BATA » Do 20. Aug 2015, 18:22 hat geschrieben:Genau.
Urteile des Internationalen Gerichtshofs sind geltendes Völkerrecht.
Das Buch von Ipsen ist es dagegen nicht. Auch wenn es manche Jurastudenten beschäftigt.
Juristen werden nicht ausschließlich nach Ipsen ausgebildet.
Neben Ipsen gibt es andere Lehrmeinungen die das Selbstbestimmungsrecht ganz anders auslegen. Auch die werden bei der Ausbildung von Juristen berücksichtigt.
Beispiel für eine alternative Auslegung:
Du gehst von der falschen Annahme aus, dass das Selbstbestimmugsrecht klar definiert und in Stein gemeißelt sei. Und zwar von Ipsen.
Das ist es nicht. Das Völkerrecht befindet sich im Wandel und vieles ist noch lange nicht so klar ausgelegt wie du dir das vielleicht vorstellen magst. Besonders beim Selbstbestimmungsrecht ist alles andere als Klarheit vorhanden.
Ließ das geltende Völkerrecht im IGH Urteil zum Kosovo. Ich habe es bestimmt schon 20 mal zitiert.
Das Urteil ist eine Abkehr von der bisher im Völkerrecht vorherrschenden Meinung. Danach war lediglich allgemein anerkannt, dass eine Region sich selbständig machen darf, wenn sie unterdrückt oder ausgebeutet wird.
Der International Gerichtshof der Vereinten Nationen hat es nicht einmal für nötig befunden, zu beantworten, ob die Kosovaren im Sinne der alten Rechtslage durch Serbien unterdrückt oder ausgebeutet wurden. Das ist nicht mehr relevant, ein Land kann sich für unabhängig erklären, auch, wenn es vom Bund völlig demokratisch behandelt wird. Alleiniger Anknüpfungspunkt ist der Wille des Volkes. Dieser Paradigmenwechsel ist ein mutiger Schritt – die Eigenstaatlichkeit ist nicht mehr dafür da, schlimmste Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, es ist vielmehr ein Menschenrecht, sich selbst auszusuchen, in welchem Staatsverband man leben möchte.
Dieser Volkswille muss auch nicht, und hier gehen die Überraschungen weiter, durch eine ausdrückliche Volksabstimmung geäußert werden! im Kosovo hat eine parlaments-ähnliche Versammlung den Beschluss gefasst. Auch das wurde durch den IGH als rechtmäßig bestätigt.
Das ist weiterhin falsch. Erklärungen findest Du im Anhang. Krim ist nicht gleich Kosovo zum 200ten Mal. Putins Pseudo-Analogie kannst Du glaube, ist aber faktisch falsch. Du verdrehst hier soviel...oh Mann. Den Fall Krim mit dem Kosovo gleichzusetzen ist schon im Ansatz falsch. Selektiv ist deine Wahrnehmung zum Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) vom 22. Juli 2010.
http://www.icj-cij.org/docket/files/141/15987.pdf
Die Richter hatten lange untersucht, ob die einseitige staatliche Unabhängigkeitserklärung des Kosovo aus dem Jahr 2008 mit dem Völkerrecht im Einklang steht. Das Urteil war positiv. Nur BATA hatte der IGH dabei gar nicht untersucht, ob das Völkerrecht auch ein Sezessionsrecht zulässt Erkenne den Unterschied !
Bislang kennt die jüngere Geschichte sechs Typen neuer völkerrechtlich legitimer Grenzziehungen. Das Völkerrecht schließt damit die im Zuge gewaltsamer Sezessionen erreichten territorialen Gemarkungen und Trennungslinien von Abchasien, Südossetien, Transnistrien und Nordzyperns aus. Oder gab es da mittlerweile die große Änderung im Völkerrecht sowie haben über Nacht die meisten Staaten sich neu ausgerichtet

Ich fragte Dich schon mehrmals nach Beispielen nach deiner These. Gekommen ist nichts außer Luft. Fange ich eben wieder an.
Die sechs bekannten Typen auch im Völkerecht sind:
- Das Sowjet-Muster, international anerkannte Unabhängigkeiten nach staatlicher Auflösung des Dachverbandes quasi
- das Deutsche Muster, international anerkannter Staatsbeitritt nach internationalen Verhandlungen mit Partnern
- das Jugoslawien-Muster, international anerkannte Souveränität nach Zusammenbruch und Kriegen,
- das Südsudan-Muster , international anerkannte Abspaltung nach Krieg und Verhandlungen,
- das Tschechoslowakei-Muster, international anerkannte friedliche Trennung nach Verhandlungen
und zuletzt das Kosovo-Muster. Das international umstrittene, jedoch zunehmend anerkannte, einseitige Unabhängigkeit nach Krieg und Verhandlungen. Mehr Positiv Beispiele wären mir jetzt nicht so als Beispiele geläufig. Ein neues Modell , die Nummber Sieben, schaffte nun Russland. Krim-Muster. Bislang international nicht anerkannte unilaterale Selbständigkeit eines Staatsteils und unmittelbarer Anschluss an einen Drittstaat. Sollten nunmehr Volksgruppen im Nordkaukasus sich im Bestreben auf die Freiheit der Eigenentwicklung auf diesen Musterfall beziehen, würde Russland sicher diesen Staatsteil in die Freiheit entlassen oder doch eher eine tschetschenische Antwort geben
Böse gell sowas zu denken. Die Vorkämpfer für Recht usw. würden sicherlich nie die Option tschetschenische Antwort wählen. Ach verdammt passierte doch schon. Was Du uns hier verkaufen willst ist der billige Versuch uns die Politik von Moskau schmackhaft zu machen und dabei noch seine Politik gegenüber der Krim zu legitimieren. Mit Blick auf Historie , Völkerrecht werden vermeintliche Parallelen zwischen Kosovo und Krim gesucht. Dabei jedoch auf sehr willkürlichen Perspektiven und Interpretationen. Denn der Kosovo-Konflikt unterscheidet sich von der Krim-Auseinandersetzung in vier ganz wesentlichen Punkten. Das kommt überigens auch so mit dem Punkt Schutz der Minderheiten auf.
Punkt 1 : Gewalt gegen eine Minderheit
Kosovo:
Schwere, systematische Menschenrechtverletzungen. Serbisches Militär und Sonderpolizei bedrohten, töteten und vertrieben willkürlich Kosovo-Albaner. Der Massenmord gegenüber Zivilisten in Srebrenica im Juli 1995 hatte zudem gezeigt, zu welchem Ausmaß an Gräueltaten die Regierung Milosevic willens und bereit war.
Demgegenüber existierte auf der Krim keine auch nur in Ansätzen vergleichbare Bedrohung der russischen Ethnie. Dass nach dem Sturz von Wiktor Janukowitsch die neue Parlamentsmehrheit sogleich das Sprachengesetz von 2012 aufhob (Russisch ist regionale Amtssprache in zehn von 27 Gebieten), war eine bornierte politische Provokation. Doch sie stellte keine gravierende, repressive Menschenrechtsverletzung dar, die das militärische Eingreifen Moskaus rechtfertigte (zumal der ukrainische Interimspräsident Alexander Turtschinow das Gesetz nicht unterschrieb.)
Punkt 2: Diplomatie
Langwierige, kompromissorientierte diplomatische Aktivitäten. 1992 wurde durch Verhandlungen eine KSZE-Langzeitmission zur politischen Lösung des Kosovo-Konflikts eingerichtet. Auf eine deutsch-französische Initiative hin etablierte sich 1997 eine internationale Kontaktgruppe. Der UN-Sicherheitsrat erstrebte mit drei Resolutionen (1160, 1199 und 1203) eine friedliche Konfliktbeilegung. Diese wurde durch zahlreiche bilaterale Gespräche westlicher Spitzenpolitiker mit Präsident Slobodan Milosevic und kosovarischen Repräsentanten flankiert. Zudem verhandelten die Konfliktparteien unter internationaler Vermittlung insgesamt 22 Tage lang in Rambouillet und in Paris direkt miteinander. Erst nach dem Scheitern aller Friedensbemühungen begann am 24. März 1999 der 78 Tage dauernde Luftkrieg gegen Jugoslawien.
Demgegenüber hat die russische Regierung im Streitfall Krim keinerlei internationale diplomatische Regelungsversuche unternommen. Vielmehr nutzte Moskau das Ordnungsvakuum in der Ukraine, um im Eilverfahren Fakten zu schaffen. Abgesichert durch dubiose bewaffnete Kräfte, erhob sich intransparent am 27. Februar im Regionalparlament eine neue Regierung unter Führung von Sergej Aksjonow von der Splitterpartei Russische Einheit. Diese führte am 16. März ein Referendum über die „Wiedervereinigung mit der Russischen Föderation“ durch. Einen Tag später beantragte die Krim-Führung die Aufnahme in die Russische Föderation. Wiederum einen Tag später unterzeichnete Putins Regierung einen entsprechenden Vertrag. Am 21. März wurde dieser vom russischen Föderationsrat ratifiziert. Als die UN-Vollversammlung am 27. März die Volksabstimmung mit überwältigender Mehrheit für ungültig erklärte, war die Krim bereits knapp eine Woche neues Föderationssubjekt Russlands.
Punkt 3: Entwicklung des Konfliktes
Der Streit um den Kosovo intensivierte sich vor Ort über einen längeren Zeitraum von friedlichen Protesten über zivilen Ungehorsam bis schließlich zum bewaffneten Kampf der UCK-Guerilla gegen dort stationierte serbische Polizei- und Militäreinheiten. Es gibt keinen vergleichbar langen, eskalierenden Konfliktaufwuchs im Ringen um die Krim.
Punkt 4: Politik
Am Tag der Beendigung der Kriegshandlung gegen Jugoslawien am 10. Juni 1999 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1244, auf deren Basis Kosovo als Interimslösung unter UN-Protektorat gestellt wurde. Statusneutral wurde die Hoheitsgewalt provisorisch einer zivilen internationalen Übergangsverwaltung (UNMIK) übertragen. Im Auftrag des Weltsicherheitsrats versuchte der frühere finnische Präsident Martti Ahtisaari ab 2006 in monatelangen Verhandlungen einen Kompromiss zwischen Serbien und Kosovo über die völkerrechtliche Statusfrage zu vermitteln. Erst als sein nach ihm benannter Plan im Weltsicherheitsrat im März 2007 an Russland und der VR China scheiterte, steuerten europäische Staaten und die USA massiv die Staatsgründung von Kosovo an, die am 17. Februar 2008 erfolgte. Bis September 2012 blieb der neue Staat noch unter „überwachter Unabhängigkeit“. Verfassungsrechtlich ist ein Anschluss Kosovos untersagt. Russland hingegen inkorporierte nur einen Monat nach der Flucht von Viktor Janukowitsch die Krim in den russischen Staat. Vor diesem Hintergrund wird der Kosovo-Krim Vergleich nicht als Parabel in die Geschichtswissenschaft eingehen.
Also in vier Punkten nur mal ausgeführt wo die Unterschiede liegen, grundsätzliche Dinge wie Gewalt gegen Minderheiten auch hier erklärt. Noch was zum Thema ?
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 1#p3212171
http://www.politik-forum.eu/viewtopic.p ... 2#p3212212
"Völkerrechtlich nicht gedeckt"
Das Referendum auf der Krim sei nicht rechtmäßig, sagte der Völkerrechtler Robin Geiß im Deutschlandfunk. Zwar gebe es ein zentrales Recht auf Selbstbestimmung. Das sei aber nicht gleichzusetzen mit einem Recht auf Abspaltung.
http://www.deutschlandfunk.de/krim-refe ... _id=280206
http://www.ostinstitut.de/documents/Vlk ... r_Krim.pdf
http://www.fr-online.de/ukraine/voelker ... 86216.html
http://www.spiegel.de/politik/ausland/k ... 61400.html
http://www.lto.de/recht/hintergruende/h ... lkerrecht/
http://www.20min.ch/ausland/dossier/ukr ... t-27642863