Sybilla hat geschrieben:(01 Dec 2021, 10:07)
Manche "Qualitätsmedien" verzichten auf die Zahl der COVID-19-Todesfälle in Nachrichtensendungen zur gänze, was ein einmaliger Vorgang ist.
So unterschiedlich kann Wahrnehmung sein. Ich bekommen mindestens einmal täglich abends die Nachrichten im ÖR mit und ich wüsste nicht, dass Neuinfektionen, Inzidenz und Todesfälle nicht in jeder Sendung genannt würden...
Ich wiederum vermisse, dass nicht bei den Neuinfektionen immer auch dabei gesagt wird, wie das Verhältnis von Geimpften zu Ungeimpften ist. Ebenso bzgl. der Hospitalisierung und der Todesfälle. Letztere Zahl finde ich auch wenig aussagekräftig zur Bewertung der Lage, wenn nicht die Staffelung nach Altersgruppen mitgeliefert wird.
Natürlich: Dazu gibt es sehr gute grafische Aufbereitungen in den Online-Portalen einiger Zeitungen, bei Worldometer, Statista, etc.
Anders als Du habe ich an der Stelle den Eindruck, das vieles weggelassen wird, von dem man offenbar befürchtet, dass es die "Gefahr" relativieren würde und negativ auf Verhalten und Impfbereitschaft der Bevölkerung einzahlt, dass man z.B. Umgeimpfte mittleren Alters nicht "unfreiwillig darauf stoßen" will, dass das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs für sie immer noch sehr niedrig ist.
Wenn dann nach der Nennung von Inzidenz, Neuinfektionen und Todesfällen auf das Thema "Schule" umgeschwenkt wird, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier bewusst "sensibilisiert" werden sollen. Auch, wenn alle Kennzahlen immer noch Entwarnung geben bzgl. der schweren Verläufe und Todesfälle unter Kindern und Jugendlichen.
Tja, so unterschiedlich kann man das alles wahrnehmen ...
Sybilla hat geschrieben:(01 Dec 2021, 10:07)
Ich kenne keinen Bereich in dem Täglich 300 bis 500 Tote einfach so achselzuckend zur Kenntnis genommen werden.
Da ist was dran. Erschreckend einerseits, erklärbar andererseits aber schon.
Es gibt da einen Abstumpfungseffekt (dem die Medien versuchen, entgegenarbeiten, in dem sie die "Awareness" täglich hoch halten; wo meine Kritik wiederum jedoch lautet, dass dies mitunter zur Abstumpfung beiträgt...). Schau Dir doch mal zum Vergleich an, an was für Verlustzahlen die Menschen z.B. im 2. WK gewöhnt waren. Verdrängung ist ein natürlicher Schutzmechanismus des Gehirns, um nicht direkt durchzudrehen.
Dann wird die Verdrängung durch folgendes erleichtert: 100 Tsd. Tote bedeuten, dass die durchschnittliche Familie 830 Mitglieder umfassen müsste, damit jede Familie die Erfahrung gemacht hätte, wie es ist, jemanden an Covid-19 zu verlieren.
So weit die Statistik, die sich aber z.B. in meinem Umfeld auch in der Praxis bestätigt: 30.000 Einwohner Stadt, 15 an/mit Covid-19-Verstorbene seit Pandemiebeginn. 10 davon gehen allein auf einen einzige Ausbruch in einem Altenheim Anfang des Jahres. Ich kannte nicht nur keinen Verstorbenen, ich kenne nicht mal jemanden, der einen kannte ... Meine Schwiegereltern leben seit über 50 Jahren hier, sind bestens vernetzt und bekommen immer mit, wenn jemand in ihrem Alter stirbt. Auch die kennen keinen, der einen kennt usw. Das kann ja jeder mal für sich selbst durchspielen ...
Wenn sich also - und statistisch betrachtet ist das nun einmal so, wenn 100 Tsd. Tote einer Bevölkerung von 83. Mio. gegenüberstehen - das Risiko nicht innerhalb des eigenen Alltags verwirklicht, gelingt Verdrängung umso einfacher.
Dass jemand, der iim Altenheim arbeitet oder gar auf einer Intensivstation ein ganz anderes Bild der Lage empfindet und sich teilweise wie in der "Apokalypse" fühlt, ist natürlich auch klar!
Aber abseits dieser Brennpunkte - seien wir doch mal ehrlich - spürt der weit überwiegende Bevölkerung die Pandemie einzig aufgrund der Einschränkungen, nicht aber aufgrund ernsthafter gesundheitlicher Betroffenheit bei sich oder im engsten familiären Umfeld. Zum Glück, natürlich. Hier wären wir wieder beim Präventions-Paradoxon.