Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Provokateur »

Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich das "rassistischer" im Titel verstehen darf. Rassistisch ist man, oder man ist es nicht. Wenn man zwei Rassisten nebeneinander stellt, gibt es kein Score, nach dem man sagen könnte "der ist jetzt aber rassistischer als der andere".
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Woppadaq
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Apr 2018, 08:01)

Na. Nur mal drei Beispiele: Norwegen. Fremskrittspartiet. 2009 22,9 Prozent Stimmen bei Parlamentswahl. Das ist europaweit (!) der absolute Spitzenwert für Rechtspopulisten in jüngerer Zeit. Dänemark. Europaweit längste Tradition der Mitgliedschaft einer rechtspopulistischen Partei im Parlament. Erst Fremskridtspartiet (Frp) seit 1973, dann ab 95 Dansk Folkeparti (DF) sogar mit Regierungsbeteiligung. Finnland: Bekanntermaßen die "Wahren Finnen". Das sind natürlich alles Beispiele für eher sich "bürgerlich" gebende Rechtsaußenparteien.
Also ich würde hier schon Unterschiede machen. Die norwegische Fremskrittspartiet ist seit 1980 im Parlament und hat inzwischen das geschafft, woran Lucke seinerzeit gescheitert ist: die Rechtspopulisten rauszudrängen, das Thema Immigration runterzuhalten und einen gemässigten Kurs zu fahren, der sie koalierbar macht. Deshalb ist sie derzeit auch in der Regierung drin. Die DF ist ein Unikum, weil sie sowohl rechtspopulistische wie sozialdemokratische Züge hat, also schwer als rein rechte Partei zu sehen ist und sowohl Konservativen wie Sozialdemokraten Stimmen wegzieht. Einzig die Wahren Finnen sind klar rechtspopulistisch - aber auch erst geworden, im Grunde machen sie die gleiche Entwicklungdurch wie die AfD hierzulande: von gemässigt rechts zu deutlich rechtsextrem, wobei sich die gemässigten abspalten und Splittergruppierungen gründen. Die dann sogar in der Regierung sind.
Bei den Schwedendemokraten sieht das schon anders aus. Die stellen mit Björn Söder einen der Parlamentsvizepräsidenten und in dieser Rolle äußerte er kürzlich ebendort im Parlament Samen, Kurden und Juden könnten niemals "richtige Schweden" werden. Das geht sehr deutlich in Richtung Rassismus. Und die neue Ausgründung aus den ohnehin schon sehr rechten "Schwedendemokraten", die "Alternative für Schweden" sieht sich selbst nochmals einen Zacken rassistischer. Also ich weiß nicht ...
Die Schwedendemokraten waren mal weitaus rechter als sie heute sind, es sagt einiges aus, wenn Söder schon als gemässigter gilt. Die "Alternative für Schweden" wurde abgespalten, eben weil sie zu rechts war.

Alles im allen seh ich nicht, dass die Skandinavier rechter werden, eher dass die Rechten wählbarer werden.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

Provokateur hat geschrieben:(04 Apr 2018, 23:08)

Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich das "rassistischer" im Titel verstehen darf. Rassistisch ist man, oder man ist es nicht. Wenn man zwei Rassisten nebeneinander stellt, gibt es kein Score, nach dem man sagen könnte "der ist jetzt aber rassistischer als der andere".
Ich denke mal, es geht um den Grad des offenen Zeigens. Zudem gibt es schon Unterschiede zwischen Ablehnung von Fremden und reinen Chauvinismus.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(04 Apr 2018, 08:26)

Gut. Es bleibt aber dennoch als Quintessenz, dass diese Fokussierung auf die Nation (egal ob von rechts oder links) ihren Höhepunkt Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hatte. Und erst dann diese Zusammenfügung von Staat und Nation sich als politische Richtung etablierte. Auch wenn der Begriff selbst viel älter ist.
Es ist schon richtig, dass mit dem Aufkommen des Bürgertums der Nationalismus seine eigentlich bindende Funktion als klassenübergreifende Identitätsstiftung bekam. Ich vermute mal, dass er erst dann zum exklusiven Nationalismus wurde, als er sich irgendwie abgrenzen musste, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Denn die sich verschärfende Klassengegensätze liefen dieser Identitätsstiftung zuwider.

Ich denke mal, dass genau das den Nationalismus derzeit wieder attraktiv macht. Die Klassengegensätze spielen immer weniger eine Rolle, die Globalisierung und der damit einhergehende Identitätsverlust hingegen werden immer stärker als Belastung empfunden.
Wenn ich es hier nochmal auf den Kern bringen darf (also "neue Rechte in Europa", aktuelle Entwicklungen). Offener Rassismus wird eher durch verschiedene Auslegungen des "Kultur"-Begriffs ersetzt. Es findet allgemein eine Art von Kulturalisierung, Kulturalismus statt. Begleitet häufig von einem starken Geschichtsbezug. Für die Neuen Rechten in Ungarn ist der aus ihrer Sicht verheerende Vertrag von Trianon 1920 absolut essenziell. Für die serbischen Neuen Rechten die Schlacht af dem Amselfeld vor zig hundert Jahren. Nur als Beispiele. Solche Standpunkte sind ohne einen gewissen formalen Bildungsgrad gar nicht zu haben.
Zunächst mal zum Geschichtsbezug: Ich glaube, dass du das überbewertest. Es gibt in den rechten Parteien immer wieder mal revisionistische Diskussionen, die Toleranz dazu ist aber unterschiedlich. Der Vertrag von Trianon ist für Jobbik ungefähr so essentiell wie für die CSU die Benes-Dekrete. Und der serbische Nationalismus ist schon wegen des Jugoslawien-Krieges und allerspätestens seit dem Kosovo-Konflikt wirklich ein Fall für sich, die Schlacht auf dem Amselfeld ist gewissermassen das Versailles der Serben.

Zu der Sache mit dem Kultur-Begriff: ja, die Rechte passt sich an. Rassismus lässt sich leicht verurteilen und ist überall diskreditiert, Kulturalismus hingegen kann sich damit rausreden, ja nur die Kultur zu meinen, gibt dem Menschen also scheinbar die Möglichkeit, sich anzupassen. Damit ist er weit
akzeptabler als offener Rassismus. Zudem hätte der Anti-Islamismus in Europa das Potential, als quasi europäischer (exklusiver) Nationalismus zu fungieren, der auch von Juden akzeptiert wird. Womit er sich ein Stück mehr vom Vorwurf des Rechtsseins freiwaschen kann.
Mir gehts wirklich um das Verstehen der Veränderungen der sozialen Milleus, in denen rechtes Gedankengut heute entsteht und gepflegt wird. Weniger um Ideologie oder Rechts-Links-Einordnung.

Ich würd'in dem Zusammenhang auch gern mal wissen, ob und wenn ja in welchem Maße es einen neuen Zulauf bei studentischen Verbindungen gibt.
Ich denke mal, es ist eher so, dass linke Studentenvereinigungen nicht mehr die Strahlkraft haben wie früher, als noch alles möglich war und man das Gefühl hatte, die Welt noch ändern zu können. In dem Masse, wie das abgenommen hat, hat die Bedeutung konservativer Bewegungen wie Burschenschaften wahrscheinlich eher zugenommen. Zum einen, weil die jugend einfach rationeller geworden ist als ihre Eltern, die 68er, zum anderen, weil es diese Vereinigungen schon immer gab und damit ein gewisses Kontinuum hereinkam, welches sie heute attraktiver macht als damals.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

Ach Gottchen, Anabel Schunke. Dazu hab ich auch was: https://karstenmende.wordpress.com/2017 ... amokfahrt/
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Watchful_Eye »

Provokateur hat geschrieben:(04 Apr 2018, 23:08)

Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich das "rassistischer" im Titel verstehen darf. Rassistisch ist man, oder man ist es nicht. Wenn man zwei Rassisten nebeneinander stellt, gibt es kein Score, nach dem man sagen könnte "der ist jetzt aber rassistischer als der andere".
Das sehe ich etwas anders. Ich will mich auf keine Zahl festlegen, aber ich glaube, dass äußerst viele Menschen unterschwellig ein wenig rassistisch sind. Es ist ein Unterschied, ob man ein wenig unterschwellige Empathie oder Stolz für seine ethnische Herkunft empfindet oder ob im Extremfall mit vollem Ernst propagiert, einer Herrenrasse anzugehören und daraus politische Forderungen abzuleiten. Du findest z.B. bei sehr vielen historischen Autoren rassistische Tendenzen, und trotzdem sind diese natürlich nicht mit dem Rassismus der Nazis zu vergleichen.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Provokateur hat geschrieben:(04 Apr 2018, 23:08)

Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich das "rassistischer" im Titel verstehen darf. Rassistisch ist man, oder man ist es nicht. Wenn man zwei Rassisten nebeneinander stellt, gibt es kein Score, nach dem man sagen könnte "der ist jetzt aber rassistischer als der andere".
Sehe ich auch so. Rassistisch kommt von Rassismus.Un "ismus" kann nicht gesteigert werden.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Woppadaq hat geschrieben:(03 Apr 2018, 23:26)

Inwiefern steigen die denn auf?
Wenn es dem Esel zu gut geht dann geht er aufs Eis (oder so aehnlich)
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

TheManFromDownUnder hat geschrieben:(05 Apr 2018, 02:01)

Sehe ich auch so. Rassistisch kommt von Rassismus.Un "ismus" kann nicht gesteigert werden.
Was du alles nicht kannst...
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Provokateur »

Woppadaq hat geschrieben:(05 Apr 2018, 00:09)

Ich denke mal, es geht um den Grad des offenen Zeigens. Zudem gibt es schon Unterschiede zwischen Ablehnung von Fremden und reinen Chauvinismus.
Das eine ist Xenophobie, das andere (wie du ganz richtig sagst) Chauvnismus - und das geht auch ganz wunderbar ohne Rassismus. Man kann auch gegen einen Franzosen xenophob sein, der für einen Rassisten möglicherweise Arier, Vulkanier, Klingone oder einer sonstigen "Herrenrasse" zugehörig ist.
Und Chauvinismus kannst du an jedem Merkmal festmachen, welches aus Sicht des Chauvinisten die eigene Überlegenheit definiert. Da reicht manchmal die Anhängerschaft zum "richtigen" Fußballverein.
Watchful_Eye hat geschrieben: Das sehe ich etwas anders. Ich will mich auf keine Zahl festlegen, aber ich glaube, dass äußerst viele Menschen unterschwellig ein wenig rassistisch sind. Es ist ein Unterschied, ob man ein wenig unterschwellige Empathie oder Stolz für seine ethnische Herkunft empfindet oder ob im Extremfall mit vollem Ernst propagiert, einer Herrenrasse anzugehören und daraus politische Forderungen abzuleiten.
Hm, hm, schwierig. Ich tue mich schwer damit, bei reiner Selbstbezogenheit überhaupt auf Rassismus zu erkennen, da Rassismus immer mit dem Hass auf andere Ethnien verbunden ist. Bei dem Satz "Ich bin weß, und das ist okay - und du bist es nicht, und das ist auch okay." würde ich nicht mal auf Rassismus abstellen.
Watchful_Eye hat geschrieben: Du findest z.B. bei sehr vielen historischen Autoren rassistische Tendenzen, und trotzdem sind diese natürlich nicht mit dem Rassismus der Nazis zu vergleichen.
Damals waren -ismen noch gängig und normal. Erst mit der Aufklärung kam eine gewisse Abkehr vom extremen auf.
TheManFromDownUnder hat geschrieben: Sehe ich auch so. Rassistisch kommt von Rassismus.Un "ismus" kann nicht gesteigert werden.
Ja, danke.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von TheManFromDownUnder »

Woppadaq hat geschrieben:(05 Apr 2018, 05:01)

Was du alles nicht kannst...
Wer kann der kann :cool: :thumbup:
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Woppadaq hat geschrieben:(05 Apr 2018, 00:04)
Alles im allen seh ich nicht, dass die Skandinavier rechter werden, eher dass die Rechten wählbarer werden.
Naja ... dir ist aber hoffentlich klar, dass das eine nicht ohne das andere möglich ist.

Extreme Außenseiter wie die AfS werden die Ausnahme bleiben. Ich habe in den letzten Jahren aber zig Artikel, Hörfunkbeiträge usw. gelesen und gehört, die sozusagen eine Mainstreamisierung von Nationalismus in Skandinavien konstatieren. Dass ein schwedischer Parlamentsvizepräsident, also ein offizieller Repräsentant der Legislative (u.a.) Juden von der Gemeinschaft der Schweden ausschließt ... das ist schon ziemlich starker Tobak. Und er gehört einer Partei an, die (siehe Artikel unten) "ein Jahr vor Wahlen nur noch sechs, sieben Prozentpunkte" von den tradionsreichen Sozialdemokraten trennen.

Nur ein Beispiel von mehreren: Skandinavien: Rechtspopulisten als Tonangeber. (FR Juli 17)
In einem Meer blaugelber Fahnen, vor sich in blaugelben Nationaltrachten Königin Silvia und drei Prinzessinnen, schloss Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven die Rede zum „Flaggentag“ auf der blaugelb geschmückten Bühne bewegt ab. Die Demokratie müsse verteidigt werden, „damit unsere Kinder und Enkel auch weiter eines der freiesten und erfolgreichsten Länder der Welt feiern können. Unser geliebtes Schweden.“ Zwei Jahre vorher hatte der Sozialdemokrat noch vor Demonstranten für eine offene und humane Aufnahme von Flüchtlingen bewegt ausgerufen: „Mein Europa baut keine Mauern.“

Inzwischen zieht die Stockholmer Regierung Mauern hoch, was das Zeug hält, und ihr Chef hat die Scheu vor nationalistisch riechenden Tönen abgelegt. Die Sozialdemokraten, die hier fast ein Jahrhundert allein regieren konnten, trennen ein Jahr vor Wahlen nur noch sechs, sieben Prozentpunkte von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten. In zehn Jahren hat der stets gesittet auftretende Parteichef Jimmie Åkesson aus einer Splittergruppe mit arischen Rasseideologen und anderen Neonazis im Gründergepäck Schwedens nun zweitstärkste Kraft mit 20 Prozent bei Umfragen gemacht. Die Konservativen sind im stetigen Fall auf den dritten Platz zurückgefallen.
http://www.fr.de/politik/skandinavien-r ... -a-1320029
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Aus dem verwiesenen Artikel:
Ich sehe mir erneut Anabel Schunkes Video an. Jeder Satz, jedes Wort aus ihrem Mund klingt falsch. Ob sie wirklich dahinter steht – egal. Ob sie dafür gehasst wird – egal.

Wenig später wird sie wohl selbst vergessen haben, was sie in dem Video gesagt hat. Aber sie wird sich vermutlich die Aufrufe ansehen.

Und sich freuen.
Je nun. EIn ganz normaler Fall von medialem Narzissmus. Der nur ausnahmsweise sehr bewusst und professionell ausgelebt wird. Anstelle von direkt politischen Themen hätte sie auch Veganismus oder Metalcore oder sonstwas wählen können.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Woppadaq hat geschrieben:(05 Apr 2018, 00:55)

Es ist schon richtig, dass mit dem Aufkommen des Bürgertums der Nationalismus seine eigentlich bindende Funktion als klassenübergreifende Identitätsstiftung bekam. Ich vermute mal, dass er erst dann zum exklusiven Nationalismus wurde, als er sich irgendwie abgrenzen musste, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Denn die sich verschärfende Klassengegensätze liefen dieser Identitätsstiftung zuwider.

Ich denke mal, dass genau das den Nationalismus derzeit wieder attraktiv macht. Die Klassengegensätze spielen immer weniger eine Rolle, die Globalisierung und der damit einhergehende Identitätsverlust hingegen werden immer stärker als Belastung empfunden.
In der medialen Wahrnehmung vielleicht. Aber überlege mal, was realiter diese Globaliserung bewirkt hat: In den Zentralen großer, global agierender Unternehmen laufen (mindestens) soviele Fäden zusammen wie in den Regierungen der nach wie vor nach Nationen gegliederten Staaten. Man nimmt es vielleicht anders wahr. Und benutzt diese Nationen-Begrifflichkeit als nostalgischen Rückzugspunkt. Aber in der Realität nimmt die Bedeutung der Nation verglichen mit Mitte des 19. Jahrhunderts stetig ab. Und diese Rückzugs-Mentalität hin zu Nation (und natürlich auch religiöse Tradition) betrifft auch immer nur einen Teil der Menschen. Definiert sich der andere Teil nicht längst eher durch Besitz und Zurschaustellung von Markenprodukten bestimmter Unternehmen oder durch Zugehörigkeit zu einer der diversen global entstandenen Fangemeinschaften?
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Provokateur hat geschrieben:(04 Apr 2018, 23:08)

Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich das "rassistischer" im Titel verstehen darf. Rassistisch ist man, oder man ist es nicht. Wenn man zwei Rassisten nebeneinander stellt, gibt es kein Score, nach dem man sagen könnte "der ist jetzt aber rassistischer als der andere".
Das kann ich ziemlich klar benennen. (Wie auch schon sinngemäß von anderen Usern geschrieben): Aus der nebulösen Andeutung und aus "gefühlten Abneigungen" wird eine unverblümte Äußerung ohne scheinhumanistische Übertünchung.

"Juden sind keine Schweden" (http://www.juedische-allgemeine.de/arti ... w/id/21035)

Ein offen antisemitisches Plakat im Stile des "Jud Süß" in Ungarn. (https://img.kaloo.ga/thumb?url=http%3A% ... ze=952x536)

Von antiziganistischen und antimuslimischen Auswüchsen mal ganz abgesehen ...
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Und zu Skandinavien nochmal: Wie wahrscheinlich/möglicherweise viele Menschen kann ich diesen Nationalstolz einfach nicht einschätzen. Am Flaggentag am 6. Juni ist das ganze Land in blau-gelbe Farben getaucht. Man hat keine Probleme, am eigenen Haus eine schwedische Fahne zu hissen. Hat das nur damit zu tun, dass wir hier in Deutschland ein (angeblich) verklemmtes Verhältnis zur Nation haben und solche Phänomene von daher nicht verstehen können. Haben Phänomene wie die in Wahlen sehr erfolgreichen skandinavischen Rechtspopulisten und dieser Nationenkult tatsächlich nix miteinander zu tun? Siehts im Baltikum nicht ziemlich ähnlich aus?

Bei längeren Gesprächen mit Freunden in Schottland habe ich des öfteren festgestellt: Ihr häufig vorhandenes Nationalbewusstsein und insbesondere ihr Stolz auf ihre Geschichte haben damit zu tun, dass sie ihre eigene Geschichte nicht wirklich kennen und insbesondere große Teile davon (bewusst oder unbewusst) einfach ausblenden.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Provokateur »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Apr 2018, 09:23)

Das kann ich ziemlich klar benennen. (Wie auch schon sinngemäß von anderen Usern geschrieben): Aus der nebulösen Andeutung und aus "gefühlten Abneigungen" wird eine unverblümte Äußerung ohne scheinhumanistische Übertünchung.

"Juden sind keine Schweden" (http://www.juedische-allgemeine.de/arti ... w/id/21035)

Ein offen antisemitisches Plakat im Stile des "Jud Süß" in Ungarn. (https://img.kaloo.ga/thumb?url=http%3A% ... ze=952x536)

Von antiziganistischen und antimuslimischen Auswüchsen mal ganz abgesehen ...
Die Übertünchung ist aber ein (bemühtes) Anpassen an den Rezipienten. Das dahinterstehende Menschenbild ist gleich.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Senexx »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Apr 2018, 09:53)
Bei längeren Gesprächen mit Freunden in Schottland habe ich des öfteren festgestellt: Ihr häufig vorhandenes Nationalbewusstsein und insbesondere ihr Stolz auf ihre Geschichte haben damit zu tun, dass sie ihre eigene Geschichte nicht wirklich kennen und insbesondere große Teile davon (bewusst oder unbewusst) einfach ausblenden.
Verstehe ich das richtig: Sie beurteilen die Geschichtskenntnis der Schotten und kommen zum Urteil, dass diese ihre eigene Geschichte nur lückenhaft kennen. Sie aber kennen deren Geschichte besser und können deren Geschichtskenntnisse daher aburteilen?

Sehr verwegen.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Senexx hat geschrieben:(05 Apr 2018, 11:26)

Verstehe ich das richtig: Sie beurteilen die Geschichtskenntnis der Schotten und kommen zum Urteil, dass diese ihre eigene Geschichte nur lückenhaft kennen. Sie aber kennen deren Geschichte besser und können deren Geschichtskenntnisse daher aburteilen?

Sehr verwegen.
Ist verwegen. Zugegeben. Mag vielleicht auch Zufall sein. Ich habe ja nix über "die Schotten" sondern konkret über meine Freunde dort geschrieben. Und das hatte nicht nur etwas mit der reinen Faktenlage sondern natürlich auch etwas mit der Einordnung historischer Ereignisse zu tun.

Wenn wir es etwas allgemeiner und objektiver sehen wollen: Es ist eine kaum hinterfragte Tatsache, dass der Umgang mit der Vergangenheit als Zentrum großer Kolonialreiche sowohl in Frankreich als auch in UK, Portugal oder Spanien bis in die Gegenwart, sagen wir mal, schwierig und widersprüchlich ist.

Um nur mal einen allgemeingehaltenen und die Mainstream-Meinungen wiedergebenden Artikel (nämlich des bpb) zu zitieren:
Die Mehrzahl der Briten zeigt sich seit dem Zweiten Weltkrieg jedenfalls unfähig, mit dem durch das Ende des Empire hervorgerufenen, tiefgreifenden Wandel in der nationalen Identität angemessen umzugehen. Die mit dem imperialen Projekt verknüpfte Schuld und die Trauer um das verloren gegangene Weltreich werden noch immer weitgehend verdrängt. Anstelle einer Aufarbeitung lässt sich eher die Flucht in einen übersteigerten Narzissmus, in das künstliche Paradies einer homogenen Identität beobachten.
http://www.bpb.de/apuz/31498/der-koloni ... tnis?p=all

Natürlich muss auch diese Mainstream-Meinung nicht 100prozent der objektiven Wahrheit entsprechen. Aber genau das war es, was ich bei Gesprächen in Schottland empfand.

Interessant im Zusammenhang mit dem Thread-Thema wäre natürlich vor allem, wie sich neurechte Parteien in den betreffenden Ländern zu der jeweiligen kolonialen Vergangenheit stellen.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Apr 2018, 08:56)

Naja ... dir ist aber hoffentlich klar, dass das eine nicht ohne das andere möglich ist.
Mir schon. Der AfD bisher gottseidank noch nicht.
Extreme Außenseiter wie die AfS werden die Ausnahme bleiben. Ich habe in den letzten Jahren aber zig Artikel, Hörfunkbeiträge usw. gelesen und gehört, die sozusagen eine Mainstreamisierung von Nationalismus in Skandinavien konstatieren. Dass ein schwedischer Parlamentsvizepräsident, also ein offizieller Repräsentant der Legislative (u.a.) Juden von der Gemeinschaft der Schweden ausschließt ... das ist schon ziemlich starker Tobak. Und er gehört einer Partei an, die (siehe Artikel unten) "ein Jahr vor Wahlen nur noch sechs, sieben Prozentpunkte" von den tradionsreichen Sozialdemokraten trennen.
Ich hab mir mal angeguckt, was Söder wirklich gesagt hat. Natürlich ist das anti-semitisch, aber, ganz Kulturdebatte heutzutage, nur begrenzt ausschliessend:

"In an interview, Björn Söder of the Sweden Democrats party stated that 'most [people] of Jewish origin who have become Swedes leave their Jewish identity' and that it is important to distinguish between 'citizenship and nationhood.'" ( Jerusalem Post )

Fairerweise muss ich aber auch sagen, dass sein Spruch im Grunde dasselbe Niveau hat wie Seehofers "Der Islam gehört nicht zu Deutschland", nur halt mit Juden. Im englischen Wikipedia find ich dann auch den eigentlichen Grund für das Mehr an Akzeptanz dieser Partei:

"During the 2000s the so-called "Scania gang", or "Gang of Four" – Jimmie Åkesson (party leader since 2005), Björn Söder, Mattias Karlsson and Richard Jomshof – continued and expanded the moderation policy, which included ousting openly extremist members.[36] Before the 2002 election, former Moderate Party MP Sten Christer Andersson defected to SD, citing that the party had gotten rid of its extreme-right elements.[38] In 2003 the party declared the Universal Declaration of Human Rights to be a cornerstone of its policies.[39] " ( Wikipedia)

Also eben nicht Extremisierung, sondern eher Abrüstung. Ich muss auch sagen, dass ich so meine liebe Not mit der schwedischen Sozialdemokratie habe, schliesslich hat diese eines der umfassendsten Eugenik-Programme überhaupt zu verantworten, welches bis 1976 ging, und bei dem sogar "asoziales Verhalten" zu Sterilisation führen konnte. Der Mangel an Aufarbeitung wird zu ganz wesentlichen Teilen die Akzeptanz von derartig rechten Parteien verstärkt haben.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Apr 2018, 09:13)

In der medialen Wahrnehmung vielleicht. Aber überlege mal, was realiter diese Globaliserung bewirkt hat: In den Zentralen großer, global agierender Unternehmen laufen (mindestens) soviele Fäden zusammen wie in den Regierungen der nach wie vor nach Nationen gegliederten Staaten. Man nimmt es vielleicht anders wahr. Und benutzt diese Nationen-Begrifflichkeit als nostalgischen Rückzugspunkt. Aber in der Realität nimmt die Bedeutung der Nation verglichen mit Mitte des 19. Jahrhunderts stetig ab. Und diese Rückzugs-Mentalität hin zu Nation (und natürlich auch religiöse Tradition) betrifft auch immer nur einen Teil der Menschen. Definiert sich der andere Teil nicht längst eher durch Besitz und Zurschaustellung von Markenprodukten bestimmter Unternehmen oder durch Zugehörigkeit zu einer der diversen global entstandenen Fangemeinschaften?
Ich sag dir mal, was ich sehe: die einzige Partei, die die Rechten wirklich kalt erwischt und ihren weiteren Siegeszug verhindert hat, war ausgerechnet eine Partei mit klarer Europa-Vision: Macrons "En Marche". Ausgerechnet Europa ! Mal ehrlich: wenn eine derartige Europa-Radikalität jemand in einer etablierten deutschen Partei gefordert hätte, hätte man ihn für selbstmörderisch erklärt. Selbst Schulz' Europa-Visionen wurden eher belächelt, die Partei stand da nicht wirklich dahinter.

Was sagt uns das? Nun, zweierlei: erstens dass die Leute gerne mutigen Visionären folgen. Und machen wir uns nichts vor: Parteien mit mutigen, vorzeigbaren Europa-Visionen haben wir derzeit im Bundestag nicht, selbst die Grünen, die nun eine der pro-europäischsten Parteien überhaupt ist, hat zwar Berkenntnisse zu bieten, aber keinen expliziten Gestaltungswillen wie "En Marche".

Zweitens: wenn keine Partei mit mutigen Visionen kommen will, weil sie alle Angst haben und nur noch das Heute verwalten, dann verfalllen die Leute in den Besitzstandswahrungs-Modus. Und den bedient niemand so gut wie die rechten Parteien. Deren Vision ist zwar retroaktiv und fremdenfeindlich, aber es ist wenigstens eine Vision. Die Ablehnung der etablierten Parteien lässt diese Vision sogar mutig erscheinen. Und viele Leute wählen oftmals das Mutige, egal was es ist, solange es nicht als komplett schädlich angesehen wird wie z.B. das BGE.

Das derzeitige Europa, also die EU, ist ein zutiefst konservatives Konstrukt, im Sinne von "bloss nichts neues, erst mal sehen, wie wir uns überhaupt näher kommen können, wenn überhaupt". Die rechten Parteien verstärken diese Wahrnehmung, und damit den Zweifel an der EU schlechthin. Ein europäischer Nationalismus, der sich also über die Nationen stellt und sie verbindet, anstatt wie der Kosmopolitismus sie zu egalisieren, ist deshalb eigentlich das Gebot der Stunde, und kein chauvinistischer Grossmachtstraum.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von H2O »

Woppadaq hat geschrieben:(05 Apr 2018, 22:30)

...

...dass ich so meine liebe Not mit der schwedischen Sozialdemokratie habe, schliesslich hat diese eines der umfassendsten Eugenik-Programme überhaupt zu verantworten, welches bis 1976 ging, und bei dem sogar "asoziales Verhalten" zu Sterilisation führen konnte. Der Mangel an Aufarbeitung wird zu ganz wesentlichen Teilen die Akzeptanz von derartig rechten Parteien verstärkt haben.
Gab es denn zählbare Erfolge dieser Eugenik-Programme... etwa was Erbkrankheiten und "asoziales Verhalten" betraf? Oder war das Programm nur bösartig und wirkungslos?
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

H2O hat geschrieben:(05 Apr 2018, 23:03)

Gab es denn zählbare Erfolge dieser Eugenik-Programme... etwa was Erbkrankheiten und "asoziales Verhalten" betraf? Oder war das Programm nur bösartig und wirkungslos?
Naja, bösartig ist übertrieben. Zu dem Zeitpunkt, wo das Programm eingeführt wurde, anfang der 30er Jahre, galt die Eugenik als etwas positives, im Grunde war Schweden damit ja nicht alleine. Allerdings ging es anfangs nur um die Sterilisation von "hochgradig lebensuntauglichen Individuen", das fand in der Art auch in anderen skandinavischen Ländern statt. Die Verschärfung hin zur Zwangssterilisation bei "asozialem Verhalten", worunter nicht nur Alkoholismus fiel, sondern bisweilen auch einfach "Minderjährigenbesuche von Tanzveranstaltungen", wie auch die lange Laufzeit dieses Programms und die nicht erfolgte Aufarbeitung dieser Vergangenheit in der Bevölkerung - das seh ich schon als problematisch an.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

schokoschendrezki hat geschrieben:(05 Apr 2018, 09:53)

Und zu Skandinavien nochmal: Wie wahrscheinlich/möglicherweise viele Menschen kann ich diesen Nationalstolz einfach nicht einschätzen. Am Flaggentag am 6. Juni ist das ganze Land in blau-gelbe Farben getaucht. Man hat keine Probleme, am eigenen Haus eine schwedische Fahne zu hissen. Hat das nur damit zu tun, dass wir hier in Deutschland ein (angeblich) verklemmtes Verhältnis zur Nation haben und solche Phänomene von daher nicht verstehen können. Haben Phänomene wie die in Wahlen sehr erfolgreichen skandinavischen Rechtspopulisten und dieser Nationenkult tatsächlich nix miteinander zu tun? Siehts im Baltikum nicht ziemlich ähnlich aus?

Bei längeren Gesprächen mit Freunden in Schottland habe ich des öfteren festgestellt: Ihr häufig vorhandenes Nationalbewusstsein und insbesondere ihr Stolz auf ihre Geschichte haben damit zu tun, dass sie ihre eigene Geschichte nicht wirklich kennen und insbesondere große Teile davon (bewusst oder unbewusst) einfach ausblenden.
Also zunächst mal: ja, ich denke , dass wir Deutschen ein verdammt verklemmtes Verhältnis zu unserer Nation haben. Das war eigentlich schon immer so, die Aufarbeitung des Nationalsozialismus hat das nur verschärft und zu jeglicher Ablehnung von explizit deutschem Nationalismus geführt (bei bayrischem Nationalismus siehts schon wieder anders aus). Dabei vergessen die Nationalismus-Ablehner oft, dass die Deutschland-Flagge weder was mit dem Kaiserreich noch mit dem Nationalsozialismus zu tun hat, die beide ganz andere Flaggen hatten. Schwarz-Rot-Gold stand immer für den Traum von einer deutschen Demokratie, für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, und war deshalb auch die Flagge der Weimarer Republik wie auch sowohl der Bundesrepublik als auch der sich pseudo-demokratisch gebenden DDR. Man muss sich also für diese Flagge nicht schämen. Wir tuns aber, viel zu oft, wie ich finde.

Gut ist daran bisher nur, dass nationalistische Parteien hier bisher klein gehalten wurden und verbal stärker abrüsten mussten als man das von rechten Parteien in anderen Ländern verlangt hat. Problematisch ist aber, dass Deutschland damit im Zwiespalt zwischen Selbsthass und Stolz auf das Erreichte gefangen ist, was es rechten Parteien einfach macht, das Thema "für die Nation" quasi einzigartig zu besetzen. Was ihnen nicht wenig Stimmen bringt. Man sollte sich nichts vormachen: die AfD hätte mit einem moderaten Kurs durchaus auch im Westen über 20% einfahren können.

Die skandinavischen wie baltischen Rechtspopulisten seh ich ungefähr so wie die FPÖ: rechts im Sinne von politischem Egoismus, mit fremdenfeindlicher Note, aber nicht im dem Sinne rechts, wie man es hierzulande gerne assoziiert: Retroaktivität, EU-Ablehnung, verbal unterirdischer Populismus.

Was den schottischen Nationalismus angeht: der ist ein gutes Beispiel dafür, dass Nationalismus allein nicht ausreicht. In meinen Augen ist es ein passiver Nationalismus, der eher der Betäubung als der Motivation dient. Der englische Nordirland- Nationalismus ist da schon anderes Kaliber.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von H2O »

Woppadaq hat geschrieben:(05 Apr 2018, 23:31)

Naja, bösartig ist übertrieben. Zu dem Zeitpunkt, wo das Programm eingeführt wurde, anfang der 30er Jahre, galt die Eugenik als etwas positives, im Grunde war Schweden damit ja nicht alleine. Allerdings ging es anfangs nur um die Sterilisation von "hochgradig lebensuntauglichen Individuen", das fand in der Art auch in anderen skandinavischen Ländern statt. Die Verschärfung hin zur Zwangssterilisation bei "asozialem Verhalten", worunter nicht nur Alkoholismus fiel, sondern bisweilen auch einfach "Minderjährigenbesuche von Tanzveranstaltungen", wie auch die lange Laufzeit dieses Programms und die nicht erfolgte Aufarbeitung dieser Vergangenheit in der Bevölkerung - das seh ich schon als problematisch an.
Mir ging es in meiner Nachfrage um zählbare/meßbare Erfolge bei der mittelfristigen Bekämpfung von Erbkrankheiten und grobem Fehlverhalten. Ich möchte erst einmal wissen, was diese Maßnahmen gebracht haben. Wenn sehr viele skandinavische Staaten diese Maßnahmen eingeführt hatten, dann muß doch auch ein Ergebnis vorliegen; wenigstens in Kategorien vernachlässigbar, nicht überzeugend, eindeutig wirksam. Das Ergebnis sollte nicht unter moralisierender Tünche verdeckt werden!
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

H2O hat geschrieben:(06 Apr 2018, 08:21)

Mir ging es in meiner Nachfrage um zählbare/meßbare Erfolge bei der mittelfristigen Bekämpfung von Erbkrankheiten und grobem Fehlverhalten. Ich möchte erst einmal wissen, was diese Maßnahmen gebracht haben. Wenn sehr viele skandinavische Staaten diese Maßnahmen eingeführt hatten, dann muß doch auch ein Ergebnis vorliegen; wenigstens in Kategorien vernachlässigbar, nicht überzeugend, eindeutig wirksam. Das Ergebnis sollte nicht unter moralisierender Tünche verdeckt werden!
Naja, nimm es mir nicht übel, aber diese Frage ist für mich auf dem Niveau wie "hat der Holocaust eigentlich was sinnvolles gebracht?"
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von H2O »

Woppadaq hat geschrieben:(06 Apr 2018, 09:36)

Naja, nimm es mir nicht übel, aber diese Frage ist für mich auf dem Niveau wie "hat der Holocaust eigentlich was sinnvolles gebracht?"
Ich habe nicht nach "sinnvoll" gefragt, sondern nach dem Ergebnis. Sagen Sie doch ehrlicher: Ich weiß das nicht. Die Frage nach dem Ergebnis des Holocausts müssen Sie mir nicht beantworten. Das schaffe ich mühelos allein.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Woppadaq »

H2O hat geschrieben:(06 Apr 2018, 09:53)

Ich habe nicht nach "sinnvoll" gefragt, sondern nach dem Ergebnis. Sagen Sie doch ehrlicher: Ich weiß das nicht. Die Frage nach dem Ergebnis des Holocausts müssen Sie mir nicht beantworten. Das schaffe ich mühelos allein.
Naja, es gibt auch die Theorie, dass sich das Problem der weltweiten Überbevölkerung durch Kriege am besten lösen lässt. Ich weiss bloss nicht, warum man das ausgerechnet in diesem Strang diskutieren sollte.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von H2O »

Woppadaq hat geschrieben:(06 Apr 2018, 23:00)

Naja, es gibt auch die Theorie, dass sich das Problem der weltweiten Überbevölkerung durch Kriege am besten lösen lässt. Ich weiss bloss nicht, warum man das ausgerechnet in diesem Strang diskutieren sollte.
Ich wollte gar nichts diskutieren, sondern ich hatte eine Frage, auf die ich keine Antwort bekomme. Inzwischen ist klar, daß Sie dazu keine Antwort zur Hand haben. Deshalb sind weitere Einlassungen dieser herablassenden Art reine Zeitverschwendung.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von abundzu »

schokoschendrezki hat geschrieben:(26 Mar 2018, 11:38)

Mindestens drei jüngere Ereignisse inspirierten mich zur Eröffnung eines Threads zum formulierten Thema.

Natürlich zunächst mal die Ernennung des FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache zum österreichischen Vizekanzler im Dezember 2017. Strache (Jahrgang 1969) ist zwar nicht mehr ganz so jung, aber mit seinem ostentativen Bekenntnis zu schlagenden Verbindungen, Burschenschaften etc. gehört er ziemlich genau in dieses rechts-akademische Profil.

Dann: Schweden. Der ehemalige Chef der rechtsnationalen Schwedendemokraten, Kasselstrand, hat mit der AfS, der "Alternative für Schweden" eine neue, offen rassistische Partei gegründet, die sich auf den "nordischen Menschen" als Idol zurückbesinnen will. Es werden ihr bei den Wahlen im Herbst bis zu 2 Prozent Wählerstimmen (neben den ganz sicher mehr als 10 Prozent für die SD) zugetraut.

Und schließlich: Das verstörendste Beispiel: Niederlande. Thierry Baudet und seine Partei "Forum voor Democratie". In Umfragen liegt sie nur noch knapp hinter Wilders PVV. Baudet, ein rechtsextremer Akademiker-Snob, der Parlamentsreden auf Latein hält und statt politischer Statements auch mal ein Stück Klassik auf dem Klavier vorträgt, träumt von einem Europa, das wieder von "der weißen Rasse" geprägt ist.

Schon lange in diese Richtung läuft die ungarische rechtsextreme Partei "Jobbik". Ihre Gründung verlief im und fast die gesamte Parteiführung kommt aus dem studentisch-akademischen Millieu. Allesamt sind es studierte und zum Teil promovierte Leute.

In Frankreich findet im rechten Lager nach dem Sieg von Macron eine Polarisierung statt. Marine Le Pen will sich komplett von ihrem Vater trennen, den Front National umbenennen und rein äußerlich entschärfen und "verbürgerlichen". Ihre abgetauchte Nichte Marion Maréchal Le Pen hat sich dagegen wiedergemeldet und bildet das junge Gesicht der ca. 83 Prozent FN-ler, die sich Marion in der Führung wünschen.

Die wichtigste Frage für mich: Findet hier eine Spaltung und damit Schwächung der europäischen Rechten statt? In ein sozusagen bürgerlich-akzeptables lager einerseits und in ein offen rechtsextremes Lager andererseits? Oder vielleicht nicht sogar eher eine Art Verdopplung. Indem zu solchen gemäßigt rechten und schon länger erfolgreichen Parteien wie FPÖ oder den skandinavischen Rechten nun sozusagen additiv eben noch extreme Rechte hinzukommen.

Und dann: Wie muss sich die Strategie der Entgegnung ändern. In den Köpfen vieler Linker - glaube ich zumindest - sind Rechtsextreme typischerweise angetrunkene Nazigröhler und nicht akademisch gebildete Personen. Dieses einseitige Bild wird sich nicht halten lassen.
Das dieses Bild nicht mehr stimmt, ist bei Reden der AFD im Bundestag sichtbar. Ich nenne nur mal einige Namen: Curio, Bystron, Weidel, Meuthen und Lucassen - alles gebildete Leute mit Sachverstand statt Ideologie an erster Stelle.
Im Staatsfunk wird das natürlich nicht verbreitet.
SPD, Grüne und Linksparteien dagegen reden nur "mit Herz und ohne Sachverstand". Dafür haben sie ein Preis im Pöbeln verdient.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Tom Bombadil »

Provokateur hat geschrieben:(04 Apr 2018, 23:08)

Ich frage mich die ganze Zeit, wie ich das "rassistischer" im Titel verstehen darf.
Der Titel ist ein wunderschönes Beispiel dafür, dass die pol. Bezeichnung "rechts" komplett verbrannt ist, nur noch links ist gut, rechts ist böse, Mitte ist auch schon anrüchig, weil nicht links.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Skeptiker »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Apr 2018, 12:13)
Der Titel ist ein wunderschönes Beispiel dafür, dass die pol. Bezeichnung "rechts" komplett verbrannt ist, nur noch links ist gut, rechts ist böse, Mitte ist auch schon anrüchig, weil nicht links.
Ein französischer Bekannter sagte mir mal, dass als er nach Deutschland kam er mal gefragt wurde welcher politischen Richtung er angehören würde. Als er "mitte-rechts" sagte, wäre es fast zu einer Schlägerein gekommen.

Während in den meisten Ländern, Frankreich inclusive, "rechts" als politische Richtung aufgefasst wird, die genauso wie links eine Rolle spielt im ständigen Spannungsfeld zwischen konservativem und progressivem Denken, so ist man in Deutschland der Meinung zwischen links und rechts eine "Gut / Böse"-Grenze ziehen zu müssen. Das folgt der einfachen Logik: Hitler war rechts, also ist rechts böse.

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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von abundzu »

Skeptiker hat geschrieben:(22 Apr 2018, 12:37)

Ein französischer Bekannter sagte mir mal, dass als er nach Deutschland kam er mal gefragt wurde welcher politischen Richtung er angehören würde. Als er "mitte-rechts" sagte, wäre es fast zu einer Schlägerein gekommen.

Während in den meisten Ländern, Frankreich inclusive, "rechts" als politische Richtung aufgefasst wird, die genauso wie links eine Rolle spielt im ständigen Spannungsfeld zwischen konservativem und progressivem Denken, so ist man in Deutschland der Meinung zwischen links und rechts eine "Gut / Böse"-Grenze ziehen zu müssen. Das folgt der einfachen Logik: Hitler war rechts, also ist rechts böse.

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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Polibu »

Skeptiker hat geschrieben:(22 Apr 2018, 12:37)

Ein französischer Bekannter sagte mir mal, dass als er nach Deutschland kam er mal gefragt wurde welcher politischen Richtung er angehören würde. Als er "mitte-rechts" sagte, wäre es fast zu einer Schlägerein gekommen.

Während in den meisten Ländern, Frankreich inclusive, "rechts" als politische Richtung aufgefasst wird, die genauso wie links eine Rolle spielt im ständigen Spannungsfeld zwischen konservativem und progressivem Denken, so ist man in Deutschland der Meinung zwischen links und rechts eine "Gut / Böse"-Grenze ziehen zu müssen. Das folgt der einfachen Logik: Hitler war rechts, also ist rechts böse.

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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

abundzu hat geschrieben:(21 Apr 2018, 18:37)

Das dieses Bild nicht mehr stimmt, ist bei Reden der AFD im Bundestag sichtbar. Ich nenne nur mal einige Namen: Curio, Bystron, Weidel, Meuthen und Lucassen - alles gebildete Leute mit Sachverstand statt Ideologie an erster Stelle.
Im Staatsfunk wird das natürlich nicht verbreitet.
SPD, Grüne und Linksparteien dagegen reden nur "mit Herz und ohne Sachverstand". Dafür haben sie ein Preis im Pöbeln verdient.
Traurig, das sich der wissbegierige Bürger nur über die sozialen Medien informieren kann.
Nur mal so: Sämtliche Informationen in meinem Eingangsbeitrag zu diesem Thread stammen nur und ausschließlich a) aus (seriösen) Presseartikeln und b) und vor allem aus dem ÖR-Hörfunk. (Hörfunk wohlgemerkt, nicht TV). Soziale Medien wie Facebook sind die größte jemals von Menschen installierte Lügenmaschinerie. Direkt neben einem Posting von Zuckerberg, dass angeblich 99 Prozent der Inhalte seiner Plattformen authentisch und keine Hoaxes seien, befindet sich eine Fake-News-Meldung eines angeblichen Sport-TV-Kanals, mit der man einfach nur auf eine Werbeplattform umgeleitet wird.
http://www.deutschlandfunk.de/ueber-fac ... _id=410030
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von schokoschendrezki »

Tom Bombadil hat geschrieben:(22 Apr 2018, 12:13)

Der Titel ist ein wunderschönes Beispiel dafür, dass die pol. Bezeichnung "rechts" komplett verbrannt ist, nur noch links ist gut, rechts ist böse, Mitte ist auch schon anrüchig, weil nicht links.
Die Bezeichnung "Neue Rechte" im Thread-Titel ist nicht verbrannt sondern eine allgemein akzeptierte Bezeichnung für ein bestimmtes Spektrum politischer Haltungen. In ganz Europa. Als "Nouvelle Droite" auch und sogar ganz besonders in Frankreich. Nicht im entferntesten als "Schimpfwort" sondern - im Gegenteil - sogar als von den Vertretern akzeptierte Eigenbezeichnung. "Neue Rechte/Nouvelle Droite" ist ausdrücklich das Konzept beispielsweise Alain de Benoistes, eines der einflussreichtsten Vertreters dieser Richtung.

Der wesentliche Punkt bei dieser Bezeichnung "Neue Rechte" ist der begrifflich offensichtliche Abgrenzungsversuch zur "Alten Rechten", also zu den mit Krieg, Diktaturen, Rassismus konnotierten Regimes etwa in Spanien, Portugal und natürlich vor allem in Deutschland.

In Deutschland ist die "Neue Rechte" vor allem mit der Publikation "Junge Freiheit" verknüpft. "Neue Rechte" und "Junge Rechte" waren in D in den 60er Jahren auch mehr oder weniger synonym. Die "Junge Freiheit" präsentiert sich in ihrer Eigendarstellung als (wörtlich) "Wochenzeitung für Debatte". Diesen Nebentitel hätte auch 1968 eine SDS-Publikation haben können. Und darum geht es mir hier: Um die Analyse und den Umgang mit der intellektualistisch verbrämten Rechten. Nicht um die Pegida-Demonstranten sondern um die promovierten klugen Köpfe. Junge Freiheit, die französische Nouvelle Droite, die ungarische Jobbik, die FPÖ, die skandinavischen Rechtspopulisten oder auch - extremes Beispiel - der russische Philosoph, Politologe und Publizist Alexander Dugin. Allen ihnen ist (unter anderem natürlich) eines gemeinsam: Man muss in der Auseinandersetzung mit ihnen schon intellektuell einigermaßen drauf sein und kann nicht einfach mit moralischen Appellen kommen.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Julian »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 Apr 2018, 09:34)

Die Bezeichnung "Neue Rechte" im Thread-Titel ist nicht verbrannt sondern eine allgemein akzeptierte Bezeichnung für ein bestimmtes Spektrum politischer Haltungen. In ganz Europa. Als "Nouvelle Droite" auch und sogar ganz besonders in Frankreich. Nicht im entferntesten als "Schimpfwort" sondern - im Gegenteil - sogar als von den Vertretern akzeptierte Eigenbezeichnung.
Tom ging es wahrscheinlich darum, dass der Begriff "Rechts" in Deutschland allgemein verbrannt ist. Das zeigen Umfragen zu politischen Einstellungen, in denen sich viele Bürger links oder allenfalls mittig einordnen. Auch die CDU versteht sich nicht als rechts und damit nicht als Gegengewicht zur ganz offen linken SPD.

Mit dem Titel bestätigst du nur diese Diagnose, denn du verknüpst den Begriff Rechts gleich wieder mit Worten wie extremer, rassistischer etc., dabei schreibst du doch selbst, dass sich die Neue Rechte eben davon distanziert. Dass das Angebot zur Debatte beispielsweise der Jungen Freiheit ernst gemeint sein könnte und sich damit wohltuend von der nicht dialogbereiten Linken abhebt, kommt dir auch nicht in den Sinn.

Dabei beschreibst du eigentlich sehr gut, wie vielgestaltig die Rechte sich darstellt. Jetzt müsste man nur noch unterscheiden zwischen Rechten und Rechtsextremen und letzteren Begriff auch nur dann anwenden, wenn er zutrifft.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Tom Bombadil »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 Apr 2018, 09:34)

Die Bezeichnung "Neue Rechte" im Thread-Titel ist nicht verbrannt sondern eine allgemein akzeptierte Bezeichnung für ein bestimmtes Spektrum politischer Haltungen.
Eben weil es "allgemein akzeptiert" ist, ist die Bezeichnung "rechts" oder "neurechts" als Synonym für "rechtsextrem" für die althergebrachte Verwendung für "rechts" als Synonym für "konservativ" verbrannt. Kein Konservativer kann sich heute noch als rechts bezeichnen, die müssen heute alle "Mitte" sein, "rechts" ist AfD oder noch schlimmer.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von abundzu »

schokoschendrezki hat geschrieben:(23 Apr 2018, 09:06)

Nur mal so: Sämtliche Informationen in meinem Eingangsbeitrag zu diesem Thread stammen nur und ausschließlich a) aus (seriösen) Presseartikeln und b) und vor allem aus dem ÖR-Hörfunk. (Hörfunk wohlgemerkt, nicht TV). Soziale Medien wie Facebook sind die größte jemals von Menschen installierte Lügenmaschinerie. Direkt neben einem Posting von Zuckerberg, dass angeblich 99 Prozent der Inhalte seiner Plattformen authentisch und keine Hoaxes seien, befindet sich eine Fake-News-Meldung eines angeblichen Sport-TV-Kanals, mit der man einfach nur auf eine Werbeplattform umgeleitet wird.
http://www.deutschlandfunk.de/ueber-fac ... _id=410030
Auch das staatliche Fernsehen (ARD und ZDF) - Hörfunk weiß ich nicht - der NDR und RBB verbreiten Fake-News bezw. verschweigen.
Man muß diesen sozialen Medien nicht alles glauben, aber als Hinweis auf einen Vorfall, der von besagten Medien verschwiegen wird sind sie sehr nützlich.
Für weitere Recherchen werden dann seriöse Medien genommen.
Dazu zähle ich nicht den Spiegel, Stern und TAZ - sondern u.a. NZZ, Presse AT, FOCUS und .....Junge Freiheit
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Bielefeld09 »

abundzu hat geschrieben:(23 Apr 2018, 16:26)

Auch das staatliche Fernsehen (ARD und ZDF) - Hörfunk weiß ich nicht - der NDR und RBB verbreiten Fake-News bezw. verschweigen.
Man muß diesen sozialen Medien nicht alles glauben, aber als Hinweis auf einen Vorfall, der von besagten Medien verschwiegen wird sind sie sehr nützlich.
Für weitere Recherchen werden dann seriöse Medien genommen.
Dazu zähle ich nicht den Spiegel, Stern und TAZ - sondern u.a. NZZ, Presse AT, FOCUS und .....Junge Freiheit
Was wolltest du schreiben ?
Die neue Rechte ist nichts anderes als ein Club von Rassisten?
Oder ist die neue Rechte nur nationial und patriotisch?
Also ausgrenzend und rassistisch?

Oder ist der Staatsfunk kein Teil der neuen Rechten geworden?
Das wäre ja bitter. :D
Sorry Mods, lasst diese Laden am laufen. Das ist eben Demokratie :( :p
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von Brainiac »

[MOD] Es gint im Innenforum ausreichend Stränge zur Diskussion der Situation in Deutschland. Hier sollte der Fokus auf der europaweiten Betrachtung von Entwicklungen auf dem Sektor der "Neuen Rechten" liegen. Bitte um Beachtung, danke.

Aufräummaßnahmen vorbehalten.
History doesn't repeat itself, but it often rhymes (Twain). Unfortunately, we can't predict the rhyme.
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Re: Die neue Rechte in Europa: Jünger, gebildeter, smarter, rassistischer, extremer.

Beitrag von abundzu »

Bielefeld09 hat geschrieben:(23 Apr 2018, 16:44)

Was wolltest du schreiben ?
Die neue Rechte ist nichts anderes als ein Club von Rassisten?
Oder ist die neue Rechte nur nationial und patriotisch?
Also ausgrenzend und rassistisch?

Oder ist der Staatsfunk kein Teil der neuen Rechten geworden?
Das wäre ja bitter. :D
Nein, das ist er nicht. Die Neue Rechte in Deutschland hat kein staatliches Medium - das ist nur den Grünen und der Linkspartei vorbehalten.
Da ist die andere Europäische Rechte schon weiter.
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Re: Neue Rechte in Europa immer dümmer und rückschrittlicher.

Beitrag von Cat with a whip »

Neue Rechte in Europa immer dümmer und rückschrittlicher. Angriff auf Freiheit von Wissenschaft und Forschung am 'Beispiel Ungarn:

http://www.taz.de/Ungarn-schafft-Geschl ... /!5543755/
"Die Erde ist ein Irrenhaus. Dabei könnte das bis heute erreichte Wissen der Menschheit aus ihr ein Paradies machen." Joseph Weizenbaum
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