Nun, wer zum gefühlt 748. mal meint, hier Mainz, St. Pauli und andere Krautertruppen als „gaaaaaaaanz andere Vereine“ darstellen zu müssen, der muss sich eben gefallen lassen, dass der Verein seines Herzens an diesen Clubs gemessen wird.
Und da ist nun einmal –jedenfalls beim Hamburger Verein- festzustellen, dass diese über eine andersartige Fan- und Vereinsstruktur verfügt.
Letztere zeichnete sich bislang z.B. dadurch aus, dass man eben nicht der in Hamburg durchaus vorhandenen großen Kohle nachlief, sondern sich als Stadtteil-Club in einem sozialen Brennpunkt verstand.
Ende der 80´er/Anfang der 90´er geprägt vom linksautonomen Umfeld des Kiezes, aber auch von Leuten, die in einem der seinerzeit wenigen reinen Fußballstadien „Fußball pur“ bei rammelvoller Hütte erleben wollten.
Ohne Nazi-Scheiß wie Reichskriegsflaggen, infantiles Affengegrunze für farbige Spieler oder homophobe Pöbeleien gegen Schiedsrichter oder Gegner.
Bei Verstößen begab man sich nicht nur in Gefahr ´ne Schelle zu fangen, sondern auch ein Stadionverbot zu kassieren nach Maßgabe der bundesweit ersten Stadionordnung, die rassistische oder sexistische Ausfälle sanktionierte.
Wer vor diesem Hintergrund nicht schnallt, wenn gemosert wird, wenn nun im Stadion Striptease an der Stange abgezogen wird, der hält auch den Messeschnellweg für die Lebensader der norddeutschen Tiefebene oder die Scorpions für ´ne Hardrock-Band.
Natürlich schlägt der Verein aus diesem Image auch Kapital.
Er polarisiert. Zumeist positiv.
"Der Bekanntheitsgrad der Marke St. Pauli liege in der Zielgruppe der 14- bis 39-Jährigen über den Werten des Hamburger SV und des SV Werder Bremen und nur unwesentlich unter dem des FC Bayern München . Darüber hinaus hat eine Studie der UFA deutschlandweit elf Millionen St. Pauli-Sympathisanten ermittelt." (
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/FC ... es_Vereins).
Dies liegt nicht zuletzt daran, dass diese Identität des Vereins, meinetwegen auch „Marke“, eben nicht um jeden Preis dem sportlichen Erfolg untergeordnet wird.
Ob der Chef Ihrer Hannoveraner Drückerkolonne tatsächlich Zehntausende beschissen hat, wie mein Freund scorpion meint, kann ich nicht beurteilen.
Ihre Hoffnung, „in 100 Jahren“ sei dessen Engagement sowieso vergessen, ist daher vielleicht zynisch, auf jeden Fall aber kleingeistig. Ob Ihr HSV tatsächlich einmal 3. (ich gönne es ihm) oder 14. war, interessiert genauso wenig wie eine Platzierung des FC St. Pauli.
Was einen Verein nachhaltig bestimmt, ist dessen Profil, dessen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Und da trennen die o.g. vier Vereine und Hannover 96 (meinetwegen können Sie auch Bochum, Duisburg und Nürnberg nehmen) nun einmal Welten.
Bis jetzt.
Denn der FC St.Pauli als sportlicher Loser unter den o.g. vier Clubs ist offensichtlich dabei, sein Alleinstellungsmerkmal zu verzocken. In durchaus guter Absicht. Denn zu Recht weisen Sie darauf hin, dass die eingenommene Kohle ja dem Verein zu Gute kommt.
Und Verein und Fans sind gerade dabei diesen schmalen Grad abzustecken.
Und auch dies ist „gaaaaaanz anders“.
Denn dass es bei anderen BL-Spielen vorgekommen ist, dass 2/3 der Zuschauer bei ausverkaufter Hütte gegen eine fortschreitende Kommerzialisierung des Vereins protestieren, diesen Beweis sind Sie mir bis jetzt schuldig geblieben, Herr Welfenprinz.
Gelegenheiten gäbe es genug. Auch ohne „Jolly Rouge“.
Graue Maus auf grünem-schwarzem Grund sieht bestimmt auch ganz pfiffig aus.