hafenwirt hat geschrieben:(21 Dec 2015, 12:55)
Hallo,
ich habe gestern mit einem Kumpel über die punktuelle Wohnungsnot gesprochen und was man da so ändern könnte, damit diese gelindert wird. Einige Vorschläge kamen dabei herum.
1. Wohnformen liberalisieren.
Man darf in Deutschland im Prinzip nur in einem dafür vorhergesehenen Wohnhaus wohnen. Hingegen ist es verboten und nur in Einzelfällen toleriert in einem Wohnwagen, ausgebautem Auto zu wohnen. Auch ist es verboten, im Kleingarten zu wohnen. Da sich auch Menschen mit solchen Wohnformen anfreunden können, warum es nicht erlauben dort zu wohnen, wo man möchte?
2. Mischgebiete erlauben.
Dies geht aus einem Artikel hervor, den ich neulich gelesen habe. Dort hieß es in etwa, es bräuchte mehr Mischformen zwischen Gewerbe- und Wohngebiet. Im Prinzip könnte das auch unter Punkt 1 fallen. Auch in Gewerbegebieten sollte Wohnraum zur Verfügung gestellt werden.
3. "Enteignungen"
Mir fiel kein anderer Begriff dafür ein, aber im Endeffekt geht es dabei um Grundstücke in der Stadt, welche nachweislich seit Jahren leer stehen, weil der Besitzer kein Interesse daran hat. Mir fallen hier aus der Stadt mehrere Grundstücke ein, auf denen seit 10 Jahren nix los ist! Teilweise in bester Lage. Diese Gebiete sollten ab einem bestimmten Zeitpunkt (5-10 Jahre) ohne Nutzung an die Stadt übergehen, oder neu ausgeschrieben werden.
Was denkt ihr über diese Vorschläge?
Ich freue mich auf eine spannende Diskussion
Ein Problem ist, dass aktive und effektive Wohnungspolitik eigentlich nur über kommunale Wohnungsunternehmen möglich ist. Auf die privaten kann nur indirekt Einfluss genommen werden. Also würde ich vorschlagen:
4. Verkaufsmoratorium von Wohnungen und Flächen aus öffentlicher Hand
Städte haben sich für den Erhalt von Wohnraum und Baugrund im Besitz kommunlaer Unternehmen einzusetzen und die Unternehmen selbst auf Verkauf von Eigentum zu verzichten. Sollte theoretisch durchsetzungsfähig sein, da Mitglieder der Fraktionen des Stadtparlaments im Aufsichtsrat sitzen und so Einfluss nehmen können. Von den personellen Verquickungen und kurzen Drähten zwischen Geschäftsführung kommunaler Unternehmen und Verwaltung mal ganz zu schweigen.
4,5. Kein Verkauf ohne Bedingungen
Lässt sich ein Verkaufmoratorium nicht realisieren, sollte beim Bieterzuschlag nicht allein das Höchstangebot entscheiden. Stattdessen müsste eine Gewichtung stattfinden, in die Entscheidung flössen sowohl nachhaltige soziale Konzepte mit ein wie Konzepte der Einbettung in bestehende Strukturen mit ein. Langfristig spart die Stadt so Geld, da die Entwicklung sozialer Brennpunkte gehemmt wird und weniger Sozialarbeiter- und sonstige Folekosten fällig würden.
5. zweckgebundene Querfinanzierung von anderen kommunalen Unternehmen
Gerade Stadtwerke oder städtische Elektirzitätswerke schreiben in der Regel schwarze Zahlen und könnten ermuntert werden, einen Beitrag zur Stadtqualität zu leisten.
6.Wohnungstauschbörse bei Beibehaltung der aktuellen Mieten
z.B. Familien, deren Kinder ausgezogen sind oder Familien, die gerade Nachwuchs erwarten, haben das Problem, sich vergrößern bzw. verkleinern zu wollen. Gerade Verkleinerungen werden aber eher vermieden aufgrund der Preise in angespannten Wohnungsmärkten. Insofern erscheint eine Einrichtung sinnvoll, die es erlaubt, dass Interessierte die Wohnungen tauschen können unter Beibehaltung der aktuell gezahlten Mieten.
Wohnungsnot ist meist ein soziales Problem. Neumieten sind in Städten mit knappem Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen nur schwer zu stemmen. Zur Einflussnahme auf die privaten Vermieter wäre denkbar, dass
7. Grundstücks- bzw. Baugenehmigungsvergaben nur gegen soziale Verpflichtungen
stattfinden. Z.B. durch eine Auflage, dass Wohnungen nur errichtet werden dürfen, wenn im gleichen Stadtteil ein bestimmer Prozentteil von sozialem Wohnraum mit errichtet wird. Aufgrund der guten Ertragslage bei Städten mit Wohnungsmangel stellt das keine übermäßige Belastung dar.
Letztlich ist aber aktiver Wohnungsneubau nötig. Dazu fiele mir ein:
8. Errichtung eines städtischen revolvierenden Fonds.
Der Fonds müsste einmalig gefüllt werden (z.B. durch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung oder von Entwicklungsbanken der Bundesländer). Er vergibt zinsgünstige zweckgebundene Darlehen für sozialen Wohnungsbau. Die Darlehen sind befristet und die Rückzahlung füllt diesen Fonds. Langfristig trägt er sich selber und zur Verbreiterung des Wohnungsangebots bei.
Salzburg hat das vorgemacht.
„Im Jahr 2005 stand das Land Salzburg mit 1,5 Milliarden Euro Schulden in der Wohnbauförderung da“, erklärt Walter Blachfellner, der im Bundesland Salzburg der für die Wohnbauförderung zuständige sozialdemokratische Landrat. „Deshalb haben wir uns seit 2006 komplett von der Finanzierung über private Banken verabschiedet.“
Die Kredite kommen nun aus dem eigens gegründeten Salzburger Fonds. Auch der nimmt Zinsen. Aber er berechnet je nach Förderart für Mietwohnungen oder selbst genutzte Eigenheime nur 1 bis 2,5 Prozent – festgelegt auf die gesamte, im Schnitt 30-jährige Laufzeit.
So konnten in Salzburg bei einer typischen Beispielwohnung die Bruttokosten von knapp 1.000 Euro auf knapp 600 Euro gesenkt werden. „Was bisher die Banken verdient haben, fließt nun in billigere Mieten und mehr Bauvolumen“, sagt der Landrat.
Das Geld zum Aufbau des Fonds stammt unter anderem aus zweckgebundenen Zuschüssen des Bundes von jährlich 113 Millionen Euro und aus Mitteln der EU für umweltrelevante Investitionen. Vor allem aber kann der Wohnbaufonds „als staatlicher Fonds mit gemeinnütziger Zielsetzung Gelder von der Bundesbank für zur Zeit niedrigste Zinssätze zu bekommen“, so Blachfellner.
Der unerschöpfliche Topf
Langfristig aber wird keine Förderung mehr gebraucht. „In spätestens 15 Jahren kommen wir ohne einen Cent Steuergelder aus“, sagt Blachfellner mit hörbarem Stolz in der Stimme. Denn das Geld zahlen die Bauherren nicht an die Banken, sondern an den Fonds zurück.
Fazit: Ideen und Möglichkeiten zur Begegnung der Wohnungsknappheit in betroffenen Städten gibt es viele. Allein, es fehlt der politische Wille der Umsetzung.