schokoschendrezki hat geschrieben:(17 Aug 2017, 08:04)
Naja, Selina. Du hast weiter oben von einer Vierteilung, äh. Viertelung in relativ disjunkte Anteile gesprochen. Jetzt kannst Du nicht einheitlich "Wir" sagen sondern müsstest mindestens vier verschiedene oder zumindest anders nuancierte BRD-Bilder bei DDR-Bürgern beschreiben. Das BRD-Bild des Teils des mehr oder weniger oppositonellen Viertels, das sich im Umkreis der christlichen Kirchen tummelte, hatte
mit Sicherheit ein anderes BRD-Bild. Wurden sie doch aktiv und direkt von den westdeutschen Kirchen unterstützt. Ich für meinen Teil kann sagen, dass bereits spätestens ab Mitte der 80er auf dem Territorium Ungarns in Hinsicht auf Zusammenarbeit bei Literatur, Sprache, Übersetzungen, Lyrik-Nachdichtungen ins Deutsche, gemeinsame Herausgabe von Pubikationen (fast) sämtliche Grenzen zwischen den deutschen Staaten (und kulturell gesehen auch zu Österreich) gefallen waren. Und Berlin ist in dieser Hinsicht die gesamte Nachkriegszeit hindurch nochmal ein Fall für sich. Die deutsch-deutsche Jazz-Szene ist wiederum ein (sehr interessanter) Fall für sich. Die Sicht der Naturwissenschaftler ist wiederum ein Fall für sich.
Ja, selbstverständlich meinte ich mit dem "Wir" das Wir aus zwei der beschriebenen Viertel der Leute, logisch. Vor allem auch derjenigen, die eine andere DDR wollten. Das waren nicht gerade wenige Leute. Und die sahen die andere deutsche Seite schon durchaus sehr kritisch, genauso kritisch, wie sie die eigene Seite - natürlich unter anderen Vorzeichen - sahen. Diese permanente Anbiederei dagegen, die viele Leute betrieben, deren vordringlichstes Ziel und Anliegen immer nur der Konsum war, wurde von denjenigen, die ich meine, als sehr abstoßend empfunden. Ich glaube, dass dieses Feindbild noch viel differenzierter ist, als ich das oben beschrieb. Das stellte sich immer jeweils anders dar, je nachdem, ob einer Klempner, Schriftsteller, Politiker, Fließbandarbeiter oder was auch immer war. Und je nachdem, in welchen Kreisen er verkehrte. Ich hab da absolut nichts Einheitliches wahrgenommen, was dieses Feinbild anbelangte. Umgekehrt wird das im Westen vermutlich auch so gewesen sein.
Wobei das Personalpronomen "wir" in so einem Zusammenhang immer problematisch ist, ich weiß schon. War ja auch eher ironisch gemeint, was ich da an Welfenprinz schrieb.
Drüben im Walde kängt ein Guruh - Warte nur balde kängurst auch du. Joachim Ringelnatz