Beitragvon Sextus Ironicus » Fr 17. Nov 2017, 08:38
schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Nov 2017, 08:25)Mir jedenfalls sind in diesem Zusammenhang andere Dinge "suspekt". Die Süddeutsche betitelte 2015 einen Artikel mit "Bayern, das deutsche Ungarn". Ein eigenständiges Bayern würde mit ziemlicher Gewissheit der aktuellen politischen Entwicklung in Österreich folgen und sich damit der Visegrád-Gemeinschaft annähern. Kannst du nicht verstehen, dass das völlig unabhängig vom Bekenntnis zu Förderalismus Beunruhigung auslöst? Wenn ich die Berechtigung zur Bildeinstellung hätte, würde ich an dieser Stelle ein Foto mit der herzlichen Umarmung von Seehofer und Orbán aus der Augsburger Allgemeinen hinzufügen:
http://bilder.augsburger-allgemeine.de/img/incoming/crop39412807/845721865-ctopTeaser/Festakt-zum-ungarischen-Nationalfeiertag.jpg.
Bedeutet aber nüchtern betrachtet unterm Strich, dass die Berechtigung von Menschen, in freier Entscheidung und Willensbekundung einen eigenständigen Staat zu bilden, von einem vorab festgelegten Wohl-/Wahlverhalten abhängt. Solche normativen Vorbehalte gegen das Selbstbestimmungsrecht scheinen immer attraktiver zu werden - im Kleinen wie im Großen. Und auch zusammen mit dem, was in Katalonien passiert ist, lautet die Botschaft ja dann: Da rechtliche und moralische Vorbehalte jede "Ausgründung" verhindern, bleibt nur Gewalt.
Übrigens: Aus Sicht Europas könnte man ja umgekehrt argumentieren, dass die Rücknahme der deutschen Reichsgründung von 1871 den wirtschaftlichen und moralischen Monolithen in der Mitte Europas auflösen würde.
… habe ich mich sorgsam bemüht, menschliche Tätigkeiten nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen. (Spinoza)