Boraiel hat geschrieben:(12 Oct 2017, 23:25)
Das hast mehr als hervorragend formuliert. Respekt dafür!
Geistig stehe ich allerdings eindeutig auf Seite der USA und sehe den Iran in der Pflicht sich dem anzupassen oder halt die Konsequenzen zu tragen.
Noch mal in Bezugnahme dazu ein Artikel aus der FR.
Noch hat Donald Trump den Atomvertrag nicht beerdigt. Aber der Schaden ist schon angerichtet. Die USA haben den Mullahs einen großen Gefallen getan.
Auch wenn das Abkommen zunächst noch intakt bleibt, werden die Auswirkungen auf die Unruheregion des Nahen und Mittleren Ostens bald zu spüren sein.
Mit seinem Nein legt Trump das Thema dem Kongress vor die Tür, der innerhalb der nächsten zwei Monate über ein Aus des Atomvertrags entscheiden muss. Doch der politische Schaden ist schon angerichtet. Statt auf etwas mehr Kalkulierbarkeit und Kooperation stehen die Zeichen wieder voll auf Konfrontation.
Dabei bescheinigen die internationalen Nuklearwächter dem Iran bisher, dass sich das Land exakt an die Vereinbarungen hält. Das bestreitet auch Trump nicht.
Jetzt zu dem angesprochenen Punkt, daß die Instrumentalisierung des alten iranischen Atomprogrammes (mitinitiiert von den USA in den 50s des 20. Jahrhunderts) eher eine "Symptombekämpfung” der Ursache des Interesses der USA in der für sie als vital eingestuften Region ist.
Er stößt sich vor allem an der wachsenden Hegemonie Teherans in der Region. Diese jedoch ist kein Ergebnis des Atomprogramms. Sie ist Ergebnis des systematischen Versagens der arabischen Welt, die dem Iran bei Wissenschaft, Bildung und Kultur nicht das Wasser reichen kann. Und sie ist Ergebnis der epochalen US-Fehlentscheidung, 2003 in den Irak einzumarschieren. Damals suchte die Islamische Republik noch einen umfassenden Interessenausgleich mit den USA, was George W. Bush brüsk verweigerte.
Das war wohl in Teheran ein Schock. Der als Reformer geltende Khatami, der von den Hardlinern im Iran ohnehin skeptisch betrachtet wurde, ist mit der Haltung Bushs praktisch schlagartig gegen die Wand gefahren. Vorher philosophierte er z.B. im dt. Weimar noch vom West-Östlichen Diwan. Der Iran und die USA operierten in Afghanistan gemeinsam gegen die Taliban. Es bestand Hoffnung und Potential eines besseren modus vivendi zwischen beiden. Bis Bush kam. Ähnliche Liga wie Trump.
Ich persönlich würde noch weitergehen. Schon die Parteinahme der USA für Saddam Hussein im Krieg gegen den Iran war eine epochale Fehlentscheidung. Wenn auch eine - in Teilen - nachvollziehbare. Dabei ging es nicht nur um die Frage, wie eine Niederlage Iraks abzuwenden wäre, sondern, das ist die Kehrseite ein und derselben Medaille, was man aus Saddam damit gemacht hat. Mit der Unterstützung. Und was das für gelebte Erfahrungen im Sicherheitsbewußtsein Irans erzeug hat. Inklusive dem hilflosen Erleben von Massenvernichtungswaffen und ballistischen Trägersystemen auf urbane Gebiete. Das Verhalten Irans ist auch eine Folge dieser Erfahrungen. Inklusive der Vorwärtsverteidigung in der Region. Etwas, was auch die USA für sich reklamieren. Die Kriege dort auch die Unterstützung für Saddam war eine Verteidigung der eigenen Interessen. Andere Beteiligte nehmen natürlich diese Interessen Irans, der USA, Russlands, der Türkei u.a. eher als imperialistische Maßnahmen wahr.
Iran könnte als Sieger dastehen
Heute haben die USA der persischen Machtpräsenz in Syrien, im Irak, dem Jemen und dem Libanon kaum noch etwas entgegenzusetzen, es sei denn, die Weltmacht wolle sich dort ein weiteres endloses Militärabenteuer aufhalsen. Bei der schiitischen Führung in Bagdad findet Washington kaum noch Gehör. Im Jemen richtet Waffen-Premiumkunde Saudi-Arabien mit amerikanischer Unterstützung eine beispiellose humanitäre Katastrophe an. Und auf dem syrischen Schlachtfeld sind die USA lediglich indirekt mit kurdisch-arabischen Hilfstruppen präsent.
So könnte am Ende wieder der Iran als Sieger dastehen. Mit dem Atomvertrag gelang es der Islamischen Republik, die härteste Sanktionswaffe, das Ölembargo, abschütteln. Der heimische Rohstoff lässt sich wieder ungehindert auf den Weltmärkten verkaufen. Russland, China und Europa denken nicht daran, ihre lukrativen Geschäfte einem reanimierten amerikanischen Embargo zu opfern. Und so werden sich die Vereinigten Staaten, sollten sie zum Jahresende tatsächlich aus dem Atomvertrag aussteigen, in erster Linie selber schaden.
http://www.fr.de/politik/meinung/kommen ... -a-1368154
In der Tat konnte der Anti-Intellektuelle Bush oder offenbar jetzt der Schreihals und Anti-Profipolitiker Trump mit ihren eher aggressiven Auftreten gegenüber dem Iran wenig beeindrucken. Es war Obama (und Außenministerin Hillary Clinton), der mit smarten Instrumenten der Wirtschaftskriegsführung den Iran "bewegen" konnte. Ironischerweise wird gerade Obama dabei als inaktiver Waschlappen wahrgenommen und Hillary, um sich wohl einen Hooligan wie Trump schönzureden, als Schläger wahrgenommen. Dabei sind die kriegerische Haltung von Bush oder jetzt die Drohgebärden von Trump in der Effektivität in Frage zu stellen und bergen ehebliches Eskalationspotential.