Seidenraupe hat geschrieben:(18 Jan 2022, 00:25)
Ich denke man macht es sich oft zu einfach die Argumente der Impfgegner als "dumm" oder die Imofgegner als Leugner, Schwurbler, Spinner, Gefährliche darzustellen. (Dein Beitrag liest sich differenzierter als viele andere Debattenbeiträge)
Aber:
Wieviele Heilpraktiker gibt es in Deutschland? Wieviele Apotheken verkaufen Globuli? Wieviele Menschen vertrauen teilweise oder nahezu vollständig alternativen Heilmethoden statt der Schulmedizin?
Welche Partei diskutierte noch bis kurz vor der letzten Bundestagswahl darüber, Homöopathie (wirkunslose Globuli=Zuckerkügelchen) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzunehmen? Richtig erinnert. Die Grünen!
Warum sollten Menschen, die teils seit Jahrzehnten auf Homöopathie vertrauen plötzlich himmelhoch jauchend den Arm hinhalten um sich einen gentechnisch hergestellten mRNA oder Vektorimpfstoff spritzen zu lassen?
Das sid doch im grunde genau die LEute die dafür einstehen und die Politik auffordern, auf den Einsatz von genveränderten Lebensmitteln zu verzichten. Das sind eher Grünenwähler als Nazispinner wie sie teilweise böse betitelt werden.
Auch wenn ich 3x mit mrna geimpft bin gestehe ich JEDEM die Freiheit zu, sich gegen eine Impfung zu entscheiden.
Mir machen nicht die Angst, die sich aus gründlicher Überlegung heraus nicht impfen lassen wollen oder auf einen anderen Impfstoff warten.
Mir machen all die Angst, die gegen andere hetzen, sie beleidigen, sie herabwürdigen, ausgrenzen oder ihnen ganz unverhohlen im Krankheitsfall die Solidarität verweigern möchten.
Vertraut auf den Impfstoff - dann seid ihr gut geschützt und müsst euch icht vor den paar Ungeimpften in eurem Bekanntenkreis fürchten
Die Geimpften und die Ungeimpften leben sowieso meist in "getrennten Blasen"
Wir erreichen in Deutschland einen relevanten Teil der Bevölkerung wenigstens im Bereich der Medizin nicht (mehr) mit rationalen wissenschaftlichen Argumenten.
Aber deshalb werden die wissenschaftlichen Argumentationen ja nicht falsch.
Man kann zur Homöopathie einen individuellen Zugang wählen: "Es wirkt doch...also ist es richtig" - und ähnliches gilt für einige Handlungsoptionen bezüglich Heilpraktiker u.ä. - richtig ist aber wohl, dass viele der Effekte die in diesem teilweise esoterischen Umfeld passieren, entweder wissenschaftlich nicht nachweisbar sind, oder aber dem Placebo-Effekt unterliegen, oder dem persönlichen Verhältnis zwischen behandelndem "Arzt" und dem Patienten geschuldet sind.
Diese Punkte sollten und müssen berücksichtigt werden, wenn man über das Gesundheitssystem im ganzen nachdenkt - denn es zeigt auf, dass eine rein wirtschaftliche Betrachtung wohl deutlich zu kurz greift. Für gute Behandlungserfolge ist ein gutes Verhältnis zwischen dem Behandelnden und dem Patienten mindestens förderlich. Dies findet derzeit im Abrechnungssystem keinen Niederschlag - das ist ein Fehler.
ABER: Auch wenn gut erforschte Placeboeffekte und einige weitere relativ gut erforschte Beziehungsthematiken zwischen behandelnder Person und Patient eine Rolle spielen - die Wissenschaft kann man deshalb nicht übergehen.
Im Bereich der Impfstoffe sind wir jedoch im Bereich der Wissenschaft! Hier geht es darum, wie das menschliche Immunsystem funktioniert. Es geht darum, wie Viren funktionieren. Es geht darum, wie bestimmte Viren negativ auf den menschlichen Organismus wirken, und wie man eine Abwehr unter Nutzung urmenschlicher Eigenschaften organisieren kann - im konkreten Fall, wie man die menschliche Immunantwort effizient und möglichst auch effektiv auf potentielle Bedrohungen vorbereiten kann.
mRNA-Impfstoffe sind dabei eine dramatische Neuerung - nicht weil sie was generell revolutionär neues sind, sondern weil wir ENDLICH in der Lage sind, auf der Basis ausreichend wissenschaftlicher Erkenntnisse, die natürlichen Prozesse einer Infektion mit Corona-Viren im Körpfer VOR-zu simulieren....und zwar mit Varianten, die zwar das Immunsystem aktivieren, nicht aber die durch die Viren typischerweise verursachte Krankheit mit einzuschleppen.....
mRNA-Imfpstoffe sind deshalb so relativ Nebenwirkungsfrei, weil sie de facto im Körper vor allem die Reaktion hervorrufen, die ein Teil des Virus gegen den sie wirken auch hervorrufen würde. Da bei mRNA-Impfstoffen kaum weitere Wirkstoffe benötigt werden, um diese dem Körper zuzufügen, führt eine Impfung mit mRNA regelmäßig im schlimmsten Fall zu den Symptomen, die eine Infektion mit dem Virus auch auslösen würde. Nur - da ein mRNA-Impfstoff nur einen wohl bekannten Bruchteil des Virus adressiert, sind die zu erwartenden Nebenwirkungen definitiv regelmäßig harmloser, als eine Infektion mit dem Virus selbst.
Wenn also eine Infektion mit dem Virus selbst eine Wahrscheinlichkeit nahe von 100% bekommt, wie das bei der Omikron-Variante der Fall ist, dann ist die Impfung regelmäßig eine sehr gute Vorbeugung, aber genauso regelmäßig auch kein Risiko für die Geimpften - weil die Alternative wäre: Ungeimpft mit nahezu 100% Sicherheit dem nativen Virus ausgeliefert zu sein......
Und genau das beobachten wir derzeit fast schon wie im Lehrbuch:
Ungeimpfte landen mit schweren Symptomen zu häufig in den Kliniken und Intensivstationen, währen
Geimpfte anteilsmäßig und durch ihr Immunsystem regelmäßig besser vorbereitet eher seltener dort landen.
Beim Start einer Impfkampagne mit mRNA-Imfpstoffen habe ich noch ein gewisses Verständnis zur Skepsis von Impfgegnern.
Wenn aber mal mehrere hundert Millionen Menschen mit regelmäßig nur wenigen Nebenwirkungen geimpft sind....dann verlassen die Impfgegner faktisch regelmäßig den Weg der Wissenschaft und gleiten ab in esoterische und schwurblerische Argumentationslinien, die doch viel zu häufig auf der Basis von völlig unwissenschaftlichen Scheinfakten passieren.
Allenfalls gestehe ich den Impfgegnern heute noch zu, dass sie entweder Angst vor dem Piks haben (ich mag auch keine Spritzen - würde mich aber immer bei entsprechender wissenschaftlicher Datenlage impfen lassen!) oder aber den Weg der Ratio und Wissenschaft verlassen haben. Bei letzterem sind wir heute angelangt - Impfpflicht ist deshalb das Mittel der Wahl - wobei ich bei der Impfpflicht immer auch die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse mit berücksichtigt haben will - also beispielsweise ist schon die Frage, ob nicht eine Impfpflicht für Menschen ab 60 ausreicht.....