Im Jahre 1856 haben Bauarbeiter in einem Steinbruch bei Düsseldorf Skelett-Teile zu Tage gefördert, welche sie anfangs für die eines Höhlenbären gehalten haben. Erst der deutsche Naturforscher Johann Carl Fuhlrott, dem die Skelett-Teile vom Mitbesitzer des Steinbruchs, Wilhelm Beckershoff, zur näheren Untersuchung übergeben wurden, schrieb diese auf Anhieb einem Individuum
"aus der vorhistorischer Zeit" zu. Der Bonner Anatom, Hermann Schaaffhausen, kam bei späteren Untersuchungen schließlich zu demselben Ergebnis wie zuvor bereits Fuhlrott. Fuhlrott und Schaaffhausen präsentierten den Fund im Juni 1857 auf der Generalversammlung des
"Naturhistorischen Vereins der preußischen Rheinlande". Die Benennung des Fossils in
"Homo Neanderthalensis" erfolgte erst 1863 durch den irischen Geologen William King in einem Vortrag vor der Geologischen Sektion der
"British Association for the Advancement of Sciences", nach Erörterung der Schädelform und ihrer Abweichungen von der Schädelform des modernen Menschen, und 1864 in seinem Buch:
- "The reputed fossil man of the Neanderthal."
Die Anerkennung des Neanderthalers als eine eigenständige, von
"Homo sapiens" abweichende Menschenform setzte sich erst endgültig durch, nachdem 1886 in einer Höhle im belgischen Spy
(heute ein Ortsteil von Jemeppe-sur-Sambre) zwei fast vollständig erhaltene Neanderthaler-Skelette gefunden worden waren.
- (die Anerkennung blieb uns auch lange genug verwehrt!)
Der bereits 1848 im Kalksteinbruch Forbes Quarry in Gibraltar entdeckte, relativ gut erhaltene Schädel
'Gibraltar 1' wurde erst Jahrzehnte später als Jahrzehntausende alt anerkannt und zur inzwischen etablierten Art
"Homo neanderthalensis" gestellt. Zuvor hatte zwar schon 1833 der niederländische Arzt und Naturforscher Philippe-Charles Schmerling einen fossilen Kinderschädel und mehrere andere Knochen aus einer Höhle bei Engis in Belgien beschrieben. Diese, wie auch die gleichfalls entdeckten Steinwerkzeuge, ordnete er der Epoche der Sintflut zu - dem
"Diluvium". Der erste, 1829 entdeckte und wissenschaftlich beschriebene Neanderthaler-Fund
(Engis 2) wurde von den Fachkollegen noch als
"modern" verkannt. Nachfolgende Funde ergaben immer feinere Ergebnisse. Nicht nur was den Neanderthaler angeht, sondern:
- es ergab auch ein Bild, daß evolutionsbedingt teilweise mehrere Menschenarten gemeinsam, zur selben Zeit den Planeten bevölkerten. Es ergab sich also nicht ein Stammbaum, sondern ein Stammbusch.
Heute ist unbestritten, daß unser direkter Vorfahre, der
"Homo sapiens", sich in Afrika entwickelte und sich erst vor weniger als 100.000 Jahren auf den Weg nach Europa und Asien machte. Ebenso wissen wir heute: beim Neanderthaler handelte es sich um eine eigene Art des Menschen - er ist der entfernte Cousin des
"Homo sapiens". Die Neanderthaler wanderten nicht nach Europa ein. Sie entwickelten sich stattdessen vermutlich vor Ort aus einer älteren Frühmenschenart, dem
"Homo heidelbergensis". Der Neanderthaler lebte vermutlich schon vor gut 300.000 Jahren in Europa und Westasien, verschwand aber vor rund 35.000 Jahren.
Die wichtigsten Wanderkorridore der Neanderthaler vom Mittelmeerraum über die Alpen nach Norden waren vor allem das Oberrheintal sowie das Thüringer Becken. Mitteleuropa war zwar primär
"Sommerresidenz", der Neanderthaler blieb allerdings auch unter klimatisch schwierigen Bedingungen in Mitteleuropa. Er konnte anscheinend mit den sich vergleichsweise rasch wandelnden Umweltbedingungen zu Recht zu kommen. Dies betraf jedoch nicht nur die niedrigeren Temperaturen, sondern auch die Anpaßungsfähigkeit seines Nahrungsverhaltens. Denn mit den eiszeitlichen Klimaschwankungen veränderte sich auch die Tier- und Pflanzenwelt Mitteleuropas. Die Landschaft, in der Neanderthaler lebten, ähnelte wahrscheinlich dem heutigen Norden Skandinaviens:
- eine Mischung aus lichtem Wald und Tundra, bewachsen mit Sanddorn, Weiden und Birken sowie diversen Kräutern, Gräsern und Moosen.
Somit war und bleibt vorerst der Neanderthaler der erfolgreichste Mensch auf Erden.
- (das soll uns erstmal jemand nachmachen!)
- "Jedes Röhrchen enthält die Probe einer Person"
Ein Team der Arbeitsgruppe
"Molekulare Anthropologie" um Mark Stoneking vom Leipziger Max- Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (EVA), hat sich unter anderem darauf spezialisiert, die Folgen von Migration auf dem Planeten Erde zu untersuchen, über die Eroberung neuer Landstriche sowie die Wanderungen in entlegenste Winkel der Erde. Die Proben erzählen von Liebschaften oder Vergewaltigung, von der Partnerwahl ebenso wie vom kulturellem Austausch oder Isolation über Jahrhunderte hinweg. Bekannt ist, daß es zwischen Neanderthalern und den rätselhaften Denisova-Menschen vor mehr als 50.000 Jahren offenbar Kreuzungen gab.
- ("Homo sapiens" kam erst später zum Zug - klar, ihm war es in Sibirien zu kalt)
Neanderthaler wie auch Denisova-Menschen haben sich im Erbgut vieler heute lebender Populationen verewigt: von Australiern, Melanesiern und Asiaten. Die Tibeter verdanken ihre Höhenpassung einem Gen, das wahrscheinlich von den Denisova stammt.
2013 hat ein internationales Forscherteam unter Federführung von Prof. Dr. Johannes Krause von der Universität Tübingen in der Zeitschrift
'Current Biology' Ergebnisse einer Studie vorgestellt, in denen die DNA von ältesten Skelettfunden aus Deutschland untersucht worden sind, und damit die Theorie einer noch früheren Auswanderung des
"Homo sapiens" aus Afrika in Frage gestellt. Nun lautete die Frage:
- Wann verließ der moderne Mensch Afrika?
Die Lebenszeit des letzten gemeinsamen Vorfahren von Afrikanern und Nicht-Afrikanern bestimmten die Wissenschaftler über die mitochondrialen DNA-Linien auf 62.000 bis 95.000 Jahre vor heute. Das entspricht dem frühesten Zeitpunkt, den man bisher für die Auswanderung der anatomisch modernen Menschen aus Afrika angenommen hat. Wobei
"Homo sapiens" auf Umwegen nach Europa kam. Nordarabien war eine wichtige Migrationsroute und ein Knotenpunkt für die frühen Menschen. Entdeckungen an archäologischer Stätten von Überresten alter Seen in der Nefud-Wüste in Saudi-Arabien zeigten, daß es in dieser heute äußerst trockenen Region immer wieder Perioden verstärkter Regenfälle gab, die die Region in Grasland verwandelte und Seen und Wasserläufe entstehen ließen. Zudem fand ein internationales Forschungsteam heraus, daß sich frühe Menschen während jeder Phase des
"Grünen Arabiens" in der Region ausbreiteten und jeweils eine andere Art von materieller Kultur mitbrachten. Professor Dr. Jürgen Richter sagte:
- "Die Konsolidierung menschlicher Präsenz in der Region geschieht vor dem Hintergrund günstiger klimatischer Bedingungen. Die Menschen sind nicht durch stetige Ausbreitung aus Afrika heraus durch die Levante und weiter nach Europa und Asien gekommen. Vielmehr besiedelten sie zuerst einen küstennahen Streifen entlang des Mittelmeers."
- (also: so anpaßungsfähig wie unser großer Vetter uns immer zu suggerieren möchte, ist er wohl doch nicht. In Afrika wurde es ihm zu heiß, in Sibirien war es ihm zu kalt, also blieb er in Mitteleuropa und vermieste uns dort das Leben. tzz, tzz, tzz)
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)