Hagia Sophia

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Kloß mit Soß
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Hagia Sophia

Beitrag von Kloß mit Soß »

Die ehemals größte Kirche des Christentums wird gerade wieder zur Moschee umgewidmet, nachdem sie seit Atatürks Zeiten als Museum diente. Das ist ein Schlag gegen die westliche Welt und gegen den Teil der Türken, welche die Säkularisierung befürworten.

Vielleicht ist es an der Zeit, Konstantinopel wieder unter griechische Verwaltung zu stellen.. :s
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Sie wurde jahrhundertelang als Moschee genutzt. Was spricht eigentlich dagegen es wieder zu tun?
Sungawakan
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Sungawakan »

Das Thema hatten wir doch bereits unter Türkei und Europa und Naher Osten.
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Vongole
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Vongole »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:36)

Sie wurde jahrhundertelang als Moschee genutzt. Was spricht eigentlich dagegen es wieder zu tun?
Weil sie Weltkulturerbe ist und Erdogan mit der Umwidmung etwas ganz anderes erreichen will als ein zusätzliches Bethaus.
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... ng-tuerkei
https://www.n-tv.de/politik/politik_per ... 09138.html
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Sungawakan hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:40)
Das Thema hatten wir doch bereits unter Türkei und Europa und Naher Osten.
Das sind gerade mal ein paar Kommentare, die politischen Folgen betreffend.

Ich würde dennoch erst gerne wissen, wieso die Türkei das nicht machen sollte. Es ist ein historisches Sakralgebäude, welches schon Jahrhunderte als Moschee genutzt wurde. Atatürk hat sie sicherlich mit großer Symbolwirkung zum Museum umgewandelt, aber muss sie es bleiben, nur weil es von ihm mal so gesehen worden ist? Heute denkt man da möglicherweise anders. Welches moralische Recht würde dem entgegenstehen?
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JJazzGold
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von JJazzGold »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:49)

Das sind gerade mal ein paar Kommentare, die politischen Folgen betreffend.

Ich würde dennoch erst gerne wissen, wieso die Türkei das nicht machen sollte. Es ist ein historisches Sakralgebäude, welches schon Jahrhunderte als Moschee genutzt wurde. Atatürk hat sie sicherlich mit großer Symbolwirkung zum Museum umgewandelt, aber muss sie es bleiben, nur weil es von ihm mal so gesehen worden ist? Heute denkt man da möglicherweise anders. Welches moralische Recht würde dem entgegenstehen?
Israel sollte sich ein Beispiel daran nehmen.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Vongole hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:49)
Weil sie Weltkulturerbe ist und Erdogan mit der Umwidmung etwas ganz anderes erreichen will als ein zusätzliches Bethaus.
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... ng-tuerkei
https://www.n-tv.de/politik/politik_per ... 09138.html
Korrekt, es ist eine Provokation. Das sehe ich genauso.

Die Frage ist aber eher, ob es nicht erwartbar war, dass die Türkei ein auf ihrem Terretorium befindliches historisches Sakralgebäude, welches sowohl als Kirche als auch als Moschee genutzt wurde, wieder einer Nutzung als Moschee zuführt.

Die Frage ist für mich eher, welche Einschränkungen mit der Nutzung als Moschee einhergehen, die nicht mit dem Status als Weltkulturerbe vereinbar sind. Würden z.B. "Ungläubige" von der Besichtigung der Moschee ausgeschlossen oder vor hohe Hürden gestellt, dann wäre das ein ernsthafter Vorgang, der tatsächlich großen Protest verdienen würde. Es muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass das Bauwerk auch mit den neuen Status der Weltgemeinschaft offensteht.

Gibt es schon Aussagen dazu, inwiefern es dort Einschränkungen geben wird?
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Sungawakan »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:49)

Das sind gerade mal ein paar Kommentare, die politischen Folgen betreffend.

Ich würde dennoch erst gerne wissen, wieso die Türkei das nicht machen sollte. Es ist ein historisches Sakralgebäude, welches schon Jahrhunderte als Moschee genutzt wurde. Atatürk hat sie sicherlich mit großer Symbolwirkung zum Museum umgewandelt, aber muss sie es bleiben, nur weil es von ihm mal so gesehen worden ist? Heute denkt man da möglicherweise anders. Welches moralische Recht würde dem entgegenstehen?
Welche weiteren als politische Folgen hätte diese Umwandlung denn noch?
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

JJazzGold hat geschrieben:(14 Jul 2020, 18:00)

Israel sollte sich ein Beispiel daran nehmen.
Ich denke die Diskussion darüber dürfte eröffnet sein.
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JJazzGold
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von JJazzGold »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 18:01)

Ich denke die Diskussion darüber dürfte eröffnet sein.
Weshalb auch nicht? Die Muslime werden sich wohl kaum darüber aufregen.
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odiug

Re: Hagia Sophia

Beitrag von odiug »

Vongole hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:49)

Weil sie Weltkulturerbe ist und Erdogan mit der Umwidmung etwas ganz anderes erreichen will als ein zusätzliches Bethaus.
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... ng-tuerkei
https://www.n-tv.de/politik/politik_per ... 09138.html
Der Kölner Dom ist auch Weltkulturerbe und wird nach wie vor als Kirche genutzt.
Es ist ein innenpolitischer Zug eines Autokraten, der vom Versagen in der Corona-Krise ablenken soll.
Da ist er aber auch nicht allein mit derartigen Manövern.
Da gibt es so einen mit einer Bibel in der Hand vor einer Kirche und um die Stimmung nicht zu stören, lies er lästige Demonstranten mit Reitzgas und Polizeiknüppel vertreiben.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

JJazzGold hat geschrieben:(14 Jul 2020, 18:07)

Weshalb auch nicht? Die Muslime werden sich wohl kaum darüber aufregen.
Und was schlägst du vor?
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JJazzGold
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von JJazzGold »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 18:30)

Und was schlägst du vor?
Entweder nimmt man sich weltweit ein Beispiel an Erdogan, wobei dann eine ganze Reihe von sakralen Bauwerken wieder ihrer ursprünglichen religiösen Bedeutung zugeführt werden, oder man ist klüger.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

JJazzGold hat geschrieben:(14 Jul 2020, 18:43)

Entweder nimmt man sich weltweit ein Beispiel an Erdogan, wobei dann eine ganze Reihe von sakralen Bauwerken wieder ihrer ursprünglichen religiösen Bedeutung zugeführt werden, oder man ist klüger.
Gibt es denn ein Beispiel, welches dann auf muslimischer Seite zu Empörung führen würde?
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Keoma
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Keoma »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:05)

Gibt es denn ein Beispiel, welches dann auf muslimischer Seite zu Empörung führen würde?
Man könnte die al-Aqsa in eine Synagoge umwandeln.
Der Gescheitere gibt nach!
Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

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JJazzGold
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von JJazzGold »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:05)

Gibt es denn ein Beispiel, welches dann auf muslimischer Seite zu Empörung führen würde?
Diverse ex Hindi Tempel, die heute als Moschee dienen, zurückzuführen dürfte nicht ohne Widerspruch ablaufen. Auch die Rückführung der Hagia Sophia zu einem ursprünglich rund tausendjährigen christlichen Gebäude dürfte problematisch werden, ebenso wie die Rückführung von über dreißig Moscheen in der Türkei, die früher christliche Gebäude waren.
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tarkomed
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von tarkomed »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 17:49)

Ich würde dennoch erst gerne wissen, wieso die Türkei das nicht machen sollte. Es ist ein historisches Sakralgebäude, welches schon Jahrhunderte als Moschee genutzt wurde. Atatürk hat sie sicherlich mit großer Symbolwirkung zum Museum umgewandelt, aber muss sie es bleiben, nur weil es von ihm mal so gesehen worden ist? Heute denkt man da möglicherweise anders. Welches moralische Recht würde dem entgegenstehen?
In Hagia Sophia gibt es noch Reste von Fresken und Mosaiken aus byzantinischer Zeit. Sie wurden nach der Eroberung Konstantinopels teilweise zwar zerstört ober übertüncht, aber nach ihrer Umwindung zum Museum wurden die Überreste wieder freigelegt. Zu ihrer Nutzung als Moschee müssten sie dann wieder überdeckt werden, weil in einer Moschee bildliche Darstellungen nicht erlaubt sind.
Atatürk gilt im Übrigen als der Gründer der heutigen säkularen und laizistischen Türkei und darin liegt die Symbolik bei diesem Akt Erdogans: der Sargnagel des Laizismus.
Gib dich nicht so, dass alle andern dich für etwas halten, was du nicht sein willst.
Wenn sie es trotzdem tun, dann bist du es...
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Keoma hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:28)
Man könnte die al-Aqsa in eine Synagoge umwandeln.
Wann war denn die al-Aqsa schonmal eine Synagoge? Wem gehört die überhaupt? Gibt es dazu Eigentumsrechte?
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

tarkomed hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:36)
In Hagia Sophia gibt es noch Reste von Fresken und Mosaiken aus byzantinischer Zeit. Sie wurden nach der Eroberung Konstantinopels teilweise zwar zerstört ober übertüncht, aber nach ihrer Umwindung zum Museum wurden die Überreste wieder freigelegt. Zu ihrer Nutzung als Moschee müssten sie dann wieder überdeckt werden, weil in einer Moschee bildliche Darstellungen nicht erlaubt sind.
Ja, genau solche Dinge meine ich. Die Frage wäre für mich, inwiefern der Status als Moschee dem weltlichen Hintergrund als Museum widerspricht. Wären bauliche Veränderungen durchzuführen, dann wäre das kritisch. Historische Zeugnisse zu zerstören wäre unverzeihlich.
Atatürk gilt im Übrigen als der Gründer der heutigen säkularen und laizistischen Türkei und darin liegt die Symbolik bei diesem Akt Erdogans: der Sargnagel des Laizismus.
Genau das möchte er damit zeigen. Es ist auch ein Machtbeweis und damit ein Zeichen für etwas zu stehen und es durchzusetzen. Ich bin gespannt auf die Reaktionen.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

JJazzGold hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:30)
Diverse ex Hindi Tempel, die heute als Moschee dienen, zurückzuführen dürfte nicht ohne Widerspruch ablaufen. Auch die Rückführung der Hagia Sophia zu einem ursprünglich rund tausendjährigen christlichen Gebäude dürfte problematisch werden, ebenso wie die Rückführung von über dreißig Moscheen in der Türkei, die früher christliche Gebäude waren.
Da bin ich wirklich kein Experte, aber in Indien dürfte es kaum Moscheen geben, die in einer Hindiumgebung aus einem Hindutempel gebaut wurden. Das hätten die Hindus wohl nicht mit sich machen lassen. Wenn Moschee, dann selber gebaut von Muslimen.
In Pakistan dürfte das ähnlich sein. Da dürfte es auch kaum Hindutempel geben, die aus Moscheen gebaut wurden.
Eher dürfte das Gegenteil zutreffen, nämlich dass nach dem Zerfall Indiens in Indien und Pakistan, in Indien Moscheen zu Hindutempeln wurden und in Pakistan Hindutempel zu Moscheen. Ist aber nun wirklich reine Vermutung meinerseits.

Dein erster Hinweis hat bei mir den Felsendom assoziiert. Der ist auf dem Tempelberg erbaut, aber eben von den Muslimen. Der Felsen ist auch für die Juden von Besonderheit. Allerdings ist der Dom unstrittig ein islamisches Bauwerk. Da gibt es nichts umzuwandeln. Aber auch da lasse ich mich gerne belehren, weil da bin ich wirklich kein Experte.

Für mich ist eigentlich unwichtig welche Religionsgruppe da gerade pickiert sein mag, wenn die Hagia Sophia zur Moschee zurückumgewandelt wird. Es ist für mich einzig relevant welche politische Dimension sich daraus ergibt, und ob diese Umwandlung mit der Zerstörung oder mit Beschränkungen im Zugang zu Dokumenten der Zeitgeschichte steht. Führt dieser Zug also dazu, dass irgendwer eine Gegenprovokation durchführt? Um welche Bauten könnte es dabei gehen? Was könnte das auslösen? Das sind für mich die interessanten Fragen.
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Keoma
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Keoma »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:56)

Wann war denn die al-Aqsa schonmal eine Synagoge? Wem gehört die überhaupt? Gibt es dazu Eigentumsrechte?
Nun, eine Synagoge war sie nicht, aber sie ist in der Hauptstadt Israels.
Und es geht ja um die Reaktionen.
Der Gescheitere gibt nach!
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Keoma hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:19)
Nun, eine Synagoge war sie nicht, aber sie ist in der Hauptstadt Israels.
Und es geht ja um die Reaktionen.
Ich hatte ja gezielt auch nach den Eigentumsrechten gefragt.

Es wäre sicherlich unsinnig eine islamische Gemeinde ihres Eigentums zu berauben um dann daraus als Racheakt eine Synagoge zu bauen. Das hat niemand vor.

Die Hagia Sophia war schon Jahrhunderte vor der Umwandlung in ein Museum eine Moschee. Sie steht in einem (noch) laizistischen Land, mit allerdings haushoher muslimischer Bevölkerungsmehrheit. Wenn man sie nun wieder zur Moschee macht, dann nimmt man niemandem sein Eigentum weg, und man funktioniert auch nicht eine Kirche um - obwohl sie das früher einmal war. Man würde sie halt wieder zu einer Moschee machen.

Ich bin auch garnicht dafür, dass das passiert. Die Empörung der Christen erscheint für mich aber, ehrlich gesagt, etwas aufgesetzt. Immerhin war sie schon Jahrhunderte keine Kirche mehr. Es geht nicht um die Christen. Es geht um die Provokation der Weltgemeinschaft und eventuelle Reaktionen woanders.
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BlueMonday
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von BlueMonday »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:28)

Ich hatte ja gezielt auch nach den Eigentumsrechten gefragt.


Ich bin auch garnicht dafür, dass das passiert. Die Empörung der Christen erscheint für mich aber, ehrlich gesagt, etwas aufgesetzt. Immerhin war sie schon Jahrhunderte keine Kirche mehr. Es geht nicht um die Christen. Es geht um die Provokation der Weltgemeinschaft und eventuelle Reaktionen woanders.
Ich glaube nicht, dass es da vorrangig um formal-juristische Eigentumsfragen gehen wird.

Und zur Weltgemeinschaft gehören wohl auch ein "paar" Christen. Der Bau hat nun eine lange christliche Geschichte. Natürlich gibt es da ein Interesse von dieser Seite. Und mit dem Begriff des "Weltkulturerbe" versteht sich dann wohl "die Welt" als eigentliche Eigentümerin, und als solche verwehrt sie sich gegen eine Vereinnahmung durch nur einen Teil, der es wiederum im eigenen Sinne umwidmen will. Nun besteht "die Welt" tatsächlich doch nur aus verschiedenen Interessengruppen, manche mit größerem Interesse an der Sache als andere.

Stell dir einen Weltenbaum vor, mit bewegter Geschichte, mit diversen ehemaligen Besitzern, Besetzern und Eigentümern. Viel Blut wurde wegen seiner vergossen und irgendwann einigt man sich doch darauf, dass er "allen" gehört. Nicht nur jenen, die ihn vor langer Zeit gepflanzt haben oder ihn zwischenzeitlich erobert haben. Und dann steht das Ding zufällig in Wullhullaland und die Wullhullaner hängen einestages trotzig ne Wullhullafahne dran.

Ich glaube, du verkennst auch etwas die Verwobenheit "der Politik" mit jenen alten Begebenheiten, Animositäten, Auseinandersetzungen etc. Das war schon immer der Treibstoff von Konflikten und Kriegen. Verlorene Gebiete. Die Schmach. Die Verletzung. Die Erinnerung. Es geht darum, diese uralten Reflexe zu zügeln bzw. sie gar nicht wieder anzustacheln.
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JJazzGold
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von JJazzGold »

"Skeptiker"

Da bin ich wirklich kein Experte, aber in Indien dürfte es kaum Moscheen geben, die in einer Hindiumgebung aus einem Hindutempel gebaut wurden. Das hätten die Hindus wohl nicht mit sich machen lassen. Wenn Moschee, dann selber gebaut von Muslimen.
In Pakistan dürfte das ähnlich sein. Da dürfte es auch kaum Hindutempel geben, die aus Moscheen gebaut wurden.
Eher dürfte das Gegenteil zutreffen, nämlich dass nach dem Zerfall Indiens in Indien und Pakistan, in Indien Moscheen zu Hindutempeln wurden und in Pakistan Hindutempel zu Moscheen. Ist aber nun wirklich reine Vermutung meinerseits.
In Indien angeblich nur 2000, wenn man dem Buch “Hindu Temples - what happened to them“ Glauben schenkt.
Dein erster Hinweis hat bei mir den Felsendom assoziiert. Der ist auf dem Tempelberg erbaut, aber eben von den Muslimen. Der Felsen ist auch für die Juden von Besonderheit. Allerdings ist der Dom unstrittig ein islamisches Bauwerk. Da gibt es nichts umzuwandeln. Aber auch da lasse ich mich gerne belehren, weil da bin ich wirklich kein Experte.
Auf den Resten eines hedonistischen Tempels. Der Geschichte der Hagia Sophia folgend, müsste einfach nur aus der Moschee eine Synagoge gemacht werden, um in ein paar Jahren den Anspruch zu belegen. Was selbstverständlich nicht passieren wird, die Israelis haben in der Regel eine zivilisierte Regierung.


Für mich ist eigentlich unwichtig welche Religionsgruppe da gerade pickiert sein mag, wenn die Hagia Sophia zur Moschee zurückumgewandelt wird. Es ist für mich einzig relevant welche politische Dimension sich daraus ergibt, und ob diese Umwandlung mit der Zerstörung oder mit Beschränkungen im Zugang zu Dokumenten der Zeitgeschichte steht. Führt dieser Zug also dazu, dass irgendwer eine Gegenprovokation durchführt? Um welche Bauten könnte es dabei gehen? Was könnte das auslösen? Das sind für mich die interessanten Fragen.
Es wird nichts auslösen, na ja, ein wenig öffentliche Empörung und päpstliche Betroffenheit. Ggfls fließen keine oder weniger UNESCO Weltkulturerbegelder und Erdogan wird dem Istanbuler Bürgermeister die Kosten für den Erhalt aufs Auge drücken. Allem Anderen hält Erdogan das Wort “Flüchtlinge“ entgegen und dann ist Ruhe.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

BlueMonday hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:54)
Ich glaube nicht, dass es da vorrangig um formal-juristische Eigentumsfragen gehen wird.

Und zur Weltgemeinschaft gehören wohl auch ein "paar" Christen. Der Bau hat nun eine lange christliche Geschichte. Natürlich gibt es da ein Interesse von dieser Seite. Und mit dem Begriff des "Weltkulturerbe" versteht sich dann wohl "die Welt" als eigentliche Eigentümerin, und als solche verwehrt sie sich gegen eine Vereinnahmung durch nur einen Teil, der es wiederum im eigenen Sinne umwidmen will. Nun besteht "die Welt" tatsächlich doch nur aus verschiedenen Interessengruppen, manche mit größerem Interesse an der Sache als andere.

Stell dir einen Weltenbaum vor, mit bewegter Geschichte, mit diversen ehemaligen Besitzern, Besetzern und Eigentümern. Viel Blut wurde wegen seiner vergossen und irgendwann einigt man sich doch darauf, dass er "allen" gehört. Nicht nur jenen, die ihn vor langer Zeit gepflanzt haben oder ihn zwischenzeitlich erobert haben. Und dann steht das Ding zufällig in Wullhullaland und die Wullhullaner hängen einestages trotzig ne Wullhullafahne dran.

Ich glaube, du verkennst auch etwas die Verwobenheit "der Politik" mit jenen alten Begebenheiten, Animositäten, Auseinandersetzungen etc. Das war schon immer der Treibstoff von Konflikten und Kriegen. Verlorene Gebiete. Die Schmach. Die Verletzung. Die Erinnerung. Es geht darum, diese uralten Reflexe zu zügeln bzw. sie gar nicht wieder anzustacheln.
Ich schreibe ja auch, dass das Weltkulturerbe auf jeden Fall erhalten bleiben muss. Jede Einschränkung sehe ich da als kritisch.

Das Weltkulturerbe umfasst allerdings mW die baulichen Inhalte, nicht die Nutzung. Als Weltkulturerbe geht die Hagia Sopia nicht in das Eigentum der Welt über. Man sagt damit lediglich aus, dass man dieses Kulturgut bewahren möchte, bzw. soll oder muss. Dahinter stehe ich auch voll. Außerdem muss es allen Menschen weiter offenstehen. Wenn eine Nutzung als Moschee damit nicht vereinbar ist, dann ist das inakzeptabel.

Irgendwelche Fahnenvergleiche führen da ins Leere. An der Hagia Sophia weht die türkische Fahne, und die Türken entscheiden was damit passiert. Die Missachtung der Weltgemeinschaft und die dahinter stehende Provokation sind das Politikum.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

JJazzGold hat geschrieben:(14 Jul 2020, 21:02)
In Indien angeblich nur 2000, wenn man dem Buch “Hindu Temples - what happened to them“ Glauben schenkt.
In Indien sind 2000 Hindutempel zu Moscheen umgewandelt worden? Wann das? In jüngerer oder historischer Zeit? Das hätte ich niemals gedacht. Interessant.

Ich war mal in einem in Madurai - übrigens hochinteressent, wenn man z.B. auch mal in Karnaak war, und dann auf einmal sieht, wie ein erhaltener Tempel aussieht. Rein von der Gebäudestruktur her würde ich da kaum eine Moschee draus erkennen. Nun denn ...
Auf den Resten eines hedonistischen Tempels. Der Geschichte der Hagia Sophia folgend, müsste einfach nur aus der Moschee eine Synagoge gemacht werden, um in ein paar Jahren den Anspruch zu belegen. Was selbstverständlich nicht passieren wird, die Israelis haben in der Regel eine zivilisierte Regierung.
Ich sehe durchaus noch einen Unterschied zwischen Begebenheiten im Mittelalter und Begebenheiten heute. Natürlich kann man heute auch noch mit biblischem "Auge um Auge" an die Sache herangehen. Tatsächlich sehen die Türken aber die Hagia Sophia als jahrhundertelange Moschee. Niemand von den Menschen die jetzt leben hat jemals die Hagia Sophia als Kirche erlebt - wohl aber noch manche als Moschee. Die Aufregung sehe ich da doch ein wenig gespielt.
Es wird nichts auslösen, na ja, ein wenig öffentliche Empörung und päpstliche Betroffenheit. Ggfls fließen keine oder weniger UNESCO Weltkulturerbegelder und Erdogan wird dem Istanbuler Bürgermeister die Kosten für den Erhalt aufs Auge drücken. Allem Anderen hält Erdogan das Wort “Flüchtlinge“ entgegen und dann ist Ruhe.[/quote]
Und je größer die äußerliche Aufregung darüber, umso größer der wahrgenommene Triumph eines Erdogan.

Hoffen wir mal, dass dem Weltbürger weiter der Zutritt zu diesem Bauwerk erhalten bleibt. Es wäre schade, wenn da nun jemand Exclusivität beansprucht.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Kölner1302 »

Ich denke es schließt sich nicht aus, die Basilika als Gotteshaus und als Museum zu nutzen.
Auch der Kölner Dom ist beides und Weltkulturerbe.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Atue001 »

Die Einzelmaßnahme ist es doch nicht, die provoziert.
Sicher kann man Rechtfertigungen finden, warum man die Hagia Sophia wieder für Muslime zur Gebetsstätte und mehr machen möchte.
Ähnliche Rechtfertigungen könnte man finden, warum man die Hagia Sophia den Christen wiedergeben möchte.....

Deshalb geht es ja auch eigentlich mehr darum, dass Erdogan deutlich und immer wieder aus einem ehemals laiizistischen Staat mit klarer Trennung von Religion und Staat einen islamistischen Gottesstaat formt.

Erdogan hätte die Hagia Sophia als Gottestempel auch mit ganz anderer Symbolik an die Religion(en) übergeben können - beispielsweise indem in der Hagia Sophia abwechselnd christliche und muslimische Gottesdienste stattfinden, oder sogar mehr noch gemeinsame Andachten.......dann wäre er gefeiert worden als Versöhner zwischen Religionen!

Darum aber geht es nicht. Es ist klar - der türkische Staat hat das Recht, ein Besitztum auf seinem Territorium in der Nutzung frei zu organisieren - nur ist auch klar, wenn man ausgerechnet bei der Hagia Sophia eine Umwidmung der Nutzung auch noch mit medialem Rummel organisiert, dann geht es nicht um Religion - dann geht es nur um Machtpolitik.

Mir kann keiner erzählen, dass es eine wirkliche Notwendigkeit gegeben hat, dass man beispielsweise aus Ressourcenmangel diese Provokation in der Türkei organisieren musste......es gab und gibt auch ohne die Hagia Sophia genügend Möglichkeiten für einen gläubigen Moslem ein Gebet oder Gottesdienst zu bekommen - auch ohne Nutzung der Hagia Sophia.
Weil das jedem eigentlich klar ist, ist es wohl auch Erdogan klar - und damit ist wiederum klar, dass es ihm nicht um Religion geht, sondern um Provokation - und die steht eigentlich im Widerspruch zu seiner Religion......sollte man ihm mal sagen!

Ansonsten würde ich ihn ins Leere laufen lassen....also genau auf diese Provokation gar nicht reagieren. Es ist schließlich auch nicht so, dass der durchschnittlicher Christ die Hagia Sophia braucht.....und wenn der Museumsbetrieb ein wenig eingeschärnkt ist, nimmt halt der Staat Türkei ein wenig weniger ein......
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von unity in diversity »

Die Hagia Sophia soll zum neuen Wallfahrtsort in der islamischen Welt entwickelt werden, als direktes Konkurrenzunternehmen zu Mekka. Zunächst mal für turkstämmige Moslems, aber der globale Anspruch Erdogans ist unverkennbar. Verlagerung des Zentrums in die Türkei, das strahlt über Griechenland bis nach Europa aus.
Europa hat ja neuerdings Feindstatus.
Für jedes Problem gibt es 2 Lösungsansätze:
Den Falschen und den Unsrigen.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Europa2050 »

Atue001 hat geschrieben:(15 Jul 2020, 00:53)

Die Einzelmaßnahme ist es doch nicht, die provoziert.
Sicher kann man Rechtfertigungen finden, warum man die Hagia Sophia wieder für Muslime zur Gebetsstätte und mehr machen möchte.
Ähnliche Rechtfertigungen könnte man finden, warum man die Hagia Sophia den Christen wiedergeben möchte.....

Deshalb geht es ja auch eigentlich mehr darum, dass Erdogan deutlich und immer wieder aus einem ehemals laiizistischen Staat mit klarer Trennung von Religion und Staat einen islamistischen Gottesstaat formt.

Erdogan hätte die Hagia Sophia als Gottestempel auch mit ganz anderer Symbolik an die Religion(en) übergeben können - beispielsweise indem in der Hagia Sophia abwechselnd christliche und muslimische Gottesdienste stattfinden, oder sogar mehr noch gemeinsame Andachten.......dann wäre er gefeiert worden als Versöhner zwischen Religionen!

Darum aber geht es nicht. Es ist klar - der türkische Staat hat das Recht, ein Besitztum auf seinem Territorium in der Nutzung frei zu organisieren - nur ist auch klar, wenn man ausgerechnet bei der Hagia Sophia eine Umwidmung der Nutzung auch noch mit medialem Rummel organisiert, dann geht es nicht um Religion - dann geht es nur um Machtpolitik.

Mir kann keiner erzählen, dass es eine wirkliche Notwendigkeit gegeben hat, dass man beispielsweise aus Ressourcenmangel diese Provokation in der Türkei organisieren musste......es gab und gibt auch ohne die Hagia Sophia genügend Möglichkeiten für einen gläubigen Moslem ein Gebet oder Gottesdienst zu bekommen - auch ohne Nutzung der Hagia Sophia.
Weil das jedem eigentlich klar ist, ist es wohl auch Erdogan klar - und damit ist wiederum klar, dass es ihm nicht um Religion geht, sondern um Provokation - und die steht eigentlich im Widerspruch zu seiner Religion......sollte man ihm mal sagen!

Ansonsten würde ich ihn ins Leere laufen lassen....also genau auf diese Provokation gar nicht reagieren. Es ist schließlich auch nicht so, dass der durchschnittlicher Christ die Hagia Sophia braucht.....und wenn der Museumsbetrieb ein wenig eingeschärnkt ist, nimmt halt der Staat Türkei ein wenig weniger ein......
Und wenn gar nix mehr geht - die politische Führung bei der Weiterentwicklung des Landes versagt hat, in der Gesellsvhaft Risse auftreten:

Nationalismus, Religionstümelei und „früher war alles besser“ geht für die dumme Masse immer. Da hatte ein gewisser Lenin in seiner Analyse schon recht.

Wahrlich nicht nur in der Türkei - aber dort besonders.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Adam Smith »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 20:28)

Ich hatte ja gezielt auch nach den Eigentumsrechten gefragt.

Es wäre sicherlich unsinnig eine islamische Gemeinde ihres Eigentums zu berauben um dann daraus als Racheakt eine Synagoge zu bauen. Das hat niemand vor.

Die Hagia Sophia war schon Jahrhunderte vor der Umwandlung in ein Museum eine Moschee. Sie steht in einem (noch) laizistischen Land

Es spricht vieles dafür, dass die Türkei ein islamisches Land ist.

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Das ist Kapitalismus:

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Re: Hagia Sophia

Beitrag von JJazzGold »

"Skeptiker"

In Indien sind 2000 Hindutempel zu Moscheen umgewandelt worden? Wann das? In jüngerer oder historischer Zeit? Das hätte ich niemals gedacht. Interessant.

Ich war mal in einem in Madurai - übrigens hochinteressent, wenn man z.B. auch mal in Karnaak war, und dann auf einmal sieht, wie ein erhaltener Tempel aussieht. Rein von der Gebäudestruktur her würde ich da kaum eine Moschee draus erkennen. Nun denn ...
Das ist das übliche Prozedere im Laufe der Jahrhunderte, eine neue Religion nimmt was vorhanden ist und hängt ein neues Schild dran, oder baut entweder um oder klatscht ein neues Gebäude auf alte Fundamente. Bedauerlicherweise sind diese wiederum meist unantastbar, ansonsten wären sie ein reiches Betätigungsfeld für Archäologen.

Ich sehe durchaus noch einen Unterschied zwischen Begebenheiten im Mittelalter und Begebenheiten heute. Natürlich kann man heute auch noch mit biblischem "Auge um Auge" an die Sache herangehen. Tatsächlich sehen die Türken aber die Hagia Sophia als jahrhundertelange Moschee. Niemand von den Menschen die jetzt leben hat jemals die Hagia Sophia als Kirche erlebt - wohl aber noch manche als Moschee. Die Aufregung sehe ich da doch ein wenig gespielt.
Antisekular eingestellte Religiöse stecken meist noch im Mittelalter fest, weshalb Erdogan mit der Rückwandlung der Türkei zu einem Gottesstaat deren Bedürfnisse bedient und das durch die aufgeklärte Moderne reduzierte Selbstbewusstsein aufpäppelt. Wenn die Wirtschaft den Bach runter geht und genügend religiöse Masse vorhanden ist, dann bedient man am einfachsten das Ersatzbedürfnis Religion zur Steuerung der Masse. Das ist ein so altbekannter Prozess, dass er bei mir nur Achselzucken hervorruft.

Und je größer die äußerliche Aufregung darüber, umso größer der wahrgenommene Triumph eines Erdogan.

Hoffen wir mal, dass dem Weltbürger weiter der Zutritt zu diesem Bauwerk erhalten bleibt. Es wäre schade, wenn da nun jemand Exclusivität beansprucht.
Offen gestanden könnte ich auf die Hagia Sophie als Weltkulturerbe verzichten, wenn die EU endlich einmal soviel Hintern in der Hose hätte, der Türkei mitzuteilen, dass ein Gottesstaat kein EU Mitglied wird, jegliche Zahlungen und zeitverschwendende Audits und Verhandlungen diesbezüglich einstellt und zwar bis zum 31.12. 2020. Sollen sich doch die Orthodoxen in Russland über die Annektion des Wetltkulturerbes echauffieren und Putin zu seinem Busenfreund Erdogan schicken.

Mir ist es egal, ob Erdogan in der Hagia Sophia predigt, oder in Mekka. Ich möchte als aufgeklärte, moderne EU Bürgerin nur nicht von Mullahs und Pseudomullahs und deren Ansprüchen belästigt werden. Andere Staaten haben auch schöne Museen und einige davon stehen in Berlin.

Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
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Quatschki
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Quatschki »

In Osteuropa wurden auch viele von den Kommunisten entwidmete Kirchen neu geweiht.
Es ist ja unverkennbar, dass überall eine neue Religiösität auf dem Vormarsch ist.
Die säkular-laizistischen Kräfte hatten ihre Chance im 20.Jh und haben sie offenkundig versemmelt.
Drauf so sprach Herr Lehrer Lämpel:
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Cem Dean »

Skeptiker hat geschrieben:(14 Jul 2020, 18:01)


Gibt es schon Aussagen dazu, inwiefern es dort Einschränkungen geben wird?
Bleibt fast alles bei alten für die Besucher einzige Einschränkung ist das man in den Gebetszeiten nicht rein darf,danach darf man wieder rein und das jetzt alles ohne Eintritt.
Die Kritiker rief Erdogan auf, die Entscheidung zu respektieren. "Wie die Hagia Sophia genutzt wird, hat etwas mit den Souveränitätsrechten der Türkei zu tun." Der Eintritt werde gratis sein und allen offen stehen, "für Muslime und Nichtmuslime"

https://www.n-tv.de/panorama/Erdogan-Ha ... 04190.html
Das Gebäude ist Eigentum der Türkei ,die Türken entscheiden wie sie das Gebäude nutzen sonst keiner.

russland: '' diese entscheidung ist eine innere angelegenheit der türkei''
Hagia Sophia conversion ‘Turkey’s domestic matter,’ says Moscow

https://www.ekathimerini.com/254671/art ... ays-moscow
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Cem Dean hat geschrieben:(15 Jul 2020, 10:40)
Bleibt fast alles bei alten für die Besucher einzige Einschränkung ist das man in den Gebetszeiten nicht rein darf,danach darf man wieder rein und das jetzt alles ohne Eintritt.
Gibt es irgendwelche Auflagen oder Einschränkungen durch die Nutzung als Moschee? Also Nichtmoslem bin ich nicht im Bilde was ggf. unvereinbar mit dem Betrieb als Moschee ist.

Ein Forist hatte schon bildhafte Darstellungen angesprochen. Was passiert mit denen?
Wird es Bereiche geben, die nicht mehr zugänglich sein werden?
Wird es Bereiche geben, die nicht mehr für Nichtmuslime zugänglich sein werden?
Wird es bauliche Änderungen geben?
Das Gebäude ist Eigentum der Türkei ,die Türken entscheiden wie sie das Gebäude nutzen sonst keiner.

russland: '' diese entscheidung ist eine innere angelegenheit der türkei''
Bei einer unabgesprochenen Statusänderung an einem Weltkulturerbe, ist auch die Weltgemeinschaft betroffen. Sie hat zwar kein Mitspracherecht, aber ein Recht darauf sich ihren Teil zu denken.

Natürlich darf die Türkei das - legal gesehen. Viel wesentlicher ist das, worum es politisch im Hintergrund geht. Die Symbolik ist da entscheidend. Die Befürchtungen, dass damit eine Umwidmung alter Sakralgebäude auch in anderen Regionen der Welt einhergeht, ist nicht ganz unbegründet. Für eine popuistische Ablenkungsaktion von der Wirtschaftslage der Türkei, wäre das ein hoher Preis für die Weltgemeinschaft. Daher wäre etwas Verständnis für die Befindlichkeit der Welt durchaus angebracht - man ist ja nicht alleine auf der Welt, auch wenn manche das gerne glauben.
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Maxxy01
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Maxxy01 »

Keoma hat geschrieben:(14 Jul 2020, 19:28)

Man könnte die al-Aqsa in eine Synagoge umwandeln.
Bevor keiner mehr Lust auf den Nahostkonflikt hat, muss wieder gezündelt werden. :D
Du könntest Donald Trumps Berater werden.
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Vongole
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Vongole »

Cem Dean hat geschrieben:(15 Jul 2020, 10:40)

Bleibt fast alles bei alten für die Besucher einzige Einschränkung ist das man in den Gebetszeiten nicht rein darf,danach darf man wieder rein und das jetzt alles ohne Eintritt.(..)
Wer sagt, dass das so bleibt? In Trabzon und Iznik hat man sich schließlich auch nicht daran gehalten. In Iznik:
Nun füllt eine mit Teppichen ausgelegte und von einem Messinggeländer eingefasste Plattform fast das gesamte Kirchenschiff aus. Goldgerahmte Koransuren schmücken die Gebetsnische. Für Tor und Fenster hielten Restauratoren modernes Sichtschutzglas für angebracht. Im Innenraum gehören sichtbar verbaute Lautsprecher, Sicherungskästen, Kabel und Schuhregale jetzt zur Ausstattung der ehemaligen byzantinischen Basilika.
(..)
Trabzon:
Die Hagia Sophia in der Schwarzmeerstadt Trabzon wurde 2013 ebenfalls auf Drängen Bülent Arincs und trotz scharfer Kritik von Architekten und Wissenschaftern als Moschee wiedereröffnet. Die byzantinischen Fresken werden den Blicken der betenden Gemeinde durch ein System von Schirmen und abgehangenen Decken entzogen. Gegen eine seit Dezember 2018 laufende Restaurierung zogen Kritiker vor Gericht, doch trotz einem entsprechenden Erlass gehen die Arbeiten weiter, noch im Juli soll die «Ayasofya-Moschee» wiedereröffnet werden. Man habe die Vergangenheit der Hagia Sophia unter dem Deckmäntelchen der Corona-Pandemie einfach zerstört, sagt Ahmet Kaya, Abgeordneter der grössten Oppositionspartei CHP in Trabzon.
(..)
Und weiter:
Die türkische Regierung versicherte, dass die Hagia Sophia trotzdem auch weiterhin für alle Besucher geöffnet sei. Banu Pekol, Managerin für Kulturerbe und Beiratsmitglied beim Global Diplomacy Lab, betont jedoch, dass die Annahme, ein Gotteshaus sei trotz seiner religiösen Funktion «für alle offen», keineswegs zutreffe: «Nichtgläubige und Frauen können das Kulturerbe Hagia Sophia in Trabzon nicht in seiner Gesamtheit bewundern», so Pekol. «Die einzige Institution, die diese Freiheit bietet, ist ein Museum.»
https://www.nzz.ch/feuilleton/hagia-sop ... ld.1566436
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Maxxy01 »

Vongole hat geschrieben: Im Innenraum gehören sichtbar verbaute Lautsprecher, Sicherungskästen, Kabel und Schuhregale jetzt zur Ausstattung der ehemaligen byzantinischen Basilika.
Sichtbar verbaute Sicherungskästen und Kabel sind nun nichts, was die religiösen Gefühle des Moslems in Wallung bringt. Der Autor will doch nur den Islam als abscheulich darstellen. :rolleyes:
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Vongole »

Maxxy01 hat geschrieben:(15 Jul 2020, 16:28)

Sichtbar verbaute Sicherungskästen und Kabel sind nun nichts, was die religiösen Gefühle des Moslems in Wallung bringt. Der Autor will doch nur den Islam als abscheulich darstellen. :rolleyes:
Es geht nicht um religiöse Gefühle der Moslems, sondern um den Umgang mit Denkmälern bzw. Museen, der vermutlich auch der Hagia Sophia droht.
Und es geht auch nicht um den Islam, sondern um Erdogan.
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Antonius
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Antonius »

Vongole hat geschrieben:(15 Jul 2020, 16:37)
Es geht nicht um religiöse Gefühle der Moslems, sondern um den Umgang mit Denkmälern bzw. Museen, der vermutlich auch der Hagia Sophia droht.
Und es geht auch nicht um den Islam, sondern um Erdogan.
Dem schließe ich mich vehement an.
Es geht um den mangelnden Respekt des türkischen Machthabers vor dem internationalen Recht,
um den mangelnden Respekt vor den universalen Menschenrechten.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Skeptiker »

Antonius hat geschrieben:(15 Jul 2020, 17:48)
Dem schließe ich mich vehement an.
Es geht um den mangelnden Respekt des türkischen Machthabers vor dem internationalen Recht,
um den mangelnden Respekt vor den universalen Menschenrechten.
Inwiefern missachtet diese Entscheidung universelle Menschenrechte?
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imp
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von imp »

Quatschki hat geschrieben:(15 Jul 2020, 10:01)

In Osteuropa wurden auch viele von den Kommunisten entwidmete Kirchen neu geweiht.
Es ist ja unverkennbar, dass überall eine neue Religiösität auf dem Vormarsch ist.
Die säkular-laizistischen Kräfte hatten ihre Chance im 20.Jh und haben sie offenkundig versemmelt.
Es gibt eine Rückbesinnung aufs Religiöse. Gründe für diesen Trend hat man lange gar nicht sehen wollen und entsprechend die Leute eher belächelt oder dämonisiert.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Antonius »

Skeptiker hat geschrieben:(15 Jul 2020, 18:00)
Inwiefern missachtet diese Entscheidung universelle Menschenrechte?
Meine Aussage war vielleicht etwas schroff.
Sie sollte daran erinnern, daß es keinen islam-dominierten Staat gibt, der die universalen Menschenrechte entsprechend der AEMR von 1948 respektiert
und zur Grundlage der gegenwärtigen Politik macht.
Das gilt insbesondere auch für die Politik der Türkei.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von rain353 »

Jetzt muss man nicht mehr Eintritt bezahlen... Wo liegt da das Problem?

Willst du jetzt die Reste der türkisch-deutschen Freundschaft auch noch vernichten??????
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Bolero »

Ende der Achtziger habe ich mir mal dieses Gebäude von innen angeschaut. Nix besonderes.
Wegen mir können die auch eine Döner-Bude draus machen. :|
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Umetarek »

rain353 hat geschrieben:(16 Jul 2020, 12:31)

Jetzt muss man nicht mehr Eintritt bezahlen... Wo liegt da das Problem?

Willst du jetzt die Reste der türkisch-deutschen Freundschaft auch noch vernichten??????
Die Hagia Sophia ist diesbezüglich irrelevant, aber die türkisch-deutsche Freundschaft ist im Arsch.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von rain353 »

Umetarek hat geschrieben:(16 Jul 2020, 12:43)

Die Hagia Sophia ist diesbezüglich irrelevant, aber die türkisch-deutsche Freundschaft ist im Arsch.
Eben.... Die wurde systematisch gegen die Wand gefahren....
Früher hieß es noch "Deutsche und Türken Feinde? Das ist unmöglich!".
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von Umetarek »

rain353 hat geschrieben:(16 Jul 2020, 12:51)

Eben.... Die wurde systematisch gegen die Wand gefahren....
Früher hieß es noch "Deutsche und Türken Feinde. Das ist unmöglich!".
Das kann man aber schwerlich den Deutschen in die Schuhe schieben, Erdogan ist halt genauso helle wie Berlusconi und Trump und ähnliche. Nur das Konservativ in der Türkei noch was anderes bedeutet, als in Europa oder in den USA.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von imp »

rain353 hat geschrieben:(16 Jul 2020, 12:51)

Eben.... Die wurde systematisch gegen die Wand gefahren....
Früher hieß es noch "Deutsche und Türken Feinde? Das ist unmöglich!".
Wann war das? In den 90ern jedenfalls nicht. Unabhängig davon ist es aber mit einer ganzen Reihe von Staaten komplizierter geworden als früher mal.
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Re: Hagia Sophia

Beitrag von rain353 »

Umetarek hat geschrieben:(16 Jul 2020, 12:54)

Das kann man aber schwerlich den Deutschen in die Schuhe schieben, Erdogan ist halt genauso helle wie Berlusconi und Trump und ähnliche. Nur das Konservativ in der Türkei noch was anderes bedeutet, als in Europa oder in den USA.
Die vor Erdogan waren aber noch schlimmer und nationalistischer.. Das vergessen leider viele, dass die kemalistische Türkei schon sehr nationalistisch war(sagen sogar einige Türken).
Was nicht heißt, dass das Atatürk sich nicht um sein Land verdient gemacht hätte(Teilung Kirche u. Staat).
Seit den 80er Jahren hat man leider erfolgreich die deutsch-türkischen Beziehungen demontiert(Presse u. Politik).....
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