ceam hat geschrieben:(12 Feb 2021, 10:37)
Geht man nach der Anzahl der Schultage und die Anzahl wie oft wir Gruppenarbeit gemacht haben dann kommt bei mir salop 1 % raus, es handelt sich hierbei nicht um eine exakte Angabe aber obs jetzt vielleicht doch noch 3-5 % waren ist egal. Ich glaube in einem Schuljahr hatten wir 1-2 mal Gruppenarbeit und waren beide furchtbar.
Ich habe eine Hauptschule, eine Wirtschaftsschule, eine Berufsschule und eine Berufsfachschule besucht. Die Hauptschule war ziemlich chaotisch aber eigentlich waren in allen Schulformen der gleiche Unterricht angesagt, Frontal mit abschreiben. Mit 1 % Gruppenarbeit. Und in Mathe gabs auch schon mal Einzelarbeit.
Hauptschule? Das müssten dann zumindestens die alten Bundesländer sein, oder? Also derartige Beschwerden sind mir schulformtypisch bekannt und scheinen (anders als manche Benutzer hier zu glauben meinen) einen Bundestrend abzuzeichnen. Darüber wurde auch viel diskutiert. Man vermutet, dass ein wesentlicher Grund schlichtweg in der Qualität der Lehrkräfte liegt. Genannte Schulformen stehen bei vielen angehenden Lehrern nicht so weit oben auf der Wunschliste. Das sieht man am Überschuss an Gymnasiallehrern.
Daher nehmen einige Schulformen, abhängig vom BL, Lehrer jeder Färbung mit Kusshand. Bisweilen auch das Problem der Quereinsteiger (es gibt dennoch mehr gute Lehrer unter ihnen als man vermutet). Dann kommt noch die Lage hinzu. Es wird immer schwieriger, Stellen in ländlichen oder sozial schwachen Kommunen zu besetzen. Daraus folgt mehr als man annehmen mag. Schlechte oder eher unqualifizierte Pädagogen arbeiten halt eher den Lehrplan ab und haben keine Kompetenz, sich privat so zu organisieren, dass sie Gruppenarbeiten oder eigene Materialien vorbereiten können. Viele Lehrer wehren sich sogar noch gegen PCs und Boards, einige teilen Materialien aus, auf denen nicht einmal die Ehe für alle als legal anerkannt wird uvm. In eher konservativen Gegenden meinen auch noch einige, dass der Lehrer der Feind der Schüler sein sollte, mit bekannten Resultaten. Der Lockdown hat diese Probleme noch einmal verschärft.
Aber die Konsequenzen beschränken sich nicht nur auf den Unterricht selbst. Es ist auch schwer, kompetentes Personal für die Schulleitung zu finden - ein Job herakleischen Ausmaßes. Ist das innere Gefüge einer Schule (Leitung, Lehrer) zerrüttet, das kommt häufiger vor als man denkt, funktionieren die elementarsten Aufgaben nicht, wie z.B. die Beschaffung, Verteilung und Verwaltung von Lehrmitteln (z.B. Bücher). Wie weltfern, teils feindlich einige Forenbenutzer Dich und Deinen Bericht beurteilen, steht ja schon symbolisch für das Problem: Diese Probleme sind systemimmanent und können von Laien gar nicht wahrgenommen werden.
Das System Schule ist sehr kompliziert. Was Du beschreibst, halte ich für plausibel, zumal Du Schulformen anführst, die in unserer gegenwärtigen Situation "Schulen zweiter Klasse" sind und sich nicht der enormen Lobby-Arbeit engagierter Eltern bedienen können. Im Lockdown z.B. wurden Berufsschüler quasi den Abiturienten untergeordnet.
Was wäre die Lösung? Also, es sind schon viele daran gescheitert, das Bildungswesen zu reformieren, ich hoffe, dass ich jetzt nicht zu düster urteile...
gentibus solidaritas, una fit humanitas.