Jetzt verstehe ich, was Sie mit prekär meinen. Die Salonfähigkeit der Rechtspopulisten halte ich zwar auch für bedenklich, aber ich schätze die Lage nicht als prekär ein. Das wäre erst dann der Fall, wenn ich durch Koalitionsmöglichkeit und - fähigkeit gezwungen wäre rein taktisch zu wählen. In dem Fall wäre mir eine Auswahl an linken Parteien lieber, als ein Konglomerat linker Parteien, bei dem ich inhaltliche Anteile mitwählen müsste, gegen die ich massive Vorbehalte hege. Eine SPD könnte ich relativ bedenkenlos wählen, das sieht bei den Grünen schon schlechter aus und eine Die Linke würde ich auf keinen Fall wählen. Alle drei würden aber in einer linken Phalanx anteilig ihre Inhalte einbringen.Selina hat geschrieben:(31 Dec 2017, 12:13)
Mit "prekärer Lage im Land" meine ich zuallererst eine sich allmählich in Wohlgefallen auflösende Sozialdemokratie, die den Namen nicht mehr verdient, bis auf paar Leute im linken SPD-Flügel. Und ich meine zweitens mit "prekärer Lage" den enormen Rechtsruck im Lande, der sich nicht nur durch die Existenz der AfD deutlich bemerkbar macht, sondern auch durch die rechtsradikalen Identitären (die eng mit der AfD zusammenarbeiten) und solche rechten "Denkfabriken" wie die eines Götz Kubitschek sowie neurechte Plattformen aller Art. Ein Rechtsruck, der sich bis weit in bürgerliche und intellektuelle Kreise hinein vollzieht bzw. durch Letztere sogar erst befördert und angeschoben wurde (Sarrazin, Tibi, Broder, Tichy, Sloterdijk). Dazu zählen ein sich immer mehr breitmachender Nationalismus, eine übersteigerte Lust am Rückzug ins "Eigene" kontra "Fremdes", ein deutschtümelndes Verliebtsein in die eigene Nation etcpp. Wagenknecht und Lafontaine sind genaue Analytiker der derzeitigen Verhältnisse. Sie sind linke Persönlichkeiten mit einem recht breiten Rückhalt in bestimmten Bevölkerungsgruppen. Da ist es ihnen durchaus zuzutrauen, so eine linke Sammlungsbewegung auf die Beine zu stellen. Yanis Varoufakis versucht es ja auch mit seiner von ihm angeschobenen linken europäischen Bewegung DiEM25. Das wäre sowieso die spannende Frage dabei, ob die Befürworter und Köpfe solcher linken Sammlungsbewegungen in den einzelnen Ländern eine Zusammenarbeit zu Wege bringen oder ob auch diese Bestrebungen in nationalem Kleinklein versickern könnten.
Nachdem ich in etwa dem bundesdeutschen Durchschnitt entspreche, gehe ich davon aus, dass ich nicht als einzige dieser Qual der Wahl ausgesetzt wäre und sich kein geringer Bestandteil der Wähler ebenso dagegen entscheiden würde, das linke Gesamtpaket zu kaufen. Was unter dem Strich Stimmverluste, statt des von Lafontaine erwarteten Stimmzuwachses bedeuten würde.
Wenn ich mich recht erinnere, hat das von Varoufakis und Tsipras angestrebte linke Bündnis im EU Parlament Schiffbruch erlitten. Das dient zur vagen Einschätzung, wie es einem Linksbündnis à la Lafontaine ergehen könnte.