Kohlhaas hat geschrieben:(05 Aug 2021, 12:33)
Du übersiehst dabei, dass es nicht allein um den PKW-Verkehr geht. Wenn unsere Wirtschaft komplett auf fossile Brennstoffe verzichten soll, benötigen wir alternative Treibstoffe z.B. für Flugzeuge und Schiffe. Für Lastwagen, für Panzer, für Heizungsanlagen, für Industrieanwendungen. All das lässt sich nicht vollelektrisch bewerkstelligen. Vor allem brauchen wir aber ein "Speichermedium", um regenerativ erzeugten Strom zu speichern. Das kann eigentlich nur Wasserstoff sein. Eine andere Lösung fällt mir nicht ein. Und das kann auch nicht mehr 30 Jahre warten.
Ich habe das nicht übersehen - vielmehr dem Wasserstoff durchaus eine Perspektive gegeben. Gleichwohl wird Wasserstoff für PKWs für die nächsten 30 Jahre eher eine Nischenrolle spielen. Und zwar genau aus den Gründen, die du angeführt hast.
Kohlhaas hat geschrieben:(05 Aug 2021, 12:33)
Die Wasserstofftechnologie ist seit über hundert Jahren bekannt. Es fehlen eigentlich nur noch Entwicklungsschritte, um den Umgang mit Wasserstoff großtechnisch anwendungsreif zu machen. Den großen Vorteil dieser Technologie sehe ich darin, dass die meisten bereits existierende "Energieverbraucher" (Autos mit Benzinmotor, Erdgasheizungen in den Häusern) weiter betrieben und CO2-neutral gemacht werden können. Man müsste nicht das komplette System austauschen. Um ein E-Auto zu kaufen, braucht man mindestens 30.000 Euro. Um ein Auto mit Bezinmotor auf Erdgas-Betrieb (oder den Betrieb mit regenerativ erzeugtem synthetischem Erdgas) umzustellen, braucht man gerade mal 3000 Euro. Nur zur Erinnerung: Derzeit bezahlt der Staat 8000 Euro (?) Zuschuss für die Beschaffung von E-Autos.
Ja, alles korrekt - aber du räumst ein, dass es noch Entwicklungsschritte braucht. Und diese brauchen Zeit und Geld.
Für PKWs kommen die notwendigen Entwicklungsschritte zu spät. Da sind die Würfel gefallen, weil die Investitionen in Anlagen bereits getätigt wurden. Produktionsstraßen wurden aufgebaut, Batteriewerke finanziert und die Ladeinfrastruktur ist im Aufbau. Wenn erst mal jeder dritte Haushalt eine Wallbox zu Hause hat, und Solarzellen auf dem Dach - dann sind das Investitionen, die auch der Privatmensch erst mal nutzen möchte. Also bleibt der, wenn einmal auf elektrisch umgestellt, bei elektrisch.
Das ist aber auch gar nicht tragisch!
Kohlhaas hat geschrieben:(05 Aug 2021, 12:33)
Natürlich müsste man die Kapazitäten für die Wasserstoff-Produktion massiv hochfahren. Die jetzigen Kapazitäten reichen auf keinen Fall aus. Aber auch das ist kein unlösbares Problem. Beispiel: Saudi-Arabien. Das Land exportiert heute eine große Menge an Energie in Form von Öl und Gas. Saudi-Arabien könnte die gleiche Menge an Energie in Form von Wasserstoff exportieren, wenn es nur ein Prozent seiner Landesfläche mit Photovoltaik-Modulen bebauen würde. Libyen z.B. hätte auch jede Menge Fläche, um sowas zu leisten und dadurch vernünftige Staatseinnahmen sicherzustellen. Es wäre sogar schon eine Hilfe, wenn in Deutschland an sonnigen und windigen Tagen die Anlagen zur regenerativen Energieerzeugung nicht wegen "Überproduktion" vom Netz genommen werden müssten, sondern ihre Energieausbeute in Form von Wasserstoff speichern könnten. Das ist ja das blöde: Wenn Windräder und PV-Anlagen besonders effektiv arbeiten, muss man sie abschalten, weil der viele Strom "gar nicht gebraucht" wird. Die Energiewende scheitert im Moment noch an der fehlenden Speicherbarkeit der erzeugten Energie. Wasserstoff könnte dieses Problem lösen. Und das darf nicht mehr 30 Jahre dauern. Das muss schnell passieren.
Prinzipiell sehe ich das durchaus ähnlich. Wir werden den Wasserstoff brauchen. Aber eben nicht für PKWs. DIE aber sind aktuell die Herausforderung. Dann kommen Wohnungen.....da werden wir im Neubau keinen Wasserstoff brauchen, sondern wiederum Strom. Im Altbau hingegen.....kann Wasserstoff auf lange Zeit eine sinnvolle Nische einnehmen.
Das "Hochfahren" der Wasserstofftechnologien wird 30 Jahre brauchen - und das wäre schon ziemlich schnell. Man kann schlicht und einfach nicht mal eben so zwischen Tür und Angel Milliardeninvestitionen nicht nur tätigen, sondern auch real verbauen und in produktiv laufende Gesamtsysteme bringen. Das dauert einfach seine Zeit. Und: Wir werden diese Zeit auch brauchen - für Panzer, LKWs, die Schwerindustrie, Zementherstellung, etc. etc. etc......
Die Energiewende wird auch eine Wende hin zu Wasserstofftechnologie sein. Allerdings steht Wasserstoff nicht in Konkurrenz zu Strom, sondern in Ergänzung zu dem.
Bei PKWs kommt die Wasserstofftechnologie zu spät - sie wird nur noch Nischen bedienen - auf lange Zeit. Ob es jemals wieder bei PKWs weg von e-Mobilität geht.....ist eher unwahrscheinlich. Zu groß sind die systemischen Vorteile der e-Mobilität. Und: sie steht gerade nicht im Widerspruch zur Wasserstofftechnologie.
Dem Wasserstoff gehört langfristig wahrscheinlich die Zukunft - aber nicht bei PKWs, und auch nicht bei Neubauten bei Heizungen. Sehr wohl aber in der Schwerindustrie, bei LKWs, in der Schifffahrt und vielem mehr.
Dem Verbrenner wird dabei aber auch vor allem noch die einzelnen Nischen bleiben. Elektromotoren sind einfach zu überlegen gegenüber Verbrennern - und die Brennstoffzellen kombinieren geschickt Wasserstoff mit Elektrizität.
Der Systemwechsel in der Automobilindustrie ist bereits unumkehrbar eingeläutet. Und für den Rest braucht es einfach noch einiges an Zeit.