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schokoschendrezki
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 13:18)


Die Industrialisierung begann nicht vor 200, 300 Jahren, sondern um 1850 herum, der Wandel von der Großfamilie zur Klein- bzw Kernfamilie begann im 18. Jh - genauer im späten 18.Jh.
Der Begriff Familie und was darunter ursprünglich verstanden wurde, hat etwas mit Biologie zu tun - nämlich: ALLE Personen, die in verwandtschaftlicher Beziehung zueinander standen zuzüglich der zum Haushalt gehörenden Personen. Verwandtschaft hat etwas mit Biologie zu tun, ABER Familie und Verwandtschaft/verwandtschaftliche Beziehung und das Verständnis des Begriffes Familie haben wiederum nichts mit der Industrialisierung zu tun.

In England begann sie zwar schon im 18. Jahrhundert, aber das nur nebenbei. Dass Phänomene wie Familie oder Ehe nichts mit Biologie zu tun haben, behauptet ja niemand hier. Wäre auch absurd. Die Frage ist, ob sie nur damit zu tun haben. Oder anders ausgedrückt: Ob es emergente Phänomene sind. Ich glaube schon.
Das Phänomen der Emergenz wird oft als Argument gegen einen reduktionistischen naturwissenschaftlichen Atomismus angeführt. Emergenztheoretiker bestreiten damit, dass eine vollständige Beschreibung der Welt allein aufgrund der Kenntnis der Elementarteilchen und allgemeiner physikalischer Gesetze prinzipiell möglich sei.
Ich hätte für die Verallgemeinerbarkeit eher "naturwisssenschaftlicher Gesetze" geschrieben. Aber auch so wird klar, dass das Verhältnis zu diesem Emergenz-Phänomen keine abgeschlossene Lehrmeinung ist sondern Teil einer wissenschaftlichen Debatte. Brauchst also gar nicht erst mit "Es ist nicht so sondern so" argumentieren.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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Dark Angel
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(12 Jun 2017, 20:12)

Noch prägnanter ist in dieser Hinsicht die Geschichte der "Ehe" in Europa. Noch im frühen Mittelalter war das eine weit eher weltliche Angelegenheit. Eher so etwas wie ein ausgehandelter Versorgungs- und Besitzübernahmevertrag. In mehrern Formen und Varianten: Muntehe, Friedelehe, Kebsehe usw. Die Kirche nahm sich der Institution Ehe erst nach und nach und einfach mit der Kalkulation einer damit verbundenen Machtausweitung an. Dann wurde die Institution Ehe über Jahrhunderte hinweg mit religiöser Symbolik aufgeladen und von diesem Prozess war entscheidend das Sozialverhalten bestimmt, Und da will man mir erklären, Sozialverhalten sei ausschließlich oder auch nur primär biologisch determiniert?
Dergleichen will dir NIEMAND erklären!
Es sind immer noch biologisch bedingte geschlechtsspezifische Verhaltensunterschiede
1. besteht ein großer Unterschied zwischen "biologisch bedingt" und "biologisch determiniert" - "biologisch bedingt" bedeutet basierend auf hormoneller Steuerung (insbesondere Sexualhormone) während der pränatalen Entwicklung und "biologisch determiniert! bedeutet genetisch festgelegt. Von biologisch determiniert, war nie die Rede!

2. war niemals die Rede davon, dass menschliches Sozialverhalten ausschließlich biologisch determiniert sei.

3. ist das einzig Richtige, an deinen Aussagen zur Ehe, dass es sich um eine Art Versorgungs- und Besitzübernahmevertrag handelt, alles andere ist Nonsens - hat weder etwas damit zu tun, dass es verschiedene legitime Eheformen gab, noch dass es sich bei der Ehe, nach allgemeiner Durchsetzung und Etablierung des Christentums um eine "weltliche Angelegenheit" handelte. Ehe als Institution hatte immer (so lange es a) religiöse Glaubensvorstellungen gibt und b) so lange es die Institution Ehe gibt) auch eine religiöse Komponente.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jun 2017, 13:48)

In England begann sie zwar schon im 18. Jahrhundert, aber das nur nebenbei. Dass Phänomene wie Familie oder Ehe nichts mit Biologie zu tun haben, behauptet ja niemand hier. Wäre auch absurd. Die Frage ist, ob sie nur damit zu tun haben. Oder anders ausgedrückt: Ob es emergente Phänomene sind. Ich glaube schon.
Niemand hat behauptet, dass Ehe und Familie "nur" mit Biologie zu tun haben.
Ehe und Familie haben nicht einmal etwas mit biologisch bedingten geschlechtsspezifischen Verhaltensunterschieden zu tun.
Ich weiß ehrlich nicht, WAS du mit deiner Gehirnakrobatik, deinen Ausweichmanövern auf völlig anders geartete Themenkomplexe und deinen Unterstellungen bezwecken willst.
Und NEIN es handelt sich NICHT um emergente Phänomene!

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Jun 2017, 13:48)Ich hätte für die Verallgemeinerbarkeit eher "naturwisssenschaftlicher Gesetze" geschrieben. Aber auch so wird klar, dass das Verhältnis zu diesem Emergenz-Phänomen keine abgeschlossene Lehrmeinung ist sondern Teil einer wissenschaftlichen Debatte. Brauchst also gar nicht erst mit "Es ist nicht so sondern so" argumentieren.
Was sollen denn "naturwissenschaftliche Gesetze" schon wieder sein?

NEIN - es ist NICHT "Teil einer wissenschaftlichen Debatte"! Das Zauberwort heißt Kontext - wir betrachten im Kontext und NICHT isoliert.
GAR NICHTS wird klar!
Es gibt kein "Emergenz-Phänomen"!
Wenn du keine Ahnung von Geschichts- und Alterumwissenschaften hast, dann lass doch einfach mal deine Finger von der Tastatur. :mad: Mathematische Algorithmen sind nicht überall und in jedem Fachgebiet anwendbar - kapiere das mal!
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Maria »

Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 11:18)

Vielleicht solltest du Beiträge mal im Kontext lesen und dir nicht immer selektiv heraus picken, was dir grade passt!
Liebe Dark Angel,

ich habe "herausgepickt", in welch unnachahmlich "netter" Art und Weise du Beiträge anderer kommentierst und deine
Beiträge einleitest - eben dein respektvolles:
" Ich frage mich ernsthaft, wo du solchen ideologischen Unsinn ausgegraben hast. "
"Ich dachte eigentlich, dass wir aus dem Zeitalter solcher ideologischen Märchenerzählungen längst heraus sind ...
"So Manchem tät ein Blick in ein neues/neueres Fachbuch über ...wirklich gut, damit er endlich aufhört, seit Jahrzehnten wiederlegte Sichtweisen widerzukäuen und als "Beleg" für irgendwelchen herbei phantasierte ... anzuführen."
-gepaart mit deiner Signatur "Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos." (wobei es natürlich um die Dummheit der anderen geht, du selbst schreibst ja nur, was du tausendprozentig weißt :p )
(Lückentexte im Zitat, weil es mir um den Stil und nicht den Inhalt geht :( )

Außerdem:
Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 11:18)

Vielleicht solltest du Beiträge mal im Kontext lesen und dir nicht immer selektiv heraus picken, was dir grade passt!
Das würde ich tun, wenn wir uns in einer Diskussion über die biologischen Grundlagen von Verhaltensweisen befinden würden. Das ist aber nicht der Fall. Die Biologie ist - unbestritten! - wirksam, aber nur ein Aspekt dieses Themas. Du aber reitest darauf herum und bist einfach nicht davon abzubringen. ;) Hilft es, wenn ich dir sage, dass ich dein Fachwissen bewundere? Meinst du, du schaffst es dann, diese fruchtlose Diskussion und die Maßregelung anderer á la
Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 15:07)
Wenn du keine Ahnung von Geschichts- und Alterumwissenschaften hast, dann lass doch einfach mal deine Finger von der Tastatur. :mad: Mathematische Algorithmen sind nicht überall und in jedem Fachgebiet anwendbar - kapiere das mal!
sein zu lassen :) Es geht nämlich hier nur am Rande um den Einfluss von "Geschichts- und Altertumswissenschaften". Um mit deinen Worten zu sprechen: kapiere das mal :D

Für mich stellt es sich so da, wie ich es schon einmal formuliert hatte:
Maria hat geschrieben:(18 May 2017, 16:21)
Ganz davon abgesehen - und nochmal - was soll der Hinweis auf Biologie überhaupt? :?: Willst du dich mit denen zusammentun, die finden, dass die Wirtschaft Frauen in den Beruf drängen würde, damit es Konkurrenz (oder in Zeiten knapper Arbeitskräfte Ersatz) für Männer gäbe, obwohl Frauen eigentlich biologisch bedingt viel lieber zuhause - fern von der feindlichen Außenwelt - sitzen und stricken würden?

Zur Zeit haben Männer und Frauen unterschiedliche Vorlieben bei der Berufswahl, ohne Frage. Überlegungen dazu, ob das nun biologisch, historisch, wirtschaftlich oder sonstwie bedingt ist und/oder auch ob das in Zukunft immer so bleiben wird, sind interessant. In Sachen Gleichberechtigung sind sie aber (solange der/die Einzelne frei wählen kann) nur wichtig, wenn diese Entscheidungen dann auch gleiche Chanchen bieten und es keine Nachteile aufgrund des Geschlechts geben gibt.

Darum, ob das der Fall ist oder nicht, geht der "Streit" - und nicht um Biologie ;)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

Maria hat geschrieben:(13 Jun 2017, 15:29)

Liebe Dark Angel,

ich habe "herausgepickt", in welch unnachahmlich "netter" Art und Weise du Beiträge anderer kommentierst und deine
Beiträge einleitest - eben dein respektvolles:


-gepaart mit deiner Signatur "Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos." (wobei es natürlich um die Dummheit der anderen geht, du selbst schreibst ja nur, was du tausendprozentig weißt :p )
(Lückentexte im Zitat, weil es mir um den Stil und nicht den Inhalt geht :( )

Außerdem:



Das würde ich tun, wenn wir uns in einer Diskussion über die biologischen Grundlagen von Verhaltensweisen befinden würden. Das ist aber nicht der Fall. Die Biologie ist - unbestritten! - wirksam, aber nur ein Aspekt dieses Themas. Du aber reitest darauf herum und bist einfach nicht davon abzubringen. ;) Hilft es, wenn ich dir sage, dass ich dein Fachwissen bewundere? Meinst du, du schaffst es dann, diese fruchtlose Diskussion und die Maßregelung anderer á la



sein zu lassen :) Es geht nämlich hier nur am Rande um den Einfluss von "Geschichts- und Altertumswissenschaften". Um mit deinen Worten zu sprechen: kapiere das mal :D

Für mich stellt es sich so da, wie ich es schon einmal formuliert hatte:
Zunächst mal - es ist ideologischer Unsinn - ich könnte auch sagen feministischer Unsinn - zu behaupten, Frauen seinen "in der Vergangenheit für ihre Sexualität" kritisiert worden und das dies "aufgrund von Erbangelenheiten" so gehandhabt wurde.
Es wurde versucht weibliche Sexualtät zu kontrollieren. Zwischen Kritik und Kontrolle besteht ja wohl ein himmelweiter Unterschied.
Nirgends - in keiner Religion - wurde und wird Sexualität - insbesondere weibliche - derart dämonisiert wie in Christentum und Islam, in keiner anderen Religion wurde und wird Jungfräulichkeit dermaßen hoch bewertet, wie es in diesen beiden Religionen der Fall ist. Im Islam sogar noch mehr als im Christentum.
Und - sorry - es ist auch feministisch-ideologischer Unsinn, wenn auf so genannten "traditionellen Rollenbildern" herum geritten wird, wenn es diese "traditionellen Rollenbilder" in dieser Form nie gab.
Diese so genannten "traditionellen Rollenbilder" konnten nur von einer relativ "dünnen sozialen Schicht" in der Form gelebt werden, wie sie von Feministinnen proagiert und postuliert werden. Der weitaus größte Teil der Frauen war erwerbstätig musste irgendwie, Kinder, Haushalt und Erwerbstätigkeit unter einen Hut bringen - selbst wenn diese Erwerbstätigkeit vom eigenen Heim aus geschah. Eine starke Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit ist im Zuge der Industrialisierung zu verzeichnen - und nicht etwa in Teilzeit. Dieser Trend setzt sich - auch in Deutschland - bis zur Weltwirtschaftskrise fort.
Was im Zusammenhang mit "traditionellen Rollenbildern" verschwiegen wird - Männer und Frauen brauchten eine amtliche Heratserlaubnis, für bestimmte Berufe/Berufsgruppen war eine Heirat/Eheschließung grundsätzlich ausgeschlossen.
Beamte benötigten diese Heiratserlaubnis in Deutschland bis weit in die fünfziger Jahre hinein.
Von traditionellen Rollenbildern kann also per se gar keine Rede sein.
Die so genannten "traditionellen Rollenbilder", die "Hausfrauenehe" ist überhaupt erst eine Erscheinung der Wirtschaftswunderjahre - auch das wird von den Feministinnen verschwiegen.
Aufgrund einer Erscheinung, die praktisch nur wenige Jahre anhielt, werden Frauen de facto von den Feministinnen zu Umnündigen erklärt, denen gesagt werden muss, was sie gefälligst zu wollen haben, die nicht zu eigenständigen Entscheidungen fähig sind und die ihr Leben gefälligst so zu gestalten haben, wie das den Feministinnen vorschwebt.
Und dazu brauchen wir ganz unbedingt Quoten - aber bitte sehr nur Quoten in gut dotierten Jobs, in Vorständen und Aufsichtsräten - da müssen unbedingt 50% Frauen vertreten sein - ob die Frauen wollen oder nicht.
Eine Quote für Grundschullehrer wird nicht gefordert und eine Quote für Frauen bei der Müllabfuhr auch nicht
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Maria »

Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 17:03)

Zunächst mal - es ist ideologischer Unsinn - ich könnte auch sagen feministischer Unsinn - zu behaupten, Frauen seinen "in der Vergangenheit für ihre Sexualität" kritisiert worden und das dies "aufgrund von Erbangelenheiten" so gehandhabt wurde.
Es wurde versucht weibliche Sexualtät zu kontrollieren. Zwischen Kritik und Kontrolle besteht ja wohl ein himmelweiter Unterschied.....
...und so weiter. (Ich will nicht wie du immer alles zitieren steht ja nicht so weit weg, kann jeder noch mal selbst hinscrollen.

Da du meinen Beitrag über deinem zitiert hast, soll das wohl für mich eine Antwort sein? :?:

Ich kann deinen Beitrag etwas schwer einordnen und weiß nicht, auf was genau du damit antworten oder in welche Richtung du eine neue Diskussion beginnen möchtest. Du hast sicher gerade mal wieder Mitleid mit den "machtlosen Göttern" ;)

Wenn du damit für dich wichtige soziale Gründe aufzählen wolltest, die dazu geführt haben, dass die Arbeitswelt der Frauen heute so ist, wie sie ist - einverstanden. Nur haben Andere das bereits in dieser und ähnlicher Form getan, bevor du unbedingt eine Diskussion über Biologie in der Steinzeit anfangen musstest. Auch wenn du "traditionelle" Rollenbilder nur für die Erfindung irgendwelcher Radikalfeministinnen hältst (ohne dieses bashing geht es bei dir nicht, oder ? :D ) - sie sind nun einmal sehr oft die Begründung dafür, dass Frauen mehr Teilzeit arbeiten oder - wie es Maskulisten ja gern unterstellen "eigentlich" lieber gleich ganz zu Hause bleiben wollen (wenn das denn stimmt, was ich nicht glaube). Und begründet werden von interessierter Seite (selten von Femanzen :D ) diese Rollenbilder gern mit der Biologie. Gut, dass du das nun auch nicht so richtig findest.

Damit wären wir wieder bei anderen Fragen (auch bereits aufgeworfen, bevor du die Diskussion.... aber lassen wir das :D ). Was hindert Frauen außerdem noch, mit Männern beruflich gleichzuziehen? Das Stichwort "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" führt uns wieder zu fehlenden Kita-Plätzen , aber auch zu der immer noch vorhandenen Vorstellung von der Rolle einer "guten Mutter". Die hat sich bei uns nun einmal noch zeitlich viel mehr um ihren Nachwuchs zu kümmern als z.B. in Frankreich mit der flächendeckenden Ganztagsschule.
Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 17:03)
Aufgrund einer Erscheinung, die praktisch nur wenige Jahre anhielt, werden Frauen de facto von den Feministinnen zu Umnündigen erklärt, denen gesagt werden muss, was sie gefälligst zu wollen haben, die nicht zu eigenständigen Entscheidungen fähig sind und die ihr Leben gefälligst so zu gestalten haben, wie das den Feministinnen vorschwebt.
Und dazu brauchen wir ganz unbedingt Quoten - aber bitte sehr nur Quoten in gut dotierten Jobs, in Vorständen und Aufsichtsräten - da müssen unbedingt 50% Frauen vertreten sein - ob die Frauen wollen oder nicht.
Wolltest du hier nur mal deinen Frust über die Quotendiskussion loswerden oder willst du sagen, dass Frauen - könnten(!) sie selbst entscheiden und müssten(!) sich nicht nach den Vorgaben von Feministinnen richten - nun was tun würden? :?:
Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 17:03)
Eine Quote für Grundschullehrer wird nicht gefordert und eine Quote für Frauen bei der Müllabfuhr auch nicht
Könnte das bei den Lehrern vielleicht daran liegen, dass Männer lieber Studienrat mit wesentlich höherer Dotierung werden und wenn sie nicht im Gymnasium unterrichten, sich lieber in höheren Klassen tummeln?

Könnte es bei den Müllwerkern vielleicht daran liegen, dass es auch keine Quotenforderungen für - sagen wir mal Arbeiter in Fischfabriken oder an Einzelhandelskassen gibt? (mal ganz abgesehen davon, dass die Jobs bei der Müllabfuhr zumindestest in meiner Heimatstadt sehr begehrt, weil gut bezahlt sind)

Nee... das wäre alles zu einfach :D
odiug

Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(13 Jun 2017, 17:03)

Zunächst mal - es ist ideologischer Unsinn - ich könnte auch sagen feministischer Unsinn - zu behaupten, Frauen seinen "in der Vergangenheit für ihre Sexualität" kritisiert worden und das dies "aufgrund von Erbangelenheiten" so gehandhabt wurde.
Es wurde versucht weibliche Sexualtät zu kontrollieren. Zwischen Kritik und Kontrolle besteht ja wohl ein himmelweiter Unterschied.
Nirgends - in keiner Religion - wurde und wird Sexualität - insbesondere weibliche - derart dämonisiert wie in Christentum und Islam, in keiner anderen Religion wurde und wird Jungfräulichkeit dermaßen hoch bewertet, wie es in diesen beiden Religionen der Fall ist. Im Islam sogar noch mehr als im Christentum.
Und - sorry - es ist auch feministisch-ideologischer Unsinn, wenn auf so genannten "traditionellen Rollenbildern" herum geritten wird, wenn es diese "traditionellen Rollenbilder" in dieser Form nie gab.
Diese so genannten "traditionellen Rollenbilder" konnten nur von einer relativ "dünnen sozialen Schicht" in der Form gelebt werden, wie sie von Feministinnen proagiert und postuliert werden. Der weitaus größte Teil der Frauen war erwerbstätig musste irgendwie, Kinder, Haushalt und Erwerbstätigkeit unter einen Hut bringen - selbst wenn diese Erwerbstätigkeit vom eigenen Heim aus geschah. Eine starke Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit ist im Zuge der Industrialisierung zu verzeichnen - und nicht etwa in Teilzeit. Dieser Trend setzt sich - auch in Deutschland - bis zur Weltwirtschaftskrise fort.
Was im Zusammenhang mit "traditionellen Rollenbildern" verschwiegen wird - Männer und Frauen brauchten eine amtliche Heratserlaubnis, für bestimmte Berufe/Berufsgruppen war eine Heirat/Eheschließung grundsätzlich ausgeschlossen.
Beamte benötigten diese Heiratserlaubnis in Deutschland bis weit in die fünfziger Jahre hinein.
Von traditionellen Rollenbildern kann also per se gar keine Rede sein.
Die so genannten "traditionellen Rollenbilder", die "Hausfrauenehe" ist überhaupt erst eine Erscheinung der Wirtschaftswunderjahre - auch das wird von den Feministinnen verschwiegen.
Aufgrund einer Erscheinung, die praktisch nur wenige Jahre anhielt, werden Frauen de facto von den Feministinnen zu Umnündigen erklärt, denen gesagt werden muss, was sie gefälligst zu wollen haben, die nicht zu eigenständigen Entscheidungen fähig sind und die ihr Leben gefälligst so zu gestalten haben, wie das den Feministinnen vorschwebt.
Und dazu brauchen wir ganz unbedingt Quoten - aber bitte sehr nur Quoten in gut dotierten Jobs, in Vorständen und Aufsichtsräten - da müssen unbedingt 50% Frauen vertreten sein - ob die Frauen wollen oder nicht.
Eine Quote für Grundschullehrer wird nicht gefordert und eine Quote für Frauen bei der Müllabfuhr auch nicht
Wo soll man bei soviel Blödsinn anfangen :?:
Aber fangen wir mal bei der weiblichen Sexualität an:
Natürlich wurde die weibliche Sexualität "kritisiert".
Wobei "kritisieren" fast schon ein Euphemismus ist ... sie wurde entwertet und pathologisiert um damit auch Frauen im allgemeinen zu entwerten.
Patriarchalische Gewalt eben.

Der Rest .. da muß man ja bei Null anfangen ... was mir jetzt zu anstrengend ist ... ließ ein Buch. :x
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Hyde
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Hyde »

odiug hat geschrieben:(13 Jun 2017, 19:32)
Aber fangen wir mal bei der weiblichen Sexualität an:
Natürlich wurde die weibliche Sexualität "kritisiert".
Wobei "kritisieren" fast schon ein Euphemismus ist ... sie wurde entwertet und pathologisiert um damit auch Frauen im allgemeinen zu entwerten.
Patriarchalische Gewalt eben.
Man sollte hier nicht in der Vergangenheitsform reden. Weibliche Sexualität wird auch heute noch deutlich mehr unterdrückt als männliche Sexualität. Mit Themen wie Sex, Selbstbefriedigung, Pornographie usw gehen Frauen in der Öffentlichkeit auch heute noch deutlich defensiver um als Männer, da sie damit rechnen müssen dafür von der Gesellschaft moralisch sanktioniert zu werden ("slut shaming").
odiug

Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Hyde hat geschrieben:(13 Jun 2017, 22:22)

Man sollte hier nicht in der Vergangenheitsform reden. Weibliche Sexualität wird auch heute noch deutlich mehr unterdrückt als männliche Sexualität. Mit Themen wie Sex, Selbstbefriedigung, Pornographie usw gehen Frauen in der Öffentlichkeit auch heute noch deutlich defensiver um als Männer, da sie damit rechnen müssen dafür von der Gesellschaft moralisch sanktioniert zu werden ("slut shaming").
Heute läuft das anders: Heute wird weibliche Sexualität verkauft ... sie ist Ware.
Hat aber ähnliche Folgen ... nicht ganz so drastisch wie damals, aber im Prinzip geht das in die gleiche Richtung.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(13 Jun 2017, 19:32)

Wo soll man bei soviel Blödsinn anfangen :?:
Aber fangen wir mal bei der weiblichen Sexualität an:
Natürlich wurde die weibliche Sexualität "kritisiert".
Wobei "kritisieren" fast schon ein Euphemismus ist ... sie wurde entwertet und pathologisiert um damit auch Frauen im allgemeinen zu entwerten.
Patriarchalische Gewalt eben.

Der Rest .. da muß man ja bei Null anfangen ... was mir jetzt zu anstrengend ist ... ließ ein Buch. :x
Ihr redet immer von Patriarchat, "patriarchaler Gewalt" etc - hast du da irgendeinen Beleg für diese "patriarchale Gewalt", dafür, dass es so etwas wie "das Patriarchat" überhaupt jemals gab?
Hast du irgend einen Beleg dafür, dass weibliche Sexualität "pathologisiert" wurde?
Würde mich doch sehr interessieren!

Übrigens: "ließ" ist eine Konjugation von "lassen", die entsprechende Konjugation von "lesen" ist "lies"
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Hyde »

odiug hat geschrieben:(14 Jun 2017, 06:02)

Heute läuft das anders: Heute wird weibliche Sexualität verkauft ... sie ist Ware.
Hat aber ähnliche Folgen ... nicht ganz so drastisch wie damals, aber im Prinzip geht das in die gleiche Richtung.
Sexualität war schon immer Ware gewesen.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(14 Jun 2017, 08:20)

Ihr redet immer von Patriarchat, "patriarchaler Gewalt" etc - hast du da irgendeinen Beleg für diese "patriarchale Gewalt", dafür, dass es so etwas wie "das Patriarchat" überhaupt jemals gab?
Der Begriff "Patriarchat" ist schwammig, undifferenziert, historisch ungenau. Und vor allem in der Gegenwart zunehmend falsch, da er nicht auf "Männer" sondern auf "Väter" bezug nimmt. Aber ist diese Frage, ob es eine in irgendeiner Weise männer/väterdominierte gesellschaftliche Herrschaftsstruktur (schon der Name: Herrschaft) überhaupt gab, wirklich ernst gemeint?
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von garfield336 »

Pro&Contra hat geschrieben:(12 Jun 2017, 20:47)

Ist doch in Ordnung. Mehr Bildung=mehr Lohn.
jaja schon klar, nur beweist das das es diesen Gender-gab bei den Gehältern gibt.
Nur genau anders herum, als die Frauen uns weismachen wollen. Zumindest in meinem Land.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Jun 2017, 09:46)

Der Begriff "Patriarchat" ist schwammig, undifferenziert, historisch ungenau. Und vor allem in der Gegenwart zunehmend falsch, da er nicht auf "Männer" sondern auf "Väter" bezug nimmt. Aber ist diese Frage, ob es eine in irgendeiner Weise männer/väterdominierte gesellschaftliche Herrschaftsstruktur (schon der Name: Herrschaft) überhaupt gab, wirklich ernst gemeint?
Ja ist sie!
Wer von Patriarchat spricht und/oder "patriarchaler Gewalt" spricht, sollte schon nachweisen können, dass es etwas wie Patriarchat überhaupt gegeben hat.
Der Begriff "Patriarchat" ist nicht nur schwammig, undifferenziert und "historisch ungenau" - er ist schlicht falsch!
Der Begriff "Patriarchat" wird von Engels in seinem Werk "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" als Bezeichnung für eine "Herrschaftform" eingeführt, die das "Matriarchat" gewaltsam ablöste. Er folgt damit den Vorstellungen Bachofens und Morgans, die dem "Patriarchat" die Herrschaftsform des Matriarchats voran stellen. Während Bachofen die Existenz eines Matriarchats aus dem Vorhandensein von religiösen Glaubensvorstellungen einer "Großen Mutter" postuliert, verallgemeinert Morgan seine Beobachtungen und Erfahrungen, die er bei indigenen Völkern Nordamerikas gesammelt hat.
Engels stellt das Matriarchat als historische Tatsache dar, ebenso die Existenz eines "Patriarchats".
Marija Gimbutas folgt den Vorstellungen Bachofens und Morgans und postuliert ihrerseits eine friedliche matriarchale Gesellschaftsform für das Neolithikum, welche durch "kriegerische Steppennomaden" - so genannte Kurganvölker gewaltsam beseitigt und durch das Patriarchat ersetzt wurde.
Weder für die Existenz einer matriarchalen Gesellschaftsform/-ordnung (Matriarchat) noch für die Existenz eines "Patriarchats" gibt es irgendwelche archäologischen Hinweise.
"Patriarch" bzw "Pater familias" bezeichnet keine Herrschaftsform, sondern bezeichnet lediglich einen Ältesten als Oberhaupt einer Gruppe oder Familie, dem sich alle anderen Familienmitglieder/Gruppenmitglieder unterzuordnen hatten.
Über evtl. Herrschaftsform und/oder Gesellschaftsform/-ordnung sagt der Begriff gar nichts aus.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

In dieser Kritik zum Begriff "Patriarchat" (https://sciencefiles.org/2012/06/12/pat ... on-engels/), in der dieser Begriff am Ende übrigens als "Kampfbegriff im Rahmen des Staatsfeminismus" bezeichnet wird, wird auch näher auf die Engels-Schriften ("Vom Urpsrung der Familie" usw.) eingegangen. Es ist richtig, dass Engels einen Nachweis über die historische Existenz eines Patriarchats schuldig bleibt. Unter anderem deshalb, weil er die Männerdominanz in seiner Gegenwart für trivialerweise nicht hinterfragenswert und einfach gegeben hielt. Das Problem ist wohl eher diese Formulierung "das Patriarchat", "das Matriarchat" als explizit deklarierte historische Epochen mit einem Beginn und Ende. Nein. Die gabs sicher nicht. Der im Wikipedia-Beitrag zu "Patriarchat" angeführte Begriff "Androkratie" ist wahrscheinlich passender. Weil er - so wie Demokratie - für eine Herrschaftsstruktur im allgemeinen und nicht für einen konkreten historischen Zeitabschnitt steht. Dürfte aber wohl kaum eine Chance gegen die Verbreitetheit von "patriarchalisch/Patriarchat" haben ...
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(14 Jun 2017, 13:48)

In dieser Kritik zum Begriff "Patriarchat" (https://sciencefiles.org/2012/06/12/pat ... on-engels/), in der dieser Begriff am Ende übrigens als "Kampfbegriff im Rahmen des Staatsfeminismus" bezeichnet wird, wird auch näher auf die Engels-Schriften ("Vom Urpsrung der Familie" usw.) eingegangen. Es ist richtig, dass Engels einen Nachweis über die historische Existenz eines Patriarchats schuldig bleibt. Unter anderem deshalb, weil er die Männerdominanz in seiner Gegenwart für trivialerweise nicht hinterfragenswert und einfach gegeben hielt. Das Problem ist wohl eher diese Formulierung "das Patriarchat", "das Matriarchat" als explizit deklarierte historische Epochen mit einem Beginn und Ende. Nein. Die gabs sicher nicht. Der im Wikipedia-Beitrag zu "Patriarchat" angeführte Begriff "Androkratie" ist wahrscheinlich passender. Weil er - so wie Demokratie - für eine Herrschaftsstruktur im allgemeinen und nicht für einen konkreten historischen Zeitabschnitt steht. Dürfte aber wohl kaum eine Chance gegen die Verbreitetheit von "patriarchalisch/Patriarchat" haben ...
Nochmal: Es gibt keinerlei archäologische Belege oder auch nur Hinweise darauf, dass es Gesellschaftsformen/-ordnungen wie Matriarchat oder Patriarchat je gegeben hat - gleiches gilt für "Androkratie"! Da gibt es auch kein "wahrscheinlich passender", nach dem Motto, wenn das eine nicht geht, erfinden wir halt was anderes.
Nachweisbare Herrschaftsformen sind Tyrannis, Oligarchie, Monarchie, Demokratie und Mischformen.
Worauf sich Engels' Patriarchatsbegriff stützt, habe ich erläutert. Moderne "Matriarchatsforscherinnen" berufen sich auf Bachofen und Gimbutas, Feministinnen auf den Patriarchatsbegriff von Engels und sein Postulat eines, vorher existierenden, Matriarchats welches durch "allgemeine Friedfertigkeit und egalitäre Strukturen" gekennzeichnet gewesen sei. Archäologische Befunde zeichnen allerdings ein ganz anderes Bild frühgeschichtlicher Gesellschaften.
Es gab auch nie eine "Männerdominanz" - auch zu "Engels' Zeiten" nicht. Es haben nicht Männer dominiert, sondern so genannte Stände, soziale Schichten. Die Mehrheit der Männer wurde nicht weniger unterdrückt wie die Mehrheit der Frauen.
Es gab nicht wenige vorchristliche Völker/Kulturen bei denen Frauen relativ gleichberechtigt waren. Von genereller und/oder "allgemeiner" Abwertung der Frau gegenüber dem Mann, von vollständiger Unterordnung unter den Mann kann also gar keine Rede sein. Die Abwertung - bis hin zur Dämonisierung der Frau, die Forderung nach ihrer vollständigen Unterordnung erfolgte erst im Christentum - ab etwa dem 5. Jh. Maßgeblichen Einfluss auf ihren sozialen Status hatten die frühen Kircheväter - allen voran Augustinus von Hippo, etwas gemäßigter auch Paulus von Tarsus.
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(14 Jun 2017, 08:20)

Ihr redet immer von Patriarchat, "patriarchaler Gewalt" etc - hast du da irgendeinen Beleg für diese "patriarchale Gewalt", dafür, dass es so etwas wie "das Patriarchat" überhaupt jemals gab?
Hast du irgend einen Beleg dafür, dass weibliche Sexualität "pathologisiert" wurde?
Würde mich doch sehr interessieren!

Übrigens: "ließ" ist eine Konjugation von "lassen", die entsprechende Konjugation von "lesen" ist "lies"
Ja ... meine neue Tastatur mit all den Umlauten und scharfen ß verleitet mich in meine Euphorie zu übermäßigen Gebrauch der selben :p
Michele Foucaut ist interessanter Lesestoff :thumbup:
Ist aber eher was für Fortgeschrittene ... bei dir fehlt es noch an den Basics :(
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Hyde hat geschrieben:(14 Jun 2017, 08:31)

Sexualität war schon immer Ware gewesen.
Aber nicht so, nicht als gesellschaftliche Normalität.
Wie sagte schon Susan Sontag schön:
This society is over sexed and under fucked :p
Nagel mich jetzt nicht fest, ob das Zitat auch wirklich von Susan Sontag ist ... aber es wäre ihr zuzutrauen und es ist einfach so schön :D
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Maria »

Dark Angel hat geschrieben:(14 Jun 2017, 16:18)

Nochmal: Es gibt keinerlei archäologische Belege oder auch nur Hinweise darauf, dass es Gesellschaftsformen/-ordnungen wie Matriarchat oder Patriarchat je gegeben hat - gleiches gilt für "Androkratie"! Da gibt es auch kein "wahrscheinlich passender", nach dem Motto, wenn das eine nicht geht, erfinden wir halt was anderes.
Nachweisbare Herrschaftsformen sind Tyrannis, Oligarchie, Monarchie, Demokratie und Mischformen....
Ähem...willst du nun nach der "Biologie"-Debatte ein neues Fass aufmachen? Sinnvoll wäre das nur, wenn du der Meinung wärst, alles Gerede über historische ungleiche Behandlung von Männlein und Weiblein wäre Quatsch und hätte es nie gegeben. Siehst du das so?

Ansonsten ist es ein Disput um Begriffe (sicher wichtig, wenn es um Geschichtsdiskussionen und Ähnliches geht) und nicht um tatsächliche Verhältnisse.
Zur kleinen Erinnerung aus der jüngeren Vergangenheit:

http://www.meinhard.privat.t-online.de/ ... esetz.html

Setze "Patriarchat" in Gänsefüßchen, wenn dir der Begriff nicht gefällt. Es weiß aber jeder, was gemeint ist. Für eine Diskussion darüber, ob es heute noch Auswirkungen gibt, die man anpacken sollte, reicht das doch, oder? ;)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

odiug hat geschrieben:(14 Jun 2017, 19:54)

Aber nicht so, nicht als gesellschaftliche Normalität.
Wie sagte schon Susan Sontag schön:
This society is over sexed and under fucked :p
Nagel mich jetzt nicht fest, ob das Zitat auch wirklich von Susan Sontag ist ... aber es wäre ihr zuzutrauen und es ist einfach so schön :D
Verbürgt ist:
“Fuck me,” says he, “fuck you,” says she.
aus einem wunderbar melancholisch schrägen Song einer meiner (leider nicht mehr bestehenden) Lieblingsbands "Arab Strap". Hat zwar nix mit dem Thema zu tun. Ich wollts aber trotzdem nur mal gesagt haben. https://www.youtube.com/watch?v=yZkgRCU25ao
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(14 Jun 2017, 19:49)

Ja ... meine neue Tastatur mit all den Umlauten und scharfen ß verleitet mich in meine Euphorie zu übermäßigen Gebrauch der selben :p
Michele Foucaut ist interessanter Lesestoff :thumbup:
Ist aber eher was für Fortgeschrittene ... bei dir fehlt es noch an den Basics :(
Sorry - aber mich interessiert Foucault und sein Gequatsche von Poststrukturalismus, Dekonstruktion und Diskusanalyse nicht, mich interessieren Fakten/Belege. Mich interessiert, das Skelett, das ich ausgrabe und was mir Forensiker über das Leben dieses Menschen sagen können, mich interessiert die ausgegrabene Siedlung, die Artefakte eines (sehr seltenen) Hortfundes - das sind Fakten, Belege, die ich auswerten kann, anhand derer Rekonstruktionen über die Lebensweise der jeweiligen Entwicklungsstufe möglich sind. Das Skelett ist real und NICHT "sprachlich" konstruiert, die gefunden Figurinen sind real und NICHT sprachlich konstuiert.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(14 Jun 2017, 22:47)

Sorry - aber mich interessiert Foucault und sein Gequatsche von Poststrukturalismus, Dekonstruktion und Diskusanalyse nicht, mich interessieren Fakten/Belege. Mich interessiert, das Skelett, das ich ausgrabe und was mir Forensiker über das Leben dieses Menschen sagen können, mich interessiert die ausgegrabene Siedlung, die Artefakte eines (sehr seltenen) Hortfundes - das sind Fakten, Belege, die ich auswerten kann, anhand derer Rekonstruktionen über die Lebensweise der jeweiligen Entwicklungsstufe möglich sind. Das Skelett ist real und NICHT "sprachlich" konstruiert, die gefunden Figurinen sind real und NICHT sprachlich konstuiert.
Die Fakten finden sich in den Quellenangaben.
Das ist bei wissenschaftlichen Theorien meisten so, die ja bereits eine Auswertung darstellen, sonst machen sie wissenschaftlich keinen Sinn.
Und ich will dich ja nicht allzusehr überfordern ... aber jeder Gedanke ist sprachlich konstruiert ... auch Fakten ... die "Wirklichkeit" ist ein sprachliches Konstrukt.
Geht gar nicht anders ... denn worüber man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen ;)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(14 Jun 2017, 22:47)

Sorry - aber mich interessiert Foucault und sein Gequatsche von Poststrukturalismus, Dekonstruktion und Diskusanalyse nicht, mich interessieren Fakten/Belege. Mich interessiert, das Skelett, das ich ausgrabe und was mir Forensiker über das Leben dieses Menschen sagen können, mich interessiert die ausgegrabene Siedlung, die Artefakte eines (sehr seltenen) Hortfundes - das sind Fakten, Belege, die ich auswerten kann, anhand derer Rekonstruktionen über die Lebensweise der jeweiligen Entwicklungsstufe möglich sind. Das Skelett ist real und NICHT "sprachlich" konstruiert, die gefunden Figurinen sind real und NICHT sprachlich konstuiert.
Es ist aus naheliegenden und nachvollziehbaren Gründen in der Welt der Wissenschaft einfach nicht usus, persönliche Präferenzen ("mich interessiert ein Skelett") mit Forschungsinhalten zu vermischen. Es ist dein gutes Recht, diesen deinen persönlichen Präferenzen nachzugehen und eine bestimmte Haltung dazu einzunehmen. Unsinnig bzw. offenkundig unseriös wird es, wenn du diese Präferenzen für allgemeingültig erklärst. Beispielsweise, indem Du den Begriff "Anthropologie" nur und ausschießlich in dem für Dich gültigen Sinne zulässt - das ginge ja noch - aber dann auch noch andere Zugangsarten für einfach nicht existent erklärst. An der Stelle wirds dann lächerlich. Einfaches Beispiel: Literaturanthropologie, Konstanzer Schule, Wolfgang Iser. Zentrales Theorem seiner Rezeptionsästhetik ist, dass ein literarischer Text seine eigentliche Wirkung erst dadurch entfaltet, dass der Leser gewissermaßen Leerstellen durch eigene Reflektion auffüllt und Inhalte überhaupt erst kreiert. Auch Iser verwendet für dieses Phänomen den Terminus "Emergenz". Und dass das nicht nur eine Sache von Literatur ist sondern eine tiefliegende Eigenschaft des Menschen zum Ausdruck bringt und insofern eine Einordnung in "Anthropologie" rechtfertigt. Du kannst Dich noch so sehr darüber aufregen, dass andere Menschen das interessant finden, darüber nachdenken, Bücher dazu schreiben und kaufen und Symposien und Kongresse dazu veranstalten. Es zeugt absolut nicht von Souveränität, Phänomenen, die man entweder nicht versteht oder die man so nicht nachvollziehen kann, nicht mit distanzierter Gelassenheit oder sachlichem Disput sondern mit aufgeregter Aggressivität zu begegnen. Jedem eher beobachtendem, reflektierendem und nachdenkendem als reagierendem Menschen wird schnell klar, dass da etwas nicht stimmt. Dass da irgendein anderes Problem substitutiv ausgelebt wird.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jun 2017, 09:26)

Es zeugt absolut nicht von Souveränität, Phänomenen, die man entweder nicht versteht oder die man so nicht nachvollziehen kann, nicht mit kühler Distanziertheit sondern mit aufgeregter Aggressivität zu begegnen. Jedem eher beobachtendem und nachdenkendem als reagierendem Menschen wird klar, dass da etwas nicht stimmt. Dass da irgendein anderes Problem substitutiv ausgelebt wird.
Genau. Du sagst es. Zumal ich eine Diskussion auch viel anregender und nachdenkenswerter finde, wenn mich das Gegenüber ernst nimmt und nicht verbal fertig macht. Wundere mich sowieso über deine Geduld. Hut ab! Übrigens: Ich hatte dir noch ne längere Antwort zur Erklärung dieses Vorwurfs, den ich den Dokumentarfilmern gemacht hatte, geschrieben. Und justament in dem Moment, als ich sie abschicken wollte, war der Strang geschlossen worden :D Aber gut, ich glaube, so schlimm ist das auch nicht, weil dieses Nahost-Thema so komplex und kompliziert ist, dass da manchmal was Ungesagtes besser zu sein scheint als viele Worte ;) Zumal ich trotzdem immer noch konform mit diversen Politologen gehe, die meinen, dass nach wie vor der größte und gefährlichste Antisemitismus von unseren eigenen Rechtsradikalen ausgeht. Und diese Leute befinden sich ja längst nicht mehr nur in der NPD. Hinzu kommt, dass rechtsradikales Denken bei einzelnen Fragen, einschließlich Antisemitismus, immer weiter in die Mitte der Gesellschaft rückt, wie Untersuchungen zeigen und ich es auch selbst erlebe. Sorry für OT, wollte das nur noch anmerken, weil unsre Diskussion an dieser Stelle so abrupt unterbrochen worden war :)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 07:13)

Die Fakten finden sich in den Quellenangaben.
Das ist bei wissenschaftlichen Theorien meisten so, die ja bereits eine Auswertung darstellen, sonst machen sie wissenschaftlich keinen Sinn.
Und ich will dich ja nicht allzusehr überfordern ... aber jeder Gedanke ist sprachlich konstruiert ... auch Fakten ... die "Wirklichkeit" ist ein sprachliches Konstrukt.
Geht gar nicht anders ... denn worüber man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen ;)
Wirklichkeit sprachlich konstruiert? Die "Wirklichkeit" ist auch vorhanden, wenn ich nicht sprechen kann, wenn ich andere Kommunikationsmittel nutzen muss, die war schon da, lange bevor es Menschen gab.
Sprache beschreibt Wirklichkeit, konstruiert sie nicht - ein Baum existiert als reales Objekt - egal wie das Objekt nenne.
Wenn ich (Mensch) Merkmale feststelle, anhand derer sich verschiedene Arten unterscheiden, dann werden diese Merkmale definiert und begrifflich festgehalten ==> intersubjektiver Konsens, jeder weiß was gemeint ist. Da ist nix konstruiert.
Gedanken sind kein sprachliches Konstrukt. Die Fähigkeit zu denken, ist die Voraussetzung überhaupt eine Form von Sprache entwickeln zu können, nicht umgekehrt.
In meinem Fall liefert Feldforschung die Fakten, ist das Skelett der Fakt, die "Quelle" die untersucht wird, die Erkenntnisse liefert oder die Siedlungs-/Lagerstelle oder oder oder. Die Ergebnisse der Feldforschung, die ausgegrabenen Artefakte liefern die Grundlage für Theorien - die u.U. kontrovers diskutiert werden, mit denen ältere Theorien, Sichtweisen und/oder Lehrmeinungen widerlegt werden. Und es gilt nunmal, widerlegte Theorien sind fallen zu lassen und weiterhin gilt (wissenschaftliche) Theorien müssen möglichst ohne Zusatzannahmen auskommen ==> "olle" Occam (sinngemäß) die Theorie/Hypothese,die mit den wenigsten Zusatzannahmen auskommt, ist die wahrscheinlich gültige.
Worüber ich aufgrund der Fakten-/Beleglage keine Aussage treffen kann, bleibt halt offen, bleibt halt als "großes Fragzeichen" bestehen. Und wenn ich aufgrund der Fakten-/Beleglage keine Aussage treffen kann, dann verkneife ich mir irgendwelche Spekulationen - nach dem Motto " es könnte ja trotzdem sein, dass ...
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jun 2017, 09:26)

Es ist aus naheliegenden und nachvollziehbaren Gründen in der Welt der Wissenschaft einfach nicht usus, persönliche Präferenzen ("mich interessiert ein Skelett") mit Forschungsinhalten zu vermischen.
Das Skelett IST das Forschungsobjekt und der Forschungsinhalt ist, herauszufinden welchen Lebensumständen dieser Mensch ausgesetzt war! Darüber gibt das Skelett den entsprechenden Spezialisten recht detailliert Auskunft.
schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jun 2017, 09:26)]Es ist dein gutes Recht, diesen deinen persönlichen Präferenzen nachzugehen und eine bestimmte Haltung dazu einzunehmen. Unsinnig bzw. offenkundig unseriös wird es, wenn du diese Präferenzen für allgemeingültig erklärst. Beispielsweise, indem Du den Begriff "Anthropologie" nur und ausschießlich in dem für Dich gültigen Sinne zulässt - das ginge ja noch - aber dann auch noch andere Zugangsarten für einfach nicht existent erklärst. An der Stelle wirds dann lächerlich. Einfaches Beispiel: Literaturanthropologie, Konstanzer Schule, Wolfgang Iser. Zentrales Theorem seiner Rezeptionsästhetik ist, dass ein literarischer Text seine eigentliche Wirkung erst dadurch entfaltet, dass der Leser gewissermaßen Leerstellen durch eigene Reflektion auffüllt und Inhalte überhaupt erst kreiert.
Wow - toll und was hat ein Literaturathropologe mit einer schriftlosen Kultur zu schaffen - gaar nix(!) oder mit einer Kultur, die zwar Schriftzeugnisse hinterlassen hat, die wir jedoch nicht lesen können - wiederum gaar nix! Und was kann mir der Literaturanthropolge über das ausgegrabene Skelett sagen? - nochmals gaar nix!
schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jun 2017, 09:26) Auch Iser verwendet für dieses Phänomen den Terminus "Emergenz". Und dass das nicht nur eine Sache von Literatur ist sondern eine tiefliegende Eigenschaft des Menschen zum Ausdruck bringt und insofern eine Einordnung in "Anthropologie" rechtfertigt. Du kannst Dich noch so sehr darüber aufregen, dass andere Menschen das interessant finden, darüber nachdenken, Bücher dazu schreiben und kaufen und Symposien und Kongresse dazu veranstalten.

Ich rege mich da gar nicht auf - soll sich doch der Literaturathropologe mit Literatur beschäftigen und damit, was Menschen dazu bewegt, überhaupt Literatur zu schaffen, soll er untersuchen, wann und wo die Anfänge literischen Schaffens liegen. Ich bestreite keineswegs, dass er wichtige Erkenntnisse liefern kann. Diese Erkenntnisse sind aber genauso nur Mosaiksteine/Puzzleteile für ein Gesamtbild - aber eben als Spezialist in seinem Fachgebiet.
Wie ich schon mal schrieb - interdiziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Fachrichtungen miteinader, ist wahrlich nichts neues.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Jun 2017, 10:15)

Wirklichkeit sprachlich konstruiert? Die "Wirklichkeit" ist auch vorhanden, wenn ich nicht sprechen kann, wenn ich andere Kommunikationsmittel nutzen muss, die war schon da, lange bevor es Menschen gab.
Sprache beschreibt Wirklichkeit, konstruiert sie nicht - ein Baum existiert als reales Objekt - egal wie das Objekt nenne.
Wenn ich (Mensch) Merkmale feststelle, anhand derer sich verschiedene Arten unterscheiden, dann werden diese Merkmale definiert und begrifflich festgehalten ==> intersubjektiver Konsens, jeder weiß was gemeint ist. Da ist nix konstruiert.
Gedanken sind kein sprachliches Konstrukt. Die Fähigkeit zu denken, ist die Voraussetzung überhaupt eine Form von Sprache entwickeln zu können, nicht umgekehrt.
In meinem Fall liefert Feldforschung die Fakten, ist das Skelett der Fakt, die "Quelle" die untersucht wird, die Erkenntnisse liefert oder die Siedlungs-/Lagerstelle oder oder oder. Die Ergebnisse der Feldforschung, die ausgegrabenen Artefakte liefern die Grundlage für Theorien - die u.U. kontrovers diskutiert werden, mit denen ältere Theorien, Sichtweisen und/oder Lehrmeinungen widerlegt werden. Und es gilt nunmal, widerlegte Theorien sind fallen zu lassen und weiterhin gilt (wissenschaftliche) Theorien müssen möglichst ohne Zusatzannahmen auskommen ==> "olle" Occam (sinngemäß) die Theorie/Hypothese,die mit den wenigsten Zusatzannahmen auskommt, ist die wahrscheinlich gültige.
Worüber ich aufgrund der Fakten-/Beleglage keine Aussage treffen kann, bleibt halt offen, bleibt halt als "großes Fragzeichen" bestehen. Und wenn ich aufgrund der Fakten-/Beleglage keine Aussage treffen kann, dann verkneife ich mir irgendwelche Spekulationen - nach dem Motto " es könnte ja trotzdem sein, dass ...
Die Frage ist, ob diese ja tatsächlich objektiv existierende Wirklichkeit für den Menschen relevanter ist als die tatsächlich ebenfalls existierende Wirklichkeit der Theorien, Beschreibungen, Diskurse darüber. Es ist völlig unumstritten, dass Quanten, Strings und die Frühzeit des Menschen objektiv so und so existieren. Zur gesellschaftlichen Wirklichkeit werden sie erst durch Beschreibungsversuche. Das ist erstmal trivial und rechtfertigt u.a. die Betätigung von Kultur-, Sozial- und Geisteswissenschaftlern.

Aber darüberhinaus: Die Beantwortung der Frage "Wenn niemand im Wald ist und ein Baum umfälllt. Gibt es dann ein Geräusch"? schien lange Zeit klar und offenkundig zu sein: Ja, natürlich. Mit der modernen Physik, insbesondere der Quantenphysik und ihrem Postulat der Beobachterabhängigkeit ist jedoch auch diese scheinbar fundamentale Grundannahme einer objektiven Realität zumindest ins Wanken geraten. Auch wenn die Interpretation der entsprechenden theoretischen Befunde oftmals vorschnell, ungenau, unpräzise, populär erfolgen.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Jun 2017, 10:15)

Wirklichkeit sprachlich konstruiert? Die "Wirklichkeit" ist auch vorhanden, wenn ich nicht sprechen kann, wenn ich andere Kommunikationsmittel nutzen muss, die war schon da, lange bevor es Menschen gab.
Sprache beschreibt Wirklichkeit, konstruiert sie nicht - ein Baum existiert als reales Objekt - egal wie das Objekt nenne.
Wenn ich (Mensch) Merkmale feststelle, anhand derer sich verschiedene Arten unterscheiden, dann werden diese Merkmale definiert und begrifflich festgehalten ==> intersubjektiver Konsens, jeder weiß was gemeint ist. Da ist nix konstruiert.
Gedanken sind kein sprachliches Konstrukt. Die Fähigkeit zu denken, ist die Voraussetzung überhaupt eine Form von Sprache entwickeln zu können, nicht umgekehrt.
In meinem Fall liefert Feldforschung die Fakten, ist das Skelett der Fakt, die "Quelle" die untersucht wird, die Erkenntnisse liefert oder die Siedlungs-/Lagerstelle oder oder oder. Die Ergebnisse der Feldforschung, die ausgegrabenen Artefakte liefern die Grundlage für Theorien - die u.U. kontrovers diskutiert werden, mit denen ältere Theorien, Sichtweisen und/oder Lehrmeinungen widerlegt werden. Und es gilt nunmal, widerlegte Theorien sind fallen zu lassen und weiterhin gilt (wissenschaftliche) Theorien müssen möglichst ohne Zusatzannahmen auskommen ==> "olle" Occam (sinngemäß) die Theorie/Hypothese,die mit den wenigsten Zusatzannahmen auskommt, ist die wahrscheinlich gültige.
Worüber ich aufgrund der Fakten-/Beleglage keine Aussage treffen kann, bleibt halt offen, bleibt halt als "großes Fragzeichen" bestehen. Und wenn ich aufgrund der Fakten-/Beleglage keine Aussage treffen kann, dann verkneife ich mir irgendwelche Spekulationen - nach dem Motto " es könnte ja trotzdem sein, dass ...
Nein ... eine Wirklichkeit gibt es nicht vor dem Menschen ... wie auch, da um die Wirklichkeit von dem Unwirklichen abzugrenzen, bedarf es des Menschen, um diese Differenzierung überhaupt vorzunehmen.
Die Natur kennt weder Wirklichkeit noch Unwirkliches.
Und versuch mal ohne Sprache zu denken und das Ergebnis anderen zu vermitteln.
Ein differenziertes Weltbild und damit eine differenzierte Wirklichkeitswahrnehmung geht nur mit einer differenzierten Sprache.

Und wenn die Sprache an die Grenzen der Wirklichkeitsbeschreibung stößt, dann, und erst dann, wird die Sprache erweitert ... meist ist das die Aufgabe der Kunst ... aber davon hast du nun wirklich keine Ahnung.
Tut auch hier nix zur Sache.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 12:31)

Nein ... eine Wirklichkeit gibt es nicht vor dem Menschen ... wie auch, da um die Wirklichkeit von dem Unwirklichen abzugrenzen, bedarf es des Menschen, um diese Differenzierung überhaupt vorzunehmen.
Die Natur kennt weder Wirklichkeit noch Unwirkliches.
So gesehen hast du natürlich recht.
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 12:31)Und versuch mal ohne Sprache zu denken und das Ergebnis anderen zu vermitteln.
Ein differenziertes Weltbild und damit eine differenzierte Wirklichkeitswahrnehmung geht nur mit einer differenzierten Sprache.
Dazu müsste man zunächst mal definieren, was Sprache ist. Nur die verbale Kommunikation? Wertet man Kommunitation mittels Zeichen auch als Sprache?
Ein differenziertes Weltbild und Wirklichkeitswahrnehmung basieren zunächst auf der Fähigkeit zu beobachten, Beoachtungen zu abstrahieren, Erkenntnisse und Erklärungen zu gewinnen. Über diese Fähigkeit verfügten bereits Homo erectus und Homo Neanderthalensis - sie konnten jedoch nicht sprechen, mussten sich anderer Kommunikationsmittel bedienen. Welcher Art und wie differenziert diese Kommunikationsmittel waren, wissen wir nicht. Es besteht nicht einmal Konsens darüber, ob diese Kommunikationsmittel mit der, aus(verbaler) Sprache abgeleiteten, Zeichensprache Taubstummer vergleichbar sind.
Die Sprachentwicklung des Homo sapiens sapiens ist etwa 50.000 Jahre zurück verfolgbar. Er verfügte aber seit seiner Entstehung über das gleiche intellektuelle Potential wie heute.
Mit deiner obigen Aussage sprichst du dem frühen HSS quasi die Fähigkeit zur differenzierten Wirklichkeitswahrnehmung ab, weil erst er die Voraussetzungen besaß, eine differenzierte Sprache zu entwickeln und du sprichst diese Fähigkeit Homo Neanderthalensis ab.
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 12:31)Und wenn die Sprache an die Grenzen der Wirklichkeitsbeschreibung stößt, dann, und erst dann, wird die Sprache erweitert ... meist ist das die Aufgabe der Kunst ... aber davon hast du nun wirklich keine Ahnung.
Tut auch hier nix zur Sache.
Sprache stößt an die Grenzen der Wirklichkeitsbeschreibung? Wäre mir neu.
Aber gut, ich bin Archäologe, kein Philosoph. ;)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jun 2017, 11:00)

Die Frage ist, ob diese ja tatsächlich objektiv existierende Wirklichkeit für den Menschen relevanter ist als die tatsächlich ebenfalls existierende Wirklichkeit der Theorien, Beschreibungen, Diskurse darüber. Es ist völlig unumstritten, dass Quanten, Strings und die Frühzeit des Menschen objektiv so und so existieren. Zur gesellschaftlichen Wirklichkeit werden sie erst durch Beschreibungsversuche. Das ist erstmal trivial und rechtfertigt u.a. die Betätigung von Kultur-, Sozial- und Geisteswissenschaftlern.
Ich habe zu keiner Zeit die Existenzberechtigung von Geisteswissenschaftlern der verschiedensten Fachrichtungen bestritten.
Theoriebildung funktioniert aber nur auf der Grundlage von vorhandenen Fakten, fehlen diese Fakten, kann keinerlei Aussage getroffen werden.
Beispiel: wenn ich einen Siedlungs- oder Lagerplatz ausgrabe und finde innerhalb eines umgrenzten Wohnbereichs auch Grablegungen, dann lässt das Rückschlüsse auf religiöse Glaubensvorstellungen zu, die in irgend einer Art und Weise mit Ahnenverehrungen zu tun haben könnten. Ich kann aber, trotz eines gewissen Interpretationsspielraums keinerlei Aussagen über mögliche Rituale und/oder den damit verbundenen Kultus machen. Das gibt die Beleglage nicht her. Natürlich könnte ich ins Blaue hinein spekulieren und mir irgendwas zusammen spinnen - nur welche Relevanz hätte das.
Gleiches gilt für den Literaturanthropologen, wenn der etwas über die Anfänge und Entwicklung von Literatur herausfinden will, wenn er ermitteln will, welche jeweilige gesellschaftliche Funktion diesem Schaffen inne wohnt, welche Stellung literarischem Schaffen in der jeweiligen Gesellschaft zukam, dann benötigt er Belege, die er dahingehend analysieren kann. Ohne irgendwelche schriftliche Hinterlassenschaft kann er gar nichts tun.
Darum geht es - man kann nicht die Existenz von irgend etwas postulieren, für dessen Existenz jeglicher Hinweis fehlt.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Jun 2017, 13:45)

So gesehen hast du natürlich recht.


Dazu müsste man zunächst mal definieren, was Sprache ist. Nur die verbale Kommunikation? Wertet man Kommunitation mittels Zeichen auch als Sprache?
Ein differenziertes Weltbild und Wirklichkeitswahrnehmung basieren zunächst auf der Fähigkeit zu beobachten, Beoachtungen zu abstrahieren, Erkenntnisse und Erklärungen zu gewinnen. Über diese Fähigkeit verfügten bereits Homo erectus und Homo Neanderthalensis - sie konnten jedoch nicht sprechen, mussten sich anderer Kommunikationsmittel bedienen. Welcher Art und wie differenziert diese Kommunikationsmittel waren, wissen wir nicht. Es besteht nicht einmal Konsens darüber, ob diese Kommunikationsmittel mit der, aus(verbaler) Sprache abgeleiteten, Zeichensprache Taubstummer vergleichbar sind.
Die Sprachentwicklung des Homo sapiens sapiens ist etwa 50.000 Jahre zurück verfolgbar. Er verfügte aber seit seiner Entstehung über das gleiche intellektuelle Potential wie heute.
Mit deiner obigen Aussage sprichst du dem frühen HSS quasi die Fähigkeit zur differenzierten Wirklichkeitswon Wert istahrnehmung ab, weil erst er die Voraussetzungen besaß, eine differenzierte Sprache zu entwickeln und du sprichst diese Fähigkeit Homo Neanderthalensis ab.


Sprache stößt an die Grenzen der Wirklichkeitsbeschreibung? Wäre mir neu.
Aber gut, ich bin Archäologe, kein Philosoph. ;)
Gut ... nehmen wir Archäologie.
Die Frage, was bei einer Ausgrabung von Wert ist, also erfaßt, gesammelt und untersucht wird , ergibt sich aus der Frage, nach was man sucht und nicht aus den Tatsachen, die man findet.
Beispiel: In New York baut man einen neuen Wolkenkarzer.
Dabei werden menschliche Knochen entdeckt ... ein Friedhof.
Vor 50 Jahren machte man noch eine klare Unterscheidung, was von Wert sei, und damit auch Teil der New Yorker Geschichte und was eben nicht.
So fand sich zB ein Sklavenfriedhof, der einfach zugeschüttet, bzw auf der Mülldeponie landete.
Einen Siedlerfriedhof hätte, bzw hat man auch, anders behandelt.
Das heißt, die Wirklichkeit wird zerstört, weil man sie nicht wahrnimmt, bzw, aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen, nicht wahrnehmen will.
Und nein, ich spreche damit auch früheren Generationen nicht die Fähigkeit zu einer differenzierten Wirklichkeitswahrnehmung ab.
Für ihre Wirklichkeit, war ihre Sprache adäquat und funktional.
Für unsre Wirklichkeit wäre sie das nicht, wie auch unsre Sprache und Wirklichkeitswahrnehmung zB im Mittelalter völlig deplaziert wäre, ja wahrscheinlich für uns auf dem Scheiterhaufen enden würde.
Und ja ja ja ... die schlimmsten Hexenverfolgungen und Ketzerprozesse fanden nicht im Mittelalter statt, sondern in der frühen Neuzeit ... schon klar ... ;)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Jun 2017, 14:05)

Ich habe zu keiner Zeit die Existenzberechtigung von Geisteswissenschaftlern der verschiedensten Fachrichtungen bestritten.
Theoriebildung funktioniert aber nur auf der Grundlage von vorhandenen Fakten, fehlen diese Fakten, kann keinerlei Aussage getroffen werden.
Beispiel: wenn ich einen Siedlungs- oder Lagerplatz ausgrabe und finde innerhalb eines umgrenzten Wohnbereichs auch Grablegungen, dann lässt das Rückschlüsse auf religiöse Glaubensvorstellungen zu, die in irgend einer Art und Weise mit Ahnenverehrungen zu tun haben könnten. Ich kann aber, trotz eines gewissen Interpretationsspielraums keinerlei Aussagen über mögliche Rituale und/oder den damit verbundenen Kultus machen. Das gibt die Beleglage nicht her. Natürlich könnte ich ins Blaue hinein spekulieren und mir irgendwas zusammen spinnen - nur welche Relevanz hätte das.
Gleiches gilt für den Literaturanthropologen, wenn der etwas über die Anfänge und Entwicklung von Literatur herausfinden will, wenn er ermitteln will, welche jeweilige gesellschaftliche Funktion diesem Schaffen inne wohnt, welche Stellung literarischem Schaffen in der jeweiligen Gesellschaft zukam, dann benötigt er Belege, die er dahingehend analysieren kann. Ohne irgendwelche schriftliche Hinterlassenschaft kann er gar nichts tun.
Darum geht es - man kann nicht die Existenz von irgend etwas postulieren, für dessen Existenz jeglicher Hinweis fehlt.
Nein, das kann man natürlich nicht. Literatur besteht aus Texten und was dieser Literaturanthropologe postuliert, läuft vereinfacht darauf hinaus, dass in die Rezeption solcher Texte durch den Leser mehr einfließt als in diesen Texten drinsteckt. Einen Teil der Inhalte produziert der Leser während des Lesens selbst. Und er fasst diese grundsätzliche Fiktionsfähigkeit nicht einfach als eine Art "Lesetechnik" sondern als eine anthropologische Grundkonstante auf. Das muss er natürlich mit der Rezeptions- und Wirkungseschichte ausgewählter literarischer Texte belegen oder zumindest glaubhaft machen. Das ist aber wenigstens eine andere Art von Faktum als etwa ein gemessener Temperaturwert.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Selina »

Das ist aber ein allgemeines Phänomen, auch in der Kunstrezeption oder in der Dramatik: Da gibt es diverse Aussagen von Künstlern und Autoren, dass das betreffende Kunstwerk erst im Kopf des Rezipienten entsteht bzw. vollendet wird und auch eine gewisse Eigendynamik in der Wahrnehmung des einzelnen Rezipienten erfährt. Es entsteht unter Umständen etwas völlig Neues. Also mit meinen Worten gesagt. Sie selbst haben es natürlich klüger formuliert ;)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 14:11)
Gut ... nehmen wir Archäologie.
Die Frage, was bei einer Ausgrabung von Wert ist, also erfaßt, gesammelt und untersucht wird , ergibt sich aus der Frage, nach was man sucht und nicht aus den Tatsachen, die man findet.
Beispiel: In New York baut man einen neuen Wolkenkarzer.
Dabei werden menschliche Knochen entdeckt ... ein Friedhof.
Vor 50 Jahren machte man noch eine klare Unterscheidung, was von Wert sei, und damit auch Teil der New Yorker Geschichte und was eben nicht.
So fand sich zB ein Sklavenfriedhof, der einfach zugeschüttet, bzw auf der Mülldeponie landete.
Einen Siedlerfriedhof hätte, bzw hat man auch, anders behandelt.
Und genau diese Sichtweise ist falsch. Wir gehen gerade nicht nach der Methode vor "wir graben hier mal und suchen jetzt nach denundem".
Von Wert ist grundsätzlich ALLES was wir finden - jeder Knochen, jede Keramikscherbe, jedes Stück Holz - einfach alles!
Wir bezeichnen uns zwar gerne als Schliemanns Erben, aber mit Schliemanns Methoden arbeiten wir schon lange nicht mehr.
Zugegen bei den meisten Grabungen handelt es sich um Notgrabungen infolge von Erschließungsarbeiten. Das heißt jedoch nicht, dass weniger sorgfältig vorgegangen wird. Gesichert und Katalogisiert wird grundsätzlich jeder Fund und sei er noch so unscheinbar.
NEIN - es gibt nichts, was nicht "von Wert" wäre!
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 14:11)]Das heißt, die Wirklichkeit wird zerstört, weil man sie nicht wahrnimmt, bzw, aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen, nicht wahrnehmen will.
Das ist schlicht und ergreifend falsch, ja sogar eine bösartige Unterstellung!
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 14:11)Und nein, ich spreche damit auch früheren Generationen nicht die Fähigkeit zu einer differenzierten Wirklichkeitswahrnehmung ab.
Für ihre Wirklichkeit, war ihre Sprache adäquat und funktional.
Für unsre Wirklichkeit wäre sie das nicht, wie auch unsre Sprache und Wirklichkeitswahrnehmung zB im Mittelalter völlig deplaziert wäre, ja wahrscheinlich für uns auf dem Scheiterhaufen enden würde.
Und ja ja ja ... die schlimmsten Hexenverfolgungen und Ketzerprozesse fanden nicht im Mittelalter statt, sondern in der frühen Neuzeit ... schon klar ... ;)
Sorry - aber Wirklichkeit ist Wirklichkeit, die verändert sich nicht mit der Sprache.
Ich habe mich etwas mit Poststrukturalismus beschäftigt - besser mit der Kritik am Poststruktukturalismus.
Die Thesen der Postrukturalisten, die "die Wirklichkeit/die Welt" auf "einzelne Zeichen und deren Bedeutung" reduzieren, für die "die Wirklichkeit/die Welt" außerhalb der Sprache nicht existieren, sind schlicht nicht nachvollziehbar und noch weniger nachprüfbar und am aller wenigsten falsifizierbar. Sie erfüllen keine der Bedingungen/Forderungen, die Popper an eine wissenschaftliche Theorie stellt.
Eine Denkrichtung, die aus den Literaturwissenschaften stammt, in denen es noch einen Sinn macht, nach Bedeutungen von Worten und Sätzen zu fragen, mutiert in den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften zur reinen Ideologie.
Dass mittels Postrukturalismus jeder Unsinn als "kritische Theorie" verkauft werden kann, der nicht (mehr) hinterfragbar ist, hat Alan Sokal recht eindrucksvoll nachgewiesen.
NEIN - Sprache konstruiert/schafft keine Wirklichkeit, sondern Sprache beschreibt die exisiterende Wirklichkeit.
Könnten wir Zeitreisen unternehmen, träfen wir auf die gleiche Wirklichkeit, wie sie der Neandertaler, der frühe Homo sapiens sapiens oder der Mensch im Mittelalter erlebte - auch mit unserer Sprache. Wir würden die gleichen Bedingungen beschreiben, die auch die Menschen der jeweiligen Zeit erleben - die verändert sich nicht dadurch, dass wir ggf. andere Begriffe verwenden.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(15 Jun 2017, 14:26)

Nein, das kann man natürlich nicht. Literatur besteht aus Texten und was dieser Literaturanthropologe postuliert, läuft vereinfacht darauf hinaus, dass in die Rezeption solcher Texte durch den Leser mehr einfließt als in diesen Texten drinsteckt. Einen Teil der Inhalte produziert der Leser während des Lesens selbst. Und er fasst diese grundsätzliche Fiktionsfähigkeit nicht einfach als eine Art "Lesetechnik" sondern als eine anthropologische Grundkonstante auf. Das muss er natürlich mit der Rezeptions- und Wirkungseschichte ausgewählter literarischer Texte belegen oder zumindest glaubhaft machen. Das ist aber wenigstens eine andere Art von Faktum als etwa ein gemessener Temperaturwert.
Das stelle ich doch alles gar nicht in Frage. Was ich meine, ist dass der Literaturanthropologe ein Spezialist sein muss, der sich in seinem Fachgebiet bestens auskennt und nicht von jeder Fachrichtung ein bisschen was weiß - weil irgendwer meint eine "Interdisziplinäre Anthroplogie" begründen zu müssen. Im Endeffekt haben diese Leute dann, von nix wirklich Ahnung und ist im Endeffekt nicht fähig, Texte so zu analysieren, wie das ein Literaturathropologe ist, der sich ausschließlich in dieser Fachrichtung auskennt - das aber richtig.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(15 Jun 2017, 18:40)

Und genau diese Sichtweise ist falsch. Wir gehen gerade nicht nach der Methode vor "wir graben hier mal und suchen jetzt nach denundem".
Von Wert ist grundsätzlich ALLES was wir finden - jeder Knochen, jede Keramikscherbe, jedes Stück Holz - einfach alles!
Wir bezeichnen uns zwar gerne als Schliemanns Erben, aber mit Schliemanns Methoden arbeiten wir schon lange nicht mehr.
Zugegen bei den meisten Grabungen handelt es sich um Notgrabungen infolge von Erschließungsarbeiten. Das heißt jedoch nicht, dass weniger sorgfältig vorgegangen wird. Gesichert und Katalogisiert wird grundsätzlich jeder Fund und sei er noch so unscheinbar.
NEIN - es gibt nichts, was nicht "von Wert" wäre!


Das ist schlicht und ergreifend falsch, ja sogar eine bösartige Unterstellung!


Sorry - aber Wirklichkeit ist Wirklichkeit, die verändert sich nicht mit der Sprache.
Ich habe mich etwas mit Poststrukturalismus beschäftigt - besser mit der Kritik am Poststruktukturalismus.
Die Thesen der Postrukturalisten, die "die Wirklichkeit/die Welt" auf "einzelne Zeichen und deren Bedeutung" reduzieren, für die "die Wirklichkeit/die Welt" außerhalb der Sprache nicht existieren, sind schlicht nicht nachvollziehbar und noch weniger nachprüfbar und am aller wenigsten falsifizierbar. Sie erfüllen keine der Bedingungen/Forderungen, die Popper an eine wissenschaftliche Theorie stellt.
Eine Denkrichtung, die aus den Literaturwissenschaften stammt, in denen es noch einen Sinn macht, nach Bedeutungen von Worten und Sätzen zu fragen, mutiert in den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften zur reinen Ideologie.
Dass mittels Postrukturalismus jeder Unsinn als "kritische Theorie" verkauft werden kann, der nicht (mehr) hinterfragbar ist, hat Alan Sokal recht eindrucksvoll nachgewiesen.
NEIN - Sprache konstruiert/schafft keine Wirklichkeit, sondern Sprache beschreibt die exisiterende Wirklichkeit.
Könnten wir Zeitreisen unternehmen, träfen wir auf die gleiche Wirklichkeit, wie sie der Neandertaler, der frühe Homo sapiens sapiens oder der Mensch im Mittelalter erlebte - auch mit unserer Sprache. Wir würden die gleichen Bedingungen beschreiben, die auch die Menschen der jeweiligen Zeit erleben - die verändert sich nicht dadurch, dass wir ggf. andere Begriffe verwenden.
Ja ich schrieb ja, vor 50 Jahren ... heute kannst du das nicht mehr machen ... nicht einmal in Atlanta.
Schliemann ... er grub nach Troja und vermutete dies ganz ganz unten ... der Rest interessierte ihn nicht.
Kannst du heute auch nicht mehr machen.
Aber das Beispiel in New York zeigt, wie gesellschaftliche Prozesse Sichtweisen ändern und das drückt sich auch in der Sprache aus.
Diese Sichtweisen werden durch die Sprache verinnerlicht ... sie werden so zu einer neuen Realität.
Du bist also bereits selbst ein Produkt dieser neuen Realität.
Und wieder auf die Archäologie bezogen, die neue Wirklichkeit, die nach der Bürgerrechtebewegung, die, die es eben nicht mehr erlaubt, einen Sklavenfriedhof in New York einfach auf der Müllkippe zu entsorgen, wird den Studenten heute auch durch eine neue Terminologie in den Universitäten vermittelt.
Sie erlaubt es dir eben nicht mehr, einen Afro-Amerikaner mit "Boy" oder Negro anzusprechen.
Sprache schafft also eine neue Wirklichkeit.
Das gilt so natürlich auch für die Frauenrechtsbewegung und die Terminologie des Feminismus.
Dem kannst du dich entziehen, sich ihr verweigern und hoffen, die Entwicklung zu revidieren ... aber persönlich glaube ich, der Zug ist bereits abgefahren :p


Und wenn du radikal neues denkst, dann erfindest du eine neue Sprache, da die alte eben nicht mehr reicht um diese neue Realität, oder Beschreibung der neuen Wirklichkeit auszudrücken.
Nietzsche oder auch Heidegger sind da gute Beispiele.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 20:08)

Ja ich schrieb ja, vor 50 Jahren ... heute kannst du das nicht mehr machen ... nicht einmal in Atlanta.
Schliemann ... er grub nach Troja und vermutete dies ganz ganz unten ... der Rest interessierte ihn nicht.
Kannst du heute auch nicht mehr machen.
Aber das Beispiel in New York zeigt, wie gesellschaftliche Prozesse Sichtweisen ändern und das drückt sich auch in der Sprache aus.
Diese Sichtweisen werden durch die Sprache verinnerlicht ... sie werden so zu einer neuen Realität.
Du bist also bereits selbst ein Produkt dieser neuen Realität.
Und wieder auf die Archäologie bezogen, die neue Wirklichkeit, die nach der Bürgerrechtebewegung, die, die es eben nicht mehr erlaubt, einen Sklavenfriedhof in New York einfach auf der Müllkippe zu entsorgen, wird den Studenten heute auch durch eine neue Terminologie in den Universitäten vermittelt.
Sie erlaubt es dir eben nicht mehr, einen Afro-Amerikaner mit "Boy" oder Negro anzusprechen.
Sprache schafft also eine neue Wirklichkeit.
Das gilt so natürlich auch für die Frauenrechtsbewegung und die Terminologie des Feminismus.
Dem kannst du dich entziehen, sich ihr verweigern und hoffen, die Entwicklung zu revidieren ... aber persönlich glaube ich, der Zug ist bereits abgefahren :p


Und wenn du radikal neues denkst, dann erfindest du eine neue Sprache, da die alte eben nicht mehr reicht um diese neue Realität, oder Beschreibung der neuen Wirklichkeit auszudrücken.
Nietzsche oder auch Heidegger sind da gute Beispiele.
Dass Sprache die Wirklichkeit verändert, zumindest die gesellschaftlich-soziale, und dass man insofern nicht einfach vollkommen unabhängig über etwas reden oder schreiben kann, weil man mit diesem Reden oder Schreiben schon wieder einen Teil der Wirklichkeit verändert hat ... volle Zustimmung. Im Bereich der Physik ist es ganz einfach so, dass ab einer gewissen Grenze nicht mehr zu verhindern ist, dass der Messprozess das gemessene System verändert.

Dass Archäologen - vereinfacht gesagt - das finden, wonach sie suchen ... das würde ich aber doch bezweifeln. Ich hab' zufällig die Möglichkeit, dem eher praktisch orientierten Studiengang Grabungstechnik sozusagen ein wenig über die Schulter zu schauen. Es ist tatsächlich so, dass häufig begrenzte Zeitfenster genutzt werden müssen und dann sozusagen flächendeckend erfasst wird.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 20:08)

Ja ich schrieb ja, vor 50 Jahren ... heute kannst du das nicht mehr machen ... nicht einmal in Atlanta.
Schliemann ... er grub nach Troja und vermutete dies ganz ganz unten ... der Rest interessierte ihn nicht.
Kannst du heute auch nicht mehr machen.
Aber das Beispiel in New York zeigt, wie gesellschaftliche Prozesse Sichtweisen ändern und das drückt sich auch in der Sprache aus.
Diese Sichtweisen werden durch die Sprache verinnerlicht ... sie werden so zu einer neuen Realität.
Du bist also bereits selbst ein Produkt dieser neuen Realität.
Auch vor 50 Jahren wurde akribisch gearbeitet, allein die Tatsache, dass von einem Slavenfriedhof gesprochen wird, spricht dafür.
Im Falle "Bau eines neuen Wolkenkrazers" handelt es sich um eine Notgrabung, entsprechend wäre mit einem Siedlerfriedhof nicht anders verfahren worden, als mit dem Sklavenfriedhof ==> ausgraben, untersuchen, katalogisieren, auführliche Fundbeschreibung (Grabungsbericht). Die bei Grabungen gewonnenen Erkenntnisse haben per se nichts mit "gesellschaftlichen Prozessen" zu tun. Theorien stehen immer wieder auf dem Prüfstand, werden durch neue Erkenntnisse entweder bestätigt oder wiederlegt. In der "Vor-Schliemann-Ära" der Altertums- und Geschichtsforschung wurden Erkenntnisse/Erfahrungen, die bei (einzelnen) indigenen Völkern gesammelt wurden verallgemeinert und auf frühere gesellschaftliche Entwicklungsstufen übertragen. (Siehe Bachofen und Morgan). Das tun wir heute nicht mehr, die meisten dieser Annahmen sind heute widerlegt - durch die Realität widerlegt, nicht durch die Sprache - und dennoch wird aus ideologischen Gründen an widerlegten Interpretationen/Theorien festgehalten. Werden diese, insbesondere was so genannte "Rollenbilder/Rollensterotype" anbelangt weiterhin als Begründung(en) herangezogen, wird ohne jeglichen Beleg oder auch nur Hinweis auf einem "könnte es ja trotzdem gegeben haben" bestanden. So lange eine Gesellschaft/Kultur keine Schriftzeugnisse hinterlassen hat, ist es zwar möglich, auf gesellschaftliche Strukturen zu schließen, es kann aber keine Aussage getroffen werden, welcher Art diese Strukturen waren und wie sie funktionierten. Deshalt können Vorstellungen und Sichtweisen in der Vergangenheit auch nicht losgelöst vom jeweiligen gsellschaftlichen Kontext und Erkenntnishorizont, aus heutigen Sicht- und Denkweisen heraus, interpretiert werden - was jedoch in "bestimmten Kreisen" getan wird.
Das wiederum bedeutet, dass Sprache eben keine Realität "konstruiert/schafft". Die materielle Realität existiert auch ohne Sprache und sie lässt sich auch nicht auf Sprache (Bedeutung von Zeichen/Symbolen) reduzieren, wie das im Poststrukturalismus "getan" und behauptet wird.
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 20:08)Und wieder auf die Archäologie bezogen, die neue Wirklichkeit, die nach der Bürgerrechtebewegung, die, die es eben nicht mehr erlaubt, einen Sklavenfriedhof in New York einfach auf der Müllkippe zu entsorgen, wird den Studenten heute auch durch eine neue Terminologie in den Universitäten vermittelt.
Sie erlaubt es dir eben nicht mehr, einen Afro-Amerikaner mit "Boy" oder Negro anzusprechen.
Sprache schafft also eine neue Wirklichkeit.
Sprache schafft gar nichts - schon gar keine Wirklichkeit. Gesellschaftliche Veränderungen basieren auf Einsichten, auf deren Grundlage sich Denkweisen ändern und zur Herausbildung neuer/anderer gesellschaftlicher Konventionen führen. Diese wiederum finden ihren Ausdruck in der Sprache. "Negro" bedeutet nichts anderes als schwarz und ist von seiner Bedeutung her wertneutral.
Bei der Bewertung des Begriffs/Wortes spielt Ideologie eine, nicht zu unterschätzende Rolle.
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 20:08)Das gilt so natürlich auch für die Frauenrechtsbewegung und die Terminologie des Feminismus.
Dem kannst du dich entziehen, sich ihr verweigern und hoffen, die Entwicklung zu revidieren ... aber persönlich glaube ich, der Zug ist bereits abgefahren :p
Ja - auch für die so genannte Frauenrechtsbewegung ist Ideologie der entscheidene Faktor - genauer die marxitische Ideologie, auf welcher auch der Poststrukturalismus aufbaut.
Die "Frauenrechtsbewegung" nutzt ja gerade die Terminologie marxistischer Ideologie, was in der Postulation gesellschaftlicher Strukturen deutlich wird, die durch nichts belegt sind. Feminismus IST eine Ideologie!
odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 20:08)Und wenn du radikal neues denkst, dann erfindest du eine neue Sprache, da die alte eben nicht mehr reicht um diese neue Realität, oder Beschreibung der neuen Wirklichkeit auszudrücken.
Nietzsche oder auch Heidegger sind da gute Beispiele.
Da ist aber nichts "radikal" neu! Da wird auch keine "neue Wirklichkeit" geschaffen - schon gar nicht mit Sprache. Es werden lediglich die Vorstellungen einer Minderheit propagiert und der Vorstellungen und Sichtweisen (Weltanschauungen) als (historische) Tatsachen postuliert, die auf "Biegen und Brechen" derart verändert/politisch durchgesetzt werden müssen, bis sie mit den Vorstellungen dieser Minderheit konform gehen. Mit Realität hat das absolut gar nichts zu tun. Realität ist, dass die Mehrheit der Menschen mit dieser feministischen Weltanschauung so gar nichts am Hut hat. Und Sprache hat damit gar nichts zu tun.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 09:05)

Dass Sprache die Wirklichkeit verändert, zumindest die gesellschaftlich-soziale, und dass man insofern nicht einfach vollkommen unabhängig über etwas reden oder schreiben kann, weil man mit diesem Reden oder Schreiben schon wieder einen Teil der Wirklichkeit verändert hat ... volle Zustimmung. Im Bereich der Physik ist es ganz einfach so, dass ab einer gewissen Grenze nicht mehr zu verhindern ist, dass der Messprozess das gemessene System verändert.
Sorry, aber Sprache verändert keine Wirklichkeit - auch keine gesellschaftliche soziale. Sprache refektiert höchstens die veränderte gesellschaftlich-soziale Wirklichkeit.
Sich etwas ausdenken und als gesellschaftliche/soziale "Wirklichkeit" postulieren, hat nichts mit "Wirklichkeit schaffen" zu tun, sondern mit Realitätsverlust. Da kann noch so viel über "Geschlecht als soziale Zuschreibung gebrabbelt werden" und darüber "dass es mehr als nur zwei Geschlechter" gäbe, damit wird aus diesem Gebrabbel noch lange keine "Wirklichkeit".
An dieser "Wirklichkeit"/Realität ändert auch die Tatsache nichts, dass es Abweichungen im Promillebereich gibt, bei denen das Geschlecht nicht eindeutig zuordenbar ist und/oder sich jemand dem (jeweils) anderen Geschlecht zugehörig fühlt. Realität ist und bleibt die normale - nicht etwa die postulierte "normative" - biologische Zweigeschlechtlichkeit.
Und was die Physik angeht - da können Phänome, die im subatomaren Bereich auftreten nicht einfach auf die "Makroebene" (fällt mir jetzt kein besserer Begriff ein) übertragen werden. Ein umfallender Baum erzeugt ein messbares Geräusch - mit und ohne Beobachter, der Baum fällt um, ob das jemand beobachtet oder nicht, ob da jemand drüber spricht oder nicht. Das ist die Realität.
schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 09:05)Dass Archäologen - vereinfacht gesagt - das finden, wonach sie suchen ... das würde ich aber doch bezweifeln. Ich hab' zufällig die Möglichkeit, dem eher praktisch orientierten Studiengang Grabungstechnik sozusagen ein wenig über die Schulter zu schauen. Es ist tatsächlich so, dass häufig begrenzte Zeitfenster genutzt werden müssen und dann sozusagen flächendeckend erfasst wird.
Nee - weil man vorher gar NICHT wissen KANN, was man finden wird.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Jun 2017, 11:15)

Sorry, aber Sprache verändert keine Wirklichkeit - auch keine gesellschaftliche soziale. Sprache refektiert höchstens die veränderte gesellschaftlich-soziale Wirklichkeit.
Sich etwas ausdenken und als gesellschaftliche/soziale "Wirklichkeit" postulieren, hat nichts mit "Wirklichkeit schaffen" zu tun, sondern mit Realitätsverlust. Da kann noch so viel über "Geschlecht als soziale Zuschreibung gebrabbelt werden" und darüber "dass es mehr als nur zwei Geschlechter" gäbe, damit wird aus diesem Gebrabbel noch lange keine "Wirklichkeit".
Dass man etwas willentlich durch Kommunikation in eine vorgegebene Richtung verschieben kann ... nein, das glaube ich auch nicht. Insbesondere lassen sich Geschlechterdifferenzen durch "Postulate" weder weg- noch herbeidiskutieren. Um halbwegs beim Thema zu bleiben.
Und was die Physik angeht - da können Phänome, die im subatomaren Bereich auftreten nicht einfach auf die "Makroebene" (fällt mir jetzt kein besserer Begriff ein) übertragen werden. Ein umfallender Baum erzeugt ein messbares Geräusch - mit und ohne Beobachter, der Baum fällt um, ob das jemand beobachtet oder nicht, ob da jemand drüber spricht oder nicht. Das ist die Realität.
Es ist zwar richtig, dass es eine Grenze zwischen Mikro- und Makrowelt gibt und dass Makroobjekte eben klassische Eigenschaften aufweisen. Aber die grundsätzliche Überlegung, dass ein Messprozess eigentlich eine zweiseitige Wechselwirkung ist und sowohl beim Messinstrument als auch beim vermessenen Objekt eine Wirkung hinterlässt, gilt dennoch immer. Die Wirkung des Hineinhaltens eines kleinen Thermometers auf die Temperatur einer großen Wanne voll Wasssr ist nur eben verschwindend gering. Aber nicht null. Ob sich dies in Bezug auf die gesellschaftliche Wirklichkeit auf der einen und Reden, Schreiben, Diskurse allgemein andererseits in ähnlichen Wirkungsverhältnissen bewegt, ist noch die Frage.

Wenn man - wie ich - auf diese Welterklärungsansätze eher aus den Naturwissenschaften stößt, landet man auch eher nicht beim Poststrukturalismus, bei Derrida, Diskursanalyse usw. sondern eher beim Konstruktivismus des Neurobiologen und Philosophen Maturana. Mit dem grundsätzlichen Ausgangspunkt: Alles was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt.
Damit wird die tradierte Vorstellung zurückgewiesen, dass Erkenntnisakte die externe Realität widerspiegeln und es einen archimedischen Punkt gibt, von dem aus die Welt gedanklich erfasst werden kann. Erkenntnisprozesse bilden die Realität nicht einfach ab, sondern sind vielmehr aktiv an ihrer Erzeugung beteiligt.
Der Aufschwung dieser Sichtweisen in jüngerer Zeit hat sicher auch mit dem überwältigenden Erfolg der QUantentheorie zu tun. Es gebe eine Art Drehbewegung. Zunächst war lange Zeit die Quantentheorie der Exot und Ausnahmefall. Langsam beginne man - umgekehrt - die die klassisch-mechanisch-deterministische Weltvorstellung als Ausnahmefall zu sehen.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von Dark Angel »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 14:11)

Dass man etwas willentlich durch Kommunikation in eine vorgegebene Richtung verschieben kann ... nein, das glaube ich auch nicht. Insbesondere lassen sich Geschlechterdifferenzen durch "Postulate" weder weg- noch herbeidiskutieren. Um halbwegs beim Thema zu bleiben.
Na dann sind wir uns ja wenigstens einmal einigermaßen einig.
schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 14:11)Es ist zwar richtig, dass es eine Grenze zwischen Mikro- und Makrowelt gibt und dass Makroobjekte eben klassische Eigenschaften aufweisen. Aber die grundsätzliche Überlegung, dass ein Messprozess eigentlich eine zweiseitige Wechselwirkung ist und sowohl beim Messinstrument als auch beim vermessenen Objekt eine Wirkung hinterlässt, gilt dennoch immer. Die Wirkung des Hineinhaltens eines kleinen Thermometers auf die Temperatur einer großen Wanne voll Wasssr ist nur eben verschwindend gering. Aber nicht null. Ob sich dies in Bezug auf die gesellschaftliche Wirklichkeit auf der einen und Reden, Schreiben, Diskurse allgemein andererseits in ähnlichen Wirkungsverhältnissen bewegt, ist noch die Frage.
Einigen wir uns darauf, dass Diskurse zu gesellschaftlichen Veränderungen beitragen, sofern diesen Diskursen Einsichten, Erkenntnisse und Erfahrungen zugrunde liegen. Anders wäre gesellschaftliche/kulturelle Entwicklung gar nicht denkbar.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Realität/Wirklichkeit durch Sprache überhaupt erst entsteht bzw "konstruiert" wird, wie Postrukturalisten behaupten. Und das ist die Krux bei der ganzen Geschlechter-/Genderdebatte, dass hier Methoden aus den Literaturwissenschaften 1:1 nicht nur auf gesellschaftliche Verhältnisse, sondern auf Menschen übertragen werden.
Da wird ja postuliert (insbesondere Butler), dass Geschlecht erst durch die "Zuschreibung/Zuweisung" überhaupt erst "konstruiert" werde und mit dieser "Zuschreibung/Zuweisung" würden gleichzeitig Stereotype "transportiert", "Normative" erzeugt, da wird normal i.S.v. "mit großer Häufigkeit auftretend" zum "Normativ" erklärt und postuliert, es werden Zwang ausgeübt.
schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 14:11)Wenn man - wie ich - auf diese Welterklärungsansätze eher aus den Naturwissenschaften stößt, landet man auch eher nicht beim Poststrukturalismus, bei Derrida, Diskursanalyse usw. sondern eher beim Konstruktivismus des Neurobiologen und Philosophen Maturana. Mit dem grundsätzlichen Ausgangspunkt: Alles was gesagt wird, wird von einem Beobachter gesagt.
Komisch - ich lande da nicht beim radikalen Konstruktivismus eines Maturana, der jede jede Fähigkeit, die objektive Realität zu erkennen, bestreitet, sondern bei Popper und Occam. Wenn einem ein Stein auf den Kopf fällt, dann ist das sehr real und nicht nur konstruiert - das tut zwar subjektiv weh, ergibt aber objektiv eine messbare Beule und ggf auch ein objektiv mittels CT nachweisbares subdurales Hämatom.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Jun 2017, 14:53)
Komisch - ich lande da nicht beim radikalen Konstruktivismus eines Maturana, der jede jede Fähigkeit, die objektive Realität zu erkennen, bestreitet, sondern bei Popper und Occam. Wenn einem ein Stein auf den Kopf fällt, dann ist das sehr real und nicht nur konstruiert - das tut zwar subjektiv weh, ergibt aber objektiv eine messbare Beule und ggf auch ein objektiv mittels CT nachweisbares subdurales Hämatom.
Maturana und Varela selbst wollen ausdrücklich nicht als "radikale Konstruktivisten" eingeordnet werden... Es gibt da manchmal auch Missverständnisse. Die Wissenschaft Medizin hat festgestellt, dass Asbest krebserregend ist. Als Reaktion darauf wurde die Verwendung von Asbest in der üblichen Bauwirtschaft weitestgehend eingestellt, Ein völlig simples und vielleicht zu simples Beispiel dafür, dass Erkenntnisse über einen Realitätsausschnitt diesen nicht nur wiederspiegeln sondern auch in einem Maße verändern, dass die nächste Erkenntnisschleife wieder ganz anders aussieht. Nicht was den grundsätzlichen Wirkungszusammenhang zwischen Asbest und Krebs anbelangt. Das ist eben reine Naturwissenschaft. Durchaus jedoch das gesellschaftlich-soziologisch-wirtschaftliche Problem Asbesteinsatz. Und noch enger dürften die Rückkopplungen in der Volkswirtschaftslehre sein.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von gödelchen »

übrigens...wurde schon mal erwähnt, dass gender nur so was wie Quark ist...je mehr darauf gestanden wird, je breiter wird das, nie fester. Gender ist das gleiche Elend in der Denkaufstellung in der Art, wie sich die Theologie als Disziplin über der Philosophie stehend sieht.

Hat mehr überflüssiges an sich das Genderische, als es irgendwie irgendwen irgendwie weiterbringt........außer natürlich Palaverköpfen ne W2 Professur :-)
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

odiug hat geschrieben:(15 Jun 2017, 20:08)

Ja ich schrieb ja, vor 50 Jahren ... heute kannst du das nicht mehr machen ... nicht einmal in Atlanta.
Schliemann ... er grub nach Troja und vermutete dies ganz ganz unten ... der Rest interessierte ihn nicht.
Kannst du heute auch nicht mehr machen.
Aber das Beispiel in New York zeigt, wie gesellschaftliche Prozesse Sichtweisen ändern und das drückt sich auch in der Sprache aus.
Diese Sichtweisen werden durch die Sprache verinnerlicht ... sie werden so zu einer neuen Realität.
Du bist also bereits selbst ein Produkt dieser neuen Realität.
Und wieder auf die Archäologie bezogen, die neue Wirklichkeit, die nach der Bürgerrechtebewegung, die, die es eben nicht mehr erlaubt, einen Sklavenfriedhof in New York einfach auf der Müllkippe zu entsorgen, wird den Studenten heute auch durch eine neue Terminologie in den Universitäten vermittelt.
Sie erlaubt es dir eben nicht mehr, einen Afro-Amerikaner mit "Boy" oder Negro anzusprechen.
Sprache schafft also eine neue Wirklichkeit.
Das gilt so natürlich auch für die Frauenrechtsbewegung und die Terminologie des Feminismus.
Dem kannst du dich entziehen, sich ihr verweigern und hoffen, die Entwicklung zu revidieren ... aber persönlich glaube ich, der Zug ist bereits abgefahren :p


Und wenn du radikal neues denkst, dann erfindest du eine neue Sprache, da die alte eben nicht mehr reicht um diese neue Realität, oder Beschreibung der neuen Wirklichkeit auszudrücken.
Nietzsche oder auch Heidegger sind da gute Beispiele.
Diese Terminologie-Verwendungs-Fragen sind das eine. Die Unterstellung, Archäologen und verwandte Kollegen würden nicht grundsätzlich ergebnisoffen recherechieren, ist jedoch eine sehr starke, sehr negative Behauptung, die man entsprechend mit Fakten zu unterlegen hat. Etwas schlimmeres kann man Forschern kaum unterstellen.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

gödelchen hat geschrieben:(16 Jun 2017, 19:39)

übrigens...wurde schon mal erwähnt, dass gender nur so was wie Quark ist...je mehr darauf gestanden wird, je breiter wird das, nie fester. Gender ist das gleiche Elend in der Denkaufstellung in der Art, wie sich die Theologie als Disziplin über der Philosophie stehend sieht.
Theologie, Theos und Logos zugleich ist ein Widerspruch in sich. Es müsste neben "Islamwissenschaft" eben auch "Christentumswissenschaft" geben.
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Re: Gehalter Gender-gap

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schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 19:28)

Maturana und Varela selbst wollen ausdrücklich nicht als "radikale Konstruktivisten" eingeordnet werden... Es gibt da manchmal auch Missverständnisse. Die Wissenschaft Medizin hat festgestellt, dass Asbest krebserregend ist. Als Reaktion darauf wurde die Verwendung von Asbest in der üblichen Bauwirtschaft weitestgehend eingestellt, Ein völlig simples und vielleicht zu simples Beispiel dafür, dass Erkenntnisse über einen Realitätsausschnitt diesen nicht nur wiederspiegeln sondern auch in einem Maße verändern, dass die nächste Erkenntnisschleife wieder ganz anders aussieht.
Nicht was den grundsätzlichen Wirkungszusammenhang zwischen Asbest und Krebs anbelangt. Das ist eben reine Naturwissenschaft. Durchaus jedoch das gesellschaftlich-soziologisch-wirtschaftliche Problem Asbesteinsatz. Und noch enger dürften die Rückkopplungen in der Volkswirtschaftslehre sein.
Nun - ob Manturana und Varela dem radikalen Konstruktivismus zugeornet werden wollen oder nicht, sie werden sogar als Hauptvertreter des radikalen Konstruktivismus betrachtet.
Ich wüsste auch nicht, was dein Beispiel mit Konstruktivismus zu tun haben soll. Diese Denkrichtung bestreitet ja gerade, die Fähigkeit des Menschen die objektive Realität zu erkennen bzw ein Abbild der bewusstseinsunabhängigen Realität zu produzieren.
Konstruktivisten behaupten ja gerade, dass jede Wahrnehmung/Erkenntnis individuell - also vollkommen subjektiv ist
Gegen die menschliche Dummheit sind selbst die Götter machtlos.

Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen
odiug

Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

Dark Angel hat geschrieben:(16 Jun 2017, 09:14)

Auch vor 50 Jahren wurde akribisch gearbeitet, allein die Tatsache, dass von einem Slavenfriedhof gesprochen wird, spricht dafür.
Im Falle "Bau eines neuen Wolkenkrazers" handelt es sich um eine Notgrabung, entsprechend wäre mit einem Siedlerfriedhof nicht anders verfahren worden, als mit dem Sklavenfriedhof ==> ausgraben, untersuchen, katalogisieren, auführliche Fundbeschreibung (Grabungsbericht). Die bei Grabungen gewonnenen Erkenntnisse haben per se nichts mit "gesellschaftlichen Prozessen" zu tun. Theorien stehen immer wieder auf dem Prüfstand, werden durch neue Erkenntnisse entweder bestätigt oder wiederlegt. In der "Vor-Schliemann-Ära" der Altertums- und Geschichtsforschung wurden Erkenntnisse/Erfahrungen, die bei (einzelnen) indigenen Völkern gesammelt wurden verallgemeinert und auf frühere gesellschaftliche Entwicklungsstufen übertragen. (Siehe Bachofen und Morgan). Das tun wir heute nicht mehr, die meisten dieser Annahmen sind heute widerlegt - durch die Realität widerlegt, nicht durch die Sprache - und dennoch wird aus ideologischen Gründen an widerlegten Interpretationen/Theorien festgehalten. Werden diese, insbesondere was so genannte "Rollenbilder/Rollensterotype" anbelangt weiterhin als Begründung(en) herangezogen, wird ohne jeglichen Beleg oder auch nur Hinweis auf einem "könnte es ja trotzdem gegeben haben" bestanden. So lange eine Gesellschaft/Kultur keine Schriftzeugnisse hinterlassen hat, ist es zwar möglich, auf gesellschaftliche Strukturen zu schließen, es kann aber keine Aussage getroffen werden, welcher Art diese Strukturen waren und wie sie funktionierten. Deshalt können Vorstellungen und Sichtweisen in der Vergangenheit auch nicht losgelöst vom jeweiligen gsellschaftlichen Kontext und Erkenntnishorizont, aus heutigen Sicht- und Denkweisen heraus, interpretiert werden - was jedoch in "bestimmten Kreisen" getan wird.
Das wiederum bedeutet, dass Sprache eben keine Realität "konstruiert/schafft". Die materielle Realität existiert auch ohne Sprache und sie lässt sich auch nicht auf Sprache (Bedeutung von Zeichen/Symbolen) reduzieren, wie das im Poststrukturalismus "getan" und behauptet wird.


Sprache schafft gar nichts - schon gar keine Wirklichkeit. Gesellschaftliche Veränderungen basieren auf Einsichten, auf deren Grundlage sich Denkweisen ändern und zur Herausbildung neuer/anderer gesellschaftlicher Konventionen führen. Diese wiederum finden ihren Ausdruck in der Sprache. "Negro" bedeutet nichts anderes als schwarz und ist von seiner Bedeutung her wertneutral.
Bei der Bewertung des Begriffs/Wortes spielt Ideologie eine, nicht zu unterschätzende Rolle.


Ja - auch für die so genannte Frauenrechtsbewegung ist Ideologie der entscheidene Faktor - genauer die marxitische Ideologie, auf welcher auch der Poststrukturalismus aufbaut.
Die "Frauenrechtsbewegung" nutzt ja gerade die Terminologie marxistischer Ideologie, was in der Postulation gesellschaftlicher Strukturen deutlich wird, die durch nichts belegt sind. Feminismus IST eine Ideologie!


Da ist aber nichts "radikal" neu! Da wird auch keine "neue Wirklichkeit" geschaffen - schon gar nicht mit Sprache. Es werden lediglich die Vorstellungen einer Minderheit propagiert und der Vorstellungen und Sichtweisen (Weltanschauungen) als (historische) Tatsachen postuliert, die auf "Biegen und Brechen" derart verändert/politisch durchgesetzt werden müssen, bis sie mit den Vorstellungen dieser Minderheit konform gehen. Mit Realität hat das absolut gar nichts zu tun. Realität ist, dass die Mehrheit der Menschen mit dieser feministischen Weltanschauung so gar nichts am Hut hat. Und Sprache hat damit gar nichts zu tun.
Sprache verändert sehr wohl die Wahrnehmung der Wirklichkeit.
Wenn "Nigger" ein völlig normaler Umgangston für die "Masters" ist, dann sind Afroamerikaner eben keine gleichberechtigten Mitbürger.
Wußtest du, daß das einzige, weibliche Wort in der Deutschen Sprache, das zur Beschreibung von Männern gebraucht wird, Witwe ist ?
Alle anderen gehen immer von dem männlichen Wortstamm aus.
Das zeigt, wer die Hosen an hat.
Mal abgesehen davon, daß das erlernen einer neuen Sprache auch das Denken verändert und damit auch die Sicht auf die Wirklichkeit.
Das merkt man auch an sich selbst, wenn die neu erlernte Sprache für einen längeren Zeitraum zur Alltagssprache wird und die Muttersprache verdrängt.
gödelchen
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von gödelchen »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 19:55)

Theologie, Theos und Logos zugleich ist ein Widerspruch in sich. Es müsste neben "Islamwissenschaft" eben auch "Christentumswissenschaft" geben.
Du irrst, sag ich als Atheist

In dir oder einem anderen oder ganz wo anders widersprechen sie sich nicht, sie sind wie Musik. Jeder bringt sie für sich zum Klingen. Deshalb widersprechen sie sich nicht, sie machen zusammen nur immer eine neue Melodie.

So denken Denker darüber, lesenswert:

https://www.amazon.de/Dialektik-S%C3%A4 ... +Habermass

https://www.amazon.de/Woran-glaubt-wer- ... mberto+Eco
odiug

Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von odiug »

schokoschendrezki hat geschrieben:(16 Jun 2017, 19:41)

Diese Terminologie-Verwendungs-Fragen sind das eine. Die Unterstellung, Archäologen und verwandte Kollegen würden nicht grundsätzlich ergebnisoffen recherechieren, ist jedoch eine sehr starke, sehr negative Behauptung, die man entsprechend mit Fakten zu unterlegen hat. Etwas schlimmeres kann man Forschern kaum unterstellen.
Das ist doch bestimmt vom herrschenden Zeitgeist, was nun wichtig ist, und was nicht.
Himmlers Anwandlungen zum Thema Archäologie sind heute auch nicht mehr en vogue in den Fachkreisen.
Wir glauben halt,wir sind auf dem Weg der Tugendhaften, jene, die es ernst meinen mit der reinen, sachlichen, einzig wahren Wissenschaft.
Und wir haben unsre Theorien,die uns das plausible erscheinen lassen.
Ich will jetzt gar nicht einmal die Gründe dafür in Frage stellen, nur das gleiche dachten die Rassentheoretiker des 19ten Jahrhunderts von sich selbst auch.
Abgesehen davon ... ich verstehe ja, wenn einer sich in seiner Berufsehre angekratzt fühlt wenn, wenn man ein Beispiel nennt, daß diese in Frage stellt.
Nur meines liegt 50 Jahre zurück und ich schrieb ja, daß dies heute so nicht mehr geht.
Aber das hat Gründe, warum wir das heute anders sehen.
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Re: Gehalter Gender-gap

Beitrag von schokoschendrezki »

odiug hat geschrieben:(16 Jun 2017, 22:06)
Das ist doch bestimmt vom herrschenden Zeitgeist, was nun wichtig ist, und was nicht.
Der Zeitgeist hat möglicherweise einen Einfluss auf die Vergabe von Fördergeldern ... das sollte man jedoch von den fachlichen wissenschaftlichen Leitlinien trennen.
Ich habe nie in meinem Leben irgendein Volk oder Kollektiv geliebt ... ich liebe in der Tat nur meine Freunde und bin zu aller anderen Liebe völlig unfähig (Hannah Arendt)
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