H2O hat geschrieben:(09 Sep 2017, 00:23)
Aber sicher kann man viel darüber reden, was man von Dritten erhofft oder erwartet, keine Frage. Das Ergebnis ist im interessierenden Fall erfahrungsgemäß gleichbleibend Null.
Natürlich ist das Ergebnis Null, wenn man sich im Kinderzimmer einschließt und völlige Regungslosigkeit anstrebt.
Man könnte aber auch mal Prioritäten setzen, z. B. Sicherheit. Jens Stoltenberg verneint die Aufhebung von Sanktionen, so lange Minsk II nicht umgesetzt wird. Christian Lindner sagt, Dialog und Konsequenz gehört zusammen und schlägt "G 7 + 1" als Entspannungsangebot vor, wenn Putin gewillt ist, die beunruhigenden Großmanöver an der Ostflanke nach Sibirien zu verlegen. Ein Vorschlag, der nix kostet.
Er sagt aber auch, es macht keinen Sinn, sich mit Nordstream 2 von russischem Gas abhängig zu machen (eine Art von Belohnung), während man gleichzeitig völkerrechtswidrige Veränderungen der Landkarte sanktioniert. Die EU ist nicht dazu da, um Expansionskriege eines Gegenakteurs zu finanzieren.
Die Frage der innerpolnischen Justizreform würde ich einfrieren. Die sollen ihren Wahlkampf erstmal alleine gestalten. An der Ostflanke gilt - safety first. Wenn man unbedingt die Frage erörtern will, wie Richter bestallt werden, so böte sich dafür auch das griechische oder spanische System an.
Die Türkei strebt von der NATO weg, die Ukraine hinzu. Aus meiner Sicht ergibt sich die Vision, die Türkei durch die Ukraine zu ersetzen.
Was die Reform der EU betrifft, so muss darüber ein breiterer Dialog geführt werden, auch in Deutschland. Herr Juncker hat 4 verschiedene Szenarien vorgestellt, Impulse aus West-, Zentral- und Osteuropa ergänzen das Bild.
Auch hierzu wußte Lindner eine sehr hübsche Darstellung - gegen Nationalstaaten sei gar nichts einzuwenden, nur gebe es eben Dinge, die einer allein nicht machen kann. Da führt also kein Weg an Multilateralismus vorbei. Wir brauchen die Union, aber nicht als Erzieher, sondern als Partner, nicht als Problem, sondern als Lösung.
Herr Lindner meinte illustrierend, die Spanier kennen als Eigenheit die Siesta und wären todunglücklich, wenn man das deutsche Ladenschlußgesetz zur EU-Norm erheben würde. Das gilt auch umgekehrt.
So weit ich Lindner da richtig verstanden habe meint er, "Vielfalt" könne man auch als Unterschiedlichkeit definieren und das sei Europa. Er meint das nicht kritisch, Ladenschlußgesetz hier, Siesta dort, ist doch toll.
Freilich kann man nicht auf eine Außenpolitik verzichten. Schengenraum ist gut, die Sicherheit im Innern hängt aber von der Sicherheit im Äußeren ab. Was für die nicht ganz einfache Politik und Strategie an der Ostflanke gilt, gilt im Prinzip auch für die Südflanke.
Es braucht Sicherheit im Mittelmeer, an den Küsten, im Maghreb und in der subsaharischen Zone. Man muss sich zunächst mit Marokko, Libyen und Tunesien ins Vernehmen setzen.
Wenn ein Weg mit Kasachstan sich anbietet... warum nicht? Warum machen Sie hier einen so großen Bogen um Simbabwe oder Nord-Korea? Wäre Ihnen das dann doch übertrieben vorgekommen?
Was für ein Weg und mit welchem Ziel genau? Eine Vereinigung mit Kasachstan oder Simbabwe, um die polnische Justizreform zu kritisieren, ergibt keinen wirklichen Sinn.
Und für die Kontinentaldrift braucht man wahrlich sehr viel Zeit.