Also ich kann den Artikel leider nicht lesen, da ich sicher kein Abo der Sächsischen Zeitung dafür abschließen werde, deswegen nehme ich einfach zu dem Zitat stellung.
Scharia-Kapitalismus umschreibt ein unmoralisches Geschäftsverhältnis. Es besteht darin, dass sich diese Staaten in unsere Volkswirtschaft einkaufen: bei Daimler Kuwait mit 6,8 Prozent, bei der Deutschen Bank Katar mit 6,1 Prozent und bei Volkswagen Katar mit 14,6 Prozent der Aktienanteile. Die Liste der Konzerne mit Scharia-Beteiligung umfasst 22 große Konzerne und Banken von Alitalia, British Airways, über Credit Suisse bis zur Londoner Börse, von Total, Thyssen-Krupp Marine Systems bis zum Baukonzern Vinci. Seit Jahrzehnten läuft ein gefährliches Pingpong-Spiel zwischen beiden „Welten“: Finanzströme aus dem Westen refinanzieren an vielen Stellen des Nahen Ostens Einzelpersonen, Organisationen und Staaten, die dann wiederum als Gönner und Sponsoren fundamentalistischer Verbände und Moscheevereine im Westen oder gar terroristischer Gruppen dienen.
Aber wen wollen diese Staaten islamisieren und missionieren? Sind es Deutsche, sind es Deutschtürken, sind es Deutsche mit arabischem Migrationshintergrund? Sind es Flüchtlinge? Vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise beschloss das Gemeinsame Terrorabwehr-Zentrum (GTAZ) am 4. November 2015, die „Missionierungsaktivitiäten“ intensiver zu beobachten. In einem vertraulichen Zwischenbericht heißt es nun, „Missionierungsorganisationen“ aus Katar, Saudi-Arabien und Kuwait verfolgten „eine langfristige Strategie der Einflussnahme“ in Deutschland, schlimmer noch: die „salafistische Missionierung“ gehöre „zum religiösen und politischen Selbstverständnis“ dieser Länder.
Ihr Ziel sind vor allem in Deutschland lebende Muslime, aber auch Nichtmuslime, die missioniert werden sollen: Insgesamt zeige sich, „dass die weltweite salafistische Missionierung von Nichtmuslimen und die ,Rechtleitung‘ von vermeintlich ,fehlgeleiteten‘ Muslimen im Sinne des Salafismus“ insbesondere in Europa „für die genannten Golfstaaten zum religiösen und politischen Selbstverständnis“ gehöre. In jedem Fall, so der Bericht, sei davon auszugehen, dass die Missionierungsorganisationen versuchten, ihre Aktivitäten in Europa und Deutschland „weiter auszubauen“. Wenn also Flüchtlinge in deutschen Moscheen beten, die solchen Einflüssen unterliegen, wirkt das nicht nur desintegrativ, sondern schlicht sicherheitsgefährdend.
Zunächst einmal zu dem 'Scharia-Kapitalismus' ... ich selbst bin Ökonom und habe den Begriff zum ersten Mal gehört. Eine kurze Suche ergab, dass es sich um eine Wortschöpfung von Sascha Adamek handelt, einen wohl eher dem linken Spektrum zuzurechnenden Journalisten.
Wie auch immer. Dass sich die Golfstaaten gerade fröhlich durch die Welt kaufen, ist nichts neues. Die Ölstaaten wissen, ihnen wird das Öl ausgehen. Und selbst wenn nicht, streben immer mehr ihrer Hauptkunden eine Unabhängigkeit von ihnen an. Elektroauto, Gas-Pipelines nach Russland, Fortführung der Nuklearenergie (außer in DE) ... das sind alles Entwicklungen welche die Ölstaaten beunruhigen. Woher soll in Zukunft das Geld kommen?
Nun haben die Königshäuser der entsprechenden Staaten, die letzten Jahrzehnte sehr gut gelebt und Barreserven angelegt. Diese werden nun investiert und zwar aktivier als in der Vergangenheit, in Unternehmensbeteiligungen. Diese sollen auch im Zukunft ein Einkommen den Ölstaaten sichern, selbst wenn die Haupteinnahmen-Quelle wegfällt. Besonders deutsche Unternehmen sind da gefragt. Deutsche Unternehmen gelten als gut aufgestellt, als innovativ und mit einer langfristigen Orientierung. Damit gaben deutsche Unternehmen schon immer gute Geldanlagen für die lange Frist her.
Im Übrigen, auch der chinesische Staat ist seit einigen Jahren auf Shopping-Tour in Deutschland. Einen Missionierungswillen zum Konfuzianismus oder Sozialismus wird ihnen aber nicht unterstellt, was uns zum nächsten Punkt bringt.
Um den 'Missionierungsdrang' zu erklären, müssen wir uns die Lage dort unten anschauen. Die westliche Welt, die hauptsächlich christlich geprägt ist, wird von den USA angeführt (zumindest auf einer abstrakten Ebene). Die muslimische Welt ... ihr fehlt derzeit eine solche Führungsmacht. Lange Jahre war es Ägypten. Besonders unter Nasser, der ja eine vereinigte arabische Welt anstrebte, war dieser Führungsanspruch in der muslimischen Welt lange Zeit zementiert. Doch mit seinem Tod und dem Friedensschluss mit Isreal ging dieser Anspruch verloren.
Seit dem ging der Führungsanspruch für die muslimsche Welt, de facto, da Saudi Arabien über. In Besitz der heiligsten Stätten des Islam und als größtes Land in der Golfregion beanspruchte dieser Staat den frei gewordenen Führungsanspruch und hält ihn bis heute hoch. Doch die Lage hat sich starkt verändert. Der Wahabismus, die vorherrschende Ausrichtung/Interprettation des Islam in Saudi-Arabien, ist nicht mehr so gut gelitten wie in der Vergangenheit. Auch erhebt sich mit dem Iran eine ähnlich starke und große Regionalmacht, die mit dem Schiismus, eine gegensätzliche theologische und politische Position einnimmt. Dieser (un)ausgesprochene Konflikt war auch die Ursache für den Konflikt mit Katar, der noch nicht so lange her ist.
Aber zurück zum Thema. Die 'Missionierungsaktivitiäten' die aus dem Golf ausgehen sind die offensichtlichen Auswüchse dieses Machtkampfes. Es geht schlicht um die Frage welche Regionalmacht hat am Golf in Zukunft das sagen. Und welche dieser Regionalmachten hat einen (abstrakten) Führungsanspruch auf die muslimische Welt insgesamt. Der Salafismus, wovon der Wahabismus eine besondere Ausprägung darstellt, wird von Saudi-Arabien voran getragen und soll in die Welt hinausgetragen werden. Ziel des ganzen ist es möglichst viele Menschen von der eigenen theologischen Schule zu überzeugen und den Einfluss auszuweiten. Durch die sehr tehokratische Organisation dieser Staaten, ist es auch richtig, dass dies zum Selbstverständnis dieser Staaten gehört die eigene Missionierung voranzutreiben, denn eine 'strikte' Trennung von Staat und Kirche ist in der muslimischen Welt nicht existent. Auch möchte ich hier anmerken, dass der Hauptteil der 'Missionierung' von Muslimen in Deutschland vom türkischen Staat über Ditib ausgeübt wird. Daher würde ich mich mehr um die Türkei als um Golfstaaten sorgen.
Deine Abschlussfrage war nun nach den Gefahren. Sehe ich eine Gefahr für Deutschland aus solchen Aktivitäten. Ich sage Jein!
Für eine aufgeklärte Gesellschaft stellen Missionierungsversuche von Religionsgruppen in meinen Augen niemals eine Gefahr dar. Die Zeugen Jehovas missionieren seit Jahrzehnten. Mehr als eine Gefahr für ihre eigenen Anhänger waren sie aber nie. Ebenso Scientology. Allerdings sehe ich immer mehr das Problem, dass die schulische Erziehung nicht mehr die ideale einer aufgeklärten Gesellschaft vermittelt, noch das 'Handwerkszeug' das für eine solche Gesellschaft wichtig ist. Deswegen ja, es könnte eine Gefahr werden.
Deswegen sehe ich den politischen Handlungsbedarf auch in der Bildung und nicht in einem Verbot von Missionierungsaktivitäten. Deutsche Leitkultur? Wir schaffen es seit Jahrzehnten nicht in der Schule diese entsprechend zu etablieren. Unsere Kinder bekommen in der Schule eine Moralkodex der katholischen Kirche vermittelt (Schwule sind immer noch Todsünder), von der evangelischen Kirche, eben auch von den verschiedenen theologschen Schulen des Islam, oder auch gar keinen theologischen Kodex, da sie konfessionslos sind oder ihre Eltern den Religionsunterricht nicht wollen. Einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle Schüler, in denen unsere Gesellschaft ihren Moralkodex vermitteln könnte, gibt es bis heute nicht. Die christlichen Kirchen tun auch alles dies zu verhindern.
Deswegen muss man diese 'Missionierungsaktivitiäten' die sich in Deutschland abspielen, kritisch beobachten. Dass ist aber nicht nur bezogen auf Missionierungen von muslimischen Vereinigungen auch von jeder anderen entsprechenden Organisiation muss dies kritische betrachtet werden. An Extremeisten und Hardlinern fehlt es auch in der katholischen Kirche nicht und sicher auch nicht in protestantischen (z.B. in der anglikanischen Kirche).
'Liberal ist, wer die Zeichen der Zeit erkennt und danach handelt.' - Gustav Stresemann