Jekyll hat geschrieben:Sie haben die falschen Belege für die richtige Frage geliefert, und das sogar zum wiederholten Male. Ihre Behauptung, "die Mehrheit der Kurden" würden wie selbstverständlich ("Darüber gibt es keine Diskussion") den Armeniergenozid inkl. ihre Mitschuld daran anerkennen, können Sie also nicht belegen. Ok, I deal with it.
Die wichtigsten politischen Vertreter der Nordkurden haben sich hierzu unmissverständlich geäußert, natürlich allen voran die HDP, welche die absolute Mehrheit der Stimmen unter den Kurden erhalten hat. Der Genozid ist innerhalb keiner kurdischen Partei ein Streitthema oder sonstiges, er hat stattgefunden, das erkennt man an, genauso auch die Tatsache das Teile der kurdischen Bevölkerung sich dahingegend mitschuldig machten. Die HDP hätte gewiss keine absolute Mehrheit erzielen können, wenn es unter den Kurden Genozidleugner geben würde.
Im kurdischen Volksmund werden diese Ereignisse auch als "Fermana (manchmal auch Komkujîya) Ermenîya" bezeichnet, also Armenischen Genozid. Es gibt hierfür keine andere Bezeichnung.
Ich finde es aber komisch, das Sie in anderen Fällen, wo ich zum Beispiel beschrieben habe das die YPG ein Ableger der PKK ist, oder die HDP der politische Vertreter der PKK, sofort auf das eingehen was ich schreibe. Ja, da wo es Ihnen ideologisch passt, ist Ihnen meine Meinung gut genug. Ansonsten, können Sie keine Fakten der Welt überzeugen. Dann ist alles plötzlich unseriös. Die Quellen sind weiterhin nachlesbar - was Sie als Erdoganfanboy nun glauben wollen oder nicht ist Ihnen überlassen.
Jekyll hat geschrieben:Können können wir alles, müssen wir aber nicht. Die PKK ist bereits ganz formell und offiziell als Terrororganisation eingestuft, und das schon seit vielen Jahren und in vielen, auch westlichen Ländern. Offensichtlich gibt es da klare Richtlinien und Kriterien, an denen man sich orientieren kann. Sonst hätten weder die PKK noch der IS oder sonst irgendeine andere Organisation als terroristisch eingestuft werden können. Einfach mal logisch denken.
Es ging um Ihre Aussagen:
Wieso fällt bei dir bei einer ausgewiesenen Terrororganisation ausschließlich der Begriff "Widerstand" ein? Käme es dir je in den Sinn, andere Terrororganisationen wie die NSU oder gar den IS als "Widerständler" zu bezeichnen?
Terrororganisation ist eine Terrororganisation. Punkt. Wer das anders sieht, sieht es aus der Perspektive der Terroristen
Die Aussage das eine "Terrororganisation eine Terrororganisation" ist, offenbart doch den Versuch einer Gleichstellung. Immer wieder versuchen Sie hier den IS und die PKK gleichzusetzen. Ja, gerade weil es der Sultan so vorgibt. Erdogan und seine Handlanger betonen ja immer wieder das es keinen Unterschied zwischen Terrororganisationen gibt. Natürlich, aus der türkisch-faschistischen Sichtweise kann es auch gar keine andere Bezeichnung geben. Wie sollte man hier auch ein differenziertes Denken verlangen? Aber genau deshalb sind Leute wie ich da, die zeigen das es in der Geschichte schon viele Gruppen gab die mit terroristischen Mitteln einen Widerstand begannen und dann im Laufe der Zeit von der Weltgemeinschaft "aufgenommen" wurden. Eben weil es sich beim Kampf der PKK um einen Widerstand handelt, nicht so aber beim IS, der offen vorgibt die halbe Welt erobern zu wollen.
Die Bezeichnung "Terrororganisation" ist und bleibt relativ, wer wirklich seriös und halbwegs wissenschaftlich argumentieren möchte kann und darf den Kontext nicht ausblenden. Gerade deshalb ist es auch möglich das man PKK-Mitglieder als Widerständler bezeichnen kann, nicht jedoch Jihadisten des IS. Es sei denn, man ist strikter Befürworter einer neuen islamistischen Weltordnung. Ich habe gehört das man in Antep sehr angetan ist von dieser Idee, stimmt das?
Und ja, ich kann logisch denken, aber gerade deshalb habe ich Sie auch gefragt weshalb die Vereinten Nationen die PKK nicht als Terrororganisation einstufen, den IS hingegen schon. Haben Sie darauf eine Antwort?
Jekyll hat geschrieben:Ich habe betont, dass es sich dabei um eine persönliche Einschätzung aufgrund von persönlichen Erfahrungen von mir handelt. Eine distanzierte Haltung zu eigenen Ansichten, die bei Ihrer Wertung, dass weite Teile der türkischen Bevölkerung "militant" seien, gänzlich fehlt. Sie machen das immer...im Glashaus sitzen und dann andere mit Steinen bewerfen.
Nein, ich werfe nicht mit Steinen im Glashaus. Ich eier doch nicht wie Sie herum. Ich behaupte nicht etwas und ziehe das dann wieder zurück oder relativiere es. Ich bin niemals von meiner Meinung abgewichen das die türkische Gesellschaft mehrheitlich militant ist. Hierzu gibt es auch etliche wissenschaftliche Studien. Ich befasse mich dahingegend auch mit dem wissenschaftlichen Diskurs. Dazu kann ich nur Ayse Gül Altinay's "The Myth of the Military-Nation: Militarism, Gender, and Education in Turkey" empfehlen. Mir hier Rassismus oder sonstiges gegenüber Türken vorzuwerfen ist mehr als nur lächerlich, offenbart aber gleichzeitig auch Ihre eigenen Beschränkungen. Sie sind nicht imstande argumentativ dagegen zu halten, stattdessen gibt es nur inhaltslose Phrasendrescherei.
Ich zitiere aus Altinays Buch:
Sabiha Gökcen, one of Atatürk’s adopted daughters, participated in the Dersim Operation in 1937 and became the first woman combat pilot in the world. In her memoirs, she writes about Atatürk’s response to her success in the operation upon her return to Ankara: ‘‘I am proud of you, Gökcen! And not just me, the whole Turkish nation that has been following this incident very closely is proud of you. . . .We are a military-nation. From ages seven to seventy, women and men alike, we have been created as soldiers.’’ (Gökcen 1996, 125–126)
Halil Inalcık, a highly-respected historian of the Ottoman Empire and Turkey, wrote an article in 1964, titled ‘‘Osmanlı Devrinde Türk Ordusu’’ (The Turkish Military in the Ottoman Period) where he argued that ‘‘the Turkish nation has conserved its military-nation characteristic from the beginning of history till today’’ and that Turks are used to living as hakim (dominant) and efendi (master). Inalcık 1964, 56. This article appeared in the journal Türk Kültürü (Turkish Culture) and was re-printed in the same journal in 1972 and in 1994.
In 1937, Hasan-Ali Yücel, a parliamentarian and educator who later served as the Minister of Education for eight years (1938–1946) collected some of his writings in a volume where he recited the following story: When a general of the Turkish Army told him, partly joking, that he would not let anyone who is not a soldier kiss his hand, Yücel felt offended: ‘‘Is there a Turk who is not a soldier? I am a soldier, too, my dear Pasha.’’ (Yücel 1998, 39)
As the utterances of Turkey’s legendary leader, most famous historian, and the most celebrated (and remembered) Minister of Education make clear, the idea that the Turkish nation is a military-nation (ordu-millet or asker-ulus)1 is one of the foundational myths of Turkish nationalism. The popular saying, ‘‘Her Türk asker dog˘ar’’ (every Turk is born a soldier) is repeated in daily conversations, school textbooks, the speeches of public officials and intellectuals, and is used as a drill slogan during military service. Its legitimacy goes without saying. In this chapter, my aim is to attempt a genealogy of the term military-nation and discuss the making of the myth that ‘‘the Turkish nation is a military-nation.’’
(Altinay 13)
Also wie gesagt, Ihre persönliche Einschätzung ist, dass gefühlt jeder Kurde dem Sie jemals begegnet sind in irgendeiner Art und Weise mit der PKK sympathisiert. Dann wiederum leugnen Sie es stets und behaupten das man die PKK nicht mit dem kurdischen Volk gleichsetzen soll. Ok. Das sollte man vielleicht auch nicht, weil die PKK lediglich eine Bewegung ist die seit 1978 existiert. Schon morgen könnte sie nicht mehr existieren, rein theoretisch. Nichtsdestotrotz versuchen Sie im Einklang mit der offiziellen Haltung türkischer Politiker eine Entfremdung zwischen der PKK und dem kurdischen Volk herbei zu reden. Sie argumentieren quasi wie es Ihnen beliebt. Mal ist die PKK kein Teil der Kurden dann wiederum ist gefühlt jeder Kurde PKK-Anhänger. Entscheiden Sie sich doch.
Vielleicht sollten Sie auch Ihren eigenen Verstand einsetzen und sich fragen weshalb Sie das Gefühl haben das fast jeder Kurde irgendwie mit der PKK sympathisiert. Ihr Denkansatz war schon richtig, aber Sie haben nicht zu Ende gedacht. Vielleicht weil es zu unbequem wurde? Ja, nicht jeder Kurde will sich als PKK-Anhänger bezeichnen lassen, aber wie sollte man den Widerstand der PKK gegen das türkische Militär auch nicht gutheißen? Genau dieses Militär, dass seit der Republiksgründung das Druckmittel ist um die kurdische Existenz zu vernichten. Man hätte schon ein äußerst ambivalentes Verhältnis zu seiner eigenen Identität, würde man genau diesen Widerstand nicht in irgendeiner Art und Weise tolerieren oder gutheißen.
Jekyll hat geschrieben:Ich denke, Sie projizieren da einfach zu viel und zu oft. Dass es ausschließlich bei den Kurden (unter den vielen Ethnien in der Türkei) zur Bildung von terroristischen Gruppierungen gekommen ist, hat sicher viele Ursachen. Die Wichtigste dürfte die repressive Politik der Kemalisten von früher sein, ebenso die Perspektivlosigkeit aufgrund von schlechter wirtschaftlicher Lage der Menschen in den kurdischen Gebieten (genau die Gleiche Mischung also, die auch andere Terrororganisationen hervorgebracht hat).
Seit wann ist denn der Kemalismus
offiziell begraben worden? Habe ich was verpasst? Ich sehe weiterhin Atatürks Bilder über Erdogans Kopf. Und weshalb schreiben Sie von der Vergangenheit was die repressive Politik betrifft? Und wie zynisch muss man bitteschön sein um nicht wahrzunehmen das die Kurden unter Erdogan ebensowenig eine Perspektive haben. Unter Erdogans Befehl wurde der Südosten um mindestens 20 Jahre zurück geworfen. Es herrscht der Ausnahmezustand. Nicht einmal während der 90er Jahre habe ich persönlich so viele Militärkontrollen erlebt wie es heute der Fall ist. Korucis (Dorfschützer) patrouillieren wieder offen mit ihren Waffen durch die Strassen. Paramilitärs die zivile Kleidung tragen haben einen Freibrief um Menschen zu töten. Menschen wie der Anwalt Tahir Elci werden willkürlich auf offener Strasse erschossen. Ganze Wohnviertel werden dem Erdboden gleich gemacht. Von welcher Perspektive schreiben Sie hier? Von welcher Vergangenheit? Das ist die kurdische Gegenwart in der sogenannten "Türkei".
Und als ob alles schon nicht perspektivlos genug scheint wird die gesamte politische Führung der HDP inhaftiert. Ja, Herr "jekyll", es gibt für die Kurden derzeit nur eine einzige Perspektive. Und das ist auch so gewollt von Erdogan.
Es ist schon bizarr wie Sie hier argumentieren. Sie schreiben von der repressiven kemalistischen Politik und gleichzeitig führt Erdogan diese Politik lediglich weiter bzw. versucht sie zu perfektionieren. Und genau Letztere beklatschen Sie. Merken Sie eigentlich wie schwachsinnig das ist?
Make Kurdistan Free Again...