jack000 hat geschrieben:(04 Nov 2017, 18:41)
Das es Gründe dafür gibt, dass es ist wie es ist, ist klar. Ansonsten gäbe es schon längst eine echte Flatrate wie im Festnetz.
Aber warum sollte es für die Sender ein Problem sein? Im Festnetz funktioniert das doch auch? Der Flaschenhals liegt doch demnach im Mobilfunknetz und nicht bei den Sendern?
Deine Frage ist interessant.
Tatsächlich betrifft es beide. Bei digitalem Breitband DVB-C (Kabel-TV), DVB-T (Antenne Digital), DVB-S (Digitalsatellit), DAB ("Digitalradio") wird die eigentliche Information (Bild/Ton/Videotext) per Signalpegelwechsel innerhalb eines fixen Frequenzbandes vermittelt. Dabei ist für ein fixes Sendegebiet Wurst, ob viele oder wenige zuhören/zusehen oder überhaupt angeschlossen sind, es kostet weitgehend dasselbe. Diese Verfahren laufen komplett unabhängig von dem, was landläufig "Internet" heißt.
Dann gibt es "IP-TV" - dabei wird per IP-Multicast oder IP-Broadcast über eine Glasfaser- oder Kupferleitung eine Information als Paketstrom einmal ausgesandt ohne konkreten Empfängerkreis. Gesendet wird "immer", wie beim Breitbandempfang, nur eben wird der Datenstom in einzelne Pakete zerhackt. Das ist grob vereinfacht, aber für eine fixe Installation gilt auch hier, dass die Kosten ungefähr fix sind. Der Sender speist sein Signal einmal ein und, von einigen Verteilern abgesehen, wird es an alle potentiellen Empfänger multipliziert. Das entspricht weitgehend Wurfpost. Das ganze wird aus kommerziellen Gründen verschlüsselt, ein Rückkanal findet auch hier kaum oder gar nicht statt. Die Basistechnik ist im Prinzip "das Internet", aber mit einigen Besonderheiten. In der Regel rechnet der Netzbetreiber den Verkehr für sein eigenes Multicast-Angebot nicht als Internet-Verkehr mit dem Kunden ab. Die Grundkosten sind für den Sender auch hier für ein fixes Gebiet hoch und rechnen sich nur für ein gewisses Niveau an Kunden im Gebiet.
Webradio, Amazon Prime Video, Netflix, Youtube usw sind ganz anders. Hier kannst du weltweit potentiell überall, auch über Funknetz, das Angebot empfangen. Alle nationalen Einschränkungen sind rein künstlich und rechtebezogen. Dass der Tatort nur in Deutschland und nur zwischen 20 und 8 Uhr aus der Mediathek geholt werden darf, ist rein künstlich. Es gibt keinen technischen Grund. Hier freut sich der Netzanbieter, denn der Inhalte-Anbieter muss jedes Paket über das allgemeine TCP/IP-Netz ("Internet") an den Empfänger persönlich adressieren und der muss einzelne Datenpakete oder Paketgruppen bestätigen und die nächsten anfordern, sonst hört der Absender auf. Wie bei der Post. Das heißt für n Empfänger n mal senden, n mal Uplink bezahlen. Die Grundkosten für die Übertragung überhaupt sind lächerlich (für die Übertragung - die Schauspieler wollen freilich bezahlt werden für Krimi, Fußball oder Reality TV), dafür skalieren die Kosten mit der Zahl der tatsächlichen Nutzer. Das ist im Vergleich zu Multicast/Broadcast sauteuer. Es rechnet sich nur für Nischenanbieter, für die Versorgung von Diaspora und für den Abruf von Inhalten "auf Bestellung". Das ganze normale Internet funktioniert so. Deshalb verbraucht Webradio oder Streaming (Itunes, Napster, Deezer... fuck you, Google Music) dein Datenvolumen und der Netzanbieter freut sich.
Jetzt noch zum Empfang per LTE/UMTS - da gibt es keine Reserven für ein Multicast-Angebot. Das ganze LTE-Netz ist in Zellen unterteilt und hoffnungslos überbucht. LTE ist schneller als alles, was es davor gab. Eine typische LTE-Zelle im Großstadtbereich ist 80-220fach überbucht. Das heißt, wenn wir idealen Empfang voraussetzen, keine Störung durch andere Funker, keine Reflexion von Gebäuden, keine Wettereffekte, dann haben wir auf einem nominellen LTE-Kanal 80 bis 220 Leute, die sich diese Kapazität teilen. Das reicht dicke für Email, Twitter, Facebook, "surfen", chatten, Forum, Whatsapp. Das reicht nicht für "Streaming für alle". 80 mal Youporn in einem LTE-Äquivalent can't get no satisfaction, no, no, no, no. Entsprechend schaut man, dass man das eben vermeidet.
Das ist alles grob vereinfacht, lässt wichtige Optimierungen aus, aber auch zusätzliche Flaschenhälse. Grob vereinfacht gesagt ist es viel billiger, eine fixe Anzahl Sender per Fernsehkabel, Funkfrequenz, Satellit oder sonst wie in ein Empfangsgebiet auszusenden und sich - rein technisch - nicht zu kümmern, wieviele und wer das gerade empfangen will. Es doch zu tun ist dann eine Frage von Markt, Nachfrage, Geschäftsmodell - etwa per Verschlüsselung und Decoderbox, die dann durchaus auch Nutzungen via Internet zurückmelden könnten - was sie oftmals Stand heute nicht tun (können, dürfen).
Deshalb kannst du tausende Webradiosender haben, aber nicht alle Nachbarn zugleich können das am Telefon im Garten abholen.
Ist wie mit der Feuerwehr. Die kann zu jedem potentiell zügig ausrücken, aber nicht zu allen auf einmal. Aber Werbung kriegt ihr alle - nur nicht (überwiegend) persönlich.