Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

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Just Me
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Legislaturperioden sind irrelevant - entscheidend sind andere Dinge

Beitrag von Just Me »

Alexyessin hat geschrieben:(14 Sep 2017, 08:01)

Es soll wohl die Legislaturperiode von 4 Jahren auf 5 Jahre verlängert werden.
Haltet ihr das für richtig oder für falsch?
Die Dauer der Legislaturperiode ist irrelevant. Rein logisch könnte sie auch auf "unendlich", also "auf Lebenszeit", ausgedehnt werden. Viel entscheidender ist der Einfluss des Souveräns (in einer Demokratie also das Volk) auf die Personalien der parlamentarischen "Vertretung". Und hier klemmt es so gewaltig, dass jede beliebige Dauer von Legislaturperioden demokratie-gefährdend ist.

1) Beispielhaft sei das Grundgesetz genannt. Dort finden sich die interessanten Begriffe "Regierung" & "Parlament". Da man das leicht überliest noch einmal: "Regierung & Parlament"; nicht "Regierungs-Partei(en) & Opposition". Das deutsche Grundgesetz sieht also vor, dass - Achtung(!) - das GESAMTE PARLAMENT die Arbeit der Regierung kontrolliert; nicht jedoch, dass es "Regierungs-Fraktionen" gibt, deren Aufgabe darin besteht, ihre parlamentarische Mehrheit zu nutzen, um die Opposition klein & kurz zu halten, und "Oppositions-Fraktionen", deren Aufgabe es ist, die Arbeit der Regierung in jedem Fall und bei jeder Gelegenheit zu kritisieren oder gar zu behindern.

Würden sich die Parteien an das Grundgesetz halten, wäre es schon sehr viel weniger problematisch. Dann würde auch eine Legislaturperiode beliebiger Länge - also sowohl kurz (etwa 1 Jahr); als auch lang (etwa 10+ Jahre) - deutlich weniger Schaden erzeugen, weil die (dann nicht existierende) "Opposition" sich nicht bemüßigt sähe, stets destruktiv zu wirken, während die (dann nicht existierende(n)) "Regierungs-Partei(en)" sich nicht genötigt sähen, jede Hinterzimmer-Beschlussfassung der eigenen Partei-Eliten durchzuwinken.

2) Darüber hinaus bräuchte es in einer Demokratie - und zwar in JEDER Variante, ganz besonders aber in allen "Vertretungs-Demokratien" - zwingend Transparenz. Zu jeder Wahl hängen haufenweise Politiker an den Laternen, von denen sich der geneigte Wähler aus verschiedensten Gründen stets fragt: "Wer ist das denn, bitte?! Habe ich noch nie gesehen, geschweige denn gehört oder anderweitig wahrgenommen. Wenn ich ihn/sie also wählen soll, dann wegen der Frisur, der Brille oder der Schminke, oder was?!" Und wenn dieser Politiker dann als Vormund agieren darf und - so das Grundgesetz - nicht dem Wähler, sondern nur dem eigenen Gewissen unterworfen ist, also - Achtung(!) - nicht den Wähler, sondern nur sein eigenes Gewissen vertritt, befindet er/sie sich in einem "Unsichtbarkeitsfeld". Es ist nahezu ausgeschlossen, herauszufinden, was er/sie in der "Vertretungszeit" eigentlich treibt, wie er seine vollsubventionierte Zeit verbringt, wie er argumentiert, wofür und wogegen er abstimmt, ... kurz: was eigentlich dieses "Gewissen", das allein zu vertreten er beauftragt wurde, ist.

3) Und schließlich bräuchte es die Option der "jederzeitigen/vorfristigen Abwahl" einzelner parlamentarischer Vertreter. Das ergibt sich konsequenterweise aus Punkt (2): Wenn sich herausstellen sollte, dass das "Gewissen des eigenen Vormunds" nicht dem Wunsch des Mündels entspricht, muss es zwingend die Möglichkeit des unmittelbaren Austausches entsprechender Vertreter geben. Man könnte es auch auf einen einfachen Nenner bringen: Nicht Wahlen, sondern Abwahlen machen Demokratie aus.

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Gäbe es diese drei Punkte, würde die Dauer der Legislaturperiode nicht die geringste Rolle spielen. Doch fehlt nur einer der Punkte, ist jede Länge einer Legislaturperiode demokratie-gefährdend. Insofern ist der Diskurs "4 Jahre? 5 Jahre?" irrelevant, weil er nichts - absolut GAR NICHTS - zum wesentlichen Thema der demokratischen Vertretung beiträgt.
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Dampflok94
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von Dampflok94 »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(06 Oct 2017, 14:23)In den 50ern konnte man von einem Bundestagssitz nicht allzu üppig leben. Heute können Politiker in 8 Jahren ihr üppiges Haus im Ballungsgebiet abbezahlen und nebenher fett leben.
Aus deiner Wortwahl schließe ich, daß Du die Abgeordneten für überbezahlt hältst. Das kann ich so nicht teilen. Die haben einen verteufelt verantwortungsvollen Job. Man hat sich deswegen entschieden, das Gehalt (Diäten) an jenem der einfachen Richter bei einem Obersten Gerichtshof des Bundes zu orientieren. Und das scheint mir doch angemessen zu sein. Wo ich eher Probleme sehen würde, wäre die Altersversorgung. Auch wenn hier schon einiges geändert wurde, ist die immer noch recht üppig.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von imp »

Dampflok94 hat geschrieben:(07 Oct 2017, 10:36)

Aus deiner Wortwahl schließe ich, daß Du die Abgeordneten für überbezahlt hältst. Das kann ich so nicht teilen. Die haben einen verteufelt verantwortungsvollen Job. Man hat sich deswegen entschieden, das Gehalt (Diäten) an jenem der einfachen Richter bei einem Obersten Gerichtshof des Bundes zu orientieren. Und das scheint mir doch angemessen zu sein.
Ich finde das völlig übertrieben. Spitzenpolitiker haben Funktionszulagen. Der Rest hat nicht mehr Verantwortung als ein Handwerker oder Müllmann - und die meisten nebenher noch zeit für Parteijobs, Aufsichtsrat, Anwaltstätigkeiten und allerlei Gremien.Auch das Büropersonal ist heftig überbezahlt. Die meisten von denen dillern eh nur auf Candy Crush rum. Ich würde ein normales Abgeordneteneinkommen eher am dreifachen Hartz-Satz orientieren, mit Kinderzulage. Wer damit nicht langt, soll halt nebenher arbeiten. Die meisten Abgeordneten haben weder die formale Qualifikation zu einem Richteramt oder vergleichbarem noch würden sie je in der Wiehertschaft irgendwas werden. Ausnahmen gibt es immer.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von Dampflok94 »

Sole.survivor@web.de hat geschrieben:(07 Oct 2017, 10:49)Ich finde das völlig übertrieben. Spitzenpolitiker haben Funktionszulagen. Der Rest hat nicht mehr Verantwortung als ein Handwerker oder Müllmann - ...
Sorry, aber das halte ich für einen völligen Griff ins Klo. Die Verantwortung ist riesig. Aber Du meinst offensichtlich, es sei völlig einfach über die Gesetze Deutschlands zu befinden. Und was sonst noch so an Aufgaben anfällt.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von imp »

Dampflok94 hat geschrieben:(07 Oct 2017, 10:59)

Sorry, aber das halte ich für einen völligen Griff ins Klo. Die Verantwortung ist riesig. Aber Du meinst offensichtlich, es sei völlig einfach über die Gesetze Deutschlands zu befinden. Und was sonst noch so an Aufgaben anfällt.
Wieviel hattest du bisher mit Vollzeitparlamenten zu tun?
Es hat seinen Grund, dass für diese Aufgabe praktisch jeder wählbar ist. Anders als etwa zum Landrat oder Beigeordneten.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von garfield336 »

Oh 5 Jahre sind gut, das ist kein Problem. Allerdings sollte man dann auch die Amtszeit des Bundespräsidenten anpassen.

Wenn der Präsident in gleichen Intervallen wie die Kanzler gewählt werden ist er weniger unparteiisch. Er sollte doch darüber stehen.
Die französischen Präsidenten der 3ten und 4ten Republik hatten sogar eine Amtszeit von 7 Jahren.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von imp »

garfield336 hat geschrieben:(25 Oct 2017, 14:19)

Oh 5 Jahre sind gut, das ist kein Problem. Allerdings sollte man dann auch die Amtszeit des Bundespräsidenten anpassen.

Wenn der Präsident in gleichen Intervallen wie die Kanzler gewählt werden ist er weniger unparteiisch. Er sollte doch darüber stehen.
Die französischen Präsidenten der 3ten und 4ten Republik hatten sogar eine Amtszeit von 7 Jahren.
Aktuell ist der Bundestag für vier Jahre gewählt. Das ist eher zu lang als zu kurz.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von Dampflok94 »

garfield336 hat geschrieben:(25 Oct 2017, 14:19)

Oh 5 Jahre sind gut, das ist kein Problem. Allerdings sollte man dann auch die Amtszeit des Bundespräsidenten anpassen.

Wenn der Präsident in gleichen Intervallen wie die Kanzler gewählt werden ist er weniger unparteiisch. Er sollte doch darüber stehen.
Die französischen Präsidenten der 3ten und 4ten Republik hatten sogar eine Amtszeit von 7 Jahren.
Der deutsche Präsident spielt eine völlig andere Rolle als der französische. Das ist gar nicht vergleichbar. Es ist gerade seine Rolle möglichst unparteiisch zu sein.
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Re: Verlängerung der Legislaturperiode im Bund

Beitrag von garfield336 »

Dampflok94 hat geschrieben:(26 Oct 2017, 08:45)

Der deutsche Präsident spielt eine völlig andere Rolle als der französische. Das ist gar nicht vergleichbar. Es ist gerade seine Rolle möglichst unparteiisch zu sein.
Ich meinte ja auch nicht das jetzige Frankreich.
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