Universum oder Multiversum?

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schokoschendrezki
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

watisdatdenn? hat geschrieben:(12 Jan 2019, 17:21)

Nun das Multiversum ist eine (von mehreren) konkrete Interpretation der mathematischen Funktionen in der Quantenphysik:



Ebenso können im Standardmodell mathematisch ganz andere Universen entstehen.
Platt gesagt: warum haben Elektronen genau die Masse die sie haben? Es wird bei uns als Konstante angenommen aber nicht erklärt.
Eine mögliche Erklärung ist, dass es andere Universen gibt in denen zufälligerweise (oder Mechanismus dahinter?) die Konstante der Elektronenmasse eine andere ist.



Für mich sind das zwei starke Indizien dafür dass es andere Universen gibt.
Das Problem ist, dass man sich "andere Universen" nur so denken kann, dass es keinerlei Wechselwirkungen mit "unserem Universum" gibt, Gäbe es sie, wären es keine anderen Universen sondern gehörten zu dem unsrigen. Sprich: Weder Nachweise noch Widerlegungen von Eigenschaften einschließlich der der Existenz sind möglich.

Wenn überhaupt, dann kann nur das dimensionslose Verhältnis der Elektronenmasse zu der anderer Elementarteilchen eine Frage der Erklärbarkeit sein. Im Moment zumindest scheint sich die Meinung eher zu einem "hässlichen Universum" hinzuneigen. In welchem es einfach nicht erklärbare Gegebenheiten gibt.
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Fliege
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 18:32)
Ja, nur ist die Aussage, dass die Vergangenheit existierst auch nicht falsifizierbar, da wir nicht zurück in die Vergangenheit reisen können um ihre Existenz zu widerlegen.
Bist du Phänomenalist, weil du mit Zeit und Vergangenheit ein Problem zu haben scheinst?
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 18:32)
Ich fasse Deinen Beitrag mal zusammen um nicht weiter zerstückeln zu müssen: Du siehst die Vergangenheit als nicht "explizit" nachgewiesen, und möchtest daher Multiuniversen, die ebenfalls nicht "explizit" nachweisbar sind, als wissenschaftlich bezeichnen lassen.
Korrekt? Wenn nicht, dann bitte Einspruch erheben - soll kein Strohmann sein.

Ich möchte es Dir dann also nochmal anders erklären, weil ich denke Du bist da auf dem Holzweg.

Die wissenschaftliche Lehrmeinung beschreibt den Status quo der Wissenschaft. Es ist unstrittig, dass es Zeit gibt - das gilt als wissenschaftliche Lehrmeinung - korrekt? Die besondere Eigenschaft der Zeit ist ihr Fortschritt - korrekt? Wenn aber die Zeit fortschreitet, dann sind Zeitpunkte in zeitlicher Abfolge gestaffelt - korrekt?
DAS impliziert dass es eine Vergangenheit gibt, weil die Vergangenheit ein Zeitpunkt vor der Gegenwart ist - korrekt?

Nun magst Du sagen, dass das aber noch nichts darüber aussagt wieviel Vergangenheit es gibt, nur ihre grundsätzliche Existenz - meinetwegen. Es gibt aber sehr viele wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit der Auswirkung zeitlicher Abfolgen befassen, Archeologie, Paläontologie, auch Kosmologie, um drei zu nennen. Diese müssten massive Fehler machen, wenn Deine 10 Minuten Theorie richtig wäre. Zeitreisen als Vorbedingung für die Anerkennung der Vergangenheit als wissenschaftlichen Fakt sind eine absurd hohe Forderung - man kann auch nicht ins Atom reisen um es zu untersuchen.

Und da kommen wir zum Kern: Nicht die Vergangenheit ist unwissenschaftlich, sondern die Theorie diese wäre nicht existent. Du stellst eine philosophische These auf die niemand falsifizieren kann um die Vergangenheit als Eigenschaft der Zeit als eine unbelegte Philosophie darzustellen, dabei ist es genau umgekehrt. Du degradierst die Wissenschaft um Multiversen einen niederschwelligen Eintritt zu ihr zu verschaffen.

So funktioniert das nicht. Damit Theorien wissenschaftliche Lehrmeinung werden, müssen sie sehr viele Püfungen über sich ergehen lassen. Theorien die sich diesen Prüfungen nicht stellen können, die können es halt auch niemals so weit bringen. Weiss man das von vornherein, dann sind wir eben in der Philosophie.

Ich möchte hinzufügen, dass Multiversen durchaus von vielen Wissenschaftlern als plausible Theorie angesehen werden. Es gibt aber auch viele Wissenschaftler die an Gott glauben, was Gottheiten zu keiner wissenschaftlichen Theorie werden läßt. Es ist nicht nur entscheidend WER eine Theorie für plausibel hält, sondern welchen Standards sie dabei genügt.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Wenn man "Zeit" als grundsätzliche Tendenz zur Entropiezunahme (ohne Energieimport) versteht, braucht man nur Dinge wie das langsame Einebnen einer Sandburg durch die Meereswellen betrachten, um sich davon zu überzeugen, dass es eine "Vergangenheit" gibt, Vergangenheit ist das, was ohne Energieaufwendung von selbst zerfällt.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jan 2019, 21:38)
Wenn man "Zeit" als grundsätzliche Tendenz zur Entropiezunahme (ohne Energieimport) versteht, braucht man nur Dinge wie das langsame Einebnen einer Sandburg durch die Meereswellen betrachten, um sich davon zu überzeugen, dass es eine "Vergangenheit" gibt, Vergangenheit ist das, was ohne Energieaufwendung von selbst zerfällt.
Das Problem bei Perdedor ist grundsätzlicher. Er bestreitet den Nachweis, wenn er nicht in der Lage ist die heile Burg in der Vergangenheit zu besuchen, weil dann die heile Burg nur eine Phantasie sein könnte die nicht existiert.

Da sind wir einfach nur in der Philosophie, und zwar als Mittel zum dem Zweck eine andere Philosophie zur Wissenschaft zu erklären.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Skeptiker hat geschrieben:(13 Jan 2019, 21:52)
Das Problem bei Perdedor ist grundsätzlicher. Er bestreitet den Nachweis, wenn er nicht in der Lage ist die heile Burg in der Vergangenheit zu besuchen, weil dann die heile Burg nur eine Phantasie sein könnte die nicht existiert.

Da sind wir einfach nur in der Philosophie, und zwar als Mittel zum dem Zweck eine andere Philosophie zur Wissenschaft zu erklären.
Ja, zumal, falls es sich bei dieser Philosophie um Phänomenalismus handeln sollte, ein Sehr-junge-Welt-Kreationsmus vorgeschlagen würde.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Fliege hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:00)
Ja, zumal, falls es sich bei dieser Philosophie um Phänomenalismus handeln sollte, ein Sehr-junge-Welt-Kreationsmus vorgeschlagen würde.
Richtig, und wenn der zutreffen würde, was würden uns dann noch die Wissenschaften und Multiuniversen scheren … ?
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Fliege hat geschrieben: Bist du Phänomenalist, weil du mit Zeit und Vergangenheit ein Problem zu haben scheinst?
Ich habe gar kein Problem. Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. Ich stelle nun die Frage, was genau das bedeuten soll und vergleiche es mit der Vergangenheit, die auch nicht direkt nachweisbar ist. "Nicht direkt nachweisbar" bedeutet hier, dass wir zwar über unsere Theorien eine Vergangenheit implizieren, wir sie aber nicht direkt sehen, da wir eben nicht in der Zeit zurückgehen können.
Dies ist analog zu einer Theorie mit anderen Universen. Diese sehen wir auch nicht direkt.

Das Problem mit der nicht direkten Nachweisbarkeit ist ganz allgemein: Wir werden nie Informationen von jenseits des kosmologischen Ereignishorizotes erhalten. Trotzdem gehen wir natürlich davon aus, dass unsere Theorien auch dahinter gültig sind. Occams Razor verlangt hier gerade, dass wir davon ausgehen, dass das Universum danach weitergeht, da es eben eine Zusatzannahme wäre, wenn wir davon ausgingen, dass dort plötzlich das Universum zu Ende ist.
Wenn nun eine Multiversumstheorie, wie die von Linde, in unserem Universum ausführlich belegt wird, so wäre es unnatürlich davon auszugehen, dass die anderen Universen dieser Theorie nicht existieren.


Skeptiker hat geschrieben: Du siehst die Vergangenheit als nicht "explizit" nachgewiesen, und möchtest daher Multiuniversen, die ebenfalls nicht "explizit" nachweisbar sind, als wissenschaftlich bezeichnen lassen.
Jain. Es geht ums Prinzip. Eine Multiversumstheorie kann wissenschaftlich sein.
Ich behaupte nicht, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits eine hinreichend belegte Theorie dieser Art existiert. Ich behaupte, dass eine solche Theorie aber nicht aufgrund fehlender explizieter Nachweisbarkeit der anderen Universen abgelent werden kann.
Skeptiker hat geschrieben: Nun magst Du sagen, dass das aber noch nichts darüber aussagt wieviel Vergangenheit es gibt
Genau.
Skeptiker hat geschrieben: Es gibt aber sehr viele wissenschaftliche Disziplinen, die sich mit der Auswirkung zeitlicher Abfolgen befassen, Archeologie, Paläontologie, auch Kosmologie, um drei zu nennen. Diese müssten massive Fehler machen, wenn Deine 10 Minuten Theorie richtig wäre.
Nein, überhaupt nicht. Diese Theorien beschreiben unsere Experimente (im weiteren Sinne, also auch Ausgrabungen etc.), die wir heute durchführen absolut korrekt. Das Gütesiegel jeder Theorie sind ihre experimentellen Belege, und die sind gegeben.
Wenn die Vergangenheit in Wahrheit anderes verlaufen ist, weil z.B. früher andere Naturgesetze galten, oder weil der Teufel Fossilien platziert hat um uns in die Irre zu führen, ist dies kein Fehler der Theorien.
Natürlich gibt es keinen Grund von solchen Täuschungen auszugehen. Trotzdem ist die Annahme dass es solche Täuschungen nicht gab, nicht falsifizierbar.
Skeptiker hat geschrieben: Zeitreisen als Vorbedingung für die Anerkennung der Vergangenheit als wissenschaftlichen Fakt sind eine absurd hohe Forderung - man kann auch nicht ins Atom reisen um es zu untersuchen.
Richtig.
Skeptiker hat geschrieben: Und da kommen wir zum Kern: Nicht die Vergangenheit ist unwissenschaftlich, sondern die Theorie diese wäre nicht existent.
Eben. Und jetzt sag mir noch warum.
Ich würde sagen, weil die Annahme der Nicht-Existenz unnatürlich ist, da unsere experimentell belegten Theorien ihre Existenz implizieren.
Und genau das kann auch für andere Universen gelten.
Skeptiker hat geschrieben: Theorien die sich diesen Prüfungen nicht stellen können, die können es halt auch niemals so weit bringen.
Aber die Multiversumstheorie von Linde kann dies ja. Viele Aussagen der Theorie lassen sich ganz explizit prüfen (z.B. BICEP2).
Lediglich die anderen Universen können nicht explizit nachgewiesen werden, genausowenig, wie die Vergangenheit.

Mir scheint, als besteht hier ein falscher Eindruck von diesen Theorien. Es ist eben nicht so, dass da ein Physiker hergeht und mal eben andere Universen postuliert. Nein, die Universen ergeben sich auf natürliche Weise aus dem mathematischen Formalismus. Welcher natürlich auch Gegebenheiten aus unserem Universum erklärt.
Nebenbei bemerkt, wird die das Multiversum z.T. auch mit der Viele-Welten Interpretation der Quantenmechanik verwechselt. Diese Dinge haben sehr wenig miteinander zu tun.
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Fliege
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)
Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. [...]

Das Problem mit der nicht direkten Nachweisbarkeit ist ganz allgemein: Wir werden nie Informationen von jenseits des kosmologischen Ereignishorizotes erhalten. Trotzdem gehen wir natürlich davon aus, dass unsere Theorien auch dahinter gültig sind. [...]
Imre Lakatos schlug für solche umfassenden Konzeptionen, Hypothesen oder Theorien, sofern sie noch stark spekulativ sind, den Terminus "wissenschaftliche Forschungsproramme" vor. Früher hätte man von "Metaphysik" gesprochen, was man auch heute noch tun kann. "Wissenschaftliche Forschungsprogramme" sind metaphysische Theorien, die innerhalb der Wissenschaft oder mit Blick auf künftige wissenschaftliche Forschung entworfen werden, wobei Nachweisbarkeit in diesem Theoriestadium nicht relevant ist.

Deswegen meine ich, der Multiversum-Konzeption kommt aktuell der Status eines wissenschaftlichen Forschungsprogramms zu.
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keinproblem
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von keinproblem »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)
Ich habe gar kein Problem. Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. Ich stelle nun die Frage, was genau das bedeuten soll und vergleiche es mit der Vergangenheit, die auch nicht direkt nachweisbar ist. "Nicht direkt nachweisbar" bedeutet hier, dass wir zwar über unsere Theorien eine Vergangenheit implizieren, wir sie aber nicht direkt sehen, da wir eben nicht in der Zeit zurückgehen können.
Dies ist analog zu einer Theorie mit anderen Universen. Diese sehen wir auch nicht direkt.
Interessanter Ansatz. Ich würde andere Universen und die Vergangenheit in der Hinsicht aber allein schon deswegen nicht vergleichen wollen, als dass das für voll nehmen der Vergangenheit eine philosophische Grundvoraussetzung der Empirie ist. Mit empirischen Paradigmen nun die Vergangenheit nachzuweisen (habe dich jetzt dahingehend so verstanden darfst mich gerne korrigieren) ist meiner Auffassung nach gar nicht möglich.

Man könnte das mit einem Forscher vergleichen, der für alle seine Arbeiten ein Mikroskop verwendet, damit bislang ziemlich gut gefahren ist und nun mit dem Mikroskop nachzuweisen versucht, dass das was er mit seinen beiden Augen sehen kann, wirklich der Realität entspricht. Da sein Instrument allerdings schon die Prämisse mit sich bringt, dass das was er sieht auch wirklich so ist wie er es sieht, wird er wohl auf eine tiefere Metaebene eingehen müssen.
Das Problem mit der nicht direkten Nachweisbarkeit ist ganz allgemein: Wir werden nie Informationen von jenseits des kosmologischen Ereignishorizotes erhalten. Trotzdem gehen wir natürlich davon aus, dass unsere Theorien auch dahinter gültig sind. Occams Razor verlangt hier gerade, dass wir davon ausgehen, dass das Universum danach weitergeht, da es eben eine Zusatzannahme wäre, wenn wir davon ausgingen, dass dort plötzlich das Universum zu Ende ist.
Wenn nun eine Multiversumstheorie, wie die von Linde, in unserem Universum ausführlich belegt wird, so wäre es unnatürlich davon auszugehen, dass die anderen Universen dieser Theorie nicht existieren.
Würde Occams Konzept hier nicht erst greifen, wenn das Linde Modell die plausibelste Erklärung für den Urknall wäre? Würde mich freuen, wenn es dir nichts ausmacht einige deiner Kenntnisse (mathematischer Formalismus zB) mit mir zu teilen, bin auf dem Gebiet nicht bewandert.

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Perdedor
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

Fliege hat geschrieben: Imre Lakatos schlug für solche umfassenden Konzeptionen, Hypothesen oder Theorien, sofern sie noch stark spekulativ sind, den Terminus "wissenschaftliche Forschungsproramme" vor. Früher hätte man von "Metaphysik" gesprochen, was man auch heute noch tun kann.
Kann ich nicht nachvollziehen.
Selbst hochspekulative Theorien können irgendwann bestätigt oder widerlegt werden. Metaphysik bleibt aber immer Metaphysik.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)
Wenn Du schreibst, dass die Theorie von Linde sich mit wissenschaftlichen Methoden zumindest ansatzweise falsifizieren lässt, dann mag diese wissenschaftlich sein (nicht zu verwechseln mit wissenschaftlich nachgewiesen oder gar Lehrmeinung - einfach nur im Rahmen der Wissenschaft behandelbar). Für Theorien die sich der Falsifizierbarkeit entziehen, gilt das mE nicht. Da können wir gerne auf den Vorschlag von Fliege zurückgreifen.
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Fliege
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 23:14)
Kann ich nicht nachvollziehen.
Selbst hochspekulative Theorien können irgendwann bestätigt oder widerlegt werden. Metaphysik bleibt aber immer Metaphysik.
Die Vorstellung, Metaphysik bleibe immer Metaphysik, ist eine altehrwürdige und heute überwundene Vorstellung von Metaphysik. (Von der Verwendung des Begriffes "Metaphysik" hängt in diesem Zusammenhang jedoch nichts ab.)
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Perdedor »

keinproblem hat geschrieben: Ich würde andere Universen und die Vergangenheit in der Hinsicht aber allein schon deswegen nicht vergleichen wollen, als dass das für voll nehmen der Vergangenheit eine philosophische Grundvoraussetzung der Empirie ist.
Ist das wirklich so? Was würde sich denn ändern, wenn die Welt vor 10min entstanden wäre, inklusive uns und all unserer Erinnerungen? Wir würden doch immernoch dieselben Naturgesetze aufstellen und dieselben Experimente machen wollen (für uns sähe/sieht ja alles genau gleich aus).
Wie dem auch sei. Das wäre dann ein metaphysisches Argument für die Existenz der Vergangenheit und kein naturwissenschaftliches.
keinproblem hat geschrieben: Da sein Instrument allerdings schon die Prämisse mit sich bringt, dass das was er sieht auch wirklich so ist wie er es sieht, wird er wohl auf eine tiefere Metaebene eingehen müssen.
Richtig. So weit wollte ich an dieser Stelle aber nicht gehen.
Wenn wir Occams Razor als ein Merkmal der wissenschaftlichen Vorgehensweise betrachten, wäre das, was der Forscher durch sein Mikroskop sieht eben identisch mit der Wirklichkeit. Alle weiteren Annahmen machen es nur komplizierter.
Das gilt natürlich auch für die Existenz der Vergangenheit oder die von anderen Universen, vorausgesetzt die entsprechende Theorie ist hinreichend belegt.
keinproblem hat geschrieben: Würde Occams Konzept hier nicht erst greifen, wenn das Linde Modell die plausibelste Erklärung für den Urknall wäre?
Ja, schon. Meine Aussagen waren im Konjuktiv gemeint. Aktuell ist das Modell der ewigen Inflation sehr spekulativ. Trotzdem ist es eine wissenschaftliche Hypothese und nicht Metaphysik, weil es eben falsifizierbare Vorhersagen macht. Die Möglichkeit anderer Universen ist eine Konsequenz aus der Theorie.


Skeptiker hat geschrieben: Wenn Du schreibst, dass die Theorie von Linde sich mit wissenschaftlichen Methoden zumindest ansatzweise falsifizieren lässt, dann mag diese wissenschaftlich sein
Ich will jetzt nicht diese Theorie besonders breit treten, da, wie schon gesagt, die letzten experimentellen Test eher gegen sie sprachen (was ja gerade ihre Falsifizierbarkeit belegt). Es ist nur ein Beispiel für eine Theorie, die wissenschaftlich ist und dabei das Multiversum impliziert. Wenn du nun ohne das Multiversum auskommen wolltest, müsstest du eine Theorie finden, die dasselbe leistet und dabei nicht komplizerter ist.
Bis dahin wäre die Annahme des Multiversums nach Occam geboten. Genau, wie die Annahme der Vergangenheit geboten ist.

Diese Aussagen sind unabhängig von der speziellen Hypothese von Linde. Selbst wenn diese vollständig widerlegt wird, zeigt es, dass es prinzipiell möglich ist eine wissenschaftliche Theorie, die ein Multiversum impliziert aufzustellen (gerade die die Widerlegung zeigt ihre Wissenschaftlichkeit).
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Zunder »

Die Vergangenheit ist keine physikalische Größe.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Perdedor hat geschrieben:(13 Jan 2019, 22:18)

Ich habe gar kein Problem. Es geht hier um die Frage, ob eine Hypothese, die die Existenz eines Multiversums impliziert, als naturwissenschaftliche Theorie gelten kann.
Als Gegenargument wird angeführt, dass die anderen Universen nicht direkt nachweisbar wären. Ich stelle nun die Frage, was genau das bedeuten soll und vergleiche es mit der Vergangenheit, die auch nicht direkt nachweisbar ist. "Nicht direkt nachweisbar" bedeutet hier, dass wir zwar über unsere Theorien eine Vergangenheit implizieren, wir sie aber nicht direkt sehen, da wir eben nicht in der Zeit zurückgehen können.
Dies ist analog zu einer Theorie mit anderen Universen. Diese sehen wir auch nicht direkt.
Ja, aber schon das Modell "Multiversum" ist so angelegt, dass es mit einem Paralleluniversum keine Verknüpfung durch irgendeine physikalische Wechselwirkung zu geben hat. Während das Modell "Zeit", also Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft duchaus physikalische Wechselwirkungen, insbesondere Kausalverknüpfungen zulässt und einschließt. Wie immer die Wirklichkeit auch tatsächlich beschaffen ist: Die Modelle jedenfalls unterscheiden sich bereits fundamental.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von BlueMonday »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jan 2019, 20:56)

Das Problem ist, dass man sich "andere Universen" nur so denken kann, dass es keinerlei Wechselwirkungen mit "unserem Universum" gibt, Gäbe es sie, wären es keine anderen Universen sondern gehörten zu dem unsrigen. Sprich: Weder Nachweise noch Widerlegungen von Eigenschaften einschließlich der der Existenz sind möglich. .
Die Frage ist dann: Wenn keinerlei Daten zwischen diesen Welten wechseln können, welchen Sinn oder Nutzen oder welches Ziel hat dann das ganze Nachdenken darüber? Wir werden ja nie mehr als "unsere Welt" beobachten oder messen können.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

BlueMonday hat geschrieben:(14 Jan 2019, 13:41)

Die Frage ist dann: Wenn keinerlei Daten zwischen diesen Welten wechseln können, welchen Sinn oder Nutzen oder welches Ziel hat dann das ganze Nachdenken darüber? Wir werden ja nie mehr als "unsere Welt" beobachten oder messen können.
Ja. Genau das fragen sich die Kritiker dieses Modells auch.

Wir haben keine Erklärung für die Größe von dimensionslosen Konstanten wie die des Verhältnisses von Elektronenmasse zu Protonenmasse oder die der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung. Ja, aber wo befinden wir uns denn? Es ist gerade mal um die hundert Jahre her, dass man überhaupt Kenntnis darüber erlangte, dass es sowas wie Elektronen und Protonen überhaupt gibt. Ein Augenblinzeln in kosmischen Dimensionen.

Das Multiversum-Modell war ursprünglich einmal als Viele-Welten-Interpretation der Quantentheorie ersonnen worden, um die Vorstellung einer deterministischen Uhrwerk-Welt, eines Laplaceschen Dämons zu retten. Das hat womöglich mehr mit Religionsgeschichte und mit Verhaftetsein an einer religiös geprägten Weltsicht als mit Wissenschaft zu tun.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

BlueMonday hat geschrieben: Die Frage ist dann: Wenn keinerlei Daten zwischen diesen Welten wechseln können, welchen Sinn oder Nutzen oder welches Ziel hat dann das ganze Nachdenken darüber? Wir werden ja nie mehr als "unsere Welt" beobachten oder messen können.
schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Jan 2019, 14:42)
Ja. Genau das fragen sich die Kritiker dieses Modells auch.
Und deshalb ist das auch mehr eine Frage des Glaubens. Eine Frage, die mehr in den Bereich von "Religion"
gehört: Man kann daran glauben, dass es Multiversen gibt. Man kann aber auch glauben, dass es
sie nicht gibt. Beweisen wird man das aber nie können - es ist genauso wie mit "Gott".
schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Jan 2019, 14:42)
Wir haben keine Erklärung für die Größe von dimensionslosen Konstanten wie die des Verhältnisses von Elektronenmasse zu Protonenmasse oder die der Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung.
Dies ist aber ganz etwas anderes. Denn die Konstanten können wir ja messen - es könnte
ja sogar sein, dass ein neues, besseres Modell als das derzeitige Standardmodell einige
Naturkonstanten erklären könnte, d.h. aus anderen Konstanten herleiten könnte.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Senexx hat geschrieben:(13 Jan 2019, 11:53)

Wissenschaft arbeit mit Modellen. Wenn unsere Modelle zum Beispiel Schwarze Löcher und Und Wurmlöcher annehmen (müssen), folgt daraus, dass man sich Gedanken machen muss, was dahinter sein könnte. Es ist die logische Weiterentwicklung von Hypothesen und Theorien. Dass sie sich des physikalischen Experiments (noch) entziehen, ist irrelevant.
Mal unabhängig davon, dass ich die Multiversen-Theorie für plausibel halte, ist das Gedanken machen keine Wissenschaft.
Ebensowenig ist der Glaube daran, dass etwas zukünftig durch Experimente bewiesen werden könne, keine Wissenschaft.
Denn das würde ja implizieren, das alles als Wissenschaft zählt, von dem nicht widerlegt werden könnte, was ist in Zukunft bewiesen werden kann.
Wie sollte ein solcher Nachweis denn erbracht werden?
Der Bringschuld ist immer derjenige, der eine Behauptung aufstellt!
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(13 Jan 2019, 13:57)

Bei einer Erklärung oder Theorie, die nicht oder noch nicht prüfbar ist, handelt es sich um Metaphysik (siehe Karl Popper und andere). So war Demokrits Atomtheorie in der Antike noch Metaphysik, ist jedoch in der Neuzeit zu einer Wissenschaft geworden.

Darauf ist bereits hingewiesen worden.
Nur ist eine Metaphysik eben nicht Wissenschaft, sondern eher Philosophie.
Wir sind doch hier nicht im Trollhouse!
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Es ist kein "Gedanken machen", sondern Hypothesen- und Theoriebildung.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(15 Jan 2019, 08:43)
Es ist kein "Gedanken machen", sondern Hypothesen- und Theoriebildung.
Ja, es ist eine Theorie. Es ist aber keine wissenschaftliche Theorie, solange man davon ausgehen muss, dass es sich der Falsifizierbarkeit entzieht. Solange das der Fall ist, bleibt es halt auf dem Niveau einer metaphysischen Theorie.

Anderes Beispiel: Ist die Existenz Gottes eine wissenschaftliche Theorie? Nach allem was ich weiss, gilt diese Frage als unwissenschaftlich, weil kein Weg gesehen wird die Existenz Gottes in irgendeiner Form zu falsifizieren. Wenn aber JEDE Theorie die unsere Welt beschreibt auch eine wissenschaftliche Theorie wäre, solange nicht ausgeschlossen wäre, dass sie irgendwann einmal falsifizierbar wird, dann müsste die Existenz Gottes auch heute schon als wissenschaftliche Theorie eingestuft werden. Wird sie aber nicht - sie ist ganz klar unwissenschaftlich.
Senexx

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jan 2019, 09:11)

Ja, es ist eine Theorie. Es ist aber keine wissenschaftliche Theorie, solange man davon ausgehen muss, dass es sich der Falsifizierbarkeit entzieht. Solange das der Fall ist, bleibt es halt auf dem Niveau einer metaphysischen Theorie.

Anderes Beispiel: Ist die Existenz Gottes eine wissenschaftliche Theorie? Nach allem was ich weiss, gilt diese Frage als unwissenschaftlich, weil kein Weg gesehen wird die Existenz Gottes in irgendeiner Form zu falsifizieren. Wenn aber JEDE Theorie die unsere Welt beschreibt auch eine wissenschaftliche Theorie wäre, solange nicht ausgeschlossen wäre, dass sie irgendwann einmal falsifizierbar wird, dann müsste die Existenz Gottes auch heute schon als wissenschaftliche Theorie eingestuft werden. Wird sie aber nicht - sie ist ganz klar unwissenschaftlich.
Unsinn. Dann wäre Einstein auch lange Metaphysiker gewesen.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

syna hat geschrieben:(15 Jan 2019, 00:55)
Dies ist aber ganz etwas anderes. Denn die Konstanten können wir ja messen - es könnte
ja sogar sein, dass ein neues, besseres Modell als das derzeitige Standardmodell einige
Naturkonstanten erklären könnte, d.h. aus anderen Konstanten herleiten könnte.
Eine der Gründe für die anhaltende Popularität von Viele-Welten-Interpretationen der Quantentheorie besteht darin, dass für das Phänomen der Feinabstimmung der Naturkonstanten keine religiösen Motive herangezogen werden müssen. Die reale und belegte Tatsache, dass die Naturkonstanten, insbesondere die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung so dimensioniert ist, dass sie das Entstehen von Makromolekülen und damit Leben optimal begünstigt, wird einfach dadurch erklärt, dass ein Lebewesen nur eben in diesen wenigen von vielen Welten entstehen kann, in denen das zufälligerweise so ist. In den anderen 99 Prozent Welten sind die Nautrkonstanten eben irgendwie dimensioniert und gar nix an Leben entsteht.

Das Problem ist, dass bekannte Vertreter der Viele-Welten-Tjheorie wie der israelische Physiker David Deutsch auf der einen Seite sehr respektable Wissenschaftler sind, auf der anderen Seite aber Bücher wie Deutschs "Die Physik der Welterkenntnis" schreiben, die sich ab einem gewissen Punkt völlig im Esoterischen verlieren. Es ist dann von der Auferstehung der Toten, vom Punkt Omega, vom werdenden Gott usw. die Rede.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

Genie und Wahnsinn scheinen wirklich dicht nebeneinander zu liegen.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Senexx hat geschrieben:(15 Jan 2019, 09:23)

Unsinn. Dann wäre Einstein auch lange Metaphysiker gewesen.
Das stimmt ja so jetzt nicht, denn Einstein gründete seine Theorien ja im Ausgangspunkt auf beobachteten Phänomenen:

Namentlich auf die Absolutheit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum auch dann, wenn sich die Lichtquelle auf einen zu oder von einem weg bewegt.

Man sollte ja eigentlich hier eine Auswahl, also eine Geschwindigkeit oberhalb der Lichtgeschwindigkeit, vermuten.

Und Einsteins Theorien wurden ja noch zu seiner Lebzeit bewiesen, indem er die Raumkrümmung durch eine Sonnenfinsternis nachweisen konnte.
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Fliege
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(15 Jan 2019, 08:40)
Nur ist eine Metaphysik eben nicht Wissenschaft, sondern eher Philosophie.
Ja, deswegen ist Metaphysik mit Wissenschaftspotenzial von besonderem Interesse. Dazu hat Lakatos einiges gesagt: Wissenschaftliche Forschungsprogramme sollen beitragen, den logischen Gehalt eines Theoriensystem zu vermehren (für mehr Prognosen und somit Falsifikationsmöglichkeiten), sowie progressive empirische Problemverschiebungen anleiten (bislang unbekannte Sachzusammenhänge aufschließen).
Zuletzt geändert von Fliege am Di 15. Jan 2019, 12:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Papaloooo hat geschrieben:(15 Jan 2019, 11:55)

Das stimmt ja so jetzt nicht, denn Einstein gründete seine Theorien ja im Ausgangspunkt auf beobachteten Phänomenen:

Namentlich auf die Absolutheit der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum auch dann, wenn sich die Lichtquelle auf einen zu oder von einem weg bewegt.

Man sollte ja eigentlich hier eine Auswahl, also eine Geschwindigkeit oberhalb der Lichtgeschwindigkeit, vermuten.

Und Einsteins Theorien wurden ja noch zu seiner Lebzeit bewiesen, indem er die Raumkrümmung durch eine Sonnenfinsternis nachweisen konnte.
Einstein hatte 1915 zum Beispiel die Existenz von Gravitationswellen vorhergesagt.. Nachdem was hier behauptet wird, wäre das Metaphysik gewesen.
Skeptiker

Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Skeptiker »

Senexx hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:06)
Einstein hatte 1915 zum Beispiel die Existenz von Gravitationswellen vorhergesagt.. Nachdem was hier behauptet wird, wäre das Metaphysik gewesen.
Gravitationswellen sind ein physikalischer Effekt. Die Frage ob ein Messgerät für etwas existiert ist etwas anderes als die Frage ob etwas vom Grundsatz her messbar sein könnte.

Einsteins Relativitätstheorien haben sehr detailierte Vorhersagen über die uns zugängliche Welt gemacht (selbst Schwarze Löcher sind immernoch Teil unseres Universums, auch wenn wir nicht reinschauen können). Das ist ein qualitativer Unterschied zu Aussagen zu der uns NICHT zugänglichen Welt. Nochmal, wie reden hier von Multiversen, die per Definition keine Rückwirkungen auf unser Universum haben.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:54)

Gravitationswellen sind ein physikalischer Effekt. Die Frage ob ein Messgerät für etwas existiert ist etwas anderes als die Frage ob etwas vom Grundsatz her messbar sein könnte.

Einsteins Relativitätstheorien haben sehr detailierte Vorhersagen über die uns zugängliche Welt gemacht (selbst Schwarze Löcher sind immernoch Teil unseres Universums, auch wenn wir nicht reinschauen können). Das ist ein qualitativer Unterschied zu Aussagen zu der uns NICHT zugänglichen Welt. Nochmal, wie reden hier von Multiversen, die per Definition keine Rückwirkungen auf unser Universum haben.
Multiversen werden auch physikalischer Effekt.

Sie verheddern sich hilflos.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:05)

Ja, deswegen ist Metaphysik mit Wissenschaftspotenzial von besonderem Interesse. Dazu hat Lakatos einiges gesagt: Wissenschaftliche Forschungsprogramme sollen beitragen, den logischen Gehalt eines Theoriensystem zu vermehren (für mehr Prognosen und somit Falsifikationsmöglichkeiten), sowie progressive empirische Problemverschiebungen anleiten (bislang unbekannte Sachzusammenhänge aufschließen).
Nun, in den Bereich Metaphysik fallen ja auch solche Dinge wie z.b. Homöopathie, zumindest glauben dass viele Menschen.
Oder auch Geisterphänomene.
Aus diesem Grunde stimmt dieser Begriff oft sehr skeptisch und das zurecht.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(15 Jan 2019, 13:01)
Nun, in den Bereich Metaphysik fallen ja auch solche Dinge wie z.b. Homöopathie, zumindest glauben dass viele Menschen.
Oder auch Geisterphänomene.
Aus diesem Grunde stimmt dieser Begriff oft sehr skeptisch und das zurecht.
Auch Homöopathie und Phlogiston-Chemie gehörten zur Wissenschaft und gehören heute als falsche, da falsifizierte Theorien (Theoriensysteme) zur Wissenschaftsgeschichte. Der aktuelle Stand des Wissens und die aktuelle wissenschaftliche Forschungsfront befinden sich allerdings, und da bin ich ganz bei dir, woanders als bei Homöopathie und Phlogiston-Chemie.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jan 2019, 12:54)

Gravitationswellen sind ein physikalischer Effekt. Die Frage ob ein Messgerät für etwas existiert ist etwas anderes als die Frage ob etwas vom Grundsatz her messbar sein könnte.
Das sehe ich ähnlich. In den Viele-Welten-Theorien ist - anders als etwa bei Gravitationswellen - prinzipielle Nichtmessbarkeit programmatisch von vornherein angelegt. Gravitationswellen wurden inzwischen ja auch direkt gemessen.

Natürlich kann man indirekte Nachweise nicht ausschließen. Sowohl die Existenz dunkler Materie als auch dunkler Energie wird durch indirekte Schlussfolgerungen vorausgesagt. Es ist auch keineswegs verboten, abstrakte mathematische Modelle zu entwerfen, die allein durch ihre innere Stimmigkeit und Widerspruchsfreiheit es wahrscheinlich machen, dass es reale noch unbekannte Phänomene gibt, die damit beschrieben werden können. Ja, es ist sogar denkbar, dass Mathematik nicht einfach nur eine adäquae Beschreibungssprache für Naturphänomene ist, sondern dass im Universum genau das und nur das entsteht und existiert, was logisch widerspruchsfrei formalisierbar ist. In einer starken Variante: Dass die logisch widerspruchsfreie Formalisierbarkeit nicht nur die Ursache für die Existenz von etwas ist sondern identisch mit der Existenz. Dass das Universum in gewisser Art und Weise nicht einfach dahinexistiert sondern "gedacht" wird. Das ist natürlich eine ziemlich spekulative Annahme.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 10:51)

Eine der Gründe für die anhaltende Popularität von Viele-Welten-Interpretationen der Quantentheorie besteht darin, dass für das Phänomen der Feinabstimmung der Naturkonstanten keine religiösen Motive herangezogen werden müssen. Die reale und belegte Tatsache, dass die Naturkonstanten, insbesondere die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung so dimensioniert ist, dass sie das Entstehen von Makromolekülen und damit Leben optimal begünstigt, wird einfach dadurch erklärt, dass ein Lebewesen nur eben in diesen wenigen von vielen Welten entstehen kann, in denen das zufälligerweise so ist. In den anderen 99 Prozent Welten sind die Nauturkonstanten eben irgendwie dimensioniert und gar nix an Leben entsteht.
Ja ja, das "anthropische Prinzip".
schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 10:51)
Das Problem ist, dass bekannte Vertreter der Viele-Welten-Tjheorie wie der israelische Physiker David Deutsch auf der einen Seite sehr respektable Wissenschaftler sind, auf der anderen Seite aber Bücher wie Deutschs "Die Physik der Welterkenntnis" schreiben, die sich ab einem gewissen Punkt völlig im Esoterischen verlieren. Es ist dann von der Auferstehung der Toten, vom Punkt Omega, vom werdenden Gott usw. die Rede.
Stimmt. Solche Leute nerven irgendwie.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

syna hat geschrieben:(15 Jan 2019, 15:57)
Ja ja, das "anthropische Prinzip".
Ich bin überzeugt davon, dass man dieses Prinzip irgendwann nicht mehr als Erklärung für diesse Feinabstimmung benötigt. Physikalische Phänomene sind üblicherweise und grob gesagt die Lösungen von Wirkungsminimierungsaufgaben. Die Minimierungsaufgabe, deren Lösung die (feinabgestimmten) Größen der Naturkonstanten sind, ist nur noch nicht aufgestellt, gefunden worden. Dass diese Konstanten so abgestimmt sind, dass komplexe Strukturen und schließlich und endlich Leben entsteht ist möglicherweise so klar und rational voraussehbar, wie die Tatsache, dass ein Stein auf der Erde zu Boden fällt.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

syna hat geschrieben:(von mir gekürzt, Fliege; 15 Jan 2019, 15:57)
schokoschendrezki: "Phänomen der Feinabstimmung der Naturkonstanten" [welches] "Leben optimal begünstigt" —
Ja ja, das "anthropische Prinzip".
Du machst einen wichtgen Punkt: Der Begriff "Feinabstimmung" unterstellt einen Feinabstimmer und somit eine kosmische Teleologie und letztlich eine Theologie.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 13:50)
Ja, es ist sogar denkbar, dass Mathematik nicht einfach nur eine adäquae Beschreibungssprache für Naturphänomene ist, sondern dass im Universum genau das und nur das entsteht und existiert, was logisch widerspruchsfrei formalisierbar ist. In einer starken Variante: Dass die logisch widerspruchsfreie Formalisierbarkeit nicht nur die Ursache für die Existenz von etwas ist sondern identisch mit der Existenz. Dass das Universum in gewisser Art und Weise nicht einfach dahinexistiert sondern "gedacht" wird. Das ist natürlich eine ziemlich spekulative Annahme.
Deshalb muss der Umkehrschluss - Alles, was sich mathematisch widerspruchsfrei formulieren lässt, hat auch eine physikalische Entsprechung - noch lange nicht stimmen. Und deshalb können z.B. die Viele-Welten-Theorie oder die String-Theorie durchaus auch nur mathematische Spielereien sein.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Troh.Klaus hat geschrieben:(15 Jan 2019, 19:42)

Deshalb muss der Umkehrschluss - Alles, was sich mathematisch widerspruchsfrei formulieren lässt, hat auch eine physikalische Entsprechung - noch lange nicht stimmen. Und deshalb können z.B. die Viele-Welten-Theorie oder die String-Theorie durchaus auch nur mathematische Spielereien sein.
Deshalb hatte ich ja auch von einer "ziemlich spekulativen Annahme" gesprochen. Unabhängig davon spielt die platonische Ideenlehre in der gesamten abendländischen KUltur eine sehr dominante Rolle. Diese geht davon aus, dass die Welt der abstakten Ideen und Konzepte den sinnlich wahrnehmbaren Objekten übergerodnet ist. Und das gilt natürlich nicht nur für physikalische Phänomene. Das Konzept der "Nation" beispielsweise kann man zum einen als ein Bündel sich historisch entwickelter Eigenschaften und Eigenheiten einer abgrenzbaren Gruppe von Menschen auffassen. Man kann es aber auch als reine "Idee" wie im Deutschen Idealismus des 19. Jahrhunderts bei Hegel, Fichte usw. (bis heute Macron) auffassen. Der konkrete Nationalstaat oder auch Europa als Gebilde sind dann eher real gewordene Objekte solcher Ideen als historisch entstandene Phänomene.

Die starke Hypothese, dass die Objekte des Universums tatsächlich nicht einfach so vorhanden sind und dann durch mathematische Theorien beschrieben werden, sondern dass die Beschreibbarkeit selbst die direkte und unmittelbare Ursache für die Existenz von Objekten ist, steht natürlich noch mal auf einem anderen Blatt. Sie ist hyperspekulativ. Aber auch einigermaßen faszinierend.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

Fliege hat geschrieben:(15 Jan 2019, 18:34)

Du machst einen wichtgen Punkt: Der Begriff "Feinabstimmung" unterstellt einen Feinabstimmer und somit eine kosmische Teleologie und letztlich eine Theologie.
Nein eben nicht, genau das hat ja auch die Multiversen-Theorie erschaffen:
Die Naturkonstanten können in jedem Universum beliebig sein.
Aber nur in jenen Universen, in denen sie so gestimmt sind, dass es Leben erzeugen kann, ist eben jenes Leben, dass sich über diese Feinabstimmung wundert.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Papaloooo hat geschrieben:(16 Jan 2019, 09:29)

Nein eben nicht, genau das hat ja auch die Multiversen-Theorie erschaffen:
Die Naturkonstanten können in jedem Universum beliebig sein.
Aber nur in jenen Universen, in denen sie so gestimmt sind, dass es Leben erzeugen kann, ist eben jenes Leben, dass sich über diese Feinabstimmung wundert.

Ja. Das ist richtig. Aber daran sieht man auch den wissenschaftlichen Makel solcher Theorien: Man schafft sich eine Ersatzerklärung für etwas,dass man bislang so noch nicht erklären konnte. In dem Fall: Dass die Feinabgestimmtheit der Naturkonstanten nicht das Ergebnis einer "Feinabstimmung" sondern die Lösung einer mathematischen Wirkungsminimierungsaufgabe oder auch einfach nur so zufällig so sind.

Die ursprüngliche Intention der Viele-Welten-Theorie war es allerdings, eine Alternative zur Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie zu finden.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Papaloooo »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jan 2019, 10:01)

Ja. Das ist richtig. Aber daran sieht man auch den wissenschaftlichen Makel solcher Theorien: Man schafft sich eine Ersatzerklärung für etwas,dass man bislang so noch nicht erklären konnte. In dem Fall: Dass die Feinabgestimmtheit der Naturkonstanten nicht das Ergebnis einer "Feinabstimmung" sondern die Lösung einer mathematischen Wirkungsminimierungsaufgabe oder auch einfach nur so zufällig so sind.

Die ursprüngliche Intention der Viele-Welten-Theorie war es allerdings, eine Alternative zur Wahrscheinlichkeitsinterpretation der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie zu finden.
Ja, es gibt auch jene ist Erklärungsmodell, das den Quanten-Zufall insofern ausschließt, dass es einfach sagt, bei jedem Quanten-Ereignis bestehen beide Quantenmöglichkeiten in getrennt voneinander bestehenden Welten weiter.
Wobei ich das eher für absurd halte, denn was spricht denn gegen einen Quanten-Zufall?
Jene Multiversen-Theorie mit jeweils beliebigen Naturkonstanten in jeder eigenen Raum-Zeit ist eben dem verständlichen Bestreben der Physiker geschuldet, die Welt eben ohne einen Gott zu erklären.
Wobei wir auch hier mit der Multiversen-Theorie Theorie natürlich einen Bereich des Glaubens betreten.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von syna »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jan 2019, 16:15)

Ich bin überzeugt davon, dass man dieses Prinzip irgendwann nicht mehr als Erklärung für diese Feinabstimmung benötigt. Physikalische Phänomene sind üblicherweise und grob gesagt die Lösungen von Wirkungsminimierungsaufgaben. Die Minimierungsaufgabe, deren Lösung die (feinabgestimmten) Größen der Naturkonstanten sind, ist nur noch nicht aufgestellt, gefunden worden. Dass diese Konstanten so abgestimmt sind, dass komplexe Strukturen und schließlich und endlich Leben entsteht ist möglicherweise so klar und rational voraussehbar, wie die Tatsache, dass ein Stein auf der Erde zu Boden fällt.
Hajaaa - das ist nun mal neu! Bisher gab es 3 Erklärungsmöglichkeiten, jetzt kommt noch
eine Vierte hinzu:

1. Es gibt nur ein Universum - und jemand (Gott) hat die Naturkonstanten genau so gewählt,
wie wir sie vorfinden.

2. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten haben zufällig genau diese Werte,
wie wir sie vorfinden.

3. Es gibt viele Universen - und wir leben gerade in dem Universum, in welchem die Natur-
konstanten die Werte haben, die wir gerade vorfinden (anthropisches Prinzip).

4. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten müssen - aufgrund noch nicht
bekannter physikalischer Gesetze - genau diese Werte haben, die wir hier vorfinden.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Jeder kann sich eine der Vier Möglichkeiten aussuchen. Es ist momentan eine Glaubens-
sache: Es kann sein, dass (1), (2), (3) oder (4) richtig sind - wir wissen es nicht.
Zwischen (1), (2) und (3) werden wir niemals sicher sein können! Sich für eine Version
zu entscheiden wird immer Glaubenssache bleiben. Es ist also eigentlich eine religiöse -
also eine theologische Frage.

Unser "schokoschendrezki" sagt jetzt: (4)!

Bei (4) wäre es anders: (4) wäre ja - in einer Zukunft - beweisbar - und das würde
einiges ändern: Unser Universum wäre dann so, wie es ist, determiniert - also vorgegeben.
Jedoch niemals ganz und gar: Denn es bleiben doch immer Werte, und sei es nur
die Masse von einem einzigen Elementarteilchen, die sich nicht herleiten lassen,
und für die wir immer noch (1), (2) oder (3) annehmen müssen! Wir kommen also
um den Glauben an (1), (2) oder (3) nicht wirkliche heraum.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Senexx »

Die Debatte nähert sich langsam dem Wahnsinn...
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

syna hat geschrieben:(16 Jan 2019, 11:57)

Hajaaa - das ist nun mal neu! Bisher gab es 3 Erklärungsmöglichkeiten, jetzt kommt noch
eine Vierte hinzu:

1. Es gibt nur ein Universum - und jemand (Gott) hat die Naturkonstanten genau so gewählt,
wie wir sie vorfinden.

2. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten haben zufällig genau diese Werte,
wie wir sie vorfinden.

3. Es gibt viele Universen - und wir leben gerade in dem Universum, in welchem die Natur-
konstanten die Werte haben, die wir gerade vorfinden (anthropisches Prinzip).

4. Es gibt nur ein Universum - und die Naturkonstanten müssen - aufgrund noch nicht
bekannter physikalischer Gesetze - genau diese Werte haben, die wir hier vorfinden.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Jeder kann sich eine der Vier Möglichkeiten aussuchen. Es ist momentan eine Glaubens-
sache: Es kann sein, dass (1), (2), (3) oder (4) richtig sind - wir wissen es nicht.
Zwischen (1), (2) und (3) werden wir niemals sicher sein können! Sich für eine Version
zu entscheiden wird immer Glaubenssache bleiben. Es ist also eigentlich eine religiöse -
also eine theologische Frage.

Unser "schokoschendrezki" sagt jetzt: (4)!

Bei (4) wäre es anders: (4) wäre ja - in einer Zukunft - beweisbar - und das würde
einiges ändern: Unser Universum wäre dann so, wie es ist, determiniert - also vorgegeben.
Jedoch niemals ganz und gar: Denn es bleiben doch immer Werte, und sei es nur
die Masse von einem einzigen Elementarteilchen, die sich nicht herleiten lassen,
und für die wir immer noch (1), (2) oder (3) annehmen müssen! Wir kommen also
um den Glauben an (1), (2) oder (3) nicht wirkliche heraum.
Die wissenschaftliche Welt dürfte sich wohl im Wesentlichen für 2.) oder 4.) entscheiden. Weil es bei dieser konkreten Frage eben wirklich um ganz konkrete Zahlenwerte und nicht um irgendwelche nebulösen Aussagen geht.

Was die allgemeineren Überlegungen in dieser Hinsicht anbelangt: Die einerseits streng naturwissenschaftlich-mathematisch formulierbare, andrererseits eher abstrakt philsophisch formulierbare Frage nämlich, wie und warum das Universum, entgegen aller Voraussicht eine Tendenz zu wachsender und nicht abnehmender Komplexität aufweist .... wer davon nicht völlig fasziniert und hingerissen ist, der tut mir leid.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Papaloooo hat geschrieben:(16 Jan 2019, 09:29)
Nein eben nicht, genau das hat ja auch die Multiversen-Theorie erschaffen:
Die Naturkonstanten können in jedem Universum beliebig sein.
Aber nur in jenen Universen, in denen sie so gestimmt sind, dass es Leben erzeugen kann, ist eben jenes Leben, dass sich über diese Feinabstimmung wundert.
Und wie wäre es mit Zufall, ohne dem Zufall durch inflationäre Weltvermehrung auf die Sprünge zu helfen?
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von schokoschendrezki »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 14:22)

Und wie wäre es mit Zufall, ohne dem Zufall durch inflationäre Weltvermehrung auf die Sprünge zu helfen?
Das ist auf einen kurzen Nenner gebracht die Kernaussage des populären Buchs "Das hässliche Universum" der Physikerin Sabine Hossenfelder. Eine völlig berechtigte wissenschaftlich-rationale Einwendung: Die Dinge sind so wie sie sind. Punkt. Und nur wir Menschen haben das Bedürfnis, diese Gegebenheiten in geschlossene Systeme kleiden zu wollen.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Fliege »

Fliege hat geschrieben:(16 Jan 2019, 14:22)
Und wie wäre es mit Zufall, ohne dem Zufall durch inflationäre Weltvermehrung auf die Sprünge zu helfen?
schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jan 2019, 15:20)
Das ist auf einen kurzen Nenner gebracht die Kernaussage des populären Buchs "Das hässliche Universum" der Physikerin Sabine Hossenfelder. Eine völlig berechtigte wissenschaftlich-rationale Einwendung: Die Dinge sind so wie sie sind. Punkt. Und nur wir Menschen haben das Bedürfnis, diese Gegebenheiten in geschlossene Systeme kleiden zu wollen.
Max Weber sprach diesbezüglich von "Entzauberung der Welt".

Sabine Hossenfelder meint (laut Zeit-Rezension ihres Buches): "'Seit nunmehr über dreißig Jahren sind keine Fortschritte mehr in der Grundlagenphysik zu verzeichnen', schreibt Sabine Hossenfelder ernüchtert. Dass neue Einsichten ausbleiben, ist für sie kein bloßes Forscherpech. Etwas laufe schief, und zwar gewaltig. Viele Physiker, sagt Hossenfelder, arbeiten nicht mehr wissenschaftlich. Sie lassen sich zu sehr lenken von ihrer Sehnsucht nach Schönheit. Sie wollen schöne Theorien, elegante Theorien, symmetrische Theorien. Das Universum aber ist hässlich, und wenn wir es verstehen wollen, dann müssen wir uns mit diesem Umstand arrangieren" (Zeit online, "Das hässliche Universum" – Unschöne Wahrheiten, 21. November 2018).

Und warum bleiben Fortschritte aus?
Hossenfelder: "Der Forschung gehen die Versuche aus und die Beobachtungen. Wo Newton noch der sprichwörtliche Apfel genügte, der ihm auf den Kopf fiel, müssen Physiker heute den Stromverbrauch einer Großstadt verheizen, um aus einem Teilchenbeschleuniger – vielleicht, irgendwann – Neues zu erfahren. Und der Großgeräteforschung sind praktische Grenzen gesetzt. Um die Details eines Gravitationsfelds zu messen, so Hossenfelder, 'müsste der Detektor die Größe des Jupiters haben'. Das, sagt sie, seien Experimente, 'die wir nicht in absehbarer Zeit finanziert bekommen'. Neue Beobachtungen sind also rar" (ebenda).

Was Hossenfelder anmerkt, halte ich für bedenkenswert.
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von H2O »

'Seit nunmehr über dreißig Jahren sind keine Fortschritte mehr in der Grundlagenphysik zu verzeichnen'
Ja, der technische Aufwand setzt hier der erweiterten Forschung unüberwindliche Grenzen. Was für mich nichts weiter bedeutet, als daß entweder ein Genieblitz die Versuchsanordnung wieder begrenzt auf irdisches Maß, oder aber die Forschung mehr in den Aufbau einer durchgängigen und selbst in Schulbüchern vermittelbaren Theorie stecken muß. Womöglich wird dadurch der bisher ausgebliebene Genieblitz gezündet!
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Re: Universum oder Multiversum?

Beitrag von Troh.Klaus »

syna hat geschrieben:(16 Jan 2019, 11:57)
Hajaaa - das ist nun mal neu! Bisher gab es 3 Erklärungsmöglichkeiten, jetzt kommt noch
eine Vierte hinzu:
Nö, mehr als drei geht nicht. Ob Du recht hast oder nicht, sagt Dir gleich das Licht ...
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