schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Sep 2017, 15:42)
Naja. So wie ich ja auch geschrieben habe: Ein EU-Ausschluss ist nur bei Einstimmigkeit möglich. Und das ist bei Polen und Ungarn (zumindest mit den derzeitigen Regierungen) deshalb nicht möglich, weil die das jeweils gegenseitig verhindern. Aber auch ein solcher Ausschluss wäre nach den Verträgen nur zeitweilig. Ein endgültiger Totalausschluss als Sanktionsmaßnahme ist überhaupt nicht vorgesehen.
Und ich glaube, bei Griechenland gings wohl eher um den Euro-Währungsausschluss. Der wäre bei den V4-EU-Staaten Ostmitteleuropas ja nur bei der Slowakei relevant.
Bei einem Ausschluss der Fidesz aus der EVP-Fraktion (der konservativen EU-Parteien) sieht das schon ganz anders aus. Die beiden AfD-Fraktionäre hat man mit Mehrheitsbeschluss rausgeworfen. Das sollte also mit der Fidesz im Prinzip auch gehen. Und stünde meiner Ansicht nach in der Eskalationsleiter der Sanktionen zunächst mal vor Überlegungen zum Ungarn-Ausschluss. Zumal der die EU-wohlgesonnenen ungarischen Bürger gleichermaßen mitbeträfe.
Nur: Ich glaube nicht, dass das tatsächlich überhaupt angedacht ist. Orbán ist zwar ein ziemlicher Opportunist und auch ein ziemlich gewissenloser Mensch aber weiß Gott kein Dummkopf. Ich kann mir
absolut nicht vorstellen, dass der sich soweit gegen die EU aus dem Fenster lehnt, ohne sich Rückversicherungen geholt und Absprachen getätigt hätte bei politischen Freunden. Die er sehr wohl auch innerhalb der EVP hat. Namentlich bei der CSU. Ich halte die ganze Aufregung von seiten auch konservativer Politiker für weitgehend inszeniert.
Wie dieses politische Geschäft aus öffentlicher Empörung und interner Deckung in der EU funktioniert sieht man fast noch krasser am Fall der völlig korrupten Regierungsmitglieder in Rumänien. Hinter denen stehen nun eher die Sozi-Parteien. Auch die SPD. Und auch da gibts öffentliche Empörung auf der einen und Deckung auf der anderen Seite.
Als das Thema Rausschmiß Griechenlands (auch aus der EU) im Schwange war, hatte ich aufgeschnappt, daß man dem Mitglied dann grob gemeinschaftswidriges Verhalten vorhalten müsse. Also wohl irgend so etwas wie Verrat der EU und/oder ihrer Grundsätze. Dann könnte man einem Mitglied Sitz und Stimme aberkennen. Die Mitgliedschaft ist dann nicht besonders sinnvoll. Aber Sie haben Recht: Auch damals hieß es, man könne formal kein EU-Mitglied ausschließen.
Damals war auch im Schwange, Griechenland aus dem Euro zu drängen, etwa durch Entzug aller Kredite und Zahlungsmittel. Das hat dem Präsidenten Mitterand aber nicht gefallen, weil Frankreich dann einen riesigen Bankverlust hätte verkraften müssen... und dann hat ihn die Kanzlerin gerettet, indem sie Schäubles "temporärer Einführung der Drachme" nicht gefolgt ist. Der war bestimmt auch froh, daß er von dem Baum herunter klettern konnte!
Die Slowakei hat sich formal durch Regierungserklärung dem Urteil des EuGH gebeugt. Damit hat sie sich aus der Front der Visegradskis in der Flüchtlingsverteilung gelöst. Kein Ärger mehr mit der EU-Kommission.
Ungarn zickt weiter; also läuft das vorgesehene Verfahren weiter. In dem Zusammenhang finde ich spannend, daß Sie so sicher sind, daß mächtige Freunde in Bayern Herrn Orban schützen. Na, mal sehen, was die EU-Kommission nun als nächstes anstößt, um Ungarn zum Einlenken zu bewegen. Im Prinzip hat die Kommission Zeit für ihr Vorgehen. Gut möglich, daß sie die nächste EU-Ministerratsrunde abwartet, zu der sich die Regierungschefs der EU treffen wollen. Mit dem Beschluß im Rücken kann sie sich sehr kühl an den nächsten Verfahrensschritt wagen.