.
Der hat doch auch ständig von seinen "créations" und von "prêt-à-porter" gesprochen.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

schokoschendrezki hat geschrieben:(30 Aug 2019, 09:24)

So. Und wir haben inzwischen 2019. In einem neuen sehr großen Riesen-Monster-Shopping-Center, äh "Kaufpark" am Rande von Berlin stehen lauter pseudoaltberliner Sprüche wie "kieken" und "koofen". Da soll irgendeine Art von Kiezgemütlichkeit die Laune und die Kauffreudigkeit heben. Ich habe das mit sehr gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen. Es ist natürlich einfach nur ein Marketing-Konzept. Aber man rechnet sich freilich Zustimmung aus. Berlin hat in den letzten 30 Jahren konsequent etwas vermieden, was eigentlich gar nicht so unwahrscheinlich war: DIe Selbststilisierung zum Zille-Milljöh mit Bockwurst und Leierkasten. Das kosmopolitische Klima der 20er Jahre war zum Glück wesentlich prägender für die STadtentwicklung. Ich hoffe nicht, dass da jetzt nochmak eine späte Kehrt-Wende folgt.
Ist schon erstaunlich, wie man mit Sprache Gefühle induzieren und eine Pseudorealität aufbauen kann! Wo gekiekt und gekooft wird, da fühlt man sich gleich in det alte Barlin versetzt, wa? Und wer seine crazy donuzz vertilgt, kommt sich sicher schon als halber Ami vor. Dazu noch ein bisschen US-Feeling und entsprechende Deko und endlich kann man mal ein bisschen aus dem tristen deutschen Alltag entfliehen!
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von DarkLightbringer »

Ewu hat geschrieben:(31 Aug 2019, 09:40)

Der hat doch auch ständig von seinen "créations" und von "prêt-à-porter" gesprochen.
...klingt französisch.
>>We’ll always have Paris<<
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odiug

Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von odiug »

Ich finde das ja schon positiv erwähnenswert, dass wording wenigstens korrekt geschrieben wurde, auch wenn die Großschreibung natürlich problematisch ist.
Ich kenne business Typen, die "gewordet" geschrieben hätten :D
In einem Interview mit nTV meinte mal so eine Leuchte des buisness englisch: "wie wir in unsrem Geschäftsbericht announced haben ... " :D
Occham

Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Occham »

Ich finde Anglizismen auch scheisse.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Occham hat geschrieben:(31 Aug 2019, 15:34)

Ich finde Anglizismen auch scheisse.
Warum benutzt du sie dann?
„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
Occham

Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Occham »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(31 Aug 2019, 16:13)

Warum benutzt du sie dann?
Tu ich das?
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Occham hat geschrieben:(31 Aug 2019, 17:18)

Tu ich das?
Jepp
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

odiug hat geschrieben:(31 Aug 2019, 11:07)

Ich finde das ja schon positiv erwähnenswert, dass wording wenigstens korrekt geschrieben wurde, auch wenn die Großschreibung natürlich problematisch ist.
Ich kenne business Typen, die "gewordet" geschrieben hätten :D
In einem Interview mit nTV meinte mal so eine Leuchte des buisness englisch: "wie wir in unsrem Geschäftsbericht announced haben ... " :D
Das ist das, was ich meine: diese Leute haben Englisch direkt im Land und im Kontakt mit Muttersprachlern gelernt, nicht wie wir mühsam mit dem Wörterbuch. Das ist ja alles wunderbar und schön und gut. Aber andererseits weiß dieser Herr deswegen eben nicht, dass ANNOUNCE 'ankündigen' heißt; sicher, er weiß ungefähr, was ANNOUNCE bedeutet, aber er hat es nie als Vokabelpaar ANNOUNCE=ANKÜNDIGEN gelernt. Das ist meiner Meinung nach das Hauptproblem hier bei diesem Phänomen!
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Occham

Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Occham »

3x schwarzer Kater hat geschrieben:(31 Aug 2019, 17:21)

Jepp
Na dann zitier doch mal die Anglizismen von mir.
Adam Smith
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Adam Smith »

odiug hat geschrieben:(31 Aug 2019, 11:07)

Ich finde das ja schon positiv erwähnenswert, dass wording wenigstens korrekt geschrieben wurde, auch wenn die Großschreibung natürlich problematisch ist.
Ich kenne business Typen, die "gewordet" geschrieben hätten :D
In einem Interview mit nTV meinte mal so eine Leuchte des buisness englisch: "wie wir in unsrem Geschäftsbericht announced haben ... " :D
Wie hätte denn ein Engländer das geschrieben? Mit has been?
Das ist Kapitalismus:

Die ständige Wahl der Bürger bestimmt das Angebot.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Teeernte »

imp hat geschrieben:(15 Jul 2019, 18:10)

Viele Menschen können die deutsche Sprache nicht so gut anwenden und flüchten sich dann in eine Sprache, bei der Sprecher und Zuhörer gleichermaßen inkompetent sind. So ist auch der Alpenrap entstanden.

Für die MEISTEN ist das eine Art "Fachsprache" ....so wie Latein in der Medizin.

Im NORMALEN Wortgebrauch ungebräuchliche Wortschöpfungen umschreiben einen eng begrenztes, - bei allen "gelernten" genau bezeichnetes ....Ereignis, Begriffsbestimmung, ...Sachverhalt.

So kann man zB genau eingrenzen welche Person den Begriff "Richtig anzeigende Uhr" - im Gegensatz zur >> richtig gehenden Uhr >> als Allgemeinbegriff....nutzt.

Zu dieser Abgrenzung gehört eben auch der Sprachschatz des "Lehrers" (WeiterBILDUNGSeinrichtung) ....oder des Erstherausbringers. (Kennen Sie >> Sieben Sigma../oder/ das "Big Picture" der Firma. :D :D :D )

Beispiel https://de.wikipedia.org/wiki/Roofing ROOFING....
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
odiug

Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von odiug »

Adam Smith hat geschrieben:(01 Sep 2019, 12:55)

Wie hätte denn ein Engländer das geschrieben? Mit has been?
Er hätte in dem Interview wahrscheinlich gesagt:
"As we announced in our buisnessreport ... "
Wenn er des Deutschen mächtig ist und in Deutschland interviewt worden wäre, hätte er vielleicht gesagt:
"Wie wir in unsrem Geschäftsbericht angekündigt haben ( oder vielleicht sagt er auch "gemeldet haben", je nach dem was genau er sagen will ) ..."
Er wäre nicht auf die Idee gekommen, zu sagen:
"As we verkündeten in our buisnessreport ..."
Es gibt Gelegenheiten, wo das Englische Wort in einem Satz Sinn macht ... und dann gibt es die Fälle, wo sich ein Idiot mit der deplatzierten Verwendung eines englischen Begriffs einfach nur als Idiot offenbart.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

„Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.“ (Karl Valentin)
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von schokoschendrezki »

Ewu hat geschrieben:(31 Aug 2019, 09:45)

Ist schon erstaunlich, wie man mit Sprache Gefühle induzieren und eine Pseudorealität aufbauen kann! Wo gekiekt und gekooft wird, da fühlt man sich gleich in det alte Barlin versetzt, wa? Und wer seine crazy donuzz vertilgt, kommt sich sicher schon als halber Ami vor. Dazu noch ein bisschen US-Feeling und entsprechende Deko und endlich kann man mal ein bisschen aus dem tristen deutschen Alltag entfliehen!
Es geht nicht so sehr darum, was da tatsächlich induziert und hevorgerufen wird und was nicht, sondern darum, was das Konzept der Gestalter ist. Wie die sich den Rezipienten vorstellen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

Sicherlich: Englisch ist für Kids und young people. Wäre das alles in langweiligem Deutsch, würde die auf ihrem Quatsch sitzenbleiben!
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Sep 2019, 11:10)

Es geht nicht so sehr darum, was da tatsächlich induziert und hevorgerufen wird und was nicht, sondern darum, was das Konzept der Gestalter ist. Wie die sich den Rezipienten vorstellen.
Die stellen sich ihn als etwas einfältigen Kunden und Käufer vor, der vor Freude aufschreit, wenn er seine eigene Mundart auch noch ständig auf Plakaten oder an den Wänden des Marktes vor sich sieht und der dann - freudig erregt - kauft und kauft und massenhaft Umsatz bringt. Bis die Schwarte kracht. Was sonst? Dabei kenne ich keinen einzigen Berliner, den so ein Käse zum mehr kaufen animieren würde. Die greifen sich da eher an den Kopf oder ignorieren sowas schlicht. Da hat wohl ein Marketing-Mensch samt Werbegestalter und Dekorateur von sonstwoher (garantiert nicht aus Berlin) einfach mächtig daneben gegriffen :D

Aber genauso dümmlich und eher zum Lachen finde ich es, wenn an einem klitzekleinen Klamottenladen, in dem man sich vor Enge kaum drehen kann, dran steht: Textil-Oase. Oder die verrücktesten englischsprachigen Begriffe über irgendeiner kleinen Bude, die man einfach "Bäcker" oder "Fleischer" oder "Imbiss" nennen könnte. Und um sie von anderen derartigen Läden zu unterscheiden, von mir aus noch "Meyers Imbiss" oder so. Aber was sich da manchmal ausgedacht wird... Da gibts schon ulkiges Zeug. Aber dass ich da besonders hinschauen würde oder ich mich darüber endlos lange aufregen könnte, kann ich nicht sagen ;)
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

Heute bin ich an einem CREATIVROOM vorbeigegangen, keine Ahnung, was die da machen, aber heute haben die Läden (Verzeihung, die Shops meine ich natürlich) eben amerikanische Namen, auf deutsch wäre es ja auch viel zu altbacken und provinziell. Die Leute wollen was erleben und so, mit dem Amerika-Feeling, wird das ja auch ein Stückweit geboten. Man müsste mal testen, welcher Laden mehr Umsatz macht - der mit deutschem oder der mit englischem Namen (obwohl sonst alles gleich ist).
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Adam Smith
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Adam Smith »

Ewu hat geschrieben:(06 Sep 2019, 08:06)

Heute bin ich an einem CREATIVROOM vorbeigegangen, keine Ahnung, was die da machen, aber heute haben die Läden (Verzeihung, die Shops meine ich natürlich) eben amerikanische Namen, auf deutsch wäre es ja auch viel zu altbacken und provinziell. Die Leute wollen was erleben und so, mit dem Amerika-Feeling, wird das ja auch ein Stückweit geboten. Man müsste mal testen, welcher Laden mehr Umsatz macht - der mit deutschem oder der mit englischem Namen (obwohl sonst alles gleich ist).
Das liegt daran, dass die deutsche Sprache sowohl geschrieben als auch ausgesprochen deutlich hässlicher aussieht und scheußlicher klingt Englisch.
Das ist Kapitalismus:

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schokoschendrezki
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von schokoschendrezki »

Selina hat geschrieben:(04 Sep 2019, 07:10)

Die stellen sich ihn als etwas einfältigen Kunden und Käufer vor, der vor Freude aufschreit, wenn er seine eigene Mundart auch noch ständig auf Plakaten oder an den Wänden des Marktes vor sich sieht und der dann - freudig erregt - kauft und kauft und massenhaft Umsatz bringt. Bis die Schwarte kracht. Was sonst? Dabei kenne ich keinen einzigen Berliner, den so ein Käse zum mehr kaufen animieren würde. Die greifen sich da eher an den Kopf oder ignorieren sowas schlicht. Da hat wohl ein Marketing-Mensch samt Werbegestalter und Dekorateur von sonstwoher (garantiert nicht aus Berlin) einfach mächtig daneben gegriffen :D

Aber genauso dümmlich und eher zum Lachen finde ich es, wenn an einem klitzekleinen Klamottenladen, in dem man sich vor Enge kaum drehen kann, dran steht: Textil-Oase. Oder die verrücktesten englischsprachigen Begriffe über irgendeiner kleinen Bude, die man einfach "Bäcker" oder "Fleischer" oder "Imbiss" nennen könnte. Und um sie von anderen derartigen Läden zu unterscheiden, von mir aus noch "Meyers Imbiss" oder so. Aber was sich da manchmal ausgedacht wird... Da gibts schon ulkiges Zeug. Aber dass ich da besonders hinschauen würde oder ich mich darüber endlos lange aufregen könnte, kann ich nicht sagen ;)
Wobei ich ein ausgesprochenes Faible, sorry ... äh Entschuldigung ... eine Vorliebe für gewisse Sprachkuriositäten .. also Sprachmerkwürdigkeiten habe: "Satzkerbe" für "Komma" zum Beispiel. :p

Im Ungarischen wird seit langem eine möglichst weitgehende Einungarischung betrieben. Während "Universität" in fast allen Sprachen der Welt irgendwie am lateinischen Ursprungswort universitas klebt, heißt es im Ungarischen "egyetem", also irgendsowas wie wörtlich "Gesamtheit", "EInheit". Wenns gar nicht anders geht werden Anglizismen wenigstens irgendwie in Schreibweise und Grammatik eingebürgert. Irgendwann sah ich mal ein Plakat für eine Sportveranstaltung, auf der unter anderem auch "Görlök És Lézersó" angekündigt wurden. :D Man kann das im Deutschen kaum nachbilden. "Görle und Leserschoh" vielleicht.

Spaß beiseite. Ich hätte es einfach nicht gedacht, dass es mit "Kieken und Koofen" - nicht in einem kleinen Späti sondern in einem wirklich sehr großen Einkaufszentrum - nochmal eine solche Renaissance des regional Albtberlinerischen geben könnte. Ganz wertfrei gesprochen. Der Fahrkartenschalter bei der Bahn heißt jetzt zwar nicht Kundencenter wie bei der Telekom sondern "Reisezentrum". Aber Fahrkarten gibts dennoch nicht sondern Tickets.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

Es gibt übrigens auch versteckte Anglizismen wie "da ist die Hölle losgebrochen" - nach dem englischen "hell broke lose", was in korrekt-idiomatischem Deutsch natürlich mit "da war die Hölle los" wiederzugeben ist!
https://www.welt.de/vermischtes/plus199 ... .199840548
Oder nehmen wir "auf Drogen sein" vom amerikanischen "to be on drugs" - was aber nach Wörterbuch natürlich ein ganz normales "UNTER Drogen stehen" ist! (stehen = sein; und der Engländer bewegt sich eben AUF Medikamenten, während wir UNTER dem Einfluss gewisser Substanzen stehen)
Auch TO SET FREE 'auf freien Fuß setzen, freilassen' wird oft falsch-wörtlich mit 'freisetzen' übersetzt.
All diese Fehler wären vermeidbar, würden die Leute ihr (großes, gutes!) Wörterbuch benutzen.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Mahmoud »

Uffhausen hat geschrieben:[

I

Oder will man sich mit dem Gebrauch englischer Wörter nur persönlich von anderen Mitmenschen absondern, der eigenen Meinung mehr Bedeutung beimessen, einen modernen, welterfahrenen Eindruck erwecken?

.
Ja, ich denke, das ist der Hauptgrund.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ewu »

Jünta!
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Lomond »

Ammianus hat geschrieben:(03 Jul 2019, 20:26)

"röff, röff, röff" wäre mein ungarischer Kommentar dazu ...
Und was heißt das?
Non enim propter gloriam, divicias aut honores pugnamus set propter libertatem solummodo quam Nemo bonus nisi simul cum vita amittit.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Lomond »

Adam Smith hat geschrieben:(06 Sep 2019, 09:01)

Das liegt daran, dass die deutsche Sprache sowohl geschrieben als auch ausgesprochen deutlich hässlicher aussieht und scheußlicher klingt Englisch.
In diesem Falle gilt: Das Böse liegt im Auge und im Ohr des Betrachters.
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von Ammianus »

Lomond hat geschrieben:(28 Oct 2019, 04:39)

Und was heißt das?
oink, oink, oink
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Re: Offizielles "Wording"

Beitrag von schokoschendrezki »

Schnitter hat geschrieben:(03 Jul 2019, 20:02)

Weil das aus dem Business Englisch kommt.
:p German Geschäft halt ...
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