Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Moderator: Moderatoren Forum 7

Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Hier sind jetzt Beiträge aus dem Corona-Sammel-Strang untergebracht, die sich mit Zoonose im Zusammenhang mit Viren des Typs Sarscov-2 befaßt haben. Diese Beiträge störten dort die Diskussion um Verbreitung des Virus und seiner Mutationen, Impfstoffe, Lieferbarkeit.

Nicht ausgeschlossen, daß bei zu geringem Zuspruch diese Beiträge am Ende doch wieder im Corona-Sammelstrang landen.

H2O



Es läuft gerade bei Leschs Kosmos ein Beitrag ,.. und es geht (wieder einmal) über die Rolle von Fledertieren. An einer Stelle ging es um gewissermaßen die Durchdringung der früher eher getrennten Lebensbereiche von Mensch und Fledertieren. Es werden immer wieder die Wildtiermärkte in Südostasien angeführt. Ich würde wirklich gern mal wissen, welche Rolle die zunehmende Lichtverschmutzung dabei spielt. Meine Kenntnisse zum Thema sind völlig laienhaft. Ich überlege einfach nur systemisch. Gerade zu Zeiten der Hungerkatastrophen in China im vorigen Jahrhundert wird man vermutlich auf Wildtiere als Nahrungsquelle zurückgegriffen haben. Schlimme Pandemien sind daraus aber nicht entstanden. Irgendetwas muss heute anders sein. Fledertiere, Zoonosen, Lichtverschmutzung ... gibts da irgendwelche Erkenntnisse?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
olli
Beiträge: 2408
Registriert: Mo 11. Jan 2021, 17:57

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von olli »

schokoschendrezki hat geschrieben: Gerade zu Zeiten der Hungerkatastrophen in China im vorigen Jahrhundert wird man vermutlich auf Wildtiere als Nahrungsquelle zurückgegriffen haben. Schlimme Pandemien sind daraus aber nicht entstanden. Irgendetwas muss heute anders sein.
Früher lebten weniger Menschen und vor allem waren sie nicht so mobil wie heute. Wenn früher eine solche Infektion ausbrach blieb das eben lokal beschränkt und wird aufgrund fehlender Kommunikationswege häufig auch nicht groß publik geworden sein.
Kölner1302
Beiträge: 3642
Registriert: So 10. Jun 2018, 18:44

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Kölner1302 »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Jan 2021, 22:41)

Es läuft gerade bei Leschs Kosmos ein Beitrag ,.. und es geht (wieder einmal) über die Rolle von Fledertieren. An einer Stelle ging es um gewissermaßen die Durchdringung der früher eher getrennten Lebensbereiche von Mensch und Fledertieren. Es werden immer wieder die Wildtiermärkte in Südostasien angeführt. Ich würde wirklich gern mal wissen, welche Rolle die zunehmende Lichtverschmutzung dabei spielt. Meine Kenntnisse zum Thema sind völlig laienhaft. Ich überlege einfach nur systemisch. Gerade zu Zeiten der Hungerkatastrophen in China im vorigen Jahrhundert wird man vermutlich auf Wildtiere als Nahrungsquelle zurückgegriffen haben. Schlimme Pandemien sind daraus aber nicht entstanden. Irgendetwas muss heute anders sein. Fledertiere, Zoonosen, Lichtverschmutzung ... gibts da irgendwelche Erkenntnisse?
Die Fledermäuse haben ein besonderes Immunsystem. Sie werden nicht so schnell krank und sterben auch nicht so leicht an Mikroben.
Deswegen sammeln sich bei ihnen sehr viele Mikroben an. ZB. verbreiten sie neben SARS auch Ebola und andere widerliche Krankheiten.
Aber die Tiere sind sehr scheu. Die fliegen nicht nachts durchs Schlafzimmerfenster und beißen.
Sie leben meist in Höhlen und sind nachtaktiv. Sie haben ein Radarsystem mit dem sie nachts eine sehr gute Orientierung haben. Sie machen einen Bogen um Menschen.
Man muss sie also schon aufsuchen und treffen wollen.
Dafür kann es zB wissenschaftliche Gründe geben. Sie sind zB wegen ihres besonderen Immunsystems interessant, aber auch wegen der Mikroben, die in ihnen wohnen...
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Kölner1302 hat geschrieben:(27 Jan 2021, 00:37)

Die Fledermäuse haben ein besonderes Immunsystem. Sie werden nicht so schnell krank und sterben auch nicht so leicht an Mikroben.
Deswegen sammeln sich bei ihnen sehr viele Mikroben an. ZB. verbreiten sie neben SARS auch Ebola und andere widerliche Krankheiten.
Aber die Tiere sind sehr scheu. Die fliegen nicht nachts durchs Schlafzimmerfenster und beißen.
Sie leben meist in Höhlen und sind nachtaktiv. Sie haben ein Radarsystem mit dem sie nachts eine sehr gute Orientierung haben. Sie machen einen Bogen um Menschen.
Man muss sie also schon aufsuchen und treffen wollen.
Dafür kann es zB wissenschaftliche Gründe geben. Sie sind zB wegen ihres besonderen Immunsystems interessant, aber auch wegen der Mikroben, die in ihnen wohnen...
Ja. Aber sorry wenn ich nochmal nachfrage. Der Insektenrückgang ist ein reales nachgewiesenes Phänomen. (Man sollte nur eben von "Rückgang" und nicht von "Sterben" reden). Ist es nicht folgerichtig, wenn man vermutet, dass dieses Phänomen eine Auswirkung auf die Lebensweise von Fledertieren hat? Immerhin handelt es sich - soweit ich es verstanden habe - um ihre Hauptnahrungsquelle. Dass diese Tiere infolge Nahrungsmangel eben doch etwas weniger einen Bogen um Menschen machen, ist eine naheliegende Vermutung.

Und zweitens: Das Phänomen "Wildtiere in der Stadt" ist eben doch in dieser Intensität etwas neues. Füchse mehr oder weniger im Innenstadtbereich von Berlin ... das gab es im 20. Jahrhundert nicht, Nicht dass ich mich erinnern könnte. Also einfach grundsätzlich: Es gibt im urbanen Bereich ein engeres Zusammenleben von Mensch und Wilditer. Nicht nur irgendwo in China. Und es gibt in der Landwirtschaft eben weitestgehend nur noch monotone Raps-, Mais- und Kornfelder ohne Mohnblumen oder Kornblumen am Feldrand. Es fällt einem auf, sobald man irgendwo (z.B. in Osteuopa) in Gebiete mit weniger intensiver Landwirtschaft kommt. In den Städten in Mitteleuropa ist angeblich die Artenvielfalt bereits größer als im ländlichen Raum.

Gibt es nicht auch die Gefahr des Wiederrelevantwerdens von Tollwut?
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Es ist einfach so: Das Phänomen "Insektenrückgang" ist völlig neu und das Phänomen "Wildtiere in der Stadt" ist es auch. Der Verzehr von Wildfleisch und der Betrieb von Wildtiermärkten in Südöstasien dagegen ist überhaupt nix neues. Der Instinkt sagt einem doch, dass es für eine Zoonose eher zu ersterem einen Zusammenhang geben könnte. Auch wenn man von Biologie kaum eine Ahnung hat.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re:Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:29)

Ja. Aber sorry wenn ich nochmal nachfrage. Der Insektenrückgang ist ein reales nachgewiesenes Phänomen. (Man sollte nur eben von "Rückgang" und nicht von "Sterben" reden). Ist es nicht folgerichtig, wenn man vermutet, dass dieses Phänomen eine Auswirkung auf die Lebensweise von Fledertieren hat? Immerhin handelt es sich - soweit ich es verstanden habe - um ihre Hauptnahrungsquelle. Dass diese Tiere infolge Nahrungsmangel eben doch etwas weniger einen Bogen um Menschen machen, ist eine naheliegende Vermutung.

Und zweitens: Das Phänomen "Wildtiere in der Stadt" ist eben doch in dieser Intensität etwas neues. Füchse mehr oder weniger im Innenstadtbereich von Berlin ... das gab es im 20. Jahrhundert nicht, Nicht dass ich mich erinnern könnte. Also einfach grundsätzlich: Es gibt im urbanen Bereich ein engeres Zusammenleben von Mensch und Wilditer. Nicht nur irgendwo in China. Und es gibt in der Landwirtschaft eben weitestgehend nur noch monotone Raps-, Mais- und Kornfelder ohne Mohnblumen oder Kornblumen am Feldrand. Es fällt einem auf, sobald man irgendwo (z.B. in Osteuopa) in Gebiete mit weniger intensiver Landwirtschaft kommt. In den Städten in Mitteleuropa ist angeblich die Artenvielfalt bereits größer als im ländlichen Raum.

Gibt es nicht auch die Gefahr des Wiederrelevantwerdens von Tollwut?
Zunächst zur Tollwut: wäre mir bisher entgangen, ansonsten warnen manche, Borna könnte das neue Tollwut werden.
Fledis: seit langem gibt es Spezialisten mit intensivem Kontakt mit heimischen Arten, zum Beispiel in Pflegestationen der Naturschutzverbände. Ich sehe keine relevante Veränderung, was den Sprung potenzieller Zoonosen anbelangt. Im Siedlungsraum sind Fledis seit je, leiden eher unter Verlust von Höhlen (Rückzug alter Bäume, energetische Sanierung).
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Corella hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:50)

Zunächst zur Tollwut: wäre mir bisher entgangen, ansonsten warnen manche, Borna könnte das neue Tollwut werden.
Fledis: seit langem gibt es Spezialisten mit intensivem Kontakt mit heimischen Arten, zum Beispiel in Pflegestationen der Naturschutzverbände. Ich sehe keine relevante Veränderung, was den Sprung potenzieller Zoonosen anbelangt. Im Siedlungsraum sind Fledis seit je, leiden eher unter Verlust von Höhlen (Rückzug alter Bäume, energetische Sanierung).
O.k. Irgendetwas ist heute auch irgendwo durch die Nachrichten gegangen. Ich habs nur leider nur mit halbem Ohr mitbekommen. Die WHO (?) hat ihre Analysen zum Thema wieder aufgenommen. Und es handele sich auch nicht um eine direkte Zoonose von Fledertieren zum Menschen sondern es müsse irgendeine Zwischenstation gegeben haben (?) ...

Aber dessenungeachtet. Der Insektenrückgang ist für mich schon ein sehr außergewöhnliches Phänomen. Und er wird schon entweder Ursache oder auch Symptom für weitergehende Änderungen in der Natur sein. Bei so komplexen Systemen kommt man mit der Suche nach einfachen Kausalketten zumindest im Anfang nicht weit.
Zuletzt geändert von schokoschendrezki am Fr 29. Jan 2021, 14:03, insgesamt 1-mal geändert.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
yogi61
Beiträge: 58351
Registriert: So 1. Jun 2008, 11:00
user title: Jugendbeauftragter
Wohnort: Bierstadt von Welt

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von yogi61 »

Corella hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:50)

Zunächst zur Tollwut: wäre mir bisher entgangen, ansonsten warnen manche, Borna könnte das neue Tollwut werden.
Fledis: seit langem gibt es Spezialisten mit intensivem Kontakt mit heimischen Arten, zum Beispiel in Pflegestationen der Naturschutzverbände. Ich sehe keine relevante Veränderung, was den Sprung potenzieller Zoonosen anbelangt. Im Siedlungsraum sind Fledis seit je, leiden eher unter Verlust von Höhlen (Rückzug alter Bäume, energetische Sanierung).
Es gab seit 1995 zwischen 10 und 20 Bornafälle, ganz genau weiss man das nicht. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das eine grosse Rolle spielt und wie Du schon richtig schriebst, Fledermäuse spielen hier keine grosse Rolle und wenn die Population durch günstige Umstände mal zunimmt, dann gibt es auch in der Regel eine Zunahme von Waldohreulen, für die Fledermäuse in der Dämmerung ziemlich leichte Opfer sind. Es ist schon so, zur Fledermaus muss der Mensch schon hingehen und das tut er leider mutmasslich auch.
Two unique places, one heart
https://www.youtube.com/watch?v=Ca9jtQhnjek
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

yogi61 hat geschrieben:(29 Jan 2021, 14:06)

Es gab seit 1995 zwischen 10 und 20 Bornafälle, ganz genau weiss man das nicht. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das eine grosse Rolle spielt und wie Du schon richtig schriebst, Fledermäuse spielen hier keine grosse Rolle und wenn die Population durch günstige Umstände mal zunimmt, dann gibt es auch in der Regel eine Zunahme von Waldohreulen, für die Fledermäuse in der Dämmerung ziemlich leichte Opfer sind. Es ist schon so, zur Fledermaus muss der Mensch schon hingehen und das tut er leider mutmasslich auch.
Ja. o.k. Ich verstehe das schon. Fledertiere bilden einfach aufgrund ihrer Eigenschaften ein Virenreservoir. Aber bei allen Beiträgen, die ich dazu las, auch aktuellen, ist davon die Rede, dass der eigentliche Spill Over auf den Menschen unklar ist. Wildtiermärkte gibt es schon lange in China. Und ein tatsächlicher direkter Kontakt von Menschen in der Region Wuhan zu Fledermäusen - in welcher Form auch immer - ist bei nur sehr sehr wenig Personen nachweisbar. Ich glaube gehört zu haben, dass möglicherweise Marderhunde als Zwischenwirt in Frage kommen.

Aber unabhängig davon und nochmal: Auch als Laie ist einem doch irgendwie klar, dass der Insektenrückgang ganz einfach ein außergewöhnliches Phänomen ist. Dass in den komplexen Gleichgewichtslagen der Natur sich irgendetwas auf gravierende Art und Weise verschoben haben muss. Anders als beim Aussterben einzelner Arten.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Jan 2021, 14:38)

Ja. o.k. Ich verstehe das schon. Fledertiere bilden einfach aufgrund ihrer Eigenschaften ein Virenreservoir. Aber bei allen Beiträgen, die ich dazu las, auch aktuellen, ist davon die Rede, dass der eigentliche Spill Over auf den Menschen unklar ist. Wildtiermärkte gibt es schon lange in China. Und ein tatsächlicher direkter Kontakt von Menschen in der Region Wuhan zu Fledermäusen - in welcher Form auch immer - ist bei nur sehr sehr wenig Personen nachweisbar. Ich glaube gehört zu haben, dass möglicherweise Marderhunde als Zwischenwirt in Frage kommen.

Aber unabhängig davon und nochmal: Auch als Laie ist einem doch irgendwie klar, dass der Insektenrückgang ganz einfach ein außergewöhnliches Phänomen ist. Dass in den komplexen Gleichgewichtslagen der Natur sich irgendetwas auf gravierende Art und Weise verschoben haben muss. Anders als beim Aussterben einzelner Arten.
Was die Dramatik des Artensterbens anbelangt, weißt Du doch wohl, dass in bisheriger Teilnehmerrunde Einvernehmen.
Bzgl mitteleuropäischer Insekten: Krefelder mit Beobachtungen der Biomasse (= Individuen), mehrere 10%, glaube 50. Und Nature paper der TU München, ein Jahr alt, 30% Artenschwund in den letzten 10 Jahren mit kleinen Nuancen über alle Lebensräume und ökologischen Nischen.
Ich habe nur keine Idee, es mit CoV19 und Lichtverschmutzung in Verbindung zu bringen. Grundsätzliche Ideen gäbe es schon: je höher die Populationsdichte, hier Mensch, desto tendenziell anfälliger für kleiner werdende Prädatoren, wenn man Baktos und Viren so auffassen will.
Beim CoV19 geschah offenbar ein Sprung aus einem Wildtier. Solche Sprünge müssen gewöhnlich Barrieren überwinden. Sie können räumliche sein, in den Fällen spielt die Erschließung von Wildnisgebieten eine Rolle, oder physiologisch. In letztem Fall zählen quantitative Aspekte, häufiger Kontakt, große Reservoire.
Dein grundsätzliches Unbehagen für steigende Anfälligkeiten völlig unbenommen, nur CoV19 drängt sich mir nicht auf.
Benutzeravatar
Quatschki
Beiträge: 13178
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 09:14
Wohnort: Make Saxony great again

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Quatschki »

Der Insektenrückgang korrelliert einerseits mit der Ausbreitung des Mobilfunks, möglicherweise aber auch mit der Einführung neuer Kunststoffe, Nanoteilchen usw. und mit der Globalisierung, weltweiter just-in-time Containerverkehr, ungehemmter Verbreitung diverser invasiver Arten, Pilze, Mikroorganismen, die wie einst die Wanderratten an Bord der Segelschiffe in fremden Ökosystemen für Kahlschlag sorgen können
Forschung in diesem Bereich findet statt, aber mit sehr überschaubaren Ressourcen, die in keinster Weise den damit verbundenen Auswirkungen und Gefahren angemessen sind.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
„Dies ist wieder ein Exempel!“
Troh.Klaus
Beiträge: 6222
Registriert: Sa 28. Okt 2017, 21:56

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Troh.Klaus »

Quatschki hat geschrieben:(30 Jan 2021, 17:38)
Der Insektenrückgang korrelliert einerseits mit der Verbreitung des Mobilfunks, möglicherweise aber auch mit der Einführung neuer Kunststoffe, Nanoteilchen usw. und mit der Globalisierung, weltweiter just-in-time Containerverkehr, ungehemmter Verbreitung diverser invasiver Arten, Pilze, Mikroorganismen, die wie einst die Wanderratten an Bord der Segelschiffe in fremden Ökosystemen für Kahlschlag sorgen können
Forschung in diesem Bereich findet statt, aber mit sehr überschaubaren Ressourcen, die in keinster Weise den damit verbundenen Auswirkungen und Gefahren angemessen sind.
Und die Landwirtschaft samt Chemieeinsatz hat nichts damit zu tun? Nicht erwähnenswert im Vergleich zu von Dir genannten "Ursachen"?
Benutzeravatar
Quatschki
Beiträge: 13178
Registriert: Mi 4. Jun 2008, 09:14
Wohnort: Make Saxony great again

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Quatschki »

Troh.Klaus hat geschrieben:(30 Jan 2021, 17:45)

Und die Landwirtschaft samt Chemieeinsatz hat nichts damit zu tun? Nicht erwähnenswert im Vergleich zu von Dir genannten "Ursachen"?
Glyphosat kommt selbstverständlich ebenso in Frage,
und überhaupt diese ganzen Gen-Geschichten als neue, seit einigen Jahren in die Natur eingebrachte Faktoren, die im Grunde nicht beherrschbar sind.
Benutzeravatar
Teeernte
Beiträge: 32036
Registriert: Do 11. Sep 2014, 18:55
user title: Bedenkenträger

Re: Re:Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Teeernte »

Corella hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:50)

Zunächst zur Tollwut: wäre mir bisher entgangen, ansonsten warnen manche, Borna könnte das neue Tollwut werden.
Fledis: seit langem gibt es Spezialisten mit intensivem Kontakt mit heimischen Arten, zum Beispiel in Pflegestationen der Naturschutzverbände. Ich sehe keine relevante Veränderung, was den Sprung potenzieller Zoonosen anbelangt. Im Siedlungsraum sind Fledis seit je, leiden eher unter Verlust von Höhlen (Rückzug alter Bäume, energetische Sanierung).
In Deutschland kam es 2005 zu mehreren Todesfällen durch Tollwut. Eine Patientin infizierte sich in Indien mit der Tollwut. Die Symptome der Krankheit wurden damals dem Drogenkonsum der Patientin zugeschrieben und so kam es nach dem Tod der Patientin zu Infektionen bei mehreren Organtransplantierten, die Organe von der Patientin erhielten.
Mangelnde Kontrolle im Gesundheitswesen... wie bei Blutübertragungen - Aufgrund von Gewinnmaximierung.
Obs zu kalt, zu warm, zu trocken oder zu nass ist:.... Es immer der >>menschgemachte<< Klimawandel. :D
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Corella hat geschrieben:(30 Jan 2021, 17:00)

Was die Dramatik des Artensterbens anbelangt, weißt Du doch wohl, dass in bisheriger Teilnehmerrunde Einvernehmen.
Bzgl mitteleuropäischer Insekten: Krefelder mit Beobachtungen der Biomasse (= Individuen), mehrere 10%, glaube 50. Und Nature paper der TU München, ein Jahr alt, 30% Artenschwund in den letzten 10 Jahren mit kleinen Nuancen über alle Lebensräume und ökologischen Nischen.
Ich habe nur keine Idee, es mit CoV19 und Lichtverschmutzung in Verbindung zu bringen. Grundsätzliche Ideen gäbe es schon: je höher die Populationsdichte, hier Mensch, desto tendenziell anfälliger für kleiner werdende Prädatoren, wenn man Baktos und Viren so auffassen will.
Beim CoV19 geschah offenbar ein Sprung aus einem Wildtier. Solche Sprünge müssen gewöhnlich Barrieren überwinden. Sie können räumliche sein, in den Fällen spielt die Erschließung von Wildnisgebieten eine Rolle, oder physiologisch. In letztem Fall zählen quantitative Aspekte, häufiger Kontakt, große Reservoire.
Dein grundsätzliches Unbehagen für steigende Anfälligkeiten völlig unbenommen, nur CoV19 drängt sich mir nicht auf.
Ja. Ich geb ja zu, dass ich einfach nur und vor allem als Laie versuche, Korrelationen von aktuellen Phänomen zu suchen. Ohne die Mögklichkeit, wirklich Kausalitäten verfolgen zu können ...

Bei dem Sprung der CoV19-Viren zum Menschen - ich weiß nicht, ob das hier schon thematisiert wurde - spielen aber offfenbar tatsächlich Zwischenwirte eine Rolle. Vom Marderhund und der Schleichkatze ist die Rede. Und tatsächlich ist es so, dass in den letzten Tagen internationale Experten der WHO damit begonnen haben, die für sie geschlossenen Wildtiermärkte in Wuhan zu untersuchen. Es gibt mehrere aktuelle Meldungen dazu. U.a. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... t-in-Wuhan

Es ist aber und insbesondere in China schwierig. Behördenversäumnisse könnten aufgedeckt werden. Andere Schuldige könnten gefunden werden. Ähnlich wie bei der Fukushima-Katastrophe gibt es in Ländern wie China oder Japan eine für mich nicht nachvollziehbare irrationale Solidarisierung selbst der geschädigten und betroffenen Bevölkerung mit der eigenen Region und Nation. Auf die man nix kommen lassen will.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Quatschki hat geschrieben:(30 Jan 2021, 17:38)

Der Insektenrückgang korrelliert einerseits mit der Ausbreitung des Mobilfunks, möglicherweise aber auch mit der Einführung neuer Kunststoffe, Nanoteilchen usw. und mit der Globalisierung, weltweiter just-in-time Containerverkehr, ungehemmter Verbreitung diverser invasiver Arten, Pilze, Mikroorganismen, die wie einst die Wanderratten an Bord der Segelschiffe in fremden Ökosystemen für Kahlschlag sorgen können
Forschung in diesem Bereich findet statt, aber mit sehr überschaubaren Ressourcen, die in keinster Weise den damit verbundenen Auswirkungen und Gefahren angemessen sind.
Diesen Beitrag kann man auf der einen Seite ironsich lesen. Und vielleicht ist er ja auch so gemeint.

Auf der anderen Seite ist das Auffinden von Korrelationen als Strategie für kurzfristige Problemlösungen erstmal nicht grundsätzlich verkehrt. Man hat häufig einfach nicht die Zeit. Zigmal stand und stehe ich in meinem Berufsleben vor solchen Fragestellungen: Die Webseite funktioniert nicht, die Prüfungsanmeldung funktioniert nicht, der OPAC der Hochschulbibliothek liefert keine Ergebnisse usw. usf. Man kann jetzt natürlich drei Tage lang Logdateien auf Fehlermeldungen durchforsten. Oder man versucht zunächst einmal, Korrelationen mit bedeutsamen Änderungen in jüngerer Zeit zu finden. Meist ist eine Kombination von beidem die richtige Strategie. Dass man versucht, ersteinmal kurzfristig ein aktuelles Problem zu beheben. Und dann in Ruhe die eigentlichen Zusammenhänge analysiert. Ich lag bei diesem mehr oder weniger instinktgeleiteten Auffinden von Korrelationen fast immer richtig. Zum Beispiel: Eine Änderung in dern organisatorischen Abläufen des Lehrbetriebs hat erstmal überhauptnix mit einem Softwareproblem zu tun. Kann aber eben zum Beispiel zu einer ungewollten zeitlichen Synchronisation mit entsprechenden kurzzeitigen Performance-Überlastungen führen. Und in der Folge zu entsprechenden Serverproblemen.

Es gibt übrigens einen verhältnismäßig neuen Wissenschaftszweig. Den der "Zuordnungsforschung" (oder Attibutionsforschung), Dabei geht es um den Grad des Einflusses von Menschen auf den Klimawandel. Eine Deutsche (Friederike Otto, Leiterin des Environmental Change Instituts in Oxford) ist der internationale Star dieser Disziplin. So ganz habe ich den Ansatz noch nicht verstanden. Worin sich diese Attritbutionsforschung von der "eigentlichen" Klimatologie eigentlich unterscheidet. Aber vorstellbar ist es doch, dass die Ergebnisse dort sich auch auf die Analyse der Entstehung von Pandemien übertragen lassen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Feb 2021, 13:38)

Ja. Ich geb ja zu, dass ich einfach nur und vor allem als Laie versuche, Korrelationen von aktuellen Phänomen zu suchen. Ohne die Mögklichkeit, wirklich Kausalitäten verfolgen zu können ...

Bei dem Sprung der CoV19-Viren zum Menschen - ich weiß nicht, ob das hier schon thematisiert wurde - spielen aber offfenbar tatsächlich Zwischenwirte eine Rolle. Vom Marderhund und der Schleichkatze ist die Rede. Und tatsächlich ist es so, dass in den letzten Tagen internationale Experten der WHO damit begonnen haben, die für sie geschlossenen Wildtiermärkte in Wuhan zu untersuchen. Es gibt mehrere aktuelle Meldungen dazu. U.a. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... t-in-Wuhan
Bin auf altem Stand, weiß nicht. Habe auch mal die Meldungen vernommen, wonach Zwischenstationen vermutet werden. Aber warum? Der bisher(?) bekannte, nächste Wirt wäre jene Fledermaus. Der Virenstamm ist, siehe Phylogeniestudie, noch recht weit weg, also relativ natürlich. Statt Zwischenwirte zu postulieren, fänd ich naheliegender, dass der "richtige" Stamm halt noch nicht gefunden ist.
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Feb 2021, 14:02)

Es gibt übrigens einen verhältnismäßig neuen Wissenschaftszweig. Den der "Zuordnungsforschung" (oder Attibutionsforschung), Dabei geht es um den Grad des Einflusses von Menschen auf den Klimawandel. Eine Deutsche (Friederike Otto, Leiterin des Environmental Change Instituts in Oxford) ist der internationale Star dieser Disziplin. So ganz habe ich den Ansatz noch nicht verstanden. Worin sich diese Attritbutionsforschung von der "eigentlichen" Klimatologie eigentlich unterscheidet. Aber vorstellbar ist es doch, dass die Ergebnisse dort sich auch auf die Analyse der Entstehung von Pandemien übertragen lassen.
Nach meiner Wahrnehmung geht es um Näherungslösungen zum Problem, dass man Einzelereignisse schwer dem Klimawandel zuordnen kann. Eine typische Aussage ist, dass ein soundsoviel jährliches Ereignis, das eingetreten ist, um xy% unter den Bedingungen des bereits erreichten Wandels wahrscheinlicher wurde. Und diese neue Jährlichkeit wird dem dann zugeordnet, das meint wohl Attribution.
Das ginge theoretisch auch für Pandemielage. Aber praktisch dürfte es weder hinreichend Falldaten geben, zum Glück, noch können wir Kontaktereignisse, Vektorpotentiale, Ausbreitungsgeschehen modellieren. Wir können sagen, wo und warum Anfälligkeiten, Risiken steigen, sowas schon.
Benutzeravatar
X3Q
Beiträge: 5515
Registriert: So 7. Okt 2012, 08:46
user title: Pro Gloria et Coetus

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von X3Q »

Corella hat geschrieben:(02 Feb 2021, 14:33)

Bin auf altem Stand, weiß nicht. Habe auch mal die Meldungen vernommen, wonach Zwischenstationen vermutet werden. Aber warum? ...
Sequenzanalysen. Aus Schuppertieren wurden Genome von Coronaviren isoliert, die in ihrer Sequenz hohe Ähnlichkeiten zu den Fledermaus- und SARS-CoV2-Viren auszeigten. Beim genaueren Vergleich der RBD (Receptor Binding Domain) weisen die Coronaviren aus den Schuppentieren mit SARS-CoV2 fünf identische Aminosäuren im kritischen Sequenzbereich auf. Mit den Fledermaus-Viren gibt es in diesem Bereich hingegen nur 1 Übereinstimmung.
Und dann gibt es da noch ein paar weitere Sequenzähnlichkeiten, welche Schuppentiere als Zwischenstation zwischen Fledermaus und Mensch sehr wahrscheinlich erscheinen lassen.

--X
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Jan 2021, 14:38)

Ja. o.k. Ich verstehe das schon. Fledertiere bilden einfach aufgrund ihrer Eigenschaften ein Virenreservoir. Aber bei allen Beiträgen, die ich dazu las, auch aktuellen, ist davon die Rede, dass der eigentliche Spill Over auf den Menschen unklar ist. Wildtiermärkte gibt es schon lange in China. Und ein tatsächlicher direkter Kontakt von Menschen in der Region Wuhan zu Fledermäusen - in welcher Form auch immer - ist bei nur sehr sehr wenig Personen nachweisbar. Ich glaube gehört zu haben, dass möglicherweise Marderhunde als Zwischenwirt in Frage kommen.
Es muss auch keine große Zahl von Menschen in Erstkontakt mit dem tierischen Träger gekommen sein. Die eigentliche Verbreitung findet dann von Mensch zu Mensch statt: Der "wurzellose" Superspreader, der durch die Welt jettet, mit unzähligen Menschen in kurzer Zeit Kontakt hat, die große Konzentration von Menschen in Millionenmetropolen, dort die vorherrschenden öffentlichen Verkehrsmittel statt Indvidualverkehr, der zunehmende Verschmähung des ländlichen Raumes, des vereinzelteren Lebenstils, Kinos, Stadien, Konzerte, Zwangsbeschulung, Präsenzpflichten in der Arbeitswelt, auf Ämtern...

Von vielen früheren Zoonosen hat man vermutlich gar nicht erst Notiz genommen, weil sie sich mangels Ausbreitungsmöglichkeiten schnell totliefen
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

X3Q hat geschrieben:(02 Feb 2021, 18:01)

Sequenzanalysen. Aus Schuppertieren wurden Genome von Coronaviren isoliert, die in ihrer Sequenz hohe Ähnlichkeiten zu den Fledermaus- und SARS-CoV2-Viren auszeigten. Beim genaueren Vergleich der RBD (Receptor Binding Domain) weisen die Coronaviren aus den Schuppentieren mit SARS-CoV2 fünf identische Aminosäuren im kritischen Sequenzbereich auf. Mit den Fledermaus-Viren gibt es in diesem Bereich hingegen nur 1 Übereinstimmung.
Und dann gibt es da noch ein paar weitere Sequenzähnlichkeiten, welche Schuppentiere als Zwischenstation zwischen Fledermaus und Mensch sehr wahrscheinlich erscheinen lassen.

--X
Danke! ...was aber eine eigenständig entwickelte Struktur sein kann, wofür wohl einiges sprach, nachdem die Sequenzierung vollständiger vorlag. So ein älterer Kommentar:
https://www.spektrum.de/news/neues-raet ... us/1709380
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(02 Feb 2021, 19:43)

Es muss auch keine große Zahl von Menschen in Erstkontakt mit dem tierischen Träger gekommen sein. Die eigentliche Verbreitung findet dann von Mensch zu Mensch statt: Der "wurzellose" Superspreader, der durch die Welt jettet, mit unzähligen Menschen in kurzer Zeit Kontakt hat, die große Konzentration von Menschen in Millionenmetropolen, dort die vorherrschenden öffentlichen Verkehrsmittel statt Indvidualverkehr, der zunehmende Verschmähung des ländlichen Raumes, des vereinzelteren Lebenstils, Kinos, Stadien, Konzerte, Zwangsbeschulung, Präsenzpflichten in der Arbeitswelt, auf Ämtern...

Von vielen früheren Zoonosen hat man vermutlich gar nicht erst Notiz genommen, weil sie sich mangels Ausbreitungsmöglichkeiten schnell totliefen
Den irionischen Unterton höre ich durchaus heraus ... Aber übrelege dir mal: Madras, Jakarta, Kalkutta ... Städtemonster mit Bevölkerungsdichten über 20 000 pro qkm. Mit teils unsäglichen hygienischen Verhältnissen. Ein S-Bahnwagen in Berlin oder Berlin als Stadt (ca. 4000 Ew pro qkm) ist gar nix dagegen. Und immer und auch schon im vorigen Jahrhundert reisten die entsprechenden Kolonialverwalter hin und her von und nach Europa. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass an irgendeiner Stelle 2021 systemisch etwas anders sein muss.

Aber davon mal abgesehen. Klimakrise, nicht zuletzt hervorgerufen durch CO2-Eintrag infolge von Überhandnehmen von motorisiertem Individualverkehr und Pandemien ... das kann man nicht einfach trennen oder das eine mehr bewichten als das andere. Wenn nach Abebben der aktuellen Pandemie die Leute nur noch in ihren Autos sitzen und ihre Pizzas auf dem Parkplatz essen ... mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke!
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Beitrag von schokoschendrezki »

In der Reihe "Hörsaal" von DLF Nova gab es übrigens vor gut einer Woche einen interessanten Vortrag des Historikers Malthe Thiessen zum Thema "Geschichte von Seuchen und Pandemien". (https://www.deutschlandfunknova.de/beit ... ndenboecke) Eine der Kernaussagen war, dass, ob man das nun will oder nicht oder gut findet oder nicht, Seuchen in der Geschichte realiter immer so etwas wie eine sozial-gesellschaftliche "Kalibrierungswirkung" hatten. Die eine Gruppen hatte einen Grund, sich von der anderen abzusetzen. Die Pest wurde von Juden eingeschleppt. Das Bild des "verlausten" Osteuropäers entstand. Aids war halt eine Schwulenseuche. Und für Donald Trump ist das Coronavirus eben das "chinesische" Virus.

Und in diesem Zusammenhang verwies er darauf, dass so auch das Bild von der "Stadt" als Seuchenherd und Sündenpfuhl entstand. Dass aber dieses Bild nur eben durch Pandemien verstärkten Feindbildern und Sündenbockschemas entspringt.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Feb 2021, 11:25)
...dass an irgendeiner Stelle 2021 systemisch etwas anders sein muss...
Globalisierung? Wirtschaftswettbewerb hat sich internationalisiert, nationale Konflikte gelindert, schließlich sind sie teuer. Aber Vorsorge und Standards sind auch teuer. Wer gibt was für die WHO? Wer bricht wissenschaftliche Empfehlungen auf konkretes politisches Handeln runter? Da hat im Wettbewerb keiner für Zeit oder Geld. Feigenblätter für PR, oder Investitionen, die man etikettieren kann, aber echte Standards? Das sind Hemmnisse, bis es dann passiert.
Ebiker
Beiträge: 6252
Registriert: Mo 16. Mai 2016, 11:06
user title: Elektrowitsch 1. Ordnung

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Ebiker »

Nach der Pandemie ist vor der Pandemie

https://www.bbc.com/news/world-europe-56140270
Folgen sie den Anweisungen
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Papaloooo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:42)

Es ist einfach so: Das Phänomen "Insektenrückgang" ist völlig neu und das Phänomen "Wildtiere in der Stadt" ist es auch. Der Verzehr von Wildfleisch und der Betrieb von Wildtiermärkten in Südöstasien dagegen ist überhaupt nix neues. Der Instinkt sagt einem doch, dass es für eine Zoonose eher zu ersterem einen Zusammenhang geben könnte. Auch wenn man von Biologie kaum eine Ahnung hat.
Sehr häufig geschahen und geschehen Zoonosen aus den HxNx-Virentypen.
Die H1N1 (Schweinegrippe) gehört mit dazu.
Ein ein- bis niedriger zweistelliger Anteil unseres Genoms stammt aus Zoonosen,
meist von den Vögeln.
Vererbt wird das immer dann an die Folgegenerationen,
wenn es beim infizierten Menschen die Keimzellen infiziert.
In den meisten Fällen stirbt der Embryo dann ab.
Nun hat der Mensch keinen Vorteil von der Vogel-DNA.
Diese sitzt auch meist in den Telomeren (an den Chromosomen-Enden),
wo sie ohnehin nicht in eine RNA übersetzt wird,
das heißt also, nicht ausgelesen wird.

Die meisten zoonotische HxNx-Viren haben es auch nicht geschafft,
nach dem Sprung von Tier zu Mensch dann von Mensch zu Mensch weitergegeben zu werden.

Dies geschieht meist, wenn eine menschliche Zelle zugleich von einem zoonotischen und einem menschlichen Virus befallen ist.
Dann können sich beide Viren in ihrem Erbgut vermischen,
und das Hybrid-Virus ist dann ggf. auf den Menschen optimiert.

Man sollte dabei aber auch nicht vergessen,
dass es ohne die Zoonosen bis jetzt auf der Erde maximal niedere Lebensformen (wie im Kambrium) gäbe.
Gerade zoonotische Viren ermöglichen den Gentransfer zwischen den Spezies,
und so müssen genetische Errungenschaften durch Mutation und Selektion nicht auf jedem Ast der evolutiven Stammbaumes neu erfunden werden.

Die Viren versetzen die Evolution in die Lage,
dass es in dem Stammbaum zwischen den Zweigen Querverbindungen gibt.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
X3Q
Beiträge: 5515
Registriert: So 7. Okt 2012, 08:46
user title: Pro Gloria et Coetus

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von X3Q »

Papaloooo hat geschrieben:(22 Feb 2021, 07:03)


Man sollte dabei aber auch nicht vergessen,
dass es ohne die Zoonosen bis jetzt auf der Erde maximal niedere Lebensformen (wie im Kambrium) gäbe.
Das halte ich für eine sehr gewagte These.

—X
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:42)

Es ist einfach so: Das Phänomen "Insektenrückgang" ist völlig neu und das Phänomen "Wildtiere in der Stadt" ist es auch. Der Verzehr von Wildfleisch und der Betrieb von Wildtiermärkten in Südöstasien dagegen ist überhaupt nix neues. Der Instinkt sagt einem doch, dass es für eine Zoonose eher zu ersterem einen Zusammenhang geben könnte. Auch wenn man von Biologie kaum eine Ahnung hat.
Tja, oder dass Proben von infizierten Tieren zu Forschungszwecken über größere Strecken transportiert werden, dass Viren modifiziert werden, um ansteckender zu sein (gain of function), dass es auch Vorfälle in solchen Hochsicherheitslaboren geben kann...

Ein sehr detaillierter Einblick: https://yurideigin.medium.com/lab-made- ... 6dd7413748
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47036
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(29 Jan 2021, 13:42)

Es ist einfach so: Das Phänomen "Insektenrückgang" ist völlig neu und das Phänomen "Wildtiere in der Stadt" ist es auch. Der Verzehr von Wildfleisch und der Betrieb von Wildtiermärkten in Südöstasien dagegen ist überhaupt nix neues. Der Instinkt sagt einem doch, dass es für eine Zoonose eher zu ersterem einen Zusammenhang geben könnte. Auch wenn man von Biologie kaum eine Ahnung hat.
Kann ja tatsächlich genau so sein. Danach sind aber wirklich sehr viele Fragen zu stellen, die von anderen Ursachen für den Insektenschwund ausgehen, bis endgültig gar nichts anderes mehr übrig bleibt als Ihre Theorie.
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Papaloooo »

X3Q hat geschrieben:(22 Feb 2021, 14:48)

Das halte ich für eine sehr gewagte These.

—X
Schau mal hier:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Horizon ... entransfer
Aber dennoch richtig, über das Ausmaß diesbezüglich, also der Rolle in der Evolution, lässt sich streiten.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

H2O hat geschrieben:(22 Feb 2021, 16:22)

Kann ja tatsächlich genau so sein. Danach sind aber wirklich sehr viele Fragen zu stellen, die von anderen Ursachen für den Insektenschwund ausgehen, bis endgültig gar nichts anderes mehr übrig bleibt als Ihre Theorie.
Also "völlig neu" @Schoko ist völlig übertrieben! Was stimmt, mit Verweis auf schon verlinktes Nature paper der TU München, ist, dass Profis auf sehr niedriger Erwartung nochmal negativ überrascht sind, für die letzten 10 Jahre.
Am grundsätzlichen, wonach Lebensraumverlust maßgebliche Ursache ist, hat sich ebenfalls nichts geändert und das kann man artspezifisch auch konkretisieren. Es ist nicht alles immer so unbekannt! Aber einiges schon. So steht m.W. ein zusätzlicher Effekt der Neonics als Verdacht im Raum.
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47036
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von H2O »

Corella hat geschrieben:(22 Feb 2021, 18:34)

Also "völlig neu" @Schoko ist völlig übertrieben! Was stimmt, mit Verweis auf schon verlinktes Nature paper der TU München, ist, dass Profis auf sehr niedriger Erwartung nochmal negativ überrascht sind, für die letzten 10 Jahre.
Am grundsätzlichen, wonach Lebensraumverlust maßgebliche Ursache ist, hat sich ebenfalls nichts geändert und das kann man artspezifisch auch konkretisieren. Es ist nicht alles immer so unbekannt! Aber einiges schon. So steht m.W. ein zusätzlicher Effekt der Neonics als Verdacht im Raum.
Dazu mußte ich wirklich nachschlagen... heutzutage nach-googeln. Sollte also tatsächlich LED-Licht & Co. für den Insektenschwund mitverantwortlich sein? Oder nicht doch unser ausdauerndes Streben danach, die Natur nach unseren Vorstellungen zu gestalten und alles zu vernichten, was unseren Zielen im Wege steht?

Eine kleine Theorie neulich war doch, daß milde Winter Parasiten begünstigen, die Insektenlarven vernichten. Inzwischen hatten wir ja einige Winter ohne Schnee und Frost. Allerdings kann ich nicht behaupten, daß hier in Pommern am Haff inmitten von Natura 2000 ein Mangel an Stechfliegen, Pferdebremsen, Mücken, Wespen, Hornissen zu beklagen wäre. Natürlich gibt es hier keine chemische Kriegsführung gegen diese Lästlinge. Unsere Wohnung haben wir wohlweißlich mit Insektennetzen abgedichtet und Spinnen halten wir hier als liebe Gäste.
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Papaloooo »

H2O hat geschrieben:(22 Feb 2021, 18:59)

Dazu mußte ich wirklich nachschlagen... heutzutage nach-googeln. Sollte also tatsächlich LED-Licht & Co. für den Insektenschwund mitverantwortlich sein? Oder nicht doch unser ausdauerndes Streben danach, die Natur nach unseren Vorstellungen zu gestalten und alles zu vernichten, was unseren Zielen im Wege steht?

Eine kleine Theorie neulich war doch, daß milde Winter Parasiten begünstigen, die Insektenlarven vernichten. Inzwischen hatten wir ja einige Winter ohne Schnee und Frost. Allerdings kann ich nicht behaupten, daß hier in Pommern am Haff inmitten von Natura 2000 ein Mangel an Stechfliegen, Pferdebremsen, Mücken, Wespen, Hornissen zu beklagen wäre. Natürlich gibt es hier keine chemische Kriegsführung gegen diese Lästlinge. Unsere Wohnung haben wir wohlweißlich mit Insektennetzen abgedichtet und Spinnen halten wir hier als liebe Gäste.
Ja auch den Bienen setzt ein milder Winter zu.
Wobei in Wildbienenvölkern gibt es die Symbiose zum Pseudoskorpion.
Dieser verspeist mit Vorliebe Bienenmilben.
Den Pseudoskorpion findet man manchmal, wenn man im Garten Steinplatten hochhebt.
In Bienenstöcken die aus Holz und Stroh sind, fühlen sich auch Pseudoskorpione zu Hause.

Ansonsten kann man sagen,
dass in tropischen Ländern die Insektenlarven kein Problem mit milden Temperaturen haben.
Diese werden sich einfach nach und nach in wärmer werdende Gegenden ausbreiten.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

H2O hat geschrieben:(22 Feb 2021, 18:59)

Dazu mußte ich wirklich nachschlagen... heutzutage nach-googeln. Sollte also tatsächlich LED-Licht & Co. für den Insektenschwund mitverantwortlich sein? Oder nicht doch unser ausdauerndes Streben danach, die Natur nach unseren Vorstellungen zu gestalten und alles zu vernichten, was unseren Zielen im Wege steht?

Eine kleine Theorie neulich war doch, daß milde Winter Parasiten begünstigen, die Insektenlarven vernichten. Inzwischen hatten wir ja einige Winter ohne Schnee und Frost. Allerdings kann ich nicht behaupten, daß hier in Pommern am Haff inmitten von Natura 2000 ein Mangel an Stechfliegen, Pferdebremsen, Mücken, Wespen, Hornissen zu beklagen wäre. Natürlich gibt es hier keine chemische Kriegsführung gegen diese Lästlinge. Unsere Wohnung haben wir wohlweißlich mit Insektennetzen abgedichtet und Spinnen halten wir hier als liebe Gäste.
Je prekärer die Situation von Restbeständen, desto bedeutsamer werden Umstände und Zufälle, weil anfällig. Die Kiebitzkolonie, die sich gemeinsam verteidigen kann. Die letzten beiden Paare holen Fuchs und Krähe und bekannte Lobbyisten deuten die dann als Ursache aus. Oder die letzten Rebhühner, deren zu schmaler Streifen Deckungsfläche nicht mehr hinreichend schützt. Ein falscher Mahdzeitpunkt, das war s.
Und so werden Fallen, die vor 20 Jahren wenig bedeutsam waren nun doch wichtig und so steht Lichtverschmutzung mit Berechtigung nun im Fokus. Aber wohl auch deshalb, weil es mit neuer LED-Technik auch einfacher ist, als an die eigentlichen Ursachen zu gehen, ein Stück Feigenblatt überlagert das ganze m.Mn.n. auch.

Zur Witterung: wer in Mitteleuropa wild überleben will, muss sowohl Frost als auch dunkle, milde Winter überleben. Die Kombination ist eine hoch spezielle Anpassung, selten auf dem Globus und mit Erklärung für die vergleichsweise natürliche Artenarmut Mitteleuropas. Daran ändert der Klimawandel bis jetzt nicht so viel, es sei denn Umstände sind wegen anderweitig verursachter Faktoren bedeutsam, s.o.
Hier sind es eher zonale Verschiebungen in Kombi mit Barrieren sowie, dass die Witterung extremer wird, dadurch ökologische Amplituden sprengt und, dass die Zufluchten flächenmäßig abnehmen. Denke an Ausweichbewegung Richtung Bergspitze. Richtung Pol ist es auch so, wie ein runder Berg.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(22 Feb 2021, 18:59)

Dazu mußte ich wirklich nachschlagen... heutzutage nach-googeln. Sollte also tatsächlich LED-Licht & Co. für den Insektenschwund mitverantwortlich sein? Oder nicht doch unser ausdauerndes Streben danach, die Natur nach unseren Vorstellungen zu gestalten und alles zu vernichten, was unseren Zielen im Wege steht?
Also wir hatten hier (Randberlin) auf unserem Grundstück in den letzten Jahren schon zweimal ein Hornissennest. (Hornissen bauen jedes Jahr ihr Nest neu). Ich kann definitiv und aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Insekten mit künstlichem Licht, vor allem mit LED-Licht, wirklich absolut nicht klarkommen. Ich hatte mich dazu mal umgehört und dann versuchsweise über ebay eine alte Dunkelkammerlampe gekauft und die bedarfsweise angehenden LED-Außenleuchten damit ersetzt. Nützt alles nix. Zumindest Hornissen schalten auch bei kleinstem Lichtschein jede Spur von Vernunft und Einsicht aus.

Eine ganz andere Geschichte ist, dass ich die Sichtbarkeit des Sternenhimmel, das bewusste Wahrnehmen des Sternenhimmels für eine außerordentlich wichtige Sache für das sozusagen philosophische Bewusstsein der Menschen und insbesondere auch der Kinder halte. Und deshalb vehement für Lichtreduktion bin.

Aber davon abgesehen: Von den eigentlichen biologischen Vorgängen, auch was irgendwelche Zoonosen anbelangt, hab' ich offen gestanden so gut wie Null Ahnung.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Papaloooo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 Feb 2021, 10:43)Zumindest Hornissen schalten auch bei kleinstem Lichtschein jede Spur von Vernunft und Einsicht aus.
Ich schätze, dass bei Insekten das Programm abläuft,
dass sie die im Dunkeln und zum Hellen glauben, fliegen zu müssen,
sie seien irgendwo drin eingesperrt,
und dorthin, wo es heller ist, ist wieder der Weg nach draußen.

Hier kann man nur auf die Evolution hoffen,
dass dieses Programm durch Mutation und Selektion relativiert wird,
wenn es sich um künstliches Licht bei Nacht handelt.

Die Menschen werden das so schnell nicht ändern.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
H2O
Moderator
Beiträge: 47036
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:49
Wohnort: Zachodniopomorze

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 Feb 2021, 10:43)

Also wir hatten hier (Randberlin) auf unserem Grundstück in den letzten Jahren schon zweimal ein Hornissennest. (Hornissen bauen jedes Jahr ihr Nest neu). Ich kann definitiv und aus eigener Erfahrung sagen, dass diese Insekten mit künstlichem Licht, vor allem mit LED-Licht, wirklich absolut nicht klarkommen. Ich hatte mich dazu mal umgehört und dann versuchsweise über ebay eine alte Dunkelkammerlampe gekauft und die bedarfsweise angehenden LED-Außenleuchten damit ersetzt. Nützt alles nix. Zumindest Hornissen schalten auch bei kleinstem Lichtschein jede Spur von Vernunft und Einsicht aus.

Eine ganz andere Geschichte ist, dass ich die Sichtbarkeit des Sternenhimmel, das bewusste Wahrnehmen des Sternenhimmels für eine außerordentlich wichtige Sache für das sozusagen philosophische Bewusstsein der Menschen und insbesondere auch der Kinder halte. Und deshalb vehement für Lichtreduktion bin.

Aber davon abgesehen: Von den eigentlichen biologischen Vorgängen, auch was irgendwelche Zoonosen anbelangt, hab' ich offen gestanden so gut wie Null Ahnung.
Bei der Übernahme meines polnischen Grundstücks hatte ich eine schon etwas baufällige Hütte geerbt, die noch so richtig verrammelt werden konnte, damit niemand ohne Mühe die Hütte leerräumen konnte. Die Fensterläden mit Quereisen 100 X 10 und Schloßschrauben durch die Stützbalken im Innenhaus festgeschraubt. Na ja, wenn man sich drinnen aufhält, dann sind diese Durchgangslöcher 10 mm Durchmesser natürlich offen, weil alles entriegelt wurde. Das Innenlicht in der Hütte lockte Hornissen nachts durch diese Durchgangslöcher in die Hütte, und plötzlich kreisten einige um diese Lampe und uns um die Köpfe. Also diese kleine Lichtquelle hat die Hornissen angelockt! Später fand ich, daß sie in einem alten Vogel-Brutkasten auf meinem Grundstück lebten. Mit den Hornissen habe ich seit etlichen Jahren meinen Frieden geschlossen.
Benutzeravatar
BlueMonday
Beiträge: 3794
Registriert: Mo 14. Jan 2013, 17:13
user title: Waldgänger&Klimaoptimist

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Feb 2021, 11:25)

Den irionischen Unterton höre ich durchaus heraus ... Aber übrelege dir mal: Madras, Jakarta, Kalkutta ... Städtemonster mit Bevölkerungsdichten über 20 000 pro qkm. Mit teils unsäglichen hygienischen Verhältnissen. Ein S-Bahnwagen in Berlin oder Berlin als Stadt (ca. 4000 Ew pro qkm) ist gar nix dagegen. Und immer und auch schon im vorigen Jahrhundert reisten die entsprechenden Kolonialverwalter hin und her von und nach Europa. Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass an irgendeiner Stelle 2021 systemisch etwas anders sein muss.

Aber davon mal abgesehen. Klimakrise, nicht zuletzt hervorgerufen durch CO2-Eintrag infolge von Überhandnehmen von motorisiertem Individualverkehr und Pandemien ... das kann man nicht einfach trennen oder das eine mehr bewichten als das andere. Wenn nach Abebben der aktuellen Pandemie die Leute nur noch in ihren Autos sitzen und ihre Pizzas auf dem Parkplatz essen ... mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke!

Eine gewisse Konzentration von Menschen und damit Nähe von Mensch zu Mensch ist eine Bedingung für Epidemien, aber nicht Erklärung, wie ein Erreger von Tier zu Mensch überspringt. Und danach fragst du ja. Da reichen - wie gesagt - wenige Kontakte. Und ein Kontakt kommt auch zustande, wenn einzelne Menschen sich auf das in weitestgehend in Isolation lebende Wildtier zubewegen (etwa in irgendeine Fledermaushöhle) und sei es aus forschender Neugier. Oder wenn man Virenmaterial kombiniert, der Natur gewissermaßen auf die Sprünge hilft, einen besseren Weg zu finden...

Und für die Pestepidemien (14. Jahrhundert und früher) haben schließlich weitaus geringere Bevölkerungszahlen genügt. Reisende schleppten schon damals die Krankheit von Ort zu Ort. Und damals schon die gleiche Problematik, dass es initial zum Mensch-Tier-Kontakt kommt. Das ist ja eine universale Tatsache: Tiere nehmen Raum ein und Menschen nehmen Raum ein, und auch oft denselben Raum, da der verfügbare Raum begrenzt ist.

Man kann sich räumlich hermetisch abriegeln, jeden einzelnen Menschen unter eine abgeschlossene Haube setzen - oder man lebt damit, lässt eine gewisse natürliche Auslese zu. Die Angepassteren überleben. Wenn, dann ist genau dies "systemisch" anders geworden, dass man systematisch versucht, alles zu erhalten bis zum Gehtnichtmehr. Und die Aufwände dafür werden immer weiter steigen. Die Gebrechlichkeiten, Anfälligkeiten usw. werden zunehmen.
ensure that citizens are informed that the vaccination is not mandatory and that no one is under political, social or other pressure to be vaccinated if they do not wish to do so;
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(23 Feb 2021, 16:56)

Eine gewisse Konzentration von Menschen und damit Nähe von Mensch zu Mensch ist eine Bedingung für Epidemien, aber nicht Erklärung, wie ein Erreger von Tier zu Mensch überspringt. Und danach fragst du ja. Da reichen - wie gesagt - wenige Kontakte. Und ein Kontakt kommt auch zustande, wenn einzelne Menschen sich auf das in weitestgehend in Isolation lebende Wildtier zubewegen (etwa in irgendeine Fledermaushöhle) und sei es aus forschender Neugier. Oder wenn man Virenmaterial kombiniert, der Natur gewissermaßen auf die Sprünge hilft, einen besseren Weg zu finden...

Und für die Pestepidemien (14. Jahrhundert und früher) haben schließlich weitaus geringere Bevölkerungszahlen genügt. Reisende schleppten schon damals die Krankheit von Ort zu Ort. Und damals schon die gleiche Problematik, dass es initial zum Mensch-Tier-Kontakt kommt. Das ist ja eine universale Tatsache: Tiere nehmen Raum ein und Menschen nehmen Raum ein, und auch oft denselben Raum, da der verfügbare Raum begrenzt ist.

Man kann sich räumlich hermetisch abriegeln, jeden einzelnen Menschen unter eine abgeschlossene Haube setzen - oder man lebt damit, lässt eine gewisse natürliche Auslese zu. Die Angepassteren überleben. Wenn, dann ist genau dies "systemisch" anders geworden, dass man systematisch versucht, alles zu erhalten bis zum Gehtnichtmehr. Und die Aufwände dafür werden immer weiter steigen. Die Gebrechlichkeiten, Anfälligkeiten usw. werden zunehmen.
Ja. Das ist schon richtig. Das ist tatsächlich anders geworden.

In einer Gesprächsrunde vor einigen Wochen war die Chefradakteurin einer philosophischen Zeitschrift dabei. Sie meinte, man müsse die Ansätze einer "skandinavischen", speziell schwedischen Philosophie ernster nehmen. Ja, vielleicht geht dieses "lasst es einfach werden" und dieses skandinavische "Jeder Mensch ist eine Insel" ja so etwas in diese Richtung. Einer der vielleicht bekanntesten ist der Nobelpreisträger Gunnar Myrdal. Einerseits steht er für die sozialdemokratisch motivierte Einführung von Sozialhilfen. Andererseits:
Mit seiner Frau Alva schrieb Gunnar Myrdal das Buch Die Krise in der Bevölkerungsfrage (schwedisch: Kris i befolkningsfrågan, 1934), durch das der damalige schwedische Minister für Soziale Aufgaben, Gustav Möller, angeregt wurde, die Sozialhilfe für Familien einzuführen. In dem Buch forderten sie auch ein Sterilisationsprogramm, damit sich „hochgradig lebensuntaugliche“ Individuen nicht fortpflanzen und die Sozialhilfe nicht unbezahlbar werde.
Mit mir ist das nicht zu machen. Dann lieber Ansteckung und Zoonosen. Diese Philosophie riecht nach Auschwitz.

[MOD] Interessanter Hinweis auf schwedische Überlegungen zur Eugenik. Aber bitte nicht diesen Strang über Zoonose in einen über soziale Eugenik verwandeln! H2O
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Eine ganz andere Geschichte ist die des steigenden Hangs der Deutschen zur Haltung exotischer Tiere. Hund und Hauskatze bekommen zunehmend Konkurrenz durch Terarrienhaltung, Liebhaber von Spinnen, bunten Fröschen und allerlei sonstiger Fauna. Wens interessiert: https://www.swr.de/swr2/wissen/schlange ... 3-100.html

Es werden auch illegal exotische Tiere eingeführt. Da ergibt sich schon die Frage, ob sich da nicht das Risiko von Zoonosen erhöht.

Ich habe keine Ahnung, woher dieses Verlangen kommt. Ich selbst habe einen Bekannten, der seit einiger Zeit zwei Pumas hält. Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt legal ist. Das ist so ein Putin-Typ. Der lässt sich ja auch gern mit sibirischen Tigern fotografieren. Meinem Bekannten im Raum Randberlin gefällt das irgendwie ...mit dem Trennschleifer eine gelieferte Schweinehälfte zu zerteilen und sie diesen Raubkatzen vorzuwerfen. Mein Gott. Er wird sich die erforderlichen Sondergenehmigungen schon irgendwie beschaffen. Er sorgt für Arbeitsplätze im Dorf und kennt natürlich den Gemeindeteilbürgermeister. Es läuft im Grunde ganz genauso und überall so wie es in der bekannten Kabarett-Sendung von Gerhard Polt zum Thema "Gemeinderatssitzung" dagrestellt wird. Ob in Bayern oder Brandenburg. "Wir genehemigens" Mit einer Flasche 6-Ämter-tropfen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Benutzeravatar
Papaloooo
Beiträge: 4744
Registriert: Sa 8. Jul 2017, 15:11
Wohnort: Nürnberg
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Papaloooo »

Es sind ja nicht nur die Wildtiere,
und es sind nicht nur die Viren,
welche Zoonosen auslösen können.

Der Fleischkonsum von Billigfleisch und die dafür geschaffene Massentierhaltung,
in welcher zunehmend für den Menschen geschaffene Antibiotika,
ja im breiten Spektrum sogar Reserveantibiotika eingesetzt werden,
erschaffen zunehmend multiresistente Bakterien.

>>>In bis zu jeder zweiten Geflügel- und Schweinefleischprobe wurden multiresistente Erreger nachgewiesen.<<<

Die nächste Zoonose wird wohl aus den Ställen kommen,
und kann weitaus tödlicher verlaufen als Covid-19.

Das Gesundheitsministerium hält sich da raus und überlässt das dem Landwirtschaftsministerium.
Die beschließen zwar im Jahr 2022 Verschärfungen, jedoch mit so großen Schlupflöchern,
dass zu befürchten ist, dass sich gar nichts ändern wird.

Vielleicht wird es dann hier eben auch Chlorhühnchen geben, wie in den USA.
Man kann sich dann wenigstens das Zahnbleichen sparen.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Voranschreitender Klimawandel, exzessive Tiernutzung und ein dadurch stark erhöhtes Pandemierisiko: Dieser Zusammenhang spielt bei der Coronabekämpfung in der Politik kaum eine Rolle. Doch das müsste er, sagen Wissenschaftler – auch, um weitere Pandemien zu verhindern.
Das ist der Einleitungstext zu einem aktuellen "hintergrund" von Dienstag. Zumindest im ersten Teil wird - auch von einigen Wissenschaftlern - das ausgesprochen, was ich von Anfang an irgendwie instinktiv dachte und nur wegen mangelnder Fach-Kenntnisse nicht richtig formulieren konnte: Diese Corona-Pandemie ist nicht einfach nur eine in einer Abfolge von regelmäßig auftretenden mal schwächeren und dann seltener auch mal sehr viel stärkeren Pandemien. So verständlich und richtig es ist, nun ersteinmal diese aktuelle Pandemie zu bekämpfen ... Einige Wissenschaftler sehen sie lediglich als einen "ersten Warnschuss" und sprechen (wörtlich) von einer "Triple-Krise aus Klimawandel, Artensterben und Pandemien."

Alles in mir sagt mir, dass etwas grundsätzlich nicht stimmt, wenn Füchse, Waschbären und Wildschweine durch Berlin laufen und es dafür kaum noch bestimmte Insekten und bestimmte Singvogelarten mehr gibt. Das Problem ist weniger, dass das Vorhandensein dieser Arten ein Wert für sich ist. SOndern dass ein an sich sehr flexibles und sehr dehnbares Systemgleichgewicht über seine Grenzen gelangt ist und es nun aber einen rapiden Systemwechsel gibt. Es gäbe "weitaus gefährlichere Viren, die in der Tierwelt zirkulieren als das Covid-19-Virus.“

https://www.deutschlandfunk.de/klima-ti ... _id=494994
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(02 Apr 2021, 14:59)

Das ist der Einleitungstext zu einem aktuellen "hintergrund" von Dienstag. Zumindest im ersten Teil wird - auch von einigen Wissenschaftlern - das ausgesprochen, was ich von Anfang an irgendwie instinktiv dachte und nur wegen mangelnder Fach-Kenntnisse nicht richtig formulieren konnte: Diese Corona-Pandemie ist nicht einfach nur eine in einer Abfolge von regelmäßig auftretenden mal schwächeren und dann seltener auch mal sehr viel stärkeren Pandemien. So verständlich und richtig es ist, nun ersteinmal diese aktuelle Pandemie zu bekämpfen ... Einige Wissenschaftler sehen sie lediglich als einen "ersten Warnschuss" und sprechen (wörtlich) von einer "Triple-Krise aus Klimawandel, Artensterben und Pandemien."

Alles in mir sagt mir, dass etwas grundsätzlich nicht stimmt, wenn Füchse, Waschbären und Wildschweine durch Berlin laufen und es dafür kaum noch bestimmte Insekten und bestimmte Singvogelarten mehr gibt. Das Problem ist weniger, dass das Vorhandensein dieser Arten ein Wert für sich ist. SOndern dass ein an sich sehr flexibles und sehr dehnbares Systemgleichgewicht über seine Grenzen gelangt ist und es nun aber einen rapiden Systemwechsel gibt. Es gäbe "weitaus gefährlichere Viren, die in der Tierwelt zirkulieren als das Covid-19-Virus.“

https://www.deutschlandfunk.de/klima-ti ... _id=494994
Am Kontrast aussterbender Arten in ausgeräumter Feldflur und erfolgreichen Ubiquisten in der Sadt würde ich Krisensymptomatik so nicht festmachen. Ein Gaia-Konzept oder ähnliches muss man nicht bemühen und wäre für konkretes Handeln wohl nicht hilfreich.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Corella hat geschrieben:(04 Apr 2021, 09:20)

Am Kontrast aussterbender Arten in ausgeräumter Feldflur und erfolgreichen Ubiquisten in der Sadt würde ich Krisensymptomatik so nicht festmachen. Ein Gaia-Konzept oder ähnliches muss man nicht bemühen und wäre für konkretes Handeln wohl nicht hilfreich.
Ich kann mich jetzt aber auch nicht erinnern, dass in der verwiesenen Sendung von der Gaia-Theorie die Rede war.

Es gibt ein aktuelles Buch des Agrarbiologen, Privatdozenten und Schmetterlingskundlers Josef Settele: "Die Triple-Krise: Artensterben, Klimawandel, Pandemien.
Warum wir dringend handeln müssen". Mir ist völlig klar: Es handelt sich um ein typisches Kultur-Kaufhaus-, um ein Dussmann-Buch für Dussmann-Kunden. Für pensionierte Erdkundelehrerinnen. Andererseits ist der Mann natürlich dennoch ein seriöser Wissenschaftler. Und natürlich bin ich dennoch auf Erklärungen für Laien auf diesem Gebiet angewiesen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Apr 2021, 11:25)

Ich kann mich jetzt aber auch nicht erinnern, dass in der verwiesenen Sendung von der Gaia-Theorie die Rede war.

Es gibt ein aktuelles Buch des Agrarbiologen, Privatdozenten und Schmetterlingskundlers Josef Settele: "Die Triple-Krise: Artensterben, Klimawandel, Pandemien.
Warum wir dringend handeln müssen". Mir ist völlig klar: Es handelt sich um ein typisches Kultur-Kaufhaus-, um ein Dussmann-Buch für Dussmann-Kunden. Für pensionierte Erdkundelehrerinnen. Andererseits ist der Mann natürlich dennoch ein seriöser Wissenschaftler. Und natürlich bin ich dennoch auf Erklärungen für Laien auf diesem Gebiet angewiesen.
Volle Zustimmung. Bauchdrücken machen mir Narrative wie "die Natur schlägt zurück" oder dem schon genannten. Solch Verkürzungen können politische Kräfte entfalten, sind aber in konkreter Konfliktlage Standards contra Nutzungsinteresse sozusagen nicht nachhaltig und seriös auch nicht.
Benutzeravatar
yogi61
Beiträge: 58351
Registriert: So 1. Jun 2008, 11:00
user title: Jugendbeauftragter
Wohnort: Bierstadt von Welt

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von yogi61 »

Wer Zeit, Lust und Interesse hat Studien zu lesen.

https://www.frontiersin.org/articles/10 ... 61063/full

Stark verkürzt haben die Forscher aus Frankreich nun analysiert, ob es zwischen der Abholzung von Wäldern und dem Ausbruch von Infektionskrankheiten, die von Tieren übertragen werden, einen Zusammenhang gibt. Dabei hatten sie einen besonderen Blick auf Palmölplantagen. Das Ergebnis der statistischen Auswertung: Je größer deren Flächen, desto häufiger traten Infektionskrankheiten auf.
Überraschend übrigens,dass nicht nur bei Plantagenanbau solche Zusammenhänge festgestellt wurden, sondern auch bei Aufforstungsprojekten.
Sie fanden dabei einen starken Zusammenhang zwischen Entwaldung und Epidemien etwa mit Malaria und Ebola in tropischen Ländern wie Brasilien, Peru, Bolivien, der Demokratischen Republik Kongo, Kamerun, Indonesien, Myanmar und Malaysia. Hingegen zeigten gemäßigte Regionen wie die USA, China und Europa klare Zusammenhänge zwischen Aufforstung und Krankheiten wie der von Zecken übertragenen Lymeborreliose.
Two unique places, one heart
https://www.youtube.com/watch?v=Ca9jtQhnjek
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

yogi61 hat geschrieben:(05 Apr 2021, 13:39)

Wer Zeit, Lust und Interesse hat Studien zu lesen.

https://www.frontiersin.org/articles/10 ... 61063/full

Stark verkürzt haben die Forscher aus Frankreich nun analysiert, ob es zwischen der Abholzung von Wäldern und dem Ausbruch von Infektionskrankheiten, die von Tieren übertragen werden, einen Zusammenhang gibt. Dabei hatten sie einen besonderen Blick auf Palmölplantagen. Das Ergebnis der statistischen Auswertung: Je größer deren Flächen, desto häufiger traten Infektionskrankheiten auf.
Überraschend übrigens,dass nicht nur bei Plantagenanbau solche Zusammenhänge festgestellt wurden, sondern auch bei Aufforstungsprojekten.
Sie fanden dabei einen starken Zusammenhang zwischen Entwaldung und Epidemien etwa mit Malaria und Ebola in tropischen Ländern wie Brasilien, Peru, Bolivien, der Demokratischen Republik Kongo, Kamerun, Indonesien, Myanmar und Malaysia. Hingegen zeigten gemäßigte Regionen wie die USA, China und Europa klare Zusammenhänge zwischen Aufforstung und Krankheiten wie der von Zecken übertragenen Lymeborreliose.
Danke! Das ganz grobe Bild scheint zur alten, biozönotischen Grundregel zu passen, wonach Artenarmut zur Ausbildung von Massenbeständen einzelner Arten neigt.
Benutzeravatar
schokoschendrezki
Beiträge: 19263
Registriert: Mi 15. Sep 2010, 16:17
user title: wurzelloser Kosmopolit
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von schokoschendrezki »

Corella hat geschrieben:(08 Apr 2021, 07:10)

Danke! Das ganz grobe Bild scheint zur alten, biozönotischen Grundregel zu passen, wonach Artenarmut zur Ausbildung von Massenbeständen einzelner Arten neigt.
Da müssen wir auch gar nicht so weit schauen.

Noch vor nicht allzulanger Zeit, war die Artenvielfalt in der Umgebung einer größeren Stadt wie Berlin viel größer als in der Stadt selbst. Heute ist es umgekehrt. In weiten Gebieten Brandenburgs prägen öde Kiefernwälder (sehen aus wie Panzerübgungsplätze) oder auch Raps- und Maisfelder die Landschaft. Während in der Stadt neue Biotope entstehen und die biologische Vielfalt größer ist. (Was im Falle von speziell Berlin sicher auch mit der großen Fläche und den immer noch existierenden großen Parks oder auch Ödflächen im Vergleich etwa zu Paris zusammenhängt).

Es gibt inzwischen eine Art von "Turbo-Evolution". Singvögel in den Städten etwa haben einen signifikant höheren mittleren Sington als dieselben Arten außerhalb der Stadt. Logisch. Sie müssen sich für die Paarungssuche vom allgemeinen Stadtlärm abheben. Inzwischen aber nicht nur als erlerntes Verhalten sondern als genetisch einprogrammierte Variante. Die "Stadt-Amsel" z.B. ist in kürzester Zeit als abgrenzbare Spezies entstanden. Noch interessanter ist der veränderte Hormonhaushalt einiger Tiere: Es ist einfach fürs Überleben in der Stadt besser, nicht gleich vor Menschen zu erschrecken. Nicht immer gleich wegzulaufen oder wegzurennen. Die Menschen schießen nicht mehr in der Art und Weise gleich auf Tiere wie früher noch. Im Gegenteil. Meine Schwiegereltern verfüttern im Wochenrhythmus 40-Kilo-Säcke Vogelfutter an Stadttauben. Auch diese andere Hormonsituation ist anscheinend nicht mehr nur einfach erlernt sondern genetisch verankert. Die kommen angeflogen und fliegen nicht weg.

Wenn ich mich recht erinnere: Ungefähr 95 Prozent aller Wirbeltiere sind Menschen-Nutztiere. Das ist im Vergleich zu Wildtieren ein extremes Missverhältnis. In der Natur gibt es die Tendenz, solche Missverhältnisse auszugleichen. Der goldene Schnitt oder möglicherweise eher noch der Wert 1/e sind wahrscheinlichere Werte. Auch ohne einen direkten Kausalzusammenhang angeben zu können ... ich glaube, dass neue Pandemien einfach ein Ausgleichsmechanismus sind, um dieses Missverhältnis zu beseitigen. Bzw. diese neuen Stadtpopulationen zusammen mit dem Phänomen "Turbo-Evolution" und wesentlich schnellerem Gen-Austausch sowie ein viel engeres Mensch-Tier-Zusammenleben in den Städten liefern ja eigentlich ein grundsätzliches Erklärungsmodell.

Es gibt doch auch Zusammenhänge zwischen Pestepidemien, Rattenflöhen, einer verstärkten Handelsaktivität im 14. Jahrhundert und auch verschiedenen Klimaveränderungen. An irgendeinem Punkt kippt die Summe dieser Faktoren in ein systemisches Umschlagen.

Es ist gewiss nicht verkehrt, für die grundsätzliche Prävention noch einmal verstärkt auf Arten-Divesität im ländlichen Raum zu dringen. Also ganz grundsätzlich in der Agrarpolitik umzuschwenken. Erster Punkt: Abschaffung oder weitgehende Einschränkung der EU-Agrarsubventionen. Es besteht schon lange keine Gefahr mehr, dass die Europäer irgendwie nix zu Essen haben und vom Fleische fallen wie in der Nachkriegszeit. Agrarsubventionen abbauen! Ein Huhn oder ein Kilo Schweinefleisch darf einfach nicht drei Euro neunundsechzig kosten. Das zehnfache wäre angemessen. Mindestens! Keine Agrarsubventionen mehr. Kein Kottelet-Kaiser a la Tönnies mehr. Es muss nix verboten werden. Es braucht aber auch nix künstlich billig gemacht werden.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

Moin Schoko,
der Bogen ist arg weit gespannt, für den Moment ein Kommentar zu "Stadtnatur": Artensterben beruht auf Lebensraumverlust. Gepflanzte Blumen oder einwandernde Kosmopoliten, Jagdflüchter und Neozoen sind kein Ersatz. Auf die Spitze alegoriert: stell Dir ein Blumenbeet mit Torfmoos vor und glaube an die Restitution von CO2-Senke und Wasserhaushaltsregulation. Der neuartige Hype ist nicht sinnlos, aber als Gegengewicht dessen, was in Feld und Forstacker passiert wäre es Etikettenschwindel.

Noch an Deinem Thema vorbei, ich weiß. Heute Abend noch mal länger zu ein paar Punkten.
Corella
Beiträge: 3867
Registriert: Sa 11. Jan 2014, 12:08

Re: Zoonose... Wie können Wildtiere Krankheiten auf Menschen übertragen?

Beitrag von Corella »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Apr 2021, 18:47)

Es gibt inzwischen eine Art von "Turbo-Evolution". Singvögel in den Städten etwa haben einen signifikant höheren mittleren Sington als dieselben Arten außerhalb der Stadt. Logisch. Sie müssen sich für die Paarungssuche vom allgemeinen Stadtlärm abheben. Inzwischen aber nicht nur als erlerntes Verhalten sondern als genetisch einprogrammierte Variante. Die "Stadt-Amsel" z.B. ist in kürzester Zeit als abgrenzbare Spezies entstanden.
Bei sehr weitem noch lang nicht auch "nur" eine Subspezies!
Korrekt ist, dass im Prinzip so Artbildung (allopatrisch) passieren könnte. Zur Usutu-Epidemie, die auf Grund des Vektors v.a. Stadtamseln erwischt hat, war gut zu beobachten, wie Amseln aus dem Umfeld die freien Areale neu besetzt haben - subjektiv, nicht alles offensichtliche ist leicht zu beweisen. Dass Genfluss zwischen Wald- und Stadtamseln so stark unterbunden ist, dass Artbildung tatsächlich passiert, ist anbetrachts der räumlichen Nähe und der (noch) hohen Abundanz kaum zu vermuten. Eine gewisse genetische Repräsentanz der Typen steht dazu nicht im Widerspruch. Genetische Diversität unterhalb Artniveau ist Thema. Wir sprechen dann von Kleinarten (Botanik) oder Ökotypen und Varianten.
Antworten