schelm hat geschrieben:(22 Jun 2016, 09:23)Broder greift doch nur die Plattitüden auf, stellt sie der Realität gegenüber. Die Masse der fleißigen Steuerzahler schwelgt eben nicht in Wohlstand, den sie in einer " globalisierten Welt " mit ( notfalls ) vielen Millionen Kriegs - / Wirtschafts- oder Klimaflüchtlingen teilen könnten, sondern hat mit dem Phänomen zu kämpfen am Ende des Geldes noch etwas Monat übrig zu haben. Der Masse gehört eben nicht die glitzernde Fassade des Westens, sondern sie muss rechnen die Raten fürs Häuschen und die Kosten für die Kids regelmäßig aufbringen zu können.
Wer meint " Wohlstand " mit der Welt zu teilen, der muss Handelsbarrieren aufheben, Märkte öffnen, die Dominanz großer Konzerne beschränken, oder die Reichen abschröpfen; kurz gesagt, zumindest konsistent denken und handeln wollen, a la Wagenknecht. Ob dies dann die Gesellschaft sein würde die wir wollen wäre eine andere Frage.
Das ist nicht nur eine "irgendwie schiefe" Sicht auf die Welt. Es ist eine ganz grundlegend auf dem Kopf stehende Sicht. Von kaum einem Land lässt sich so sehr behauten, es
profitiere von einer globalisierten Welt, wie von Deutschland. Übertroffen wird das vielleicht nur noch von der Schweiz. Und dieses "profitieren" ist nicht nur irgendwie abstrakt sondern betrifft eben gerade "die Masse der fleißigen Steuzerzahler". Ist dir nicht klar, dass jemand, der "Raten fürs Häuschen" (oder für den Mittelklassewagen) zahlt, zahlen
kann, sich - selbst in europäischem Maßstab - in einer sozial extrem komfortablen Lage befindet? Ich kenne, glaubs mir, auch Menschen in Millieus, die man nach hiesigem Maßstab als "prekär" zu bezeichen pflegt. Ich befinde mich einen ziemlichen Teil des Jahres in Ungarn mit einem mehrfach geringeren Durchschnittseinkommen als in Deutschland. Niemand von all den Leuten steht vor sozialen Problemen, die ihn so sehr beanspruchen, dass er/sie nicht mehr Nachrichten hören oder Zeitungen lesen könnte. Das ist ebenso ein Märchen Broders, wie die Behauptung, DDR-Bürger hätten sich quasi "am Meeresboden" befunden. Ich war in der DDR auch in den siebziger, achtziger Jahren politisch genauso gut informiert wie heute. Voraussetzung dafür sind eben nicht Geld oder Privilegien sondern die grundsätzliche Bereitschaft zu kritischer Distanz zur "Masse".
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)