Perfides Spiel mit der Sprache

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Nathan
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Nathan »

think twice hat geschrieben:(12 Dec 2016, 19:51)

Wieso Israelin? Vor kurzem warst du noch ne selbsterklärte Polin. Na egal. Kann man ja mal verwechseln.
Zu nicht-deutschen Themen habe ich mich noch nie in diesem Forum geäußert. Außer dass ich die Wahlentscheidungen der Amis und Türken für klotzhohl halte. Aber ich kann mir lebhaft deine hysterische Reaktion vorstellen, wenn ich z.B. meine Meinung zur israelischen Siedlungspolitik äußern würde. :cool:
Wie dem auch sei: Die Bassams und Elzbietas sollen sich mal schön um ihre eigenen Baustellen kümmern. Und die applaudierenden, österreichischen Josefs auch.
Das würde ich an deiner Stelle mir überlassen. Bei mir ists eh schon wurscht. Mein Ruf ist ruiniert, dahin der schöne Glanz. Die Kollegin Bleibtreu ist Jüdin, da besteht kein Zweifel. Man kann ja durchaus Polin und Jüdin sein, das schließt sich nicht aus. Diskutiere nicht fernschriftlich, im Chat oder sonst irgendwie unpersönlich mit einem Juden über die Siedlungspolitik auf der Westbank. So vorsichtig kannst du dich gar nicht ausdrücken, als dass er dir an die Gurgel fährt. Das funktioniert halbwegs nur in einem persönlichen Gespräch, indem außer dem geschriebenen Wort noch Gestik und Mimik dafür sorgen können, dein ehrliches Bemühen um die Wahrheit glaubwürdig zu transportieren. Ich darf mich rühmen, in versteckte koschere Lokale in München eingeladen zu werden und dort neben sehr gutem Essen auch sehr gute Gespräche zu führen. Aber die Westbank ist auch für den liberalsten israelischen Studenten ein extrem heikles Thema, allzuweitr komme ich da auch nicht. Irgendwann kommt das eine Argument, das weder sprachlich noch inhaltlich irgendwie widerlegbar ist und das bei Kishon wohl auch "Ben Gurion" hieße, nämlich die erklärte und nach wie vor aktuelle arabische Forderung, Israel von der Landkarte zu tilgen. Ich verstehe, dass diese Forderung in den Augen der Israelis so gut wie zu allen Gegenmaßnahmen berechtigt.
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schokoschendrezki
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von schokoschendrezki »

Das Problem mit der "Leitkultur" besteht darin, dass sie an sich redundant ist. Die Prinzipien der Leitkultur, also Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft sind sämtlich im Grundgesetz der Bundesrepublik hinterlegt. Wenn man also eine Leitkultur über die Verfassung hinaus für nötig hält, was sagt man damit eigentlich? Man unterstellt einem Teil der Bevölkerung eine Art zusätzliches Unterweisungsdefizit. Wozu sonst sollte dieser "Leit"-Gedanke über das Grundgesetz hinaus gut sein? Mit dieser (impliziten) Diskriminierung ist "Leitkultur" aber in gewisser Hinsicht selbst grundgesetznonkonform.
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think twice
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von think twice »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:17)

Die Prinzipien der Leitkultur, also Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft sind sämtlich im Grundgesetz der Bundesrepublik hinterlegt.
So sehe ich das auch. Es ist reine Wichtigtuerei des Herrn Tibi, die verbindlichen Werte und Normen unserer Verfassung explizit zur "Leitkultur" zu erheben.
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Bleibtreu
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Bleibtreu »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:17)

Das Problem mit der "Leitkultur" besteht darin, dass sie an sich redundant ist. Die Prinzipien der Leitkultur, also Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft sind sämtlich im Grundgesetz der Bundesrepublik hinterlegt. Wenn man also eine Leitkultur über die Verfassung hinaus für nötig hält, was sagt man damit eigentlich? Man unterstellt einem Teil der Bevölkerung eine Art zusätzliches Unterweisungsdefizit. Wozu sonst sollte dieser "Leit"-Gedanke über das Grundgesetz hinaus gut sein? Mit dieser (impliziten) Diskriminierung ist "Leitkultur" aber in gewisser Hinsicht selbst grundgesetznonkonform.
Merkst du den Widerspruch nicht selbst? Es wird nichts über die Verfassung gestellt. Das existiert nur in deiner putzigen Interpretation. Du hast dich in deinem beharrlichen Bedürfnis LeitKultur unbedingt anpissen zu müssen, komplett gedanklich wie auch logisch verrannt. Du kannst beispielsweise nicht die MenschenRechte über die MenschenRechte stellen. Du kannst nichts über etwas stellen, was eben dies beinhaltet - das ist doch bizarr und existiert nur in deiner Vorstellung. Es wird schlicht sprachlich, erklärend, besser begreifbar zusammen gefasst und aufgezählt, was eine moderne LeitKultur ausmacht. Dass worauf die Gesellschaft basiert, was sie ausmacht, was sie zusammenhält, was erhalten bleiben muss und soll. Und dein DiskriminierungsPostulat ist völlig bizarr - das schießt den Vogel ab. Du baust hier einen selbst gebastelten, irrealen PappKameraden auf den anderen, die du dann anschließend selbst umschießt. :D
Zuletzt geändert von Bleibtreu am Di 13. Dez 2016, 11:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von think twice »

Bleibtreu hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:58)

Es wird schlicht sprachlich, erklärend, besser begreifbar zusammen gefasst und aufgezählt, was eine moderne LeitKultur ausmacht. Dass worauf die Gesellschaft basiert, was sie ausmacht, was sie zusammenhält, was erhalten bleiben muss und soll.
Glaubt der Professor, die Deutschen sind ein Volk von Deppen, die nur den Ausdruck "Leitkultur" verstehen?
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Julian
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:17)

Das Problem mit der "Leitkultur" besteht darin, dass sie an sich redundant ist. Die Prinzipien der Leitkultur, also Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft sind sämtlich im Grundgesetz der Bundesrepublik hinterlegt. Wenn man also eine Leitkultur über die Verfassung hinaus für nötig hält, was sagt man damit eigentlich? Man unterstellt einem Teil der Bevölkerung eine Art zusätzliches Unterweisungsdefizit. Wozu sonst sollte dieser "Leit"-Gedanke über das Grundgesetz hinaus gut sein? Mit dieser (impliziten) Diskriminierung ist "Leitkultur" aber in gewisser Hinsicht selbst grundgesetznonkonform.
Das ist ein sehr formaler, in meinen Augen viel zu formaler Blick auf das Problem.

Verfassungen können geändert werden; ihre Interpretation ist zu einem gewissen Grade dem Zeitgeist unterworfen. Wichtiger für eine Gesellschaft sind die Werte, die dahinter stehen. Deswegen wäre ein Export des Grundgesetzes in einen Staat wie Syrien völlig sinnlos, es würde dort nicht funktionieren. Andererseits wird uns das Grundgesetz nicht retten, wenn zu viele Menschen mit völlig anderen Wertvorstellungen (z.B. Höherstellung der Religion über den Staat, Frauenverachtung, Stammesdenken) einwandern.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von pikant »

Julian hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:11)


Verfassungen können geändert werden; ihre Interpretation ist zu einem gewissen Grade dem Zeitgeist unterworfen..
das ist unfug - ich kenne keinen Paragrafen des GG, der mit der Zeit anders interpretiert wurde.

Zeitgeist ist eher das Aendern des GG.
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Julian
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

think twice hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:14)

Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes! :thumbup: :thumbup:
Ich finde deine Naivität immer wieder entwaffnend. Du würdest dich wohl, wenn es sich nur um einen deiner heiligen Flüchtlinge handelte, noch bei deinem Vergewaltiger entschuldigen, wie es ja die Sprecherin der "Linksjugend" so eindrücklich getan hat.
Anfang des Jahres war bekannt geworden, dass Selin Gören, Bundessprecherin der Linksjugend „Solid“, des Jugendverbandes der Partei Die Linke, von drei Männern mit vermutlich arabischem Hintergrund vergewaltigt wurde.

Sie hatten der 24-Jährigen nachts auf einem Spielplatz in Mannheim aufgelauert, sie gewürgt und zu Oralsex gezwungen. Als sie sich in jener Nacht Ende Januar endlich befreien konnte, ging sie zur Polizei. Doch was sie dort zu Protokoll gab, war nicht die Wahrheit. Selin Gören sagte, sei sei überfallen worden. Von einer Gruppe von Deutschen und Migranten. Von einer Gruppe von Männern, die Deutsch miteinander sprachen. Sie hätten ihr die Tasche gestohlen. Von der Vergewaltigung sprach sie nicht.

Im aktuellen „Spiegel“ erzählt sie, was damals geschehen ist und warum sie zuerst gelogen hat und erst zwölf Stunden später noch mal zur Polizei ging, um die wirkliche Geschichte zu erzählen: Ihr Freund hatte sie dazu überredet. Er hatte ihr ins Gewissen geredet, sie daran erinnert, dass ganz in der Nähe auch eine andere Frau vergewaltigt worden sei und der Täter noch herumlaufe. Eine Frau, von der sich später allerdings herausstellte, dass sie die Vergewaltigung erfunden hatte. Aber das wusste Selin Gören zu dem Zeitpunkt nicht und sagte der Polizei, was sie erlebt hatte – und dass die Täter nicht Deutsch gesprochen hatten, sondern Kurdisch oder Farsi.
https://www.welt.de/vermischtes/article ... ingen.html

Oder dieses Vorkommnis:
Sie haben viel zu lange geschwiegen. Sie haben es einfach über sich ergehen lassen. Drei junge Frauen, zwischen 16 und 18 Jahre alt, Schülerinnen der Kasseler Herderschule, haben es sich gefallen lassen, dass Männer ihnen viel näher gekommen sind, als sie es wollten. In der Straßenbahn, im Bus. Morgens, mittags auf dem Weg zur Schule und nach Hause. Immer waren sie schon da, wenn die Mädchen in die öffentlichen Verkehrsmittel stiegen, immer wieder gelang es den Männern, sie am Po zu begrapschen, an der Brust, zwischen den Beinen. Und wenn sie mit ihren Händen nicht an sie rankamen, dann machten sie obszöne Szenen vor ihren Augen, riefen: „Hure!“

Wahrscheinlich hätten die Mädchen viel schneller reagiert, wenn die Männer keinen Migrationshintergrund hätten. Das haben sie jedenfalls ihrer Lehrerin gesagt, der sie sich vor einigen Wochen endlich doch anvertraut haben.

Wie die „Hessische Niedersächsische Allgemeine Zeitung“ (HNA) schrieb, haben sie deshalb so lange geschwiegen, weil sie nicht zu einer Diskriminierung von Flüchtlingen beitragen wollten. „Wir möchten keine Menschen pauschal beschuldigen und auf keinen Fall böses Blut schüren“, sagte eine Betroffene, die nicht mit ihrem Namen genannt werden möchte, der „HNA“.
https://www.welt.de/vermischtes/article ... ingen.html
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

pikant hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:19)

das ist unfug - ich kenne keinen Paragrafen des GG, der mit der Zeit anders interpretiert wurde.

Zeitgeist ist eher das Aendern des GG.
Dann erweitere mal deinen Horizont.
BVerfGE 6, 389 - Homosexuelle

1. Die Strafvorschriften gegen die männliche Homosexualität (§§ 175 f. StGB) verstoßen nicht gegen den speziellen Gleichheitssatz der Abs. 2 und 3 des Art. 3 GG, weil der biologische Geschlechtsunterschied den Sachverhalt hier so entscheidend prägt, daß etwa vergleichbare Elemente daneben vollkommen zurücktreten.
2. Die §§ 175 f. StGB verstoßen auch nicht gegen das Grundrecht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), da homosexuelle Betätigung gegen das Sittengesetz verstößt und nicht eindeutig festgestellt werden kann, daß jedes öffentliche Interesse an ihrer Bestrafung fehlt.
http://www.schwulencity.de/BVerfGE_6_389.html

So hat man das Grundgesetz vor 60 Jahren interpretiert.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von schokoschendrezki »

Bleibtreu hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:58)
Merkst du den Widerspruch nicht selbst? Es wird nichts über die Verfassung gestellt.
Nur zur Information: "Redundanz" bedeutet nicht "Übergestelltsein" sondern "Mehrfachgenanntsein". Oder anders gesagt: Ohne Informationsverslust weglassbar. Und genau so verhält es sich mit der Leitkultur bei Gültigjkeit des Grundgesetzes.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von pikant »

Julian hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:27)

Dann erweitere mal deinen Horizont.


http://www.schwulencity.de/BVerfGE_6_389.html

So hat man das Grundgesetz vor 60 Jahren interpretiert.
hat aber mit meiner Aussage nichts zu tun und bestaetigt mich ja noch , denn das Gesetz wurde ja veraendert.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

pikant hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:32)

hat aber mit meiner Aussage nichts zu tun und bestaetigt mich ja noch , denn das Gesetz wurde ja veraendert.
Doch, das hat direkt damit zu tun. Was geändert wurde, war das Strafgesetzbuch, nicht aber das Grundgesetz. Bezüglich des Grundgesetzes wurde nur die Interpretation geändert.

Selbst Grundgesetzänderungen widersprechen ja nicht meiner Hypothese, sondern stützen sie. Unsere Verfassung ist nichts anderes als das Produkt unserer Kultur, und wenn sich unsere Kultur ändert, wird sich auch das Grundgesetz ändern, direkt oder indirekt.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von pikant »

Julian hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:35)
. Unsere Verfassung ist nichts anderes als das Produkt unserer Kultur, und wenn sich unsere Kultur ändert, wird sich auch das Grundgesetz ändern, direkt oder indirekt.
was fuer ein Unsinn!

das GG kann nur durch Abgeordnete des deutschen Bundestages veraendert werden und unsere Kultur veraeendert sich immer, denn was deutsche Kultur ist, das entcheidet jeder Deutscher fuer sich selbst im Rahmen der bestehenden Gesetze.
Zuletzt geändert von pikant am Di 13. Dez 2016, 11:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von think twice »

Julian hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:35)

Doch, das hat direkt damit zu tun. Was geändert wurde, war das Strafgesetzbuch, nicht aber das Grundgesetz. Bezüglich des Grundgesetzes wurde nur die Interpretation geändert.

Selbst Grundgesetzänderungen widersprechen ja nicht meiner Hypothese, sondern stützen sie. Unsere Verfassung ist nichts anderes als das Produkt unserer Kultur, und wenn sich unsere Kultur ändert, wird sich auch das Grundgesetz ändern, direkt oder indirekt.
Was meinst, wer erlangt eher die erforderliche 2/3-Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes? Die besorgten Patrioten oder die Islamisten?
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

think twice hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:39)

Was meinst, wer erlangt eher die erforderliche 2/3-Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes? Die besorgten Patrioten oder die Islamisten?
Denkst du, die arabischen Klans in Berlin interessieren sich für eine Zweidrittelmehrheit? Mit solchen Leuten wird das Grundgesetz zu einem wertlosen Stück Papier, zusammen mit BGB und Strafgesetzbuch. Für Muslime steht der Koran weit über Grundgesetz und anderen menschengemachten Gesetzen; es hat ohnehin nur Gültigkeit, solange es dem Koran nicht widerspricht.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von jack000 »

[MOD] - Strang wird gekärchert
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von jack000 »

[MOD] - Strang wurde wieder eröffnet
Sledge Hammer: Ich mag einem Verbrecher nicht seine Verbrechen vorlesen ... aber ich kann wenigstens lesen!
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Bleibtreu »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Dec 2016, 11:31)

Nur zur Information: "Redundanz" bedeutet nicht "Übergestelltsein" sondern "Mehrfachgenanntsein". Oder anders gesagt: Ohne Informationsverslust weglassbar. Und genau so verhält es sich mit der Leitkultur bei Gültigjkeit des Grundgesetzes.
Ich bezog mich auf folgende Aussage von dir
schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:17)

Das Problem mit der "Leitkultur" besteht darin, dass sie an sich redundant ist. Die Prinzipien der Leitkultur, also Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft sind sämtlich im Grundgesetz der Bundesrepublik hinterlegt. Wenn man also eine Leitkultur über die Verfassung hinaus für nötig hält, was sagt man damit eigentlich? Man unterstellt einem Teil der Bevölkerung eine Art zusätzliches Unterweisungsdefizit. Wozu sonst sollte dieser "Leit"-Gedanke über das Grundgesetz hinaus gut sein? Mit dieser (impliziten) Diskriminierung ist "Leitkultur" aber in gewisser Hinsicht selbst grundgesetznonkonform.
Wundert mich, nach meinen Ausführungen, dass du das falsch verstanden hast. ;)
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

schokoschendrezki hat geschrieben:(13 Dec 2016, 10:17)

Das Problem mit der "Leitkultur" besteht darin, dass sie an sich redundant ist. Die Prinzipien der Leitkultur, also Demokratie, Laizismus, Aufklärung, Menschenrechte und Zivilgesellschaft sind sämtlich im Grundgesetz der Bundesrepublik hinterlegt. Wenn man also eine Leitkultur über die Verfassung hinaus für nötig hält, was sagt man damit eigentlich? Man unterstellt einem Teil der Bevölkerung eine Art zusätzliches Unterweisungsdefizit. Wozu sonst sollte dieser "Leit"-Gedanke über das Grundgesetz hinaus gut sein? Mit dieser (impliziten) Diskriminierung ist "Leitkultur" aber in gewisser Hinsicht selbst grundgesetznonkonform.
Genau. Diese Rufe nach einer "Leitkultur" erschallen immer dann, wenn konservative Kreise, die von noch weiter rechts unter Druck gesetzt werden, wieder mal unzufrieden sind mit den Flüchtlingen. Man will ihnen zeigen, wo der Hammer hängt, wer hier das Sagen hat. Dabei ist es ohnehin völlig klar, dass es ohne die deutsche Sprache keine Intergration geben kann. Das wissen eigentlich die meisten Flüchtlinge auch. Nur, dass die angebotenen Deutsch-Kurse immer noch nicht ausreichen. Ansonsten kommt mir die "Leitkultur" wie eine Aufforderung zur Assimilation, also zur bedingungslosen Anpassung an alles Deutsche, vor. Was schon ein Gschmäckle hat angesichts unserer Geschichte.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(17 Dec 2016, 19:45)

Genau. Diese Rufe nach einer "Leitkultur" erschallen immer dann, wenn konservative Kreise, die von noch weiter rechts unter Druck gesetzt werden, wieder mal unzufrieden sind mit den Flüchtlingen. Man will ihnen zeigen, wo der Hammer hängt, wer hier das Sagen hat. Dabei ist es ohnehin völlig klar, dass es ohne die deutsche Sprache keine Intergration geben kann. Das wissen eigentlich die meisten Flüchtlinge auch. Nur, dass die angebotenen Deutsch-Kurse immer noch nicht ausreichen. Ansonsten kommt mir die "Leitkultur" wie eine Aufforderung zur Assimilation, also zur bedingungslosen Anpassung an alles Deutsche, vor. Was schon ein Gschmäckle hat angesichts unserer Geschichte.
Mir geht das Eindampfen einer deutschen Gesellschaft auf wenige Sätze unserer Verfassung dann doch zu weit. Niemand hat unsere Verfassung geschrieben, um unsere Gesellschaft von vielen anderen freiheitlichen Gesellschaften zu unterscheiden... eher ist das Gegenteil wahr. Deutschland sollte ein Glied in der westlichen Wertegemeinschaft werden.

Die Verfassung wurde nie und nimmer aufgeschrieben, um hier liebgewordene Gewohnheiten verbindlich fest zu schreiben. Nur weil unsere Verfassungsgeber nichts über Kopftücher, Burkas, Beträume in öffentlichen Gebäuden, Anforderungen an Kantinen aufgeschrieben haben, sind die jeweiligen deutschen Gewohnheiten doch Teil unserer Leitkultur, die wir so leben ohne die Absicht, unsere Gäste oder Neubürger beleidigen zu wollen.

Wenn Neubürger erwarten, daß hier bestehende Regeln ihnen zu Liebe kurz einmal verändert werden... sie uns nerven mit uns unbegreiflichen Bekleidungsregeln in der Öffentlichkeit, beim Schulsport, in deutschen Ämtern, sich gegen jahrhundertelang übliche christliche Symbole in Amtsräumen und Schulen wenden und sogar Beköstigung nach ihren Vorstellungen einfordern, dann stören sie das öffentliche Einvernehmen. Der Katalog läßt sich beliebig fortsetzen. Kein Punkt ist für sich gesehen eine Katastrophe... aber die Gesamtheit dieser Punkte schon.

Ich verstehe, daß diese uns gegen öffentlichen Protest aufgenötigten Gewohnheiten der neuen Minderheiten vielfach Ablehnung und Gegnerschaft herbeiführen. Das zurück zu weisen, dazu gehört ein gerütteltes Maß von Abgehobenheit und "political correctness". Und irgendwann reicht's dann eben, mit politischen Folgen. Nun bibbern alle möglichen Kreise, daß die AfD trotz so vieler unsäglicher politischer Dummheiten doch als zweitstärkste politische Kraft (Stimmenzahl!) im Bundestag vertreten sein könnte. Und machen sich hier noch lustig, daß die gerupften Volksparteien nun einen Teil der Themen aufgreifen, um dieses Ergebnis möglichst zu vermeiden.

Ich meine, daß man sich mit dem Anliegen "Leitkultur" nicht nur spottend befassen sollte. Möglicherweise findet man dann sogar Inhalte dieses Begriffs, die man wertschätzen könnte, und auch, sicher, Inhalte, die man mit einem Achselzucken wegschiebt. So etwas wie landsmannschaftliche Unterschiede wird man in der deutschen Leitkultur auch finden, trotz der tiefen Durchmischung nach dem 2. Weltkrieg. Diese Unterschiede sind allerdings als belächelte Gewohnheiten weitestgehend angenommen... Kölner Karneval wird in Rostock vermutlich mit etwas Abstand (nicht nur räumlich) hingenommen, aber ein massenhafter Antrag, das närrische Treiben doch bitte zu unterlassen, ist bisher noch nicht eingereicht worden.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Ger9374 »

Leitkultur heißt für mich im Alltag alles zu umschreiben was kulturell, sprachlich,zu
mir gehört. Es bestimmt mit mein gesellschaftliches Verhalten, meinen Umgang
im sozialen Umfeld zu bestimmen.
Es zeigt und bestimmt Verhaltensregeln.
Alles nichts negatives, man kann es natürlich
so auslegen das es negativ wird!!
Es sollte gerade Menschen aus anderen Kulturen
hilfreich sein sich besser in ihrem neuen
Umfeld zurecht zu finden. Ist ja ein völlig neuer
Kulturraum.Was kann daran schlecht sein?
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

Ger9374 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 22:51)

Leitkultur heißt für mich im Alltag alles zu umschreiben was kulturell, sprachlich,zu
mir gehört. Es bestimmt mit mein gesellschaftliches Verhalten, meinen Umgang
im sozialen Umfeld zu bestimmen.
Es zeigt und bestimmt Verhaltensregeln.
Alles nichts negatives, man kann es natürlich
so auslegen das es negativ wird!!
Es sollte gerade Menschen aus anderen Kulturen
hilfreich sein sich besser in ihrem neuen
Umfeld zurecht zu finden. Ist ja ein völlig neuer
Kulturraum.Was kann daran schlecht sein?
Das ist doch alles ok, dafür gibt es aber bereits Begriffe. Das Wort "Leitkultur" braucht man da nicht, weil es anmaßend klingt. "Kultur" reicht. Manches sind auch Traditionen, Sitten und Bräuche. Hinzu kommen Normen, Regeln, Verhaltensweisen, Alltag. Der Begriff "Leitkultur" ist da völlig überflüssig. Sagt aber was über die Schöpfer des Begriffes aus.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(17 Dec 2016, 23:38)

Das ist doch alles ok, dafür gibt es aber bereits Begriffe. Das Wort "Leitkultur" braucht man da nicht, weil es anmaßend klingt. "Kultur" reicht. Manches sind auch Traditionen, Sitten und Bräuche. Hinzu kommen Normen, Regeln, Verhaltensweisen, Alltag. Der Begriff "Leitkultur" ist da völlig überflüssig. Sagt aber was über die Schöpfer des Begriffes aus.
Empfindest du es weltweit als anmaßend, oder nur hier?
„Wer mich beleidigt, bestimme ich.“ (Klaus Kinski)

„Just because you’re offended, doesn’t mean you’re right.“ (Ricky Gervais)
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Ger9374 »

Selina hat geschrieben:(17 Dec 2016, 23:38)

Das ist doch alles ok, dafür gibt es aber bereits Begriffe. Das Wort "Leitkultur" braucht man da nicht, weil es anmaßend klingt. "Kultur" reicht. Manches sind auch Traditionen, Sitten und Bräuche. Hinzu kommen Normen, Regeln, Verhaltensweisen, Alltag. Der Begriff "Leitkultur" ist da völlig überflüssig. Sagt aber was über die Schöpfer des Begriffes aus.

Du störst dich nur am Begriff, was schwebt dir
alternativ so vor? bestehender Kulturraum?
oder einfach gelebtes Umfeld?

Der Begriff Leitkultur ist mir aber erst seit einiger
Zeit so oft vorgekommen.Kannte ich so nicht!!
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von schokoschendrezki »

H2O hat geschrieben:(17 Dec 2016, 21:56)
Mir geht das Eindampfen einer deutschen Gesellschaft auf wenige Sätze unserer Verfassung dann doch zu weit. Niemand hat unsere Verfassung geschrieben, um unsere Gesellschaft von vielen anderen freiheitlichen Gesellschaften zu unterscheiden... eher ist das Gegenteil wahr. Deutschland sollte ein Glied in der westlichen Wertegemeinschaft werden.
Warum ist denn all das "eingedampft", was nicht in Juristensprache explizit formuliert ist? Das was so formuliert werden muss, ist in der Verfassung niedergelegt. Soll ein kreativer Künstler, bevor er etwas neues Kreatives wagt, erstmal im Leitkulturalmanach nachschlagen, was denn so erlaubt oder erwünscht ist und was nicht? Wie ärmlich ist das denn.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

Billie Holiday hat geschrieben:(17 Dec 2016, 23:52)

Empfindest du es weltweit als anmaßend, oder nur hier?
Ich hab das woanders noch nie gehört, dass es um irgendeine "Leitkultur" gehen müsse. Falls das andere Nationen aber auch von sich sagen sollten, dann empfehle ich zu schauen, welche Kräfte so etwas wollen. Und ja, die Deutschen, die sich selbst schon einmal zur "Herrenrasse" hochstilisiert hatten, müssen mit solchen, anderen Nationen Angst machenden Begriffen echt besonders vorsichtig sein.
Zuletzt geändert von Selina am So 18. Dez 2016, 10:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

Ger9374 hat geschrieben:(17 Dec 2016, 23:56)

Du störst dich nur am Begriff, was schwebt dir
alternativ so vor?
Nichts. Ganz weglassen den Begriff. Wie gesagt: Alles ist bereits vorhanden in der Sprache. Warum brauchst du dann zusätzlich noch ein Wort wie "Leitkultur"? Was soll es den Menschen sagen?
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Billie Holiday »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 09:50)

Ich hab das woanders noch nie gehört, dass es um irgendeine "Leitkultur" gehen müsse. Falls das andere Nationen aber auch von sich sagen sollten, dann empfehle ich zu schauen, welche Kräfte so etwas wollen. Und ja, die Deutschen, die sich selbst schon einmal zur "Herrenrasse" hochstilisiert hatten, müssen mit solchen, anderen Nationen Angst machenden Begriffen echt besonders vorsichtig sein.
Es wäre mir neu, dürfte man in muslimischen Ländern seine Kultur leben und pflegen, wie man will.
Hier ist jeder frei, muß sich nur an die Gesetze halten.
Das ist das, was der eine oder andere meint, wenn er von Leitkultur faselt, vermute ich. GG sollte über allem stehen, religiöse Auswüchse dadrunter.
Ich bin vehement gegen Burka, Nikab, Kinderehen und Zwangsverheiratung, gegen Scharia, Todesstrafe und jeden Einfluss sämtlicher Religionen auf die Politik. Bin also froh, dass es noch Politiker gibt, die NICHT der Meinung sind, der Islam sei hier gleichberechtigt und gehöre in dieses Land. Nö, die hier lebenden Muslime gehören zu D, aber diese mittelalterliche Religion mit Sicherheit nicht, auch wenn gemeingefährliche, naive Menschen diesen Traum hegen.
Ein Blick auf ein muslimisches Land, und man weiß, warum.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 09:53)

Nichts. Ganz weglassen den Begriff. Wie gesagt: Alles ist bereits vorhanden in der Sprache. Warum brauchst du dann zusätzlich noch ein Wort wie "Leitkultur"? Was soll es den Menschen sagen?
Es soll ihnen sagen, dass hier die deutsche Kultur dominiert und auch dominieren soll. Und dass, wer hierher einwandert, sich damit anfreunden sollte. Warum sollte er auch sonst nach Deutschland kommen? Dabei bedeutet Leitkultur nicht, dass alles unveränderlich wäre, nicht unterschiedlichste Beiträge willkommen wären, oder dass kein fruchtbarer Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen stattfinden sollte. Es bedeutet aber, dass wir in Deutschland eine bevorzugte Verantwortung für die Bewahrung der eigenen Kultur haben und uns dieser Aufgabe bewusst sind.

Warum ist denn unsere Amtssprache überhaupt Deutsch? Warum gibt es an deutschen Hochschulen einen so starken Fokus auf deutsche Literatur, deutsche Geschichte und deutsche Musik? Warum wird in deutschen Schulen der Fokus ebenfalls auf deutsche Sprache, deutsche Geschichte etc. gelegt? Warum gibt es hier staatlich subventionierte Orchester und Opernhäuser? Warum gibt es eine deutsche Nationalbibliothek, und warum sammelt diese alle Bücher, die weltweit auf Deutsch erscheinen, und alle Bücher, die in Deutschland erscheinen?

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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

Julian hat geschrieben:(18 Dec 2016, 12:39)

Es soll ihnen sagen, dass hier die deutsche Kultur dominiert und auch dominieren soll. Und dass, wer hierher einwandert, sich damit anfreunden sollte. Warum sollte er auch sonst nach Deutschland kommen? Dabei bedeutet Leitkultur nicht, dass alles unveränderlich wäre, nicht unterschiedlichste Beiträge willkommen wären, oder dass kein fruchtbarer Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen stattfinden sollte. Es bedeutet aber, dass wir in Deutschland eine bevorzugte Verantwortung für die Bewahrung der eigenen Kultur haben und uns dieser Aufgabe bewusst sind.

Warum ist denn unsere Amtssprache überhaupt Deutsch? Warum gibt es an deutschen Hochschulen einen so starken Fokus auf deutsche Literatur, deutsche Geschichte und deutsche Musik? Warum wird in deutschen Schulen der Fokus ebenfalls auf deutsche Sprache, deutsche Geschichte etc. gelegt? Warum gibt es hier staatlich subventionierte Orchester und Opernhäuser? Warum gibt es eine deutsche Nationalbibliothek, und warum sammelt diese alle Bücher, die weltweit auf Deutsch erscheinen, und alle Bücher, die in Deutschland erscheinen?

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Das ist alles richtig. Dennoch begründet es nicht, warum man einen Begriff wie "Leitkultur" für all das Gesagte einführen sollte. "Kultur" reicht da voll und ganz. Eine "Dominanz", die aus Deutschland kommt, hat noch nie was Gutes gebracht.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Billie Holiday »

Julian hat geschrieben:(18 Dec 2016, 12:39)

Es soll ihnen sagen, dass hier die deutsche Kultur dominiert und auch dominieren soll. Und dass, wer hierher einwandert, sich damit anfreunden sollte. Warum sollte er auch sonst nach Deutschland kommen? Dabei bedeutet Leitkultur nicht, dass alles unveränderlich wäre, nicht unterschiedlichste Beiträge willkommen wären, oder dass kein fruchtbarer Austausch zwischen unterschiedlichen Kulturen stattfinden sollte. Es bedeutet aber, dass wir in Deutschland eine bevorzugte Verantwortung für die Bewahrung der eigenen Kultur haben und uns dieser Aufgabe bewusst sind.

Warum ist denn unsere Amtssprache überhaupt Deutsch? Warum gibt es an deutschen Hochschulen einen so starken Fokus auf deutsche Literatur, deutsche Geschichte und deutsche Musik? Warum wird in deutschen Schulen der Fokus ebenfalls auf deutsche Sprache, deutsche Geschichte etc. gelegt? Warum gibt es hier staatlich subventionierte Orchester und Opernhäuser? Warum gibt es eine deutsche Nationalbibliothek, und warum sammelt diese alle Bücher, die weltweit auf Deutsch erscheinen, und alle Bücher, die in Deutschland erscheinen?

Wer jegliche deutsche Identität verneint und nur auf die Verfassung verweist, wird auf diese trivialen Fragen keine Antwort finden.
So richtig kann ich mit "deutscher Kultur" nichts anfangen, denn schon jedes Bundesland hat seine eigene Kultur, Bräuche, Traditionen.
Unsere "Leitkultur" ist eine Mischung aus vielen friedlichen, freiheitsliebenden Kulturen, auch aus vielen anderen Ländern. :thumbup: :thumbup: Wir leben hier frei und jeder kann nach seiner Facon glücklich werden, solange er die Freiheit der anderen achtet.
Über allem steht unser GG.

Wer jedoch Kulturen etablieren will, die nicht freiheitlich sind, die ihre Kinder und Frauen einschränkt, Sonderrechte für sich beansprucht, die die Scharia dulden will.....soll doch dahin gehen, wo all das zum Alltag gehört.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Julian »

Billie Holiday hat geschrieben:(18 Dec 2016, 13:00)

So richtig kann ich mit "deutscher Kultur" nichts anfangen, denn schon jedes Bundesland hat seine eigene Kultur, Bräuche, Traditionen.
Selbstverständlich gibt es große regionale Unterschiede. Deswegen werden Umgebindehäuser eben in der Lausitz gefördert, und an bayrischen Universitäten gibt es Lehrstühle für bayrische Landesgeschichte. Auch finde ich es normal, dass man sich beispielsweise im Südwesten verstärkt nach Frankreich öffnet, und in Schleswig Richtung Dänemark. Es ist auch völlig klar, dass das, was ich mir unter Leitkultur vorstelle, offen ist für alle möglichen Einflüsse, und dass auch andere Kulturen in Deutschland ihren Platz haben.

Ich glaube auch nicht, dass man den Begriff der Leitkultur gesetzlich verankern muss. Letztlich liegt es ohnehin an uns, inwiefern unsere Kultur lebendig und attraktiv bleibt. Manchmal kommen mir Zweifel, wenn ich beispielsweise sehe, wie sehr lokale und regionale Architekturtraditionen mutwillig zerstört werden zugunsten einer austauschbaren Architektursprache, die gleichermaßen für Kapstadt und Hinterzarten gilt.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(18 Dec 2016, 08:49)

Warum ist denn all das "eingedampft", was nicht in Juristensprache explizit formuliert ist? Das was so formuliert werden muss, ist in der Verfassung niedergelegt. Soll ein kreativer Künstler, bevor er etwas neues Kreatives wagt, erstmal im Leitkulturalmanach nachschlagen, was denn so erlaubt oder erwünscht ist und was nicht? Wie ärmlich ist das denn.
Ein kreativer Künstler kann sicher tun, was nicht der Verfassung widerspricht, Mitmenschen aber wachrüttelt; als Einzelperson wird er damit kein heftiges Unwohlsein erregen, allenfalls erwünschte Aufmerksamkeit. Wenn aber 5 Mio versteinerte Künstler sich bewußt aufreizend aufführen, dann gehe ich dahin, wo mir solche Wichtigtuer vom Hof bleiben. Na ja, andere gehen dann eben auf Abwehr. Ein angeborenes Verständnis habe ich dafür... wo die geistige Armut zu Hause sein könnte, darüber kann man stundenlang streiten.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von frems »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 12:57)

Das ist alles richtig. Dennoch begründet es nicht, warum man einen Begriff wie "Leitkultur" für all das Gesagte einführen sollte. "Kultur" reicht da voll und ganz. Eine "Dominanz", die aus Deutschland kommt, hat noch nie was Gutes gebracht.
Vielleicht bräuchte man weniger Dominanz. Die kulturelle Verunsicherung ist ja in so ziemlich jedem westlichen Land (in unterschiedlichem Ausmaße) verbreitet, weil wir global dominierend sind. So jedenfalls eine häufige These, warum der weiße Mann so große Angst vor fremden Einflüssen hat, weil er nicht mehr seine Kultur (er)kennt.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

frems hat geschrieben:(18 Dec 2016, 21:15)

Vielleicht bräuchte man weniger Dominanz. Die kulturelle Verunsicherung ist ja in so ziemlich jedem westlichen Land (in unterschiedlichem Ausmaße) verbreitet, weil wir global dominierend sind. So jedenfalls eine häufige These, warum der weiße Mann so große Angst vor fremden Einflüssen hat, weil er nicht mehr seine Kultur (er)kennt.
Weniger Dominanz ist in jedem Falle gut. Augenhöhe, Gleichberechtigung, Respekt vor anderen Kulturen sind da immer die besseren Ratgeber, denke ich. Aber wem sage ich das ;)
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Zunder »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 22:06)

Weniger Dominanz ist in jedem Falle gut. Augenhöhe, Gleichberechtigung, Respekt vor anderen Kulturen sind da immer die besseren Ratgeber, denke ich. Aber wem sage ich das ;)
Wenn du glaubst, daß die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, in der sich die Kultur der Aufklärung manifestiert, sich auf Augenhöhe mit der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam befindet, hast du offensichtlich nicht verstanden, daß die Grundrechte nicht allgemeingültig sein und gleichzeitig unter dem Vorbehalt der Scharia stehen können.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von ThorsHamar »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 22:06)

Weniger Dominanz ist in jedem Falle gut. Augenhöhe, Gleichberechtigung, Respekt vor anderen Kulturen sind da immer die besseren Ratgeber, denke ich. Aber wem sage ich das ;)
Diese idealistischen Phantasien und halbgaren, nie zu Ende gedachten Phrasen sind unter Umständen tödlich.

"Augenhöhe, Gleichberechtigung, Respekt vor anderen Kulturen" .... ein schönes Beispiel mit perfidem Spiel mit Sprache.

Hast Du Respekt vor der "Kultur" von Islamisten, Nationalsozialisten, roten Diktaturen? Räumst Du diesen Kulturen tatsächlich Gleichberechtigung ein??
Meinst Du, Gleichberechtigung impliziere überhaupt und auch nur entfernt die Möglichkeit einer Einbahnstrasse?

Für Deinen idealistischen Spruch braucht es einen kulturellen Konsens ALLER Beteiligten!! Und den gibt es definitiv nicht ...

Welche Augenhöhe ist denn gemeint, wenn Du das praktische Zusammenleben mit einer Steinzeitkultur am Amazonas oder in Afrika meinst?
Du müsstest Dich hinknien .....
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

Die "Augenhöhe" bezog sich lediglich auf das unnötige Wort "Leitkultur". "Leitkultur" will nur leiten, führen, anleiten, Wege weisen. Eine "Kultur" jedoch nimmt auch Fremdes auf in sich. Es geht um Sprache :)
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von ThorsHamar »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 23:47)

Die "Augenhöhe" bezog sich lediglich auf das unnötige Wort "Leitkultur". "Leitkultur" will nur leiten, führen, anleiten, Wege weisen. Eine "Kultur" jedoch nimmt auch Fremdes auf in sich. Es geht um Sprache :)
Die Beschreibung der Begegnung von z.B. Steinzeit und Moderne benutzt selbstredend Sprache.
Wie würdest Du denn das praktische Zusammenleben von zwei Kulturen beschreiben, ohne mit Sprache zu jonglieren?
Problem:
Eine Kultur lebt in der Steinzeit am Rio Xingu, die andere in der Moderne in Europa. Beide begegnen sich.
Wie funktionieren hier "Respekt, Augenhöhe, Gleichberechtigung", wenn man den semantischen Gehalt dieser Termini tatsächlich beachtet?
Meine Antwort: Geht nicht .....
WIR können respektieren, weil wir uns den Respekt leisten können. Der putzige Indio ist ein Objekt für UNSERE Wissenschaft und ist ansonsten für uns völlig ungefährlich.
Wir können Augenhöhe anbieten, müssen aber dabei knien.
Gleichberechtigung müssen wir dann schon einschränken, denn bestimmte Riten sind bei uns, kulturell bedingt, verboten, z.B. Drogenkonsum ohne Beteiligung der Regierung durch Steuereinnahmen.
Und die Indios in ihrer Steinzeit haben praktisch keine Möglichkeit, von sich aus uns zu respektieren, uns eine Augenhöhe anbieten zu können oder gar eine Gleichberechtigung zu fordern.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(18 Dec 2016, 23:47)

Die "Augenhöhe" bezog sich lediglich auf das unnötige Wort "Leitkultur". "Leitkultur" will nur leiten, führen, anleiten, Wege weisen. Eine "Kultur" jedoch nimmt auch Fremdes auf in sich. Es geht um Sprache :)
Es liegt doch ganz bei Ihnen, mit welchem Begriff Sie dem schnellen und vielfach abgelehnten Eindringen fremder Gewohnheiten etwas entgegen setzen. Mit Leitkultur kann man sich als Wortakrobat beschäftigen oder aber den Inhalt dessen bewerten, was damit gemeint ist. Denn was damit gemeint ist, das geht aus vielen Beiträgen auch hier sehr klar hervor. Ich halte nichts davon, daß hier längst eingefahrene Gewohnheiten plötzlich "von oben" verändert werden, in Kantinen, Schwimmbädern, Amtsräumen... nicht etwa nur eine Gewohnheit, sondern so viele, daß der eine oder andere in der Mehrheitsgesellschaft auf Ablehnung bis hin zur Tätlichkeit verfällt.

Dann aber mit dem Begriff zu jonglieren anstatt das empfundene Problem an zu gehen... das empfinde ich als hochnäsig. Bitte, welchen Begriff setzen Sie an die Stelle des Begriffs Leitkultur, damit genau das geschieht, was geschehen müßte: Eine klare Begrenzung der importierten Gewohnheiten einer aufdringlichen Minderheit, die aus mir unerfindlichen Gründen einer Mehrheit verordnet werden.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von schokoschendrezki »

Ehrlich gesagt: Noch beunruhigender als das Versperren vor dem Einfluss fremder vorhandener Kulturen empfinde ich das Versperren vor der Veränderung der eigenen Kultur aus sich selbst heraus, das mit einer katalogisierten und ausformulierten "Leitkultur" ja irgendwie gegeben wäre. Es sei denn, man besteht darauf, Bürokratie und Konservativismus sei unverzichtbarer Bestandteil dieser eigenen Kultur.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

schokoschendrezki hat geschrieben:(19 Dec 2016, 09:12)

Ehrlich gesagt: Noch beunruhigender als das Versperren vor dem Einfluss fremder vorhandener Kulturen empfinde ich das Versperren vor der Veränderung der eigenen Kultur aus sich selbst heraus, das mit einer katalogisierten und ausformulierten "Leitkultur" ja irgendwie gegeben wäre. Es sei denn, man besteht darauf, Bürokratie und Konservativismus sei unverzichtbarer Bestandteil dieser eigenen Kultur.
Hier geht es überhaupt nicht um das Versperren; so haben wir Deutschen eine sehr deutliche "Amerikanisierung" in unsere Lebensgewohnheiten eingewebt, beginnend mit der allgegenwärtigen Popmusik, über Werbungstexte bis zu "halloween". Das geschah jedoch freiwillig, und gelegentlich gegen den laut geäußerten Unmut auch der Politik. Hilft nix, der Wagen der Gewohnheiten, er rollt!

Auch das ist inzwischen Leitkultur, nämlich das, was unsere Mitbürger nach ein wenig Gemecker dann doch übernehmen.

Hier geht es um tatsächlich "von oben" angewiesene Veränderungen... ich freu' mich drauf... die durch immer neue Nachforderungen mit Hinweis auf das Grundgesetz unseren Alltag verändern. Kein Mitbürger macht das freiwillig, weil ihn neue Gewohnheiten einschränken und er den Nutzen für sein tägliches Leben nicht erkennen kann. Da fühlen sich viele Menschen angegriffen und eingeengt. Was Menschen privat tun, das soll im Rahmen der geltenden Gesetze ihre höchst private Angewohnheit bleiben. Sie haben doch aber keinen Anspruch darauf, daß um ihre völlig fremden Angewohnheiten und gegen den Willen einer großen Mehrheit herum unsere Bildungsanstalten, Sportstätten und Speisepläne und Ämter ihrem Willen folgen, daß wir vermehrte Sicherheitskräfte benötigen, um Mitbürgerinnen gegen diese Gewohnheiten zu schützen. Am Ende weist uns die Schariapolizei an, dieses sündige Leben zum besseren zu wenden. Da wackelt aus meiner Sicht der Schwanz mit dem Hund.

Insofern kann ich Ihre Empörung über bockbeinige Verfechter einer Leitkultur nicht verstehen; aber gut, unsere Meinungsfreiheit erlaubt uns allen, uns zu Dingen zu äußern, die uns mißfallen.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

H2O hat geschrieben:(19 Dec 2016, 00:31)

Es liegt doch ganz bei Ihnen, mit welchem Begriff Sie dem schnellen und vielfach abgelehnten Eindringen fremder Gewohnheiten etwas entgegen setzen. Mit Leitkultur kann man sich als Wortakrobat beschäftigen oder aber den Inhalt dessen bewerten, was damit gemeint ist. Denn was damit gemeint ist, das geht aus vielen Beiträgen auch hier sehr klar hervor. Ich halte nichts davon, daß hier längst eingefahrene Gewohnheiten plötzlich "von oben" verändert werden, in Kantinen, Schwimmbädern, Amtsräumen... nicht etwa nur eine Gewohnheit, sondern so viele, daß der eine oder andere in der Mehrheitsgesellschaft auf Ablehnung bis hin zur Tätlichkeit verfällt.

Dann aber mit dem Begriff zu jonglieren anstatt das empfundene Problem an zu gehen... das empfinde ich als hochnäsig. Bitte, welchen Begriff setzen Sie an die Stelle des Begriffs Leitkultur, damit genau das geschieht, was geschehen müßte: Eine klare Begrenzung der importierten Gewohnheiten einer aufdringlichen Minderheit, die aus mir unerfindlichen Gründen einer Mehrheit verordnet werden.
Tut mir leid, aber ich bin noch nie von einem Flüchtling belästigt worden, weder im Schwimmbad noch in der Kantine oder in Amtsräumen. Und ich lese selbstverständlich auch über diverse kriminelle Vorfälle, die es mit Migranten gibt. Das sind aber genau solche Einzelfälle, wie es sie unter Deutschen gibt. Kriminell ist kriminell, egal, welcher Herkunft, und gehört verurteilt und bestraft. Und dass es auch mal schneller gehen kann mit der Suche nach dem Täter und seiner Verurteilung, haben wir jetzt anhand des scheußlichen Treppen-Tritt-Falles gesehen, was ja ein Bulgare gewesen sein soll. Die entsprechenden Behörden sind schon genug sensibilisiert inzwischen, um da schnell und hart durchzugreifen. Sicher auch schneller und härter als noch vor Monaten.

Dennoch: Massenerscheinungen sind das nicht. Und ich glaube, wenn man denjenigen unter den Flüchtlingen, die hierbleiben wollen und dürfen, so schnell wie möglich Sprachkurse und Ausbildung bzw. Jobs anbietet, dann kann Integration durchaus gelingen. Mit dieser Auffassung bin ich auch nicht alleine. Ich bin auch Deutsche und das gerne und auch sehr bewusst, aber dass ich nun die deutsche Kultur noch mit der Vorsilbe "Leit-" versehen muss, das halte ich wirklich nicht für nötig. Wichtig ist in diesem Prozess, wie man sich tagtäglich als Menschen begegnet. Wie man sich im Alltag verhält, wie man aufeinander zugeht. Abschottung ist da der falsche Weg. Zumal sich die Globalisierung längerfristig sowieso auf eine immer größer werdende Vermischung der Nationen auswirken wird.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(19 Dec 2016, 12:21)

Tut mir leid, aber ich bin noch nie von einem Flüchtling belästigt worden, weder im Schwimmbad noch in der Kantine oder in Amtsräumen. Und ich lese selbstverständlich auch über diverse kriminelle Vorfälle, die es mit Migranten gibt. Das sind aber genau solche Einzelfälle, wie es sie unter Deutschen gibt. Kriminell ist kriminell, egal, welcher Herkunft, und gehört verurteilt und bestraft. Und dass es auch mal schneller gehen kann mit der Suche nach dem Täter und seiner Verurteilung, haben wir jetzt anhand des scheußlichen Treppen-Tritt-Falles gesehen, was ja ein Bulgare gewesen sein soll. Die entsprechenden Behörden sind schon genug sensibilisiert inzwischen, um da schnell und hart durchzugreifen. Sicher auch schneller und härter als noch vor Monaten.

Dennoch: Massenerscheinungen sind das nicht. Und ich glaube, wenn man denjenigen unter den Flüchtlingen, die hierbleiben wollen und dürfen, so schnell wie möglich Sprachkurse und Ausbildung bzw. Jobs anbietet, dann kann Integration durchaus gelingen. Mit dieser Auffassung bin ich auch nicht alleine. Ich bin auch Deutsche und das gerne und auch sehr bewusst, aber dass ich nun die deutsche Kultur noch mit der Vorsilbe "Leit-" versehen muss, das halte ich wirklich nicht für nötig. Wichtig ist in diesem Prozess, wie man sich tagtäglich als Menschen begegnet. Wie man sich im Alltag verhält, wie man aufeinander zugeht. Abschottung ist da der falsche Weg. Zumal sich die Globalisierung längerfristig sowieso auf eine immer größer werdende Vermischung der Nationen auswirken wird.
Was aufregt, das sind doch kulturelle Gewohnheiten, für die es noch nicht einmal eine wirkliche Begründung gibt, die unsereiner einsichtig übernehmen könnte. Denken Sie an diese leidige Kopftuchdiskussion mit der lustigen Nebenwirkung, daß das schönere Geschlecht in knallenger Kleidung und Stöckelschuhen in Kopftüchern posiert, dann aber Amtspersonen dieses Symbol in unsere Ämter tragen wollen... leider nicht die knallenge Kostümierung ;) Oder denken Sie an Kantinenessen, wo zuerst Sonderverpflegung angemahnt wird, und dann aus Kostengründen nur noch Halal angeboten wird. Oder diese alberne Burkini-Geschichte, die aus meiner Sicht nur auf ein völlig verquastes Verhältnis zum schönen Geschlecht zurück zu führen ist. Am Ende dann Badezeiten nur für Leute, die im vollen Wichs ins Wasser steigen... ja, was sind denn das für Gewohnheiten? Ich habe keine rechte Vorstellung von unseren Frauenhäusern und ihrer Belegung... nur schwant mir auch da Schlimmes. Die unfaßbaren Übergriffigkeiten von Köln wollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht bekannt machen... man muß sich erst einmal klar machen, wohin unsere political correctness abgeglitten war. Ich hoffe "war"!

Ansonsten bin ich mit allem einverstanden, was Sie zum Thema geäußert haben. Genau so muß das Thema Integration angegangen werden... nur diese aufgenötigte schafsköpfig einseitige Toleranz muß aufhören. Die hat unsere Gesellschaft ziemlich entzweit, und leider sind erregte Gegenstimmen nicht so unbegründet, wie man sie gern hätte.

Da bekommt das Wort Leitkultur vielleicht doch einen Sinn? Also leitendes Verständnis vom Zusammenleben in unserer Gesellschaft...
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Selina »

H2O hat geschrieben:(19 Dec 2016, 12:45)

Also leitendes Verständnis vom Zusammenleben in unserer Gesellschaft...
Ohne das "leitende" ja :D Ich sehe in Berlin auch häufig die jungen Mädchen mit bunten eleganten Kopftüchern oben und unten die knallengen Jeans und im Sommer die nabelfreien Tops. Das sind junge Frauen oder Mädchen, die das ganz bewusst so machen und leben: Diese unverkrampfte Mischung verschiedener Traditionen. Ist doch lustig und hübsch anzuschauen, wenn man sich den Knoten ausm Knie rausmacht: Einerseits den Kopf traditionell bedeckt, andererseits ein modisches Bekenntnis zum Frausein. Kann ich nichts Falsches dran finden. Es scheint ihnen eben so zu gefallen. Und ja, ne Schwimmerin im Burkini nebenan auf der Bahn im Schwimmbassin, da schaut man schon mal hin, aber mein Gott, stört mich nun nicht besonders. Ich hab auch erst eine einzige Frau "in echt" so gesehen. Das sind manchmal hochstilisierte Debatten, die Randthemen in den Mittelpunkt rücken, statt dort zu schauen, wo es echte Engpässe in der Integration gibt.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

Selina hat geschrieben:(19 Dec 2016, 13:06)

Ohne das "leitende" ja :D Ich sehe in Berlin auch häufig die jungen Mädchen mit bunten eleganten Kopftüchern oben und unten die knallengen Jeans und im Sommer die nabelfreien Tops. Das sind junge Frauen oder Mädchen, die das ganz bewusst so machen und leben: Diese unverkrampfte Mischung verschiedener Traditionen. Ist doch lustig und hübsch anzuschauen, wenn man sich den Knoten ausm Knie rausmacht: Einerseits den Kopf traditionell bedeckt, andererseits ein modisches Bekenntnis zum Frausein. Kann ich nichts Falsches dran finden. Es scheint ihnen eben so zu gefallen. Und ja, ne Schwimmerin im Burkini nebenan auf der Bahn im Schwimmbassin, da schaut man schon mal hin, aber mein Gott, stört mich nun nicht besonders. Ich hab auch erst eine einzige Frau "in echt" so gesehen. Das sind manchmal hochstilisierte Debatten, die Randthemen in den Mittelpunkt rücken, statt dort zu schauen, wo es echte Engpässe in der Integration gibt.
Na ja, ich als älterer Mann kann mich immer noch an der dezenten Selbstdarstellung des schöneren Geschlechts erfreuen. Was diese jungen Damen da betreiben, halte ich für eine Art Gotteslästerung, denn der Anspruch auf Bedeckung betraf (betrifft!) die Bedeckung der weiblichen Reize, also vom Busens abwärts bis zu den Knien... aber doch nicht so! :D Aber Sie weichen sehr gekonnt dieser verquasten Sicht dieser Nebengesellschaft auf Frauen aus, das genau zu diesen Merkwürdigkeiten bis Widrigkeiten führt, und von anderen genannten Aufdringlichkeiten. Wenn es sie nicht gäbe, dann würde nicht darüber berichtet.. und gestritten. Da muß unsere Gesellschaft ansetzen; das darf hier keine Gewohnheit bleiben! An der Stelle erwarte ich unerbittliche Härte in allen Amtsstuben!

Da gab es doch verdrehte Richter, die das islamische Züchtigungsgebot gegen aufsässige Frauen und Mädchen irgendwie strafmildernd berücksichtigen wollten... wurde kassiert und der Richter (ich meine sogar, daß es eine Richterin war!) wurde dahin versetzt, wo er keinen Schaden mehr anrichten konnte.

Man stelle sich vor: Da verstößt jemand gewohnheitsmäßig gegen eines unserer höchsten Verfassungsgüter: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt", und ein Richter nimmt Rücksicht...
Mein Hinweis auf unsere Frauenhäuser hatte diesen Hintergrund.

Nun ist es ja keineswegs so, daß alle Fremden oder alle Bulgaren gewohnheitsmäßige Gewalttäter sind... so wie wir Deutschen nicht durchweg zum Verbrechen neigen. Dennoch gibt es Regeln, die wir alle beachten sollten, damit jedermann weiß, daß er sich besser nicht als Straftäter erwischen lassen sollte. Das Strafgesetz ist an zu wenden, wo immer eine zugehörige Straftat nachgewiesen wird. Auch diese Regeln empfinde ich als nicht verhandelbare Leitkultur.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von Misterfritz »

H2O hat geschrieben:(19 Dec 2016, 12:45) mit der lustigen Nebenwirkung, daß
die mädels im endeffekt schlechtere chancen auf dem ausbildungs- und arbeitsmarkt haben. da können sie soviel bauchnabel zeigen, wie sie wollen, das kopftuch ist eine barriere, das sie (angeblich) freiwillig tragen.
Das Salz in der Suppe des Lebens ist nicht Selbstdisziplin, sondern kontrollierte Unvernunft ;)
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von immernoch_ratlos »

Nun ja unter "Perfides Spiel mit der Sprache" ....

In Jeddah - also nicht weit von Mekka - habe ich anfangs der Achtziger ein Jahr als Monteur zugebracht. Nicht dauernd in der Stadt versteht sich. Doch natürlich so oft wie möglich. Außer Markt (der ist wirklich exotisch) ist da absolut nix los. Was die "Mädels" angeht, alle vollverschleiert - da gucken nur (meist sehr hübsche Augen hinter schwarzer Tarnkleidung hervor) das bemerkenswerteste am "Rest" - nicht gerade selten hübsch durchscheinend nach "oben" ganz offensichtlich nackt unter erfreulich dünner Verhüllung. Mann daneben oder knapp voraus. Meine Kollegen hatten einen wenig freundlichen Sammelnamen - alles (außer den wenigen vermutlich Europäerinnen aus der Flugplatzenklave - Hochtief baute damals den "Jeddah - Pilger - Airport") "lokale Weibliche" wurde recht geringschätzig als "Kohlensäcke" bezeichnet. Ach ja - wenn schon baden im Meer, dann komplett mit den sichtlich teuren Klamotten - so was kann durchaus aus Paris / London kommen - Mann gönnt sich ja sonst nix.

Nun dort konnte man sich mit allerlei Kollegen "zum Thema" austauschen. Für die (völlige) Bedeckung des Gesichts gibt es einen simplen Grund. Nicht etwa die Nacktheit in der Öffentlichkeit ist das Problem. Nein, der "Besitzt" aka die Ehefrau wird total "entwertet", wenn Körper und Gesicht als Einheit "sichtbar" werden. Dann ist sie hin, die "männliche Ehre" des "Besitzers".

Das mag ja seltsam und unglaubhaft klingen, aber einer der Kollegen hatte als Techniker längere Zeit in einem Krankenhaus in Riad gearbeitet. Er berichtete (für mich glaubhaft) von "Schrecksekunden" in Krankenzimmern (die eben nur ein Techniker betreten konnte - entgegen der sonstigen strickten Segregationsbemühungen) - Frauen die beim Anblick eines fremden Mannes sofort irgendetwas - Bettdecke oder was immer - über ihr Gesicht zogen. Völlig gleichgültig was sonst zum Vorschein kam...

Passend dazu - sozusagen als "Wahrheitsverstärker" - eine Story im "Spiegel" (ja der war zu bekommen, wenn auch total zensiert) - von einem Ägypter, dessen Frau gerade in einem Krankenhaus in einer schwierigen OP das Leben gerettet wurde, die dann noch bewusstlos ! im Bett über die Gänge geschoben wurde, wohl größtenteils nackt, leider auch das Gesicht ! Nun was tat der "entehrte Kerl" - er entführte seine Frau aus dem Krankenhaus und steinigte irgendwo außerhalb seinen nun wertlosen Besitz.... Zu lange her das Ganze, muss leider auf einen "Beweis" verzichten. Nur, damals war alles "sehr exotisch" und einiges werde ich wohl niemals vergessen. :?

Ergo, die Verhüllung ist weniger dem K oder den Hadith geschuldet, als den verqueren männlichen Ehr- bzw. Besitzansprüchen in diversen muslimisch dominierten Ländern. In den arabischen Regionen, gab es bereits in vorislamischer Zeit diese nun scheinbaren "islamischen" Restriktionen. Teil der Kultur, der dann im Islam als "quasi inhärent" betrachtet wird. Kaum unterscheidbar, ist auch der Islam voll von Ungereimtheiten bis hin zum Aberglauben. Ungefähr so wie sein christliches Pendant...

Ach ja hier - glaube kaum, das "echte arabische Männer" das oben beschriebene ohne finale Sanktion "erlauben" würden. a) sind alle Mädels, völlig unabhängig vom Alter bereits "verheiratet" (versprochen) und b) so steht erst mal die Ehre des Vaters - Bruder / Brüder auf dem Spiel. Die Türkei muss erst wieder ein muslimisch dominiertes Land werden (ist ja auf dem "besten Weg"), bevor solche Fisimatenten "richtig" beantwortet werden - hier ist aber doch D - ach ja ???
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von H2O »

Richtig, ich versuche auch immer nur von "Gewohnheiten" zu sprechen und nicht von "Glaubendsdingen", die zu solchen Erscheinungen führen. Natürlich sollen die eigenen Gewohnheiten mit Verweis auf die Freiheit der Religionsausübung durchgesetzt werden, fast gleichgültig was irgendwelche bestens ausgebildete Theologen dazu sagen. Und hier gibt es eben genügend viele "aufgeklärte Geister", die dann unser Gesetz bemühen, um diese verwerflichen Gewohnheiten auch einengend für den Rest der Gesellschaft zu zu lassen.

Schon die hier ausgetragene Reiberei um den Begriff "Leitkultur" macht das deutlich. Auch der Begriffsvorrat der deutschen Sprache ist endlich... am Ende wird man uns verbieten, Dinge bei ihrem Namen zu nennen: Vielleicht hat irgend ein Nazi dieses Unwort benutzt, wer weiß. Muß man sich ja nicht aufzwingen lassen, denn beleidigend ist das Wort ja nicht.

Daß aber in unserem Lande unsere Gewohnheiten das Maß setzen, auch wenn sie sich immer wieder verändern, das lohnt durchaus auch harte Worte! Jeder kann für sich privat nach seinem Geschmack leben, wenn nicht verbindliche Grundrechte dadurch verletzt werden... Gleichberechtigung vor dem Gesetz, Gleichberechtigung der Geschlechter, Menschenwürde, Menschenrechte. Alles auch noch zu ertragen, wenn die Menschen ihre persönlichen Einschränkungen ohne Zwang ertragen. Aber wenn ein mikro-gesellschaftlicher Druck zur Unterwerfung unter fremde Gewohnheiten ausgeübt wird, in den Familien und in Parallelgesellschaften, dann würde ich eigentlich den Staat mit seinen Gesetzen am Zuge sehen. Da liegt das peinliche Versagen. Schlimm, daß erst "besorgte Bürger" so viel Unruhe stiften müssen, bevor diese Schieflage überhaupt politisch angesprochen wird!

Diesen Menschen kann man bei Beharrung auf ihren Gewohnheiten nur die Rückkehr in ihre Herkunftsländer anbieten; dort sind sie dann eben Teil ihrer Leitkultur, und ich muß gottlob meine Familie dieser Leitkultur nicht aussetzen.
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Re: Perfides Spiel mit der Sprache

Beitrag von ThorsHamar »

Selina hat geschrieben:(19 Dec 2016, 12:21)
.... Ich bin auch Deutsche und das gerne und auch sehr bewusst ....
Kannst Du diese, Deine Freude ( "gerne") und das "sehr bewusst" Deines "Deutsche-Seins" mal beschreiben?
Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft; wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.
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