Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

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frems
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Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von frems »

Deutschland, hör auf zu träumen!

In einer Volkswirtschaft können sich nicht alle wie eine schwäbische Hausfrau verhalten und sparen. Deutschland muss in Bildung, Ökologie und Infrastruktur investieren.

Deutschland träumt. Es träumt von einer Welt, in der alle Menschen und alle Institutionen solide wirtschaften und genau mit dem Einkommen auskommen, das sie haben. Vor allem der Staat, der schon hohe Schuldenberge angehäuft hat, soll sich bescheiden und strikt nach dem Motto leben: Nur das, was über Steuern und Abgaben in die Kasse fließt, soll auch wieder ausgegeben werden. Das ist ein schöner Traum. Leider ist es für andere ein Albtraum.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/i ... ettansicht

Nun ist der Autor sicherlich nicht gerade unumstritten. Trotzdem mal in den Raum geworfen: Sollte die Bundesrepublik wie unter Merkel während der Krise und unter Kohl auf eine starke Neuverschuldung setzen? Und wenn ja, wo sollte am stärksten investiert werden? Höhere Sozialausgaben, Familienförderung, Infrastrukturen, Bildung/Wissenschaft, ... ? Oder fährt Schäuble richtig, indem er versucht einen ausgeglichenen Haushalt hinzulegen, sodaß der prozentuale Schuldenstand auch bei einem kleinen Wachstum leicht sinkt?
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Provokateur
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Provokateur »

Es ist ja nicht so, dass Deutschland darben würde und am Hungertuch nagt. Solange die Einnahmen sprudeln, ist die schwarze Null nicht verkehrt - vielleicht können wir dann irgendwann in der Zukunft auch mal wieder mit einem Plus aus dem Haushaltsjahr gehen.
Allerdings fehlen allein in der Verkehrsinfrastruktur Milliarden. Da muss was reingebuttert werden, sonst fallen nämlich in Zukunft Einnahmen weg.
Harry riss sich die Augen aus dem Kopf und warf sie tief in den Wald. Voldemort schaute überrascht zu Harry, der nun nichts mehr sehen konnte.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Letzter-Mohikaner »

Provokateur » Do 26. Nov 2015, 16:08 hat geschrieben:Es ist ja nicht so, dass Deutschland darben würde und am Hungertuch nagt. Solange die Einnahmen sprudeln, ist die schwarze Null nicht verkehrt - vielleicht können wir dann irgendwann in der Zukunft auch mal wieder mit einem Plus aus dem Haushaltsjahr gehen.
Allerdings fehlen allein in der Verkehrsinfrastruktur Milliarden. Da muss was reingebuttert werden, sonst fallen nämlich in Zukunft Einnahmen weg.
Schwarze Null?! Das Thema ist längst abgehakt, die Kosten der Flüchtlingskrise reißen uns ins Minus. Investitionen in Infrastruktur?! In Unterkünfte...
"Je stärker wir sind, desto unwahrscheinlicher ist der Krieg." Otto von Bismarck

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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Skull »

frems » Do 26. Nov 2015, 15:00 hat geschrieben: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/i ... ettansicht

Nun ist der Autor sicherlich nicht gerade unumstritten. Trotzdem mal in den Raum geworfen: Sollte die Bundesrepublik wie unter Merkel während der Krise und unter Kohl auf eine starke Neuverschuldung setzen? Und wenn ja, wo sollte am stärksten investiert werden? Höhere Sozialausgaben, Familienförderung, Infrastrukturen, Bildung/Wissenschaft, ... ? Oder fährt Schäuble richtig, indem er versucht einen ausgeglichenen Haushalt hinzulegen, sodaß der prozentuale Schuldenstand auch bei einem kleinen Wachstum leicht sinkt?
Ich bin ein strikter Verfechter der Haushaltskonsilidierung.

Seit 2 Generationen steigt die Staatsverschuldung.
Seit 2 Generationen diskutiert man, wo das enden wird.
Seit 2 Genarationen gibt es immer einen gesellschaftlichen Anlass,
warum man DOCH nicht mit Einnahmen und Ausgaben haushalten soll/will.
Vor 5 Jahren diskutierte man, wann und ob Staaten pleite gehen werden.

Ich kann die "Nach uns die Sintflut" und "übermorgen, wenn alles besser ist, zahlen wir wirklich mal zurück"
Diskussion nicht mehr hören. :D

HIER hat der derzeitige Bundesfinanzminister meine vollste Zustimmung.

mfg
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Skull » Do 26. Nov 2015, 15:11 hat geschrieben:Ich bin ein strikter Verfechter der Haushaltskonsilidierung.

Seit 2 Generationen steigt die Staatsverschuldung.
Seit 2 Generationen diskutiert man, wo das enden wird.
Seit 2 Genarationen gibt es immer einen gesellschaftlichen Anlass,
warum man DOCH nicht mit Einnahmen und Ausgaben haushalten soll/will.
Vor 5 Jahren diskutierte man, wann und ob Staaten pleite gehen werden.

Ich kann die "Nach uns die Sintflut" und "übermorgen, wenn alles besser ist, zahlen wir wirklich mal zurück"
Diskussion nicht mehr hören. :D

HIER hat der derzeitige Bundesfinanzminister meine vollste Zustimmung.

mfg

meine auch! :cool:
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

frems » Do 26. Nov 2015, 15:00 hat geschrieben: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/i ... ettansicht

Nun ist der Autor sicherlich nicht gerade unumstritten. Trotzdem mal in den Raum geworfen: Sollte die Bundesrepublik wie unter Merkel während der Krise und unter Kohl auf eine starke Neuverschuldung setzen? Und wenn ja, wo sollte am stärksten investiert werden? Höhere Sozialausgaben, Familienförderung, Infrastrukturen, Bildung/Wissenschaft, ... ? Oder fährt Schäuble richtig, indem er versucht einen ausgeglichenen Haushalt hinzulegen, sodaß der prozentuale Schuldenstand auch bei einem kleinen Wachstum leicht sinkt?

Höhere Sozialausgaben sind keine "Investition"... :x
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Tarlang »

Gleich wird prime-pippo über Finanzierungssalden reden und Adam Smith auf das Krugman-Land verweisen.

Ich finde es für die künftigen Generationen viel problematischer, kaputte Infrastruktur und riesige Listen an notwendigen Modernisierungsmaßnahmen zu hinterlassen, als monetäre Schulden.
Außerdem wird auch die Flüchtlingskrise langfristig sehr viel teurer, wenn man sich nicht sofort um die Integration kümmert. Man braucht dringend Investitionen in die Infrastruktur und ins Bildungssystem und auch an anderen Ecken hat sich der Staat handlungsunfähig gespart. Für die Polizei braucht man auch dringend mehr Geld. Bei den derzeitigen Zinsen sind die Schulden auch quasi kostenlos, zumindest für den Bund und der sollte sich auch verschulden. Länder und Kommunen nicht.

Angenommen der Bund macht 30 Mrd. € Schulden dieses Jahr, würde die Zinsbelastung um ungefähr 100 Mio. pro Jahr steigen und der Schuldenstand am BIP sich sogar reduzieren (da es ja auch Wachstum gibt). Mit 30 Mrd. € könnte man sehr viel gutes bewirken aber würde den Staat nicht wirklich belasten.

Solche Schulden sind ja nicht wie bei der dt. Einheit auf uns zukommende über Jahrzehnte nicht abzumildernde Transferleistungen oder sowas. Sowas sollte man natürlich vermeiden.
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frems
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von frems »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 15:19 hat geschrieben:

Höhere Sozialausgaben sind keine "Investition"... :x
Wie man's nimmt. Manche zählen Kinder- und Familienförderung als Sozialausgabe. Und Nachwuchs kann man doch durchaus als "Investition" betrachten. Kannst Dir aber auch den Punkt wegdenken. Ist ja nun nicht so wichtig.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:22 hat geschrieben:Gleich wird prime-pippo über Finanzierungssalden reden und Adam Smith auf das Krugman-Land verweisen.

Ich finde es für die künftigen Generationen viel problematischer, kaputte Infrastruktur und riesige Listen an notwendigen Modernisierungsmaßnahmen zu hinterlassen, als monetäre Schulden.
Außerdem wird auch die Flüchtlingskrise langfristig sehr viel teurer, wenn man sich nicht sofort um die Integration kümmert. Man braucht dringend Investitionen in die Infrastruktur und ins Bildungssystem und auch an anderen Ecken hat sich der Staat handlungsunfähig gespart. Für die Polizei braucht man auch dringend mehr Geld. Bei den derzeitigen Zinsen sind die Schulden auch quasi kostenlos, zumindest für den Bund und der sollte sich auch verschulden. Länder und Kommunen nicht.

Angenommen der Bund macht 30 Mrd. € Schulden dieses Jahr, würde die Zinsbelastung um ungefähr 100 Mio. pro Jahr steigen und der Schuldenstand am BIP sich sogar reduzieren (da es ja auch Wachstum gibt). Mit 30 Mrd. € könnte man sehr viel gutes bewirken aber würde den Staat nicht wirklich belasten.

Solche Schulden sind ja nicht wie bei der dt. Einheit auf uns zukommende über Jahrzehnte nicht abzumildernde Transferleistungen oder sowas. Sowas sollte man natürlich vermeiden.

die Ausgaben 2015 sind ja schon höher als 2014. Weil aber auch die Einnahmen NOCH höher sind als 2014 - klappt das mit der schwarzen Null.
Nun sehe ich aber keinen Grund, die Ausgaben NOCH höher zu setzen.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Auch Ausgabe für Bildung oder Infrastruktur sind keine Investition im volkswirtschaftlichen Sinn. Taugt aber als Euphemismus um Haushaltsdefizite zu rechtfertigen. Von Politikern ist man sowas ja gewohnt, aber anscheindend sind sich für sowas selbst Volkswirte wie Flassbeck nicht zu schade.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:22 hat geschrieben:Gleich wird prime-pippo über Finanzierungssalden reden und Adam Smith auf das Krugman-Land verweisen.
.
Worauf du einen lassen kannst. Dann gibt's seitenlanges rumgespame über Saldenmechanik.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:22 hat geschrieben:
Ich finde es für die künftigen Generationen viel problematischer, kaputte Infrastruktur und riesige Listen an notwendigen Modernisierungsmaßnahmen zu hinterlassen, als monetäre Schulden.
.
Eigentlich wäre es ganz einfach. Wenn wir uns das leisten wollen, dann müssen wir im Haushalt halt andere Prioritäten setzen oder die Steuern erhöhen.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Tarlang »

3x schwarzer Kater » Do 26. Nov 2015, 16:30 hat geschrieben:Auch Ausgabe für Bildung oder Infrastruktur sind keine Investition im volkswirtschaftlichen Sinn. Taugt aber als Euphemismus um Haushaltsdefizite zu rechtfertigen. Von Politikern ist man sowas ja gewohnt, aber anscheindend sind sich für sowas selbst Volkswirte wie Flassbeck nicht zu schade.
Na ja. Wenn ich eine Fernverkehrsstrecke baue oder in die städtische Müllentsorgung oder ein Gaskraftwerk investiere, schaffe ich ja schon Produktionsmittel. Und gegebenenfalls auch Einnahmen. Die Bundespost z. B. hat über Jahrzehnte Milliarden Gewinne in den Staatshaushalt einbezahlt.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Tarlang »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 16:28 hat geschrieben:
die Ausgaben 2015 sind ja schon höher als 2014. Weil aber auch die Einnahmen NOCH höher sind als 2014 - klappt das mit der schwarzen Null.
Nun sehe ich aber keinen Grund, die Ausgaben NOCH höher zu setzen.
Ich sehe aber auch keinen dagegen. Bei einem Szenario von einer Verschuldung um 30 Mrd. € herum wächst weder der Schuldenstand noch die Zinsbelastung (Letzteres zumindest nur im irrelevanten Bereich).
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:37 hat geschrieben:
Na ja. Wenn ich eine Fernverkehrsstrecke baue oder in die städtische Müllentsorgung oder ein Gaskraftwerk investiere, schaffe ich ja schon Produktionsmittel. Und gegebenenfalls auch Einnahmen. Die Bundespost z. B. hat über Jahrzehnte Milliarden Gewinne in den Staatshaushalt einbezahlt.
Dort wo der Staat als Unternehmer auftritt. Aber das finanziert sich ja in der Regel über die Erträge daraus und nicht über Steuern. Sollte zumindest so sein.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:38 hat geschrieben:
Ich sehe aber auch keinen dagegen. Bei einem Szenario von einer Verschuldung um 30 Mrd. € herum wächst weder der Schuldenstand noch die Zinsbelastung (Letzteres zumindest nur im irrelevanten Bereich).

das ist jetzt eine Annahme im Bezug auf das BIP- wenn dieses auch entsprechend steigt. Absolut steigt die Staatsschuld genau um 30Mrd
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Tarlang »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 16:41 hat geschrieben:

das ist jetzt eine Annahme im Bezug auf das BIP- wenn dieses auch entsprechend steigt. Absolut steigt die Staatsschuld genau um 30Mrd
Richtig, das habe ich vergessen dazu zu schreiben. Aber in einer Wirtschaft in der normalerweise praktisch alle erhobenen Größen jedes Jahr nominal wachsen, sehe ich das nicht grundsätzlich als problematisch an.
Was noch am ehesten gegen Schulden spräche, ist natürlich das Zinsänderungsrisiko in 10 Jahren. Aber die Zinsen werden nur unter der Bdg. höherer Inflation steigen und dann sind die Schulden sowieso noch ein viel geringeres Problem.
Zuletzt geändert von Tarlang am Do 26. Nov 2015, 15:46, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Skull »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:22 hat geschrieben:Gleich wird prime-pippo über Finanzierungssalden reden und Adam Smith auf das Krugman-Land verweisen.

Ich finde es für die künftigen Generationen viel problematischer, kaputte Infrastruktur
und riesige Listen an notwendigen Modernisierungsmaßnahmen zu hinterlassen, als monetäre Schulden.
Also letztendlich die gleiche Diskussion und Argumentation wie seit 2 Generationen. :D

Das Ergebnis wird irgendwann mal wie in Griechenland sein.
Monetäre Schulden UND kaputte Infrastruktur.

Es erinnert mich immer an Helmut Schmidt, der einst sagte,
mir sind 5 Prozent Inflation lieber als 5 Prozent Arbeitslosigkeit.

Am Ende hatte er beides.

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Zuletzt geändert von Skull am Do 26. Nov 2015, 23:32, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Skull »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:37 hat geschrieben:Na ja. Wenn ich eine Fernverkehrsstrecke baue oder in die städtische Müllentsorgung oder ein Gaskraftwerk investiere, schaffe ich ja schon Produktionsmittel. Und gegebenenfalls auch Einnahmen. Die Bundespost z. B. hat über Jahrzehnte Milliarden Gewinne in den Staatshaushalt einbezahlt.
Dank deren Monopol.
Und die Bahn hat über Jahrzehnte Milliarden Defizite für den BUND gesorgt. Trotz Monopol.

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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Tarlang » Do 26. Nov 2015, 15:46 hat geschrieben:
Richtig, das habe ich vergessen dazu zu schreiben. Aber in einer Wirtschaft in der normalerweise praktisch alle erhobenen Größen jedes Jahr nominal wachsen, sehe ich das nicht grundsätzlich als problematisch an.
Was noch am ehesten gegen Schulden spräche, ist natürlich das Zinsänderungsrisiko in 10 Jahren. Aber die Zinsen werden nur unter der Bdg. höherer Inflation steigen und dann sind die Schulden sowieso noch ein viel geringeres Problem.
Schau doch einfach mal die tatsächliche Ausgabenseite und deren Entwicklung in den letzten 10 Jahren an...

Es gibt für mich daher keinen Grund - NOCH weiter pro Jahr zu erhöhen.....

Es kann viel eher der Fall sein- das auch in näherer Zukunft die Einnahmen wieder rückläufig sind- dann wird das mit der im GG festgezurrten schwarzen Null sowie sportlich...
Tarlang
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Tarlang »

Die Ausgaben des Bundes sind dieses Jahr genauso hoch wie 2010. Das BIP hingegen ist um 327 Milliarden € gestiegen (also ca. 12,5%).
Seit 2000 ist der Bundeshaushalt um ca. 24% und nominal 58 Mrd. € gestiegen. Das BIP um ~37,4% bzw. 790 Mrd. €.

Also da sehe ich jetzt nicht so das überproportionale Ausgabenwachstum.

Gesamtstaatlich habe ich jetzt noch keine Zahlen nachrecherchiert, aber hier muss man ohnehin sehr genau aufpassen wer da wofür mehr Geld ausgegeben hat bzw. sich verschuldet hat.
Zuletzt geändert von Tarlang am Do 26. Nov 2015, 16:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von hafenwirt »

Die schwarze Null ist das wichtigste Element eines Staates. Meiner Meinung nach sollte es direkt nach der Menschenwürde (evtl. Sogar davor) in der Verfassung stehen. Es sollte verboten werden, auch nur einen Cent Schulden zu machen.

Ein Staat funktioniert ja exakt genauso wie ein Konto vom normalen Michel. Hat er 100 Euro erhalten, so kann er 100 Euro ausgeben. Schulden sind das schlimmste, was dem Menschen (und dem Staat) passieren kann.

Wer sieht es anders?
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von pikant »

hafenwirt » Do 26. Nov 2015, 16:12 hat geschrieben:Die schwarze Null ist das wichtigste Element eines Staates. Meiner Meinung nach sollte es direkt nach der Menschenwürde (evtl. Sogar davor) in der Verfassung stehen. Es sollte verboten werden, auch nur einen Cent Schulden zu machen.

Ein Staat funktioniert ja exakt genauso wie ein Konto vom normalen Michel. Hat er 100 Euro erhalten, so kann er 100 Euro ausgeben. Schulden sind das schlimmste, was dem Menschen (und dem Staat) passieren kann.

Wer sieht es anders?
da muss man flexibel sehen und in Krisenzeiten darf die schwarze Null keinen Verfassungsrang haben!
Schulden sind bei negativen Zinsen eine gute Sache!
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von hafenwirt »

pikant » Donnerstag 26. November 2015, 17:15 hat geschrieben:
da muss man flexibel sehen und in Krisenzeiten darf die schwarze Null keinen Verfassungsrang haben!
Bei Krisen hat man Pech gehabt. Wenn ich als Michel kein Euro mehr im Portemonaie habe, und sich eine Ernährungskrise einstellt, muss ich auch hungern!
Schulden sind bei negativen Zinsen eine gute Sache!
Schulden sind nie eine gute Sache.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von jorikke »

hafenwirt » Do 26. Nov 2015, 16:19 hat geschrieben:
Bei Krisen hat man Pech gehabt. Wenn ich als Michel kein Euro mehr im Portemonaie habe, und sich eine Ernährungskrise einstellt, muss ich auch hungern!

Schulden sind nie eine gute Sache.
Doch, die Schulden meines Schuldners sind für mich eine gute Sache.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo frems.
Letztens hatte ich eine Unterhaltung, in der ging es inetwa um dieses Thema. Mein Gegenüber war ebenfalls ein glühender Verfechter von Haushaltsdisziplin und vertrat aber auch die Meinung, daß es uns besser gehen würde, wenn wir jemandem am Ruder, der etwas von Haushalt versteht ... also: einen Wirtschaftsmanager - wie etwa Ackermann oder einen der sonstigen Topmanager. Auf meinen Einwand hin, daß man schwerlich ein Land wie einen Konzern führen könne, meinte er lapidar, daß wir uns dann daran gewöhnen müssten, daß Probleme eher politisch gelöst werden und weniger ökonomisch.

Um erstmal bei dem Posten der Investitionen zu bleiben:
  • Realist2014, definiere erstmal, was eine Investition überhaupt ist?
    Laut Duden ist eine Investition eine "langfristige Anlage von Kapital in Sachwerten ... eine Aufwendung ... eine Geldausgabe."
    Ist also etwa die Killomererpauschale nicht auch ein Art Investition?
    • ... eine Investition in Dich, damit Du kostengünstig zur Arbeit kommst.
Aber sei's drum - unabhängig der Interpretation .... ich nenn es der Einfachheithalber: Investition!
Ein Manager würde doch wohl in einem Konzern eine derartige Investition nur dann vornehmen, wenn diese auch in einer überschaubaren Zeitspanne Gewinn abwerfen würde - der zudem noch in Euro und Cent ablesbar ist ... dies also unmittelbar ersichtlich ist. Wo aber ist der ablesbare Gewinn (in Euro und Cent ablesbar) einer Investition in eine Bildungseinrichtung?
  • ... einer Investition in Sozialausgaben? (etwa ALG-II ... in Arbeitlose allgemein?)
Ich war schon immer der Meinung, daß ein Vorhaben, welches eine "schwarze Null" zur Grundlage hat, daß dies ein Fehlverhalten ist. Daß Haushaltskonsolidierung vonnöten ist und angestrebt weden soll (und muß), ... ist klar! Aber warum sollen nicht zukünftige Generationen, die ja auch erst zukünftig von Investitionen (etwa in eine Schule oder Kita) profitieren, warum sollen sie nicht auch einen Teil der Kosten tragen?

Unser Problem ist vergangenheitlich nur immer gewesen, daß Wahlgeschenke verteilt wurden. Diese werden seltsamerweise immer dann mehr, je weniger wir eine Neuverschuldungsbremse haben ... also: je weniger wir eine "schwarze Null" anstreben. Aber wenn Städte (was ja vergangenheitlich geschehen ist) ihre Anteile an "Grundversorgungsunternehmen" verkaufen (wie etwa Düsseldorf - RWE-Verkauf) oder wie Dresden beim Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Woba, nur um schuldenfrei zu sein und somit der Schuldenbremse der jeweiligen Verfassung (vorzeitig) gerecht zu werden, kann zukünftig weniger Einfluß ausüben - etwa: wenn es um's Soziale geht (etwa Sozialwohnungen für Bedürftige, etc.) und muß später umso mehr in dierser Richtung investieren.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Der Neandertaler » Do 26. Nov 2015, 16:49 hat geschrieben:H

Um erstmal bei dem Posten der Investitionen zu bleiben:
  • Realist2014, definiere erstmal, was eine Investition überhaupt ist?
    Laut Duden ist eine Investition eine "langfristige Anlage von Kapital in Sachwerten ... eine Aufwendung ... eine Geldausgabe."
    Ist also etwa die Killomererpauschale nicht auch ein Art Investition?
    • ... eine Investition in Dich, damit Du kostengünstig zur Arbeit kommst.
.
Das ist genau die Definition aus BWL Sicht oder VWL Sicht... ( wie der Kater schon geschrieben hat...)

Bezüglich Staatshaushalt ist es halt üblich zwischen dem Teil, der "verkonsumiert" wird ( Sozialhaushalt), und dem Teil, der etwas "dingliches schafft" ( Infrastruktur...) , unterschieden.

die km-Pauschale ist die größte der Subventionen..
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von pikant »

hafenwirt » Do 26. Nov 2015, 16:19 hat geschrieben:
Bei Krisen hat man Pech gehabt. Wenn ich als Michel kein Euro mehr im Portemonaie habe, und sich eine Ernährungskrise einstellt, muss ich auch hungern!
ja, aber ich wuerde es so wie beim Stabilitaetspakt machen - klare Regeln, die man aber in Krisenzeiten brechen kann ohne zur Verantwortung gezogen zu werden - also bei Hunger weg mit der schwarzen Null und rein in die Verschuldung!
in guten Zeiten kann man dann Ueberschuesse erwirtschaften und die Schulden wieder abtragen!

bei dauerhaften Ueberschuessen wuerde ich mal daran denken , die Steuiern zu senken!
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

pikant » Do 26. Nov 2015, 16:58 hat geschrieben:
ja, aber ich wuerde es so wie beim Stabilitaetspakt machen - klare Regeln, die man aber in Krisenzeiten brechen kann ohne zur Verantwortung gezogen zu werden - also bei Hunger weg mit der schwarzen Null und rein in die Verschuldung!
in guten Zeiten kann man dann Ueberschuesse erwirtschaften und die Schulden wieder abtragen!

bei dauerhaften Ueberschuessen wuerde ich mal daran denken , die Steuiern zu senken!

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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Adam Smith »

frems » Do 26. Nov 2015, 15:00 hat geschrieben: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/i ... ettansicht

Nun ist der Autor sicherlich nicht gerade unumstritten. Trotzdem mal in den Raum geworfen: Sollte die Bundesrepublik wie unter Merkel während der Krise und unter Kohl auf eine starke Neuverschuldung setzen? Und wenn ja, wo sollte am stärksten investiert werden? Höhere Sozialausgaben, Familienförderung, Infrastrukturen, Bildung/Wissenschaft, ... ? Oder fährt Schäuble richtig, indem er versucht einen ausgeglichenen Haushalt hinzulegen, sodaß der prozentuale Schuldenstand auch bei einem kleinen Wachstum leicht sinkt?
Bei einer Schwarzen Null verhält der Staat sich genauso wie er sich verhalten sollte. Nämlich neutral. Das grösste Problem ist aber, dass der Staat sich in der Praxis stetig immer mehr verschuldet. Überschüsse kommen ja so gut wie gar nicht vor. Das geht gut, wenn die Verschuldung in etwa so hoch wie das BIP-Wachstum ist. Ist die Verschuldung höher steigt die Staatsverschuldung stetig, bis die Schuldenblase platzt. So etwas ist dann wesentlich schlimmer als das Platzen der Immobilienblase. Verursacht durch Krugman, genauso wie die grösste Schuldenblase aller Zeiten in Japan. Die muss aber noch Platzen.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Adam Smith »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 17:07 hat geschrieben:

das wäre JETZT
Durch die Flüchtlinge gibt es wieder ein Defizit. Trotzdem sind die Flüchtlinge vorteilhaft für Deutschland.
Das ist Kapitalismus:

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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von pikant »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 17:07 hat geschrieben:

das wäre JETZT
ja,
aber wir haben jetzt ein kleines Problem mit ein paar Fluechtlingen, die etwas Geld am Anfang kosten werden!
ich bin da fuer 2016 nicht mehr ganz so optimistisch und eine gute schwarze Null ist ja auch immerhin ein klein wenig was!
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von zollagent »

Das Flüchtlingsproblem mit der Finanzproblematik zu verquicken hat schon ein Gschmäckle.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

pikant » Do 26. Nov 2015, 17:12 hat geschrieben:
ja,
aber wir haben jetzt ein kleines Problem mit ein paar Fluechtlingen, die etwas Geld am Anfang kosten werden!
ich bin da fuer 2016 nicht mehr ganz so optimistisch und eine gute schwarze Null ist ja auch immerhin ein klein wenig was!
das Geld für die Flüchtlinge fließt ja zum Teil wieder zurück in den Haushalt...

Und die Aussichten für "die Wirtschaft" sind nach wie vor sehr gut- so daß auch 2016 das BIP und auch die Steuereinnahmen steigen dürften...
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Adam Smith » Do 26. Nov 2015, 17:10 hat geschrieben: Durch die Flüchtlinge gibt es wieder ein Defizit. Trotzdem sind die Flüchtlinge vorteilhaft für Deutschland.

da ist eine These...
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von pikant »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 17:14 hat geschrieben:
das Geld für die Flüchtlinge fließt ja zum Teil wieder zurück in den Haushalt...

Und die Aussichten für "die Wirtschaft" sind nach wie vor sehr gut- so daß auch 2016 das BIP und auch die Steuereinnahmen steigen dürften...
ja,
aber wir werden wohl ein paar mehr Hartz4 Empfaenger in 2016 bekommen - waere aber froh, wenn wir 100% von den Fluechtlingen in Arbeit bekommen, was ich in dieser Groessenordnung nicht glaube.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Adam Smith »

hafenwirt » Do 26. Nov 2015, 16:12 hat geschrieben:Die schwarze Null ist das wichtigste Element eines Staates. Meiner Meinung nach sollte es direkt nach der Menschenwürde (evtl. Sogar davor) in der Verfassung stehen.
Wer sieht es anders?
Staatsbankrotte können sehr schlimm für den Bürger sein.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von John Galt »

Wenn die Arbeitslosigkeit und Zinsen wieder steigen, dann wird es im Staatshaushalt mit der Schuldenbremse ganz schnell, ganz eng.
Und damit meine ich keine wirtschaftlichen Krisen, sondern das ganz normale auf und ab. Russlandsanktionen und Flüchtlinge fressen alle nötigen Reserven auf.


Schon heute deuten sich weitere Steuerhöhungen bei der Grundsteuer, Gewerbesteuer und bei den Kapitalerträgen/Zinsen/Dividenden an.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

John Galt » Do 26. Nov 2015, 17:31 hat geschrieben:Wenn die Arbeitslosigkeit und Zinsen wieder steigen, dann wird es im Staatshaushalt mit der Schuldenbremse ganz schnell, ganz eng.
Und damit meine ich keine wirtschaftlichen Krisen, sondern das ganz normale auf und ab. Russlandsanktionen und Flüchtlinge fressen alle nötigen Reserven auf.


Schon heute deuten sich weitere Steuerhöhungen bei der Grundsteuer, Gewerbesteuer und bei den Kapitalerträgen/Zinsen/Dividenden an.

macht doch nix..

DAS trifft doch nur die "reichen" und die "pösen Unternehmen(r)"


oder doch nicht... ;)
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Adam Smith »

John Galt » Do 26. Nov 2015, 17:31 hat geschrieben:Wenn die Arbeitslosigkeit und Zinsen wieder steigen, dann wird es im Staatshaushalt mit der Schuldenbremse ganz schnell, ganz eng.
Und damit meine ich keine wirtschaftlichen Krisen, sondern das ganz normale auf und ab. Russlandsanktionen und Flüchtlinge fressen alle nötigen Reserven auf.
Kurzfristig sind Flüchtlinge unvorteilhaft. Langfristig vorteilhaft.
Schon heute deuten sich weitere Steuerhöhungen bei der Grundsteuer, Gewerbesteuer und bei den Kapitalerträgen/Zinsen/Dividenden an.
Wenn die Ausgaben steigen, dann müssen auch die Einnahmen steigen. Wobei der Staat ja nur umverteilt. In Bezug auf die Volkswirtschaft als ganzes geht ja nichts verloren. Genau diesen Sachverhalt redet Krugman allen ein, wenn sich ein Sektor z.B. Bürger bei der Immobilienblase oder Staat im Krugman-Land verschuldet. Hier soll es bei der Verschuldung auch keine Probleme ergeben. Dieses ist aber nicht richtig. Es muss zur Katastrophe kommen.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Ich stelle mir die Frage, was der Vorteil einer ständig steigenden Staatsverschuldung sein sollte?

Natürlich könnte man jetzt sagen, um die Nachfrage anzuregen und somit für Wachstum und Wohlstand zu sorgen. Aber ist das wirklich die Aufgabe des Staates, das immer und in jeder Situation zu tun? Geschieht das nicht auch aus einem falsch verstandenen Keynesianismus? Letztendlich werden da Probleme auf die nachfolgenden Generationen verlagert.

Was, wenn sich die allgemeine Situation halt verändert. Können wir heute in einer sehr gesättigten Wirtschaft immer noch mit Wachstumsraten wie in den 70ern rechnen? Wohl eher nicht. Wachstum verläuft nun mal in der Regel in Form einer S-Kurve. Damit befinden wir uns wahrscheinlich, wenn man die Tendenz in den letzten Jahren sich mal so ansieht in einer degressiven Phase. Dies zu versuchen mit höheren Staatsausgaben zu kompensieren wird wohl langfristig in einem Desaster enden. Insofern muss man halt die Ansprüche zurückschrauben. Merkbar steigenden Wohlstand wird es in Deutschland in Zukunft nicht mehr geben. Insofern ist die Politik, die Staatsverschuldung nicht weiter zu erhöhen, die richtige, vor allem langfristig gesehen.

Schulden sind wie Drogen ......
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

3x schwarzer Kater » Do 26. Nov 2015, 19:41 hat geschrieben:Ich stelle mir die Frage, was der Vorteil einer ständig steigenden Staatsverschuldung sein sollte?

Natürlich könnte man jetzt sagen, um die Nachfrage anzuregen und somit für Wachstum und Wohlstand zu sorgen. Aber ist das wirklich die Aufgabe des Staates, das immer und in jeder Situation zu tun? Geschieht das nicht auch aus einem falsch verstandenen Keynesianismus? Letztendlich werden da Probleme auf die nachfolgenden Generationen verlagert.

Was, wenn sich die allgemeine Situation halt verändert. Können wir heute in einer sehr gesättigten Wirtschaft immer noch mit Wachstumsraten wie in den 70ern rechnen? Wohl eher nicht. Wachstum verläuft nun mal in der Regel in Form einer S-Kurve. Damit befinden wir uns wahrscheinlich, wenn man die Tendenz in den letzten Jahren sich mal so ansieht in einer degressiven Phase. Dies zu versuchen mit höheren Staatsausgaben zu kompensieren wird wohl langfristig in einem Desaster enden. Insofern muss man halt die Ansprüche zurückschrauben. Merkbar steigenden Wohlstand wird es in Deutschland in Zukunft nicht mehr geben. Insofern ist die Politik, die Staatsverschuldung nicht weiter zu erhöhen, die richtige, vor allem langfristig gesehen.

Schulden sind wie Drogen ......

das wird für die "ökonomische Unterschicht" aber kaum zu akzeptieren sein...

Wenn der Status Quo so bleibt wie er ist...
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von 3x schwarzer Kater »

Realist2014 » Do 26. Nov 2015, 19:44 hat geschrieben:

das wird für die "ökonomische Unterschicht" aber kaum zu akzeptieren sein...

Wenn der Status Quo so bleibt wie er ist...
Nun, nicht nur für die. Denn letztendlich bedeutet die schwarze Null ja, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wenn wir nun also der Meinung sind, dass es Ausgaben gibt die durchaus sinnvoll sind, weil sie in der Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit stärken, dann müssen wir halt zur Finanzierung mehr einnehmen. Also wird man über Steuererhöhungen nicht rumkommen. In Bezug auf die geschilderte Problematik bietet ich hier halt eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes an und auch eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Das ist die logische Konsequenz.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

3x schwarzer Kater » Do 26. Nov 2015, 19:54 hat geschrieben:
Nun, nicht nur für die. Denn letztendlich bedeutet die schwarze Null ja, dass wir nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen. Wenn wir nun also der Meinung sind, dass es Ausgaben gibt die durchaus sinnvoll sind, weil sie in der Zukunft die Wettbewerbsfähigkeit stärken, dann müssen wir halt zur Finanzierung mehr einnehmen. Also wird man über Steuererhöhungen nicht rumkommen. In Bezug auf die geschilderte Problematik bietet ich hier halt eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes an und auch eine Erhöhung der Erbschaftsteuer. Das ist die logische Konsequenz.

Auch das betrifft die Mehrheit nicht...

Aber ist wahrscheinlich nicht zu vermeiden...
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Progressiver »

frems » Do 26. Nov 2015, 15:00 hat geschrieben: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/i ... ettansicht

Nun ist der Autor sicherlich nicht gerade unumstritten. Trotzdem mal in den Raum geworfen: Sollte die Bundesrepublik wie unter Merkel während der Krise und unter Kohl auf eine starke Neuverschuldung setzen? Und wenn ja, wo sollte am stärksten investiert werden? Höhere Sozialausgaben, Familienförderung, Infrastrukturen, Bildung/Wissenschaft, ... ? Oder fährt Schäuble richtig, indem er versucht einen ausgeglichenen Haushalt hinzulegen, sodaß der prozentuale Schuldenstand auch bei einem kleinen Wachstum leicht sinkt?
Es gibt hier kein Entweder-Oder zwischen nur zwei Alternativen! Und die "schwarze Null" kann ich nur als einen Fetisch von Schäuble sehen.

Die dritte, sinnvollere, Alternative wäre: Steuern hoch! Her mit einer Erbschaftssteuer, die ihren Namen verdient! Her mit einem höheren Spitzensteuersatz! Her auch mit höheren Mindestlöhnen, damit der Staat auch hier etwas abgreifen kann, anstatt schlechte Firmenbosse mit noch schlechteren Wirtschaftskonzepten mithilfe von Aufstockerlöhnen zu sponsern!

Wenn Deutschland sich dagegen in Grund und Boden spart, dann fehlt das Geld für die Bildung, die Infrastruktur und alles weitere. Dann wird hier im Laufe der Jahrzehnte alles verrotten!

Was das Thema höhere Schulden betrifft, bin ich absolut dagegen! Diesen Fehler hat schon Helmut Kohl nach der Deutschen Einheit begangen. Was er damals hätte machen müssen, wäre ein "Blut-, Schweiß- und Tränen-Rede" zu halten und die Steuern für alle zu erhöhen, damit klar wird, dass sich jetzt alle anstrengen müssen, die Kosten der Einheit zu stemmen. Stattdessen wurde alles auf Pump finanziert, damit die Menschen die Illusion behalten konnten, die Deutsche Einheit wäre ohne Kraftanstrengung zu haben gewesen. Zurück blieb aber ein riesiger Schuldenberg, dessen Zinsen und Zinseszinsen die folgenden Generationen ausbaden müssen.

Mit oder ohne Flüchtlinge werden die aktuellen und kommenden Herausforderungen nur gestemmt werden können, wenn man an der Steuerschraube dreht. Dafür aber ist die kleine Krämerseele Schäuble der absolut falsche Mann.
"Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum." Friedrich Nietzsche

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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

Progressiver » Do 26. Nov 2015, 20:37 hat geschrieben:
Es gibt hier kein Entweder-Oder zwischen nur zwei Alternativen! Und die "schwarze Null" kann ich nur als einen Fetisch von Schäuble sehen.

Die dritte, sinnvollere, Alternative wäre: Steuern hoch! Her mit einer Erbschaftssteuer, die ihren Namen verdient! Her mit einem höheren Spitzensteuersatz! Her auch mit höheren Mindestlöhnen, damit der Staat auch hier etwas abgreifen kann, anstatt schlechte Firmenbosse mit noch schlechteren Wirtschaftskonzepten mithilfe von Aufstockerlöhnen zu sponsern!

Wenn Deutschland sich dagegen in Grund und Boden spart, dann fehlt das Geld für die Bildung, die Infrastruktur und alles weitere. Dann wird hier im Laufe der Jahrzehnte alles verrotten!

Was das Thema höhere Schulden betrifft, bin ich absolut dagegen! Diesen Fehler hat schon Helmut Kohl nach der Deutschen Einheit begangen. Was er damals hätte machen müssen, wäre ein "Blut-, Schweiß- und Tränen-Rede" zu halten und die Steuern für alle zu erhöhen, damit klar wird, dass sich jetzt alle anstrengen müssen, die Kosten der Einheit zu stemmen. Stattdessen wurde alles auf Pump finanziert, damit die Menschen die Illusion behalten konnten, die Deutsche Einheit wäre ohne Kraftanstrengung zu haben gewesen. Zurück blieb aber ein riesiger Schuldenberg, dessen Zinsen und Zinseszinsen die folgenden Generationen ausbaden müssen.

Mit oder ohne Flüchtlinge werden die aktuellen und kommenden Herausforderungen nur gestemmt werden können, wenn man an der Steuerschraube dreht. Dafür aber ist die kleine Krämerseele Schäuble der absolut falsche Mann.

was würde dir das so konkret vorschweben?
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von prime-pippo »

frems » Do 26. Nov 2015, 16:00 hat geschrieben: http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-11/i ... ettansicht

Nun ist der Autor sicherlich nicht gerade unumstritten. Trotzdem mal in den Raum geworfen: Sollte die Bundesrepublik wie unter Merkel während der Krise und unter Kohl auf eine starke Neuverschuldung setzen? Und wenn ja, wo sollte am stärksten investiert werden? Höhere Sozialausgaben, Familienförderung, Infrastrukturen, Bildung/Wissenschaft, ... ? Oder fährt Schäuble richtig, indem er versucht einen ausgeglichenen Haushalt hinzulegen, sodaß der prozentuale Schuldenstand auch bei einem kleinen Wachstum leicht sinkt?
Die schwarze 0 ist sinnvoll.

Und jetzt beschreibe ich, WANN: in einer Wirtschaft, die ihre Kapazitäten auslastet, (annähernd) Vollbeschäftigung hat, ausgeglichenen Außenhandel aufweist, in der der private Sektor nicht als Ganzes (aggregiert) sparen soll, die hohe Inflationsraten aufweist.

Nichts davon ist ist in Deutschland gegeben.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Adam Smith »

prime-pippo » Do 26. Nov 2015, 20:49 hat geschrieben:
Die schwarze 0 ist sinnvoll.

Und jetzt beschreibe ich, WANN: in einer Wirtschaft, die ihre Kapazitäten auslastet, (annähernd) Vollbeschäftigung hat, ausgeglichenen Außenhandel aufweist, in der der private Sektor nicht als Ganzes (aggregiert) sparen soll, die hohe Inflationsraten aufweist.

Nichts davon ist ist in Deutschland gegeben.
Demnach nie. Das habe ich mir schon gedacht.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von prime-pippo »

Da der Eingangsbeitrag auf Heiner Flassbeck verweist, darf ich hier vielleicht mal ohne Schläge einen längeren Abschnitt von Steinhardt, einer der Autoren auf flassbecks Blog, zitieren, der wirklich sehr klar und treffend ist.

"Warum aber wird dann noch nicht einmal von der neuen – und nach eigenem Bekunden einer radikal linken Programmatik verpflichteten – griechischen Regierung im Angesicht von Arbeitslosenquoten von 25%, bei Jugendlichen sogar um die 50%, weder ein solches Konjunkturprogramm aufgelegt, geschweige denn Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor geschaffen? „Was für eine Frage“, mag man erwidern. Die Antwort liegt doch auf der Hand! Griechenland ist pleite und daher ist es ausgeschlossen, dass es die finanziellen Mittel aufbringen kann, die es erlauben würden, ein solches, zweifellos kostspieliges Programm zu realisieren. Eine Arbeitsplatzgarantie kann ein Staat also gegenüber seinen Bürgern, folgt man diesem Argumentationsstrang, deshalb nicht aussprechen, weil er nicht notwendigerweise über die finanziellen Mittel verfügt, die er benötigt, um seinen damit übernommenen Verpflichtungen nachzukommen.

Hinter einem solchen Argument steckt die Vorstellung, dass der Staat nur dann Menschen im öffentlichen Dienst beschäftigen kann, wenn er über die finanziellen Mittel verfügt, sie für ihre Arbeit auch entsprechend zu entlohnen. Da der Staat aber sich diese Mittel entweder über Zwangsabgaben, insbesondere Steuern, oder aber die Refinanzierung über den Kapitalmarkt besorgen muss, sollte er ein solches Versprechen gegenüber seinen Bürgern niemals machen.

Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Geld ist nach dieser Vorstellung in irgendeiner Quantität sozusagen dem Wirtschaftsprozess vorgegeben. Einerseits stellt die Zentralbank eine bestimmte Menge Liquidität zur Verfügung und andererseits sparen die Haushalte eine bestimmte Menge ihres Einkommens, das für Investitionen verwendet werden kann. Diese „Spartopftheorie“ des Geldes spannt in aller Regel den Diskursraum auf, innerhalb dessen Grenzen die politische Diskussion stattfindet. Dabei gibt es diejenigen (wenigen), die den Ausbau öffentlich-rechtlicher Beschäftigungsverhältnisse und kontrazyklisch fiskalpolitischer Maßnahmen befürworten und diejenigen (vielen), die den staatlichen Sektor als ineffizient erachten und ihn daher durch die Privatisierung öffentlicher-rechtlicher Organisationen weiter zurückdrängen wollen und Fiskalpolitik generell als Mittel der Wirtschaftspolitik ablehnen.

Ein Staat, dessen Ausgaben seine Einnahmen übersteigen, muss vor dem Hintergrund dieser Annahmen folglich die daraus resultierenden Defizite durch Darlehen von Haushalten refinanzieren. Da aber der Staat diese Darlehen nur durch Zwangsabgaben bedienen kann, so hat schon David Ricardo argumentiert, sind die Finanzierung staatlicher Ausgaben über die Erhebung von Steuern und die Aufnahme eines Darlehens als äquivalent zu erachten.

Ricardos These impliziert, dass der Versuch, eine darniederliegende Volkswirtschaft mithilfe staatlicher Schulden ankurbeln zu wollen, zum Scheitern verurteilt ist. Denn, wenn, wie die meisten Ökonomen meinen, höhere Steuern wachstumshemmend sind und die These Ricardos stimmt, dann müssen auch höhere Schulden des Staates das Wirtschaftswachstum negativ tangieren.[3] Ganz im Einklang mit dieser These warnt die geschäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, daher davor, die darniederliegenden Wirtschaften Europas mithilfe von staatlichen Ausgabeprogrammen wieder auf die Beine helfen zu wollen, wie das von unbelehrbaren Keynesianern gefordert wird. Wichtig sei, die Steuern auf keinen Fall zu erhöhen und staatliche Schulden abzubauen, da diese Politik Investoren signalisiere, dass sie in Zukunft mit niedrigeren Steuern zu rechnen hätten.[4]

Bevor man diese These auf ihre Richtigkeit hin überprüfen kann, muss man zunächst einmal präzisieren, was man unter dem Begriff der „Refinanzierung“ verstehen soll. Unterschieden wird in der finanzökonomischen Literatur üblicherweise zwischen der direkten Finanzierung über den Kapitalmarkt, etwa durch die Begebung von Anleihen, und der indirekten Refinanzierung, wie etwa über Darlehen von Banken.

Für den ersten Fall wird angenommen, dass Haushalte monetäre Überschüsse aus dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen erwirtschaftet haben und diese Ersparnisse Dritten gegen die Bezahlung eines Zinses zur Verfügung stellen. Darlehen von Banken unterscheiden sich von dieser direkten Form der Finanzierung nur dadurch, dass eine Bank zwischen einen Geldsuchenden und einen Geldgebenden zwischengeschaltet wird. Die Vorstellung ist, dass Haushalte Geld einer Bank zur Verfügung stellen und dann das von den Haushalten eingebrachte Geld an kreditsuchende Unternehmen und Haushalte weiterreichen.

Allerdings bestreiten auch konservative Ökonomen nicht die Fähigkeit von Zentralbanken, für die Ausgaben des Staates neues Geld zu schaffen.[5] Gesprochen wird dann von einer Monetarisierung staatlicher Schulden. Das Finanzministerium wendet sich in diesem Fall nicht an den Kapitalmarkt oder an Banken, um sich zu refinanzieren, sondern es refinanziert sich direkt bei der Zentralbank. Sind aber Finanzministerium als auch Zentralbank staatliche Organisationen, wie das in der Regel der Fall ist, dann hat der Staat bei einer monetisierten Staatsschuld Verbindlichkeiten und Forderungen in genau gleicher Höhe. Der Zins, den er zu zahlen hat, erhält er selbstverständlich von der Zentralbank, nämlich als Gewinnausschüttung, wieder zurück. Mit solchen Schulden lässt sich leben!"


http://www.flassbeck-economics.de/europ ... -teil-iii/
Zuletzt geändert von prime-pippo am Do 26. Nov 2015, 21:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie sinnvoll ist die "schwarze Null"?

Beitrag von Realist2014 »

prime-pippo » Do 26. Nov 2015, 20:49 hat geschrieben:
Die schwarze 0 ist sinnvoll.

Und jetzt beschreibe ich, WANN: in einer Wirtschaft, die ihre Kapazitäten auslastet, (annähernd) Vollbeschäftigung hat, ausgeglichenen Außenhandel aufweist, in der der private Sektor nicht als Ganzes (aggregiert) sparen soll, die hohe Inflationsraten aufweist.

Nichts davon ist ist in Deutschland gegeben.

aber sicher doch

bis auf die "unbrauchbaren" haben wir Vollbeschäftigung.

Die Kapazitäten der meisten Unternehmen SIND ausgelastet

das mit dem Außenhandel spielt keine Rolle

und die Bürger MÜSSEN einen Teil "Sparen"- für die eigene Altersvorsorge. Machst DU das NICHT?
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