Brauchen Menschen Lebenslügen?
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Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ein kluger Kopf sagte mal „Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück.“ Übergewichtige fühlen sich Top-Fit, Geld ist nicht wichtig im Leben, es gibt keine hässlichen Frauen...die Liste an Lebenslügen ist lang doch warum werden diese Aussagen so gerne wiederholt? Als Erklärung für eigene Defizite? Sind die Lebenslügen ein politisch korrekter Schutzschild für diejenigen, die eigene Probleme (sei es in der Liebe, Gesellschaft oder finanzieller Natur) nicht erkennen oder sie schön reden?
Meine persönliche Meinung dazu mag hart sein, aber ich finde, die Menschen anzulügen um deren Gefühle nicht zu verletzten bedeutet nichts anderes als sie noch mehr zu verletzen. Denn nur derjenige, der einem Problem ein wahres Gesicht gibt kann es endgültig besiegen!
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Nun ja, wenn ich dein Posting lese, stelle ich mir dann schon die Frage, was die Wahrheit sein soll.
Wenn man einer Frau sagt: "Du bist häßlich", dann ist das niemals die Wahrheit, weil es keine objektiven Kriterien über Schönheit gibt. Es ist höchstens die eigene Meinung.
Sollte man immer jedem die eigene Meinung sagen?
Eher nicht.
Wenn man einer Frau sagt: "Du bist häßlich", dann ist das niemals die Wahrheit, weil es keine objektiven Kriterien über Schönheit gibt. Es ist höchstens die eigene Meinung.
Sollte man immer jedem die eigene Meinung sagen?
Eher nicht.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich glaub das Maaß ist relevant.
Zu viel Lebenslüge schadet, zu wenig auch.
Ich mag keine Lügner.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Auch hier macht die Dosis das Gift aus. Es gibt einfach Momente und Sachen, da ist es besser, wenn man die Klappe hält oder lügt. Meine Frau würde wohl bis heute nicht kochen, wenn ich ihr zu ihrer Anfangszeit gesagt hätte, die Gerichte schmecken wie in Schmand eingeweichter Karton.DieKeule » Mo 23. Jul 2012, 16:33 hat geschrieben:...
Meine persönliche Meinung dazu mag hart sein, aber ich finde, die Menschen anzulügen um deren Gefühle nicht zu verletzten bedeutet nichts anderes als sie noch mehr zu verletzen. Denn nur derjenige, der einem Problem ein wahres Gesicht gibt kann es endgültig besiegen!
Und bei kleinen Kindern geht praktisch kaum was ohne Lügen.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Mir scheint eher es geht generell überhaupt nichts, ohne Lügen. Wer nicht bis zur Bewußtlosigkeit heuchelt und täuscht, der sollte gut alleine klar kommen und sich nicht wundern, wenn seine Leistungen nicht pauschal 25% weniger wert sind.Claud » Mi 25. Jul 2012, 09:34 hat geschrieben: Und bei kleinen Kindern geht praktisch kaum was ohne Lügen.
Dirk Müller zum Thema Ukraine/Krim: https://www.youtube.com/watch?v=K_YWdaQhRU4
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
vor allem aber sollte er ueber die schlagkraft der klitschkos verfuegen oder mindestens gut bewaffnet sein. 

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Lebenslüge? Weiß ich nicht. Notlügen ja. Wobei ich zugebe, dass ich lügen kann, ohne rot zu werden. Ich überlege mir aber stets sehr gut, wann ich lüge und wann ich die Wahrheit sage. Ich versuche Lügen, die mir ein schlechtes Gewissen bereiten, zu vermeiden.
Ansonsten halte ich mich an die Devise: ein Kompliment kann man IMMER machen. Kritik üben sollte man sich gut überlegen. Wenn z.B. jemand in einem Outfit meiner Meinung nach besonders gut aussieht, dann würde ich ihm das sagen. Fände ich es schrecklich, würde ich nichts sagen. Würde er mich nach meiner ehrlichen Meinung fragen würde ich ihn jedoch tendenziell nicht anlügen, wenn ich es nicht für lebensnotwendig erachte.

Ansonsten halte ich mich an die Devise: ein Kompliment kann man IMMER machen. Kritik üben sollte man sich gut überlegen. Wenn z.B. jemand in einem Outfit meiner Meinung nach besonders gut aussieht, dann würde ich ihm das sagen. Fände ich es schrecklich, würde ich nichts sagen. Würde er mich nach meiner ehrlichen Meinung fragen würde ich ihn jedoch tendenziell nicht anlügen, wenn ich es nicht für lebensnotwendig erachte.

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich würde es "Selbstbild" nennen. Nimm z.b. einer Frau ihr Selbstbild, dann hast Du etwas später eine Furie vor Dir! Selbst als Prostituierte, wird sie sich innerlich als Prinzessin erklären ....
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
das funktioniert geschlechtsneutral. nimm einem mann sein selbstbild und due hast spaeter einen greinenden maskulisten.FreierMann » Mi 25. Jul 2012, 21:47 hat geschrieben:Ich würde es "Selbstbild" nennen. Nimm z.b. einer Frau ihr Selbstbild, dann hast Du etwas später eine Furie vor Dir! Selbst als Prostituierte, wird sie sich innerlich als Prinzessin erklären ....

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Als ich das Buch "Vom schrecken des Paradieses" gelesen habe, wo stand, dass inteloligente Menschen mehr Angst vor dem Tod haben, da wurde mir bewußt, dass der geistige Zustand des Menschens ausschlaggebend für folgendes ist: Dumme Menschen neigen weniger dazu, sich Sinnfragen oder Wertfragen zu stellen. Das wäre doch ein interessanter Intelligenztest: "Haben Sie Angst vor dem Tode?" Ja: 10 Punkte, Nen: 5 Punkte 

Auf dem Weg zum Abgrund kann eine Panne lebensrettend sein. Walter Jens
Besser schweigen und als Narr zu scheinen, als sprechen und jeden Zweifel zu beseitigen. Abraham Lincoln
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Eine deiner Lebenslügen denke ich ist
dein strang : Ungleichbehandlung von verbrecherischen Systemen.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ohne Illusionen wäre das Leben fad.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Die Frage muss man mit drei Worten beantworten: Ja und Nein.
Einerseits braucht der Mensch an sich natürlich keine Lügen, um zu überleben. Andererseits ist der Mensch in der Freudschen Dreifaltigkeit gefangen: das Ich, das Über-Ich und das Es.
Das Ich ist der Ist-Zustand, so wie der Mensch also wirklich ist. Körperlich, seelisch, gesellschaftlich, monetär. Also seine gesamte Lebenssituation.
Das Über-Ich ist das Idealbild, das jeder Mensch irgendwie erreichen will, ob er es nun bewusst wahrnimmt oder nicht. Bei dem Versuch das Ich an das Über-Ich anzugleichen kommt es häufig zu extremen inneren Konflikten, die sich in Unzufriedenheit, Frust und daraus resultierenden - für Außenstehende unvernünftige - Änderungshandlungen entladen. Dann kann es zum Beispiel passieren, dass ein Mensch das dringende Bedürfnis verspürt, seinen Körper unter Zuhilfenahme von Medikamenten (z.B. Steroide) oder chirurgischen Eingriffen (z.B. Brustvergrößerung) dem gewünschten Ich (Über-Ich) anzugleichen.
Das ist im Grunde eine ganz normale entwicklung, die früher eher auf das eigene Verhalten oder die gesellschaftliche Stellung abzielte. Da heutzutage chirurgische Eingriffe etwas ganz normales und gesellschaftlich akzeptables sind, greifen manche Menschen eher zu diesem Mittel, statt sich sozial durch ihre Arbeitsstellung oder Statussymbole zu positionieren. Inzwischen ist ja der Körper selbst zu einem Statussymbol geworden.
Ich persönlich bin froh, dass sich ein Trend abzeichnet, der natürliche Frauen bevorzugt. Mit durchschnittlicher Statur und frei von plastischen Eingriffen. Aber jedem das Seine.
Einerseits braucht der Mensch an sich natürlich keine Lügen, um zu überleben. Andererseits ist der Mensch in der Freudschen Dreifaltigkeit gefangen: das Ich, das Über-Ich und das Es.
Das Ich ist der Ist-Zustand, so wie der Mensch also wirklich ist. Körperlich, seelisch, gesellschaftlich, monetär. Also seine gesamte Lebenssituation.
Das Über-Ich ist das Idealbild, das jeder Mensch irgendwie erreichen will, ob er es nun bewusst wahrnimmt oder nicht. Bei dem Versuch das Ich an das Über-Ich anzugleichen kommt es häufig zu extremen inneren Konflikten, die sich in Unzufriedenheit, Frust und daraus resultierenden - für Außenstehende unvernünftige - Änderungshandlungen entladen. Dann kann es zum Beispiel passieren, dass ein Mensch das dringende Bedürfnis verspürt, seinen Körper unter Zuhilfenahme von Medikamenten (z.B. Steroide) oder chirurgischen Eingriffen (z.B. Brustvergrößerung) dem gewünschten Ich (Über-Ich) anzugleichen.
Das ist im Grunde eine ganz normale entwicklung, die früher eher auf das eigene Verhalten oder die gesellschaftliche Stellung abzielte. Da heutzutage chirurgische Eingriffe etwas ganz normales und gesellschaftlich akzeptables sind, greifen manche Menschen eher zu diesem Mittel, statt sich sozial durch ihre Arbeitsstellung oder Statussymbole zu positionieren. Inzwischen ist ja der Körper selbst zu einem Statussymbol geworden.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich halte es für ein weitverbreitetes psychisches Phänomen, dass Menschen einen Drang dazu verspüren können, sich selbst eine Art grandiose Lebensleitlinie zu geben, die sich zum Beispiel in Weltanschauungen jeglicher Couleur niederschlägt: ein Drang, das Leben unter eine bestimmte Prämisse zu stellen, die dem Ganzen einen "höheren" Sinn geben und einem deshalb entsprechende Emotionen für Kraft und Schub verleihen soll.
Einige schaffen es, sich da hineinzusteigern und daher mitunter in einem nicht unbedingt realitätsgetreuen Himmelsschloss zu leben, der sie aber glücklich (und vielleicht deshalb auch wirklich erfolgreich) macht. Andere brauchen das, um überhaupt noch was zum Festhalten zu haben. Wiederum andere haben vielleicht mal so eine Phase der unbedingten Welterklärung zum Zwecke der eigenen verbesserten Lebensführung gehabt, haben daraus aber im Zuge ihrer Entwicklung wieder herausgefunden.
Übrigens: Strukturell hinsichtlich des angestrebten Ziels ganz ähnlich und wohl vorzugswürdig ist das Streben nach einem Erfolg in einer bestimmten Angelegenheit im Hinblick auf andere Dinge: Menschen haben hier den Drang, sich etwas zu beweisen und bei Gelingen des Vorhabens aus dem daraus geschaffenen positiv-emotionalen Vorrat Kraft und Selbstbewusstsein für gänzlich andere Dinge, beziehungsweise auch für das sonstige Leben im Allgemeinen zu ziehen.
Beispiel: Das Erklimmen des Mount Everests. Dazu fällt mir die tragische Geschichte des Thomas W. ein, die in der Dokumentation "Der Friedhof meiner Freunde" geschildert wurde. Dieser war an einem Hirntumor erkrankt und nach seiner Heilung visuell eingeschränkt. Gerade deswegen wollte er jetzt auf die Spitze des Mount Everest: um sich selbst zu bestätigen und daraus Kraft und Halt zu tanken.
Leider endete dies mit seinem Tod.
Einige schaffen es, sich da hineinzusteigern und daher mitunter in einem nicht unbedingt realitätsgetreuen Himmelsschloss zu leben, der sie aber glücklich (und vielleicht deshalb auch wirklich erfolgreich) macht. Andere brauchen das, um überhaupt noch was zum Festhalten zu haben. Wiederum andere haben vielleicht mal so eine Phase der unbedingten Welterklärung zum Zwecke der eigenen verbesserten Lebensführung gehabt, haben daraus aber im Zuge ihrer Entwicklung wieder herausgefunden.
Übrigens: Strukturell hinsichtlich des angestrebten Ziels ganz ähnlich und wohl vorzugswürdig ist das Streben nach einem Erfolg in einer bestimmten Angelegenheit im Hinblick auf andere Dinge: Menschen haben hier den Drang, sich etwas zu beweisen und bei Gelingen des Vorhabens aus dem daraus geschaffenen positiv-emotionalen Vorrat Kraft und Selbstbewusstsein für gänzlich andere Dinge, beziehungsweise auch für das sonstige Leben im Allgemeinen zu ziehen.
Beispiel: Das Erklimmen des Mount Everests. Dazu fällt mir die tragische Geschichte des Thomas W. ein, die in der Dokumentation "Der Friedhof meiner Freunde" geschildert wurde. Dieser war an einem Hirntumor erkrankt und nach seiner Heilung visuell eingeschränkt. Gerade deswegen wollte er jetzt auf die Spitze des Mount Everest: um sich selbst zu bestätigen und daraus Kraft und Halt zu tanken.
Leider endete dies mit seinem Tod.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Internetforen sind der beste Beweis dafür, dass Menschen Lebenslügen brauchen. Ich habe bisher nur online so dermassen viele Personen mit OFFENSICHTLICH gestörter Selbstwahrnehmung kennengelernt.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ja. Menschen brauchen Lebenslügen. Für mich habe ich festgestellt, dass bestimmt Dinge logisch philosophisch zu durchdringen zumindest sehr beunruhigend ist.
Zum Beispiel kann man psychisch, physikalisch und logisch versuchen herzuleiten, dass es keinen freien Willen geben kann. Daraus folgt dann mit schlichter Logik, dass das Prinzip der Schuld, auf dem z.B. unsere Rechtsprechung beruht, absurd ist. Beispielsweise ein psychologische Gutachten, mit dem ein Psychologe einen Täter als "schuldfähig" oder "nicht schuldfähig" definiert. Also die Frage zu klären versucht, ob der Täter vermittels seines freien Willens auch hätte anders handeln können, oder ob seine Persönlichkeit gestört ist, so dass er das nicht konnte. Das Problem dabei ist, dass der Täter gar keinen freien Willen hat, also die Frage von vorneherein absurd ist, etwa so sinnvoll wie ein Gutachten ob der Täter gegen den Willen Gottes gehandelt hat.
Schuld basiert ja auf der Handlungsalternative. Der Mörder hat das Opfer erschossen, er hätte aber auch anders handeln können. Das stimmt aber nicht, er hätte mangels eines freien Willens nicht anders handeln können. Das ist eine Illusion, wir versetzen uns an seine Stelle und weil WIR anders handeln würden, nehmen wir an er hätte das auch gekonnt.
Diese Illusion teilen wir glaube ich fast alle, weil sie für unser Gefühlsleben wichtig ist. Wenn wir jemanden sehen, der ein kleinen Kind erdrosselt hat, fühlen wir Wut und Aggression und um diese Gefühle logisch vor uns zu begründen, brauchen wir die Illusion der "Schuld". Eine Lebenslüge, eine sehr wichtige auf der unsere Gesellschaft, die Idee von Gerechtigkeit wesentlich aufbaut.
Zum Beispiel kann man psychisch, physikalisch und logisch versuchen herzuleiten, dass es keinen freien Willen geben kann. Daraus folgt dann mit schlichter Logik, dass das Prinzip der Schuld, auf dem z.B. unsere Rechtsprechung beruht, absurd ist. Beispielsweise ein psychologische Gutachten, mit dem ein Psychologe einen Täter als "schuldfähig" oder "nicht schuldfähig" definiert. Also die Frage zu klären versucht, ob der Täter vermittels seines freien Willens auch hätte anders handeln können, oder ob seine Persönlichkeit gestört ist, so dass er das nicht konnte. Das Problem dabei ist, dass der Täter gar keinen freien Willen hat, also die Frage von vorneherein absurd ist, etwa so sinnvoll wie ein Gutachten ob der Täter gegen den Willen Gottes gehandelt hat.
Schuld basiert ja auf der Handlungsalternative. Der Mörder hat das Opfer erschossen, er hätte aber auch anders handeln können. Das stimmt aber nicht, er hätte mangels eines freien Willens nicht anders handeln können. Das ist eine Illusion, wir versetzen uns an seine Stelle und weil WIR anders handeln würden, nehmen wir an er hätte das auch gekonnt.
Diese Illusion teilen wir glaube ich fast alle, weil sie für unser Gefühlsleben wichtig ist. Wenn wir jemanden sehen, der ein kleinen Kind erdrosselt hat, fühlen wir Wut und Aggression und um diese Gefühle logisch vor uns zu begründen, brauchen wir die Illusion der "Schuld". Eine Lebenslüge, eine sehr wichtige auf der unsere Gesellschaft, die Idee von Gerechtigkeit wesentlich aufbaut.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ist das Internet ein moderner Spiegel?Sal Paradise » Di 7. Mai 2013, 15:49 hat geschrieben:Internetforen sind der beste Beweis dafür, dass Menschen Lebenslügen brauchen. Ich habe bisher nur online so dermassen viele Personen mit OFFENSICHTLICH gestörter Selbstwahrnehmung kennengelernt.

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Mit Deiner Argumentation sprichst Du dem Menschen das Recht auf eigenes Entscheiden pauschal ab.ahoops » Di 7. Mai 2013, 15:51 hat geschrieben:Zum Beispiel kann man psychisch, physikalisch und logisch versuchen herzuleiten, dass es keinen freien Willen geben kann. Daraus folgt dann mit schlichter Logik, dass das Prinzip der Schuld, auf dem z.B. unsere Rechtsprechung beruht, absurd ist. Beispielsweise ein psychologische Gutachten, mit dem ein Psychologe einen Täter als "schuldfähig" oder "nicht schuldfähig" definiert. Also die Frage zu klären versucht, ob der Täter vermittels seines freien Willens auch hätte anders handeln können, oder ob seine Persönlichkeit gestört ist, so dass er das nicht konnte. Das Problem dabei ist, dass der Täter gar keinen freien Willen hat, also die Frage von vorneherein absurd ist, etwa so sinnvoll wie ein Gutachten ob der Täter gegen den Willen Gottes gehandelt hat.
Schuld basiert ja auf der Handlungsalternative. Der Mörder hat das Opfer erschossen, er hätte aber auch anders handeln können. Das stimmt aber nicht, er hätte mangels eines freien Willens nicht anders handeln können. Das ist eine Illusion, wir versetzen uns an seine Stelle und weil WIR anders handeln würden, nehmen wir an er hätte das auch gekonnt.
Diese Illusion teilen wir glaube ich fast alle, weil sie für unser Gefühlsleben wichtig ist. Wenn wir jemanden sehen, der ein kleinen Kind erdrosselt hat, fühlen wir Wut und Aggression und um diese Gefühle logisch vor uns zu begründen, brauchen wir die Illusion der "Schuld". Eine Lebenslüge, eine sehr wichtige auf der unsere Gesellschaft, die Idee von Gerechtigkeit wesentlich aufbaut.
Weiter stellst Du jedem hergelaufenen Tunichtgut einen Freibrief für's Stehlen, Lügen, Morden aus – er "kann" ja nicht anders …

… das ist grotesk – und würde bei allgemeiner Akzeptanz dazu führen, dass sich niemand mehr ans Recht halten würde.
Natürlich kann man Lebensläufe konstruieren (oder sie suchen), die scheinbar keine Wahl der Handlung zulassen.
Das ist aber ganz sicher nicht die Regel.
Und Du übersiehst dreierlei:
Erstens wirken auch in unserem Inneren die "äußeren" Normen, die durch Erziehung, Gesetze(sfurcht) und "moralische Veranlagung" wirken, mit.
Zweitens besteht jeder Mensch aus vielen Charakter-Facetten und man ändert sein Verhalten abhängig von Erfahrungen, ist also lernfähig.
Drittens soll eine Gefängnisstrafe ja nicht "Auge um Auge" wirken, sondern dem Delinquenten die Möglichkeit zum Lernen, Bereuen und Sich-Ändern geben.
(Psychisch Kranke sind eine andere Sache und werden in Psych. Anstalten behandelt.)
WAS man letztlich zur "Verteidigung" – in Deinem Gedanken-Experiment aber zur "Schuld-Befreiung"! – anführen kann, wäre, dass ein bestimmter Mensch durch seine Sozialisation, durch einen schweren Lebenslauf etc. kaum eine Chance hatte, ein reifer, moralisch wertender Mensch zu werden.
Wenn Derjenige durch die Art seines Lebens kaum die Möglichkeit hatte, positive Erfahrungen zu sammeln, wird man das strafmindernd berücksichtigen.
(Tatsächlich werden "erste" Urteile idR auf Bewährung gefällt, um dem Menschen ZUERST die "freie" Möglichkeit der Selbst-Erkenntnis zu lassen!)
Ansonsten würde ich ganz krass sagen:
Wenn jemand "unschuldig" durch sein "Inneres" zu Schandtaten "gezwungen" war, ist die "Gesellschaft" durch ihre –von der Solidargemeinschaft gestalteten– Regeln "gezwungen", diesen Verbrecher zu bestrafen …
… aber sie kann ja nicht anders – sie hat keinen freien Willen …

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Kann ich nicht bestätigen, ich komme sehr gut mit meinen "Lebenslügen" aus, ich reagiere wenig empfindlich darauf, wenn sie mir aufgezeigt werden.DieKeule » Mo 23. Jul 2012, 15:33 hat geschrieben:Ein kluger Kopf sagte mal „Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück.“
Oder ist das gar meine "Lebenslüge"? Die Einbildung, mich würden meine "Lebenslügen" nicht stören?

"Banks do not, as too many textbooks still suggest, take deposits of existing money from savers and lend it out to borrowers: they create credit and money ex nihilo – extending a loan to the borrower and simultaneously crediting the borrower’s money account."
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Vielleicht fühlen sich gerade die durch Foren und deren Kommunikationsmöglichkeiten magisch angezogen. Weitergehend sehe ich ohnehin starke Zusammenhänge zwischen eigenen Befindlichkeiten und Bedürfnissen und nach außen vorgetragenen Einstellungen oder Feindbildern. Das Sündenbock-Phänomen kann man ja auch als eine gewisse Lüge von Menschen ansehen und ist psychisch bedingt.Sal Paradise » Di 7. Mai 2013, 15:49 hat geschrieben:Internetforen sind der beste Beweis dafür, dass Menschen Lebenslügen brauchen. Ich habe bisher nur online so dermassen viele Personen mit OFFENSICHTLICH gestörter Selbstwahrnehmung kennengelernt.
Feindbilder zum Beispiel können gepflegt und aufrechterhalten werden, weil sie vielerlei angenehme psychische Funktionen erfüllen. Da hilft nur die Loslösung von den Niederungen des eigenen Emotionsapparats.
Zuletzt geändert von Wölfelspitz am Dienstag 7. Mai 2013, 17:49, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich würde auch gern jedem Raucher ins Gesicht brüllen, dass er ein Arsch ist der sich und die Allgemeinheit schädigt. Aber so weit geht eine Nächstenliebe dann doch nicht.DieKeule » Mo 23. Jul 2012, 15:33 hat geschrieben:Ein kluger Kopf sagte mal „Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück.“ Übergewichtige fühlen sich Top-Fit, Geld ist nicht wichtig im Leben, es gibt keine hässlichen Frauen...die Liste an Lebenslügen ist lang doch warum werden diese Aussagen so gerne wiederholt? Als Erklärung für eigene Defizite? Sind die Lebenslügen ein politisch korrekter Schutzschild für diejenigen, die eigene Probleme (sei es in der Liebe, Gesellschaft oder finanzieller Natur) nicht erkennen oder sie schön reden?
Meine persönliche Meinung dazu mag hart sein, aber ich finde, die Menschen anzulügen um deren Gefühle nicht zu verletzten bedeutet nichts anderes als sie noch mehr zu verletzen. Denn nur derjenige, der einem Problem ein wahres Gesicht gibt kann es endgültig besiegen!
Zuletzt geändert von Tomcat am Dienstag 7. Mai 2013, 19:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich halte es für eine Lebenslüge, dass unsere Rechtsprechung auf dem Schuldprinzip beruht. Letztlich ist sie nicht "gerecht", sondern sie hält nur eine bestimmte Ordnung aufrecht. Aber das muss ja nicht schlecht sein.ahoops » Di 7. Mai 2013, 15:51 hat geschrieben: Zum Beispiel kann man psychisch, physikalisch und logisch versuchen herzuleiten, dass es keinen freien Willen geben kann. Daraus folgt dann mit schlichter Logik, dass das Prinzip der Schuld, auf dem z.B. unsere Rechtsprechung beruht, absurd ist. Beispielsweise ein psychologische Gutachten, mit dem ein Psychologe einen Täter als "schuldfähig" oder "nicht schuldfähig" definiert. Also die Frage zu klären versucht, ob der Täter vermittels seines freien Willens auch hätte anders handeln können, oder ob seine Persönlichkeit gestört ist, so dass er das nicht konnte.
Ich schulde dem Leben das Leuchten in meinen Augen.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Lebenslügen dienen wie nahezu jede andere geistige und physische Funktion, letztlich wohl dem Überleben. Mit guten, bösen und bizarren Folgen.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Also, er KANN ja auch recht gute Beiträge schreiben, sofern es sich nicht um die Weiber dreht.Wölfelspitz » Di 7. Mai 2013, 13:19 hat geschrieben:Ich halte es für ein weitverbreitetes psychisches Phänomen, dass Menschen einen Drang dazu verspüren können, sich selbst eine Art grandiose Lebensleitlinie zu geben, die sich zum Beispiel in Weltanschauungen jeglicher Couleur niederschlägt: ein Drang, das Leben unter eine bestimmte Prämisse zu stellen, die dem Ganzen einen "höheren" Sinn geben und einem deshalb entsprechende Emotionen für Kraft und Schub verleihen soll.
Einige schaffen es, sich da hineinzusteigern und daher mitunter in einem nicht unbedingt realitätsgetreuen Himmelsschloss zu leben, der sie aber glücklich (und vielleicht deshalb auch wirklich erfolgreich) macht. Andere brauchen das, um überhaupt noch was zum Festhalten zu haben. Wiederum andere haben vielleicht mal so eine Phase der unbedingten Welterklärung zum Zwecke der eigenen verbesserten Lebensführung gehabt, haben daraus aber im Zuge ihrer Entwicklung wieder herausgefunden.
Übrigens: Strukturell hinsichtlich des angestrebten Ziels ganz ähnlich und wohl vorzugswürdig ist das Streben nach einem Erfolg in einer bestimmten Angelegenheit im Hinblick auf andere Dinge: Menschen haben hier den Drang, sich etwas zu beweisen und bei Gelingen des Vorhabens aus dem daraus geschaffenen positiv-emotionalen Vorrat Kraft und Selbstbewusstsein für gänzlich andere Dinge, beziehungsweise auch für das sonstige Leben im Allgemeinen zu ziehen.
Beispiel: Das Erklimmen des Mount Everests. Dazu fällt mir die tragische Geschichte des Thomas W. ein, die in der Dokumentation "Der Friedhof meiner Freunde" geschildert wurde. Dieser war an einem Hirntumor erkrankt und nach seiner Heilung visuell eingeschränkt. Gerade deswegen wollte er jetzt auf die Spitze des Mount Everest: um sich selbst zu bestätigen und daraus Kraft und Halt zu tanken.
Leider endete dies mit seinem Tod.

Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Lebenslügen bedeutet Leben.SLclem » Di 7. Mai 2013, 17:21 hat geschrieben: Mit Deiner Argumentation sprichst Du dem Menschen das Recht auf eigenes Entscheiden pauschal ab.
Weiter stellst Du jedem hergelaufenen Tunichtgut einen Freibrief für's Stehlen, Lügen, Morden aus – er "kann" ja nicht anders …
… das ist grotesk – und würde bei allgemeiner Akzeptanz dazu führen, dass sich niemand mehr ans Recht halten würde.
Natürlich kann man Lebensläufe konstruieren (oder sie suchen), die scheinbar keine Wahl der Handlung zulassen.
Das ist aber ganz sicher nicht die Regel.
Und Du übersiehst dreierlei:
Erstens wirken auch in unserem Inneren die "äußeren" Normen, die durch Erziehung, Gesetze(sfurcht) und "moralische Veranlagung" wirken, mit.
Zweitens besteht jeder Mensch aus vielen Charakter-Facetten und man ändert sein Verhalten abhängig von Erfahrungen, ist also lernfähig.
Drittens soll eine Gefängnisstrafe ja nicht "Auge um Auge" wirken, sondern dem Delinquenten die Möglichkeit zum Lernen, Bereuen und Sich-Ändern geben.
(Psychisch Kranke sind eine andere Sache und werden in Psych. Anstalten behandelt.)
WAS man letztlich zur "Verteidigung" – in Deinem Gedanken-Experiment aber zur "Schuld-Befreiung"! – anführen kann, wäre, dass ein bestimmter Mensch durch seine Sozialisation, durch einen schweren Lebenslauf etc. kaum eine Chance hatte, ein reifer, moralisch wertender Mensch zu werden.
Wenn Derjenige durch die Art seines Lebens kaum die Möglichkeit hatte, positive Erfahrungen zu sammeln, wird man das strafmindernd berücksichtigen.
(Tatsächlich werden "erste" Urteile idR auf Bewährung gefällt, um dem Menschen ZUERST die "freie" Möglichkeit der Selbst-Erkenntnis zu lassen!)
Ansonsten würde ich ganz krass sagen:
Wenn jemand "unschuldig" durch sein "Inneres" zu Schandtaten "gezwungen" war, ist die "Gesellschaft" durch ihre –von der Solidargemeinschaft gestalteten– Regeln "gezwungen", diesen Verbrecher zu bestrafen …
… aber sie kann ja nicht anders – sie hat keinen freien Willen …
Gerade User wie St. Nic dokumentieren Dummheit und Lügen in realer Weise.
Sich selbst bescheissen, dokumentiert leider zu oft eine dümmliche Art , diesen ganzen Mist zu ertragen.
Oh, ich verstehe das nicht.
Na ja. Dann war es eben Gott.

Dann muss man es nicht verstehen.

Wie schön muss das Leben sein, wenn man nichts hinterfragt, alles einfach akzeptiert, was Andere fest legten.
Das muss richtig geil sein.

Lausche der Wahrheit, die dein Blut Dir rauscht.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Bukowski » Di 7. Mai 2013, 21:25 hat geschrieben:
Also, er KANN ja auch recht gute Beiträge schreiben, sofern es sich nicht um die Weiber dreht.
Ach, die letztgenannten sind auch ganz gut, aber trotzdem Danke

Werde übrigens das "Weiberthema" nun eher etwas ruhen lassen, denn das reizt mich immer weniger. Die Fronten sind längst klar und im Wesentlichen sagt man dazu auch immer das Gleiche.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Du hast mein Argument nicht so ganz richtig verstanden. Das ist so als würdest du sagen, wenn ich behaupte, dass der Mensch nicht fliegen kann wenn er mit den Armen schlägt, spreche ich ihm das Recht zur freien Bewegung ab. Es geht hier nicht um Rechte sondern um biologisch/physikalische Fähigkeiten.SLclem » Di 7. Mai 2013, 17:21 hat geschrieben:
Mit Deiner Argumentation sprichst Du dem Menschen das Recht auf eigenes Entscheiden pauschal ab.
Weiter stellst Du jedem hergelaufenen Tunichtgut einen Freibrief für's Stehlen, Lügen, Morden aus – er "kann" ja nicht anders …
… das ist grotesk – und würde bei allgemeiner Akzeptanz dazu führen, dass sich niemand mehr ans Recht halten würde.
Natürlich kann man Lebensläufe konstruieren (oder sie suchen), die scheinbar keine Wahl der Handlung zulassen.
Das ist aber ganz sicher nicht die Regel.
Und Du übersiehst dreierlei:
Erstens wirken auch in unserem Inneren die "äußeren" Normen, die durch Erziehung, Gesetze(sfurcht) und "moralische Veranlagung" wirken, mit.
Zweitens besteht jeder Mensch aus vielen Charakter-Facetten und man ändert sein Verhalten abhängig von Erfahrungen, ist also lernfähig.
Drittens soll eine Gefängnisstrafe ja nicht "Auge um Auge" wirken, sondern dem Delinquenten die Möglichkeit zum Lernen, Bereuen und Sich-Ändern geben.
(Psychisch Kranke sind eine andere Sache und werden in Psych. Anstalten behandelt.)
Ansonsten würde ich ganz krass sagen:
Wenn jemand "unschuldig" durch sein "Inneres" zu Schandtaten "gezwungen" war, ist die "Gesellschaft" durch ihre –von der Solidargemeinschaft gestalteten– Regeln "gezwungen", diesen Verbrecher zu bestrafen …
… aber sie kann ja nicht anders – sie hat keinen freien Willen …
Der besagte Freibrief für Lügen und Morden ist natürlich der Grund warum wir diese Lebenslüge leben. Und so schloss er messerscharf, dass nicht sein kann was nicht sein darf...
Das Problem deiner Argumentation ist, dass eine Lüge, nur weil sie moralisch und ungemein nützlich ist, ja noch nicht wahr wird.
Deine Punkte 1-3 gehen ebenfalls an meinem Argument vorbei. Ich bestreite keineswegs, dass jemand sein Verhalten durch Erziehung und Strafe verändern kann. Darum geht es nicht.
Genau da liegt aber der logische Fehler. Die gefühlsmäßige Annahme, dass ein reifer, moralischer Mensch einen freien Willen hätte, ein psychisch Kranker aber nicht. Das ist faktisch aber falsch, um nicht zu sage sinnlos.WAS man letztlich zur "Verteidigung" – in Deinem Gedanken-Experiment aber zur "Schuld-Befreiung"! – anführen kann, wäre, dass ein bestimmter Mensch durch seine Sozialisation, durch einen schweren Lebenslauf etc. kaum eine Chance hatte, ein reifer, moralisch wertender Mensch zu werden.
Wenn Derjenige durch die Art seines Lebens kaum die Möglichkeit hatte, positive Erfahrungen zu sammeln, wird man das strafmindernd berücksichtigen.
Das Verhalten eines Menschen ergibt sich aus seiner Genetik und der Umwelt. Mehr ist da nicht. Die Tatsache, dass er eine Mord begeht, beweist, dass er aufgrund seiner genetischen Basis und seiner Erziehung(Umwelt) nicht anders handeln konnte. Wenn seine Erziehung gut war, dann muss es andere Gründe geben. Vielleicht hat er genetisch kein ausgeprägtes Gewissen mitbekommen.
Du hast übrigens völlig recht. Auch die Gesellschaft "kann nicht anders" sie ist nicht schuldfähig. Wir brauchen aber die Idee von Gut und Böse, Gerecht und Ungerecht, für unser psychisches Wohlbefinden. Im Grund brauchen wir sie nicht, um einen Verbrecher zu bestrafen, wer Leute ermordet, der ist für unsere Gesellschaft schädlich, also müssen wir konformes Verhalten erzwingen oder wo nicht möglich ihn/sie aussondern. Die Lebenslüge liegt darin, dass es hier um Gerechtigkeit ginge, dass der Verbrecher böse ist und wir gut, dass der Verbrecher schuld ist.
Zuletzt geändert von ahoops am Dienstag 7. Mai 2013, 22:42, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich glaube, was ahoops da andeuten möchte - und ich meine das auch kürzlich irgendwo gelesen zu haben - ist, dass Ergebnisse aus neurologischen Studien darauf hindeuten könnten, dass unser sogenannter freier Wille uns vom programmatisch ablufenden Hirn vorgegaukelt wird. Meist, wenn ich mich recht erinnere, waren die Ströme zur Umsetzung von Aktionen schon messbar VOR der Aktivität im Hirnbereich, der die Entscheidung trifft.SLclem » Di 7. Mai 2013, 17:21 hat geschrieben: Mit Deiner Argumentation sprichst Du dem Menschen das Recht auf eigenes Entscheiden pauschal ab.
Weiter stellst Du jedem hergelaufenen Tunichtgut einen Freibrief für's Stehlen, Lügen, Morden aus – er "kann" ja nicht anders …
… das ist grotesk – und würde bei allgemeiner Akzeptanz dazu führen, dass sich niemand mehr ans Recht halten würde.
Natürlich kann man Lebensläufe konstruieren (oder sie suchen), die scheinbar keine Wahl der Handlung zulassen.
Das ist aber ganz sicher nicht die Regel.
Und Du übersiehst dreierlei:
Erstens wirken auch in unserem Inneren die "äußeren" Normen, die durch Erziehung, Gesetze(sfurcht) und "moralische Veranlagung" wirken, mit.
Zweitens besteht jeder Mensch aus vielen Charakter-Facetten und man ändert sein Verhalten abhängig von Erfahrungen, ist also lernfähig.
Drittens soll eine Gefängnisstrafe ja nicht "Auge um Auge" wirken, sondern dem Delinquenten die Möglichkeit zum Lernen, Bereuen und Sich-Ändern geben.
(Psychisch Kranke sind eine andere Sache und werden in Psych. Anstalten behandelt.)
WAS man letztlich zur "Verteidigung" – in Deinem Gedanken-Experiment aber zur "Schuld-Befreiung"! – anführen kann, wäre, dass ein bestimmter Mensch durch seine Sozialisation, durch einen schweren Lebenslauf etc. kaum eine Chance hatte, ein reifer, moralisch wertender Mensch zu werden.
Wenn Derjenige durch die Art seines Lebens kaum die Möglichkeit hatte, positive Erfahrungen zu sammeln, wird man das strafmindernd berücksichtigen.
(Tatsächlich werden "erste" Urteile idR auf Bewährung gefällt, um dem Menschen ZUERST die "freie" Möglichkeit der Selbst-Erkenntnis zu lassen!)
Ansonsten würde ich ganz krass sagen:
Wenn jemand "unschuldig" durch sein "Inneres" zu Schandtaten "gezwungen" war, ist die "Gesellschaft" durch ihre –von der Solidargemeinschaft gestalteten– Regeln "gezwungen", diesen Verbrecher zu bestrafen …
… aber sie kann ja nicht anders – sie hat keinen freien Willen …
Somit wäre philosophisch gesehen tatsächlich niemand schuldfähig auf der Basis der alternativen Handlungsentscheidungen wie heute, weil das Gehirn aus antrainierten und bewerteten Abläufen die für die jeweilige Situation bestmögliche Aktion OHNE Entscheidung des Ichs durchführt - und natürlich den Feedback (Lernen) in die künftigen Ablaufprozesse einfliessen lässt.
Warum das Gehirn aber dem Bewusstsein(?) eine freie Entscheidung vorgaukelt, muss dabei auch einen Wert haben - vielleicht gerade die Möglichkeit der Sozialisation wegen erkannter Vorteile in vielen Abläufen?....
Kurz angerissen wurde die Problematik mal in dem Buch "Der Parasit" von Markus C. Schulte von Drach - falls jemand Interesse an Lesetipps hat...

Ob das aber wirklich so ist - da lügen wir uns wahrscheinlich noch was vor....

Zuletzt geändert von denkmal am Dienstag 7. Mai 2013, 22:46, insgesamt 1-mal geändert.
Im Laufe ihres steinernen Daseins nehmen sogar manche Denkmäler menschliche Züge an.
© Martin Gerhard Reisenberg
(1949 - 2023), Diplom-Bibliothekar und Autor
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Ich gehe vielleicht tendenziell noch etwas weiter, mein Argument ist, dass eine Strafe nicht gerecht sein KANN. Wo keine Schuld ist, kann es auch keine gerechte Strafe geben. Viele wären vermutlich bereit zuzustimmen, dass ein Tier, ein Hund oder ein Pferd, keine gerechte Strafe bekommen kann. Bei einem Menschen aber soll das möglich sein denken die meisten.Liegestuhl » Di 7. Mai 2013, 20:20 hat geschrieben:Ich halte es für eine Lebenslüge, dass unsere Rechtsprechung auf dem Schuldprinzip beruht. Letztlich ist sie nicht "gerecht", sondern sie hält nur eine bestimmte Ordnung aufrecht. Aber das muss ja nicht schlecht sein.
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Da braucht man meines Erachtens keine neurologischen Studien für, das ergibt sich aus einfacher Logik. Entweder eine Entscheidung ist naturwissenschaftlich kausal verursacht, dann ergibt sie sich physikalisch und konnte nicht anders fallen. Oder sie ist nicht kausal, heißt, ich könnte in einer Situation so oder auch so handeln. Das heißt dann aber, dass es ein metaphysisches Konzept ist, etwas magisches oder so.denkmal » Di 7. Mai 2013, 22:43 hat geschrieben:Ich glaube, was ahoops da andeuten möchte - und ich meine das auch kürzlich irgendwo gelesen zu haben - ist, dass Ergebnisse aus neurologischen Studien darauf hindeuten könnten, dass unser sogenannter freier Wille uns vom programmatisch ablufenden Hirn vorgegaukelt wird. Meist, wenn ich mich recht erinnere, waren die Ströme zur Umsetzung von Aktionen schon messbar VOR der Aktivität im Hirnbereich, der die Entscheidung trifft.
Somit wäre philosophisch gesehen tatsächlich niemand schuldfähig auf der Basis der alternativen Handlungsentscheidungen wie heute, weil das Gehirn aus antrainierten und bewerteten Abläufen die für die jeweilige Situation bestmögliche Aktion OHNE Entscheidung des Ichs durchführt - und natürlich den Feedback (Lernen) in die künftigen Ablaufprozesse einfliessen lässt.
Die Illusion, dass wir auch anders hätten handeln können, erzeugt das Gehirn, es stimmt aber nicht. Diese Illusion ist aber sehr wichtig für uns. Sie ist sehr wichtig, weil sie unser Handeln sinnhaft macht.
Zuletzt geändert von ahoops am Dienstag 7. Mai 2013, 23:02, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Erst mal finde ich es löblich, dass Du auf meine Argumente eingehst, statt wild um Dich zu hauen bzw. persönlich zu diffamieren, wie es "hier" leider öfter vorkommt. Danke ! …ahoops » Di 7. Mai 2013, 22:39 hat geschrieben:Du hast mein Argument nicht so ganz richtig verstanden. Das ist so als würdest du sagen, wenn ich behaupte, dass der Mensch nicht fliegen kann wenn er mit den Armen schlägt, spreche ich ihm das Recht zur freien Bewegung ab. Es geht hier nicht um Rechte sondern um biologisch/physikalische Fähigkeiten.

So. Mir war durchaus bewusst, dass ich nicht den eigentlichen Kern Deiner "Idee" anspreche.
Da Du aber als Ausgangspunkt die Behauptung aufstellst, der Mensch habe keine freie Entscheidungskraft, fand ich es wichtiger, dieses "Axiom" von Dir erstmal "abzustreiten":
Du möchtest damit eine gesellschaftsweit wirkende Lebenslüge belegen, ich will dem Menschen die Würde des "eigenen Bewusstseins" erhalten – denn auch das sprichst Du ihm indirekt ab!
Und hier hast Du meinen Dritten Punkt nicht "nachvollzogen":Der besagte Freibrief für Lügen und Morden ist natürlich der Grund warum wir diese Lebenslüge leben. Und so schloss er messerscharf, dass nicht sein kann was nicht sein darf...
Das Problem deiner Argumentation ist, dass eine Lüge, nur weil sie moralisch und ungemein nützlich ist, ja noch nicht wahr wird.
Deine Punkte 1-3 gehen ebenfalls an meinem Argument vorbei. Ich bestreite keineswegs, dass jemand sein Verhalten durch Erziehung und Strafe verändern kann. Darum geht es nicht.
Der besagt (komprimiert), dass nicht eigentlich eine "Bestrafungspflicht" auf eine "Schuld" folgen muss. Vielmehr wird (im Gerichtsverfahren) festgestellt, inwieweit eine Verfehlung durch die Umstände (Affekt, Sozialisation) mit-entstanden ist, und welche Maßnahmen den Delinquenten zu einem für die Gesellschaft funktionierenden Mitglied "machen" können (Bewährung, JVA, Therapie etc.).
(… das Gegenteil machen die USA: Haftstrafen von mehreren hundert Jahren ! … völlig daneben, die Jungs.)
Die Tatsache, dass eine Entscheidung physiologisch etliche Millisekunden festgestellt werden kann, bevor man sich "bewusst" entscheidet, wird von Manchem als "Zwanghaftigkeit" des Agierens ausgelegt. Das sehe ich anders.
Wenn Du daraus eine "Lebenslüge" konstruierst, vergisst Du die Rollen des "Über-Ichs" und des "Es": diese wirken auch vor-bewusst(!), eine "Entscheidung" fällt also auch (z.T.) unbewusst, und wird erst danach "gemeinsam" mit dem "Ich" gedacht und ausgeführt.
Und das ist ein entscheidender Punkt:
Dieses Über-Ich ist immer z.T. "außerhalb" des Menschen – und es wirkt nicht "zufällig"! Die Eltern können bei der Erziehung sehr wohl auf Eigenschaften des Kindes eingehen und einwirken. Sie können es auf Fehlverhalten hinweisen, sie können ihm "moralische Maßstäbe" vermitteln!
Ich würde tatsächlich so weit gehen, den Eltern in manchem Fall eine "Mitschuld" zuzuweisen. (Aktuell wird das –indirekt über das Waffengesetz– beim Vater eines Amok-Schützen so gehandhabt.)
Mittlerweile weiß man, dass bei sehr vielen psych. Erkrankungen abnormale Stoffwechselvorgänge im Gehirn eine Rolle spielen. Wenn ein "Agressionshormon" krankhaft-verändert wirkt, wird man das nur pharma-therapeutisch und nicht verhaltens-therapeutisch beheben können. Mir erscheint das nicht "sinnlos", sonder sehr plausibel und logisch.Die gefühlsmäßige Annahme, dass ein reifer, moralischer Mensch einen freien Willen hätte, ein psychisch Kranker aber nicht. Das ist faktisch aber falsch, um nicht zu sage sinnlos.
Das Verhalten eines Menschen ergibt sich aus seiner Genetik und der Umwelt. Mehr ist da nicht. Die Tatsache, dass er eine Mord begeht, beweist, dass er aufgrund seiner genetischen Basis und seiner Erziehung(Umwelt) nicht anders handeln konnte. Wenn seine Erziehung gut war, dann muss es andere Gründe geben. Vielleicht hat er genetisch kein ausgeprägtes Gewissen mitbekommen.
Du hast übrigens völlig recht. Auch die Gesellschaft "kann nicht anders" sie ist nicht schuldfähig. […]
Die Lebenslüge liegt darin, dass es hier um Gerechtigkeit ginge, dass der Verbrecher böse ist und wir gut, dass der Verbrecher schuld ist.
"Wenn seine Erziehung gut war …": dann wird derjenige den Mord erst gar nicht begehen, oder aber die Umstände erzwingen das tatsächlich:
Ich würde z.B. bedenkenlos auf jemanden schießen, der eine Pistole auf meine Familie gerichtet hält und offensichtlich schießen will.
Er oder Ich/Wir!
… da kann man natürlich hochmoralisch von "Notwehr" reden – eine Tötung wäre es in jedem Fall.
Zuletzt geändert von SLclem am Mittwoch 8. Mai 2013, 19:48, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Mehreres dazu:DieKeule » Mo 23. Jul 2012, 16:33 hat geschrieben:Ein kluger Kopf ["Die Wildente" v. Henrik Ibsen] sagte mal: „Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück.“
Übergewichtige fühlen sich Top-Fit, Geld ist nicht wichtig im Leben, es gibt keine hässlichen Frauen... die Liste an Lebenslügen ist lang, doch warum werden diese Aussagen so gerne wiederholt? Als Erklärung für eigene Defizite? Sind die Lebenslügen ein politisch korrekter Schutzschild für diejenigen, die eigene Probleme (sei es in der Liebe, Gesellschaft oder finanzieller Natur) nicht erkennen oder sie schön reden?
Meine persönliche Meinung dazu …
… nur derjenige, der einem Problem ein wahres Gesicht gibt kann es endgültig besiegen!
– Dein Fazit (Deine Lebenslüge?

man soll einer hässlichen Frau dieses knallhart sagen, und damit kann sie ihre Hässlichkeit "besiegen" … wie soll das gehen?
Man kann keinem Armen damit helfen, dass man ihm sagt: Ha! – Du musst unglücklich sein, sonst belügst Du Dich selbst! Werde gefälligst reich!
– Dein Zitat oben von Dr. Relling aus Ibsens "Wildente" lautet im Zusammenhang:
"Das wäre das Schlimmste, was ihm passieren könnte. Wenn Sie einem Durchschnittsmenschen…" usw.
Der Arzt sieht in "kleinen Lebenslügen" eine Therapie, die eine "seelische Krankheit" kurieren oder verhindern kann.
Deshalb lautet die Antwort: "JA! Menschen brauchen manchmal Lebenslügen."
Meine Mutter war in den 80/90er Jahren (als Katholikin) beinahe fanatische CDU-Anhängerin, bis sie Anfang der 90er Jahre krass enttäuscht austrat, weil sie deren angebliche "christlich-soziale Gerechtigkeit" (Ellbogen-Mentalität, Sozialabbau) selbst einfach nicht mehr "sehen" konnte …
Sie hat ihre Lebenslüge selbst erkannt und überwunden.
Glücklicher war sie danach wohl kaum, aber man konnte mit ihr wieder objektiv über Politik reden …
Moshe Zuckermann zu Israel-Palästina: https://www.youtube.com/watch?v=ROe_T4MQorM
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Das würde bedeuten, dass eine Haftstrafe deshalb verhängt wird, weil sie einen resozialisierenden Effekt hat, der Richter sich also überlegen würde: wie lange muss eine Haftstrafe in diesem Fall sein, um die optimalen Effekt zu erzielen. Das tut er aber nicht! Die Schwere der Strafe richtet sich nach der Schwere der Schuld und das Prinzip ist ganz klar: Keine Strafe ohne Schuld.SLclem » Mi 8. Mai 2013, 10:13 hat geschrieben:Erst mal finde ich es löblich, dass Du auf meine Argumente eingehst, statt wild um Dich zu hauen bzw. persönlich zu diffamieren, wie es "hier" leider öfter vorkommt. Danke ! …![]()
Und hier hast Du meinen Dritten Punkt nicht "nachvollzogen":
Der besagt (komprimiert), dass nicht eigentlich eine "Bestrafungspflicht" auf eine "Schuld" folgen muss. Vielmehr wird (im Gerichtsverfahren) festgestellt, inwieweit eine Verfehlung durch die Umstände (Affekt, Sozialisation) mit-entstanden ist, und welche Maßnahmen den Delinquenten zu einem für die Gesellschaft funktionierenden Mitglied "machen" können (Bewährung, JVA, Therapie etc.).
(… das Gegenteil machen die USA: Haftstrafen von mehreren hundert Jahren ! … völlig daneben, die Jungs.)
Bewährung und Therapie haben mit der Strafe an sich ja nichts zu tun.
Ich glaube nicht, dass Über-Ich und Es, real existieren, das sind Erfindungen der Freudschen Psychologie, etwa so real wie die Seele oder der "innere Schweinehund". Für mich spielt diese Hirnforschung aber wie gesagt keine große Rolle, mein Argument ergibt sich aus einfacher physikalische Logik.Die Tatsache, dass eine Entscheidung physiologisch etliche Millisekunden festgestellt werden kann, bevor man sich "bewusst" entscheidet, wird von Manchem als "Zwanghaftigkeit" des Agierens ausgelegt. Das sehe ich anders.
Wenn Du daraus eine "Lebenslüge" konstruierst, vergisst Du die Rollen des "Über-Ichs" und des "Es": diese wirken auch vor-bewusst(!), eine "Entscheidung" fällt also auch (z.T.) unbewusst, und wird erst danach "gemeinsam" mit dem "Ich" gedacht und ausgeführt.
Ja, sicher. Nur hat das mit Schuld nichts zu tun.Die Eltern können bei der Erziehung sehr wohl auf Eigenschaften des Kindes eingehen und einwirken. Sie können es auf Fehlverhalten hinweisen, sie können ihm "moralische Maßstäbe" vermitteln!
Wir reden aneinander vorbei, ich argumentiere überhaupt nicht moralisch.Mittlerweile weiß man, dass bei sehr vielen psych. Erkrankungen abnormale Stoffwechselvorgänge im Gehirn eine Rolle spielen. Wenn ein "Agressionshormon" krankhaft-verändert wirkt, wird man das nur pharma-therapeutisch und nicht verhaltens-therapeutisch beheben können. Mir erscheint das nicht "sinnlos", sonder sehr plausibel und logisch.
"Wenn seine Erziehung gut war …": dann wird derjenige den Mord erst gar nicht begehen, oder aber die Umstände erzwingen das tatsächlich:
Ich würde z.B. bedenkenlos auf jemanden schießen, der eine Pistole auf meine Familie gerichtet hält und offensichtlich schießen will.
Er oder Ich/Wir!
… da kann man natürlich hochmoralisch von "Notwehr" reden – eine Tötung wäre es in jedem Fall.
Mein Argument ist, dass "Schuld" eine irrationale, mystische Vorstellung ist, vergleichbar sagen wir dem buddhistischen "Kharma" oder der christlichen "Erbsünde". Ich kann sagen: Dieser Mensch hat schwere Erbsünde auf sich geladen - aber physikalisch ist das natürlich eine sinnlose Aussage.
Ich glaube mir fällt grade ein gutes Beispiel ein, das zeigt was ich meine:
Sagen wir da sind zwei Computer. Beide zeigen Fehlverhalten, stürzen dauernd ab, verrechnen sich.
Computer 1 hat offenbar schwere bauliche Mängel, in der Fabrik wurde geschlampt, die Software falsch aufgespielt. Computer 1 ist nicht selber schuld, dass er nicht korrekt funktioniert.
Computer 2 aber scheint in Ordnung, die Chips sitzen alle so wie sie sollen und auch die Software wurde korrekt eingespielt. Eigentlich müsste der funktionieren. Schlussfolgerung: Computer 2 macht das mit Absicht! Er ist schuldfähig und also schuld.
Was aber heißt das, physikalisch gesehen, dass Computer 2 schuld ist? Was bedeutet hier: schuldfähig?
Zuletzt geändert von ahoops am Donnerstag 9. Mai 2013, 15:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Bei den ersten Einwänden in oberem Beitrag geht es um sehr feine Nuancen: wie man etwas sieht, ob man dies-und-das Argument zulässt.ahoops » Do 9. Mai 2013, 15:44 hat geschrieben:[…]
Ich glaube mir fällt grade ein gutes Beispiel ein, das zeigt was ich meine:
Sagen wir da sind zwei Computer. Beide zeigen Fehlverhalten, stürzen dauernd ab, verrechnen sich.
Computer 1 hat offenbar schwere bauliche Mängel, in der Fabrik wurde geschlampt, die Software falsch aufgespielt. Computer 1 ist nicht selber schuld, dass er nicht korrekt funktioniert.
Computer 2 aber scheint in Ordnung, die Chips sitzen alle so wie sie sollen und auch die Software wurde korrekt eingespielt. Eigentlich müsste der funktionieren. Schlussfolgerung: Computer 2 macht das mit Absicht! Er ist schuldfähig und also schuld.
Was aber heißt das, physikalisch gesehen, dass Computer 2 schuld ist? Was bedeutet hier: schuldfähig?
Darauf zu antworten, habe ich heute Abend nicht mehr die "Muße", mache ich morgen …
Zu Deinem Computer-Beispiel aber kurz:
Siehst Du in "Computer 1" den normalen Menschen, in "Computer 2" ein nicht realisierbares Ideal?
Computer 2 KANN entweder keine Fehler machen, oder die sind ihm "einprogrammiert" worden.
Jede andere Möglichkeit ist entweder unlogisch/unmöglich oder würde bei ihm freien Willen ("mit Absicht") –den Du ja gerade abstreitest!– voraussetzen!
(Es ist allerdings mathematisch eindeutig nachgewiesen, dass es kein fehlerfreies Programm (außer "trivialen") geben KANN.
Du kannst sagen: "ein perfekter Computer macht keine Fehler" – aber da sie Menschen-gemacht sind, wird es immer Fehler geben!)
Computer haben allerdings kein Bewusstsein und können daher auch keine "Wertung" ihres Handelns abgeben … Menschen tun das fortwährend.
Computer haben kein "Gewissen", und können keine Schuld an irgendetwas "fühlen" oder "haben".
Moshe Zuckermann zu Israel-Palästina: https://www.youtube.com/watch?v=ROe_T4MQorM
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Computer 1 ist ein Mensch mit schwer gestörter Persönlichkeit der vor Gericht als nicht schuldfähig diagnostiziert wird und daher mildernde Umstände erhält oder sogar freigesprochen wird.SLclem » Do 9. Mai 2013, 22:01 hat geschrieben:Bei den ersten Einwänden in oberem Beitrag geht es um sehr feine Nuancen: wie man etwas sieht, ob man dies-und-das Argument zulässt.
Darauf zu antworten, habe ich heute Abend nicht mehr die "Muße", mache ich morgen …
Zu Deinem Computer-Beispiel aber kurz:
Siehst Du in "Computer 1" den normalen Menschen, in "Computer 2" ein nicht realisierbares Ideal?
Computer 2 KANN entweder keine Fehler machen, oder die sind ihm "einprogrammiert" worden.
Jede andere Möglichkeit ist entweder unlogisch/unmöglich oder würde bei ihm freien Willen ("mit Absicht") –den Du ja gerade abstreitest!– voraussetzen!
(Es ist allerdings mathematisch eindeutig nachgewiesen, dass es kein fehlerfreies Programm (außer "trivialen") geben KANN.
Du kannst sagen: "ein perfekter Computer macht keine Fehler" – aber da sie Menschen-gemacht sind, wird es immer Fehler geben!)
Computer haben allerdings kein Bewusstsein und können daher auch keine "Wertung" ihres Handelns abgeben … Menschen tun das fortwährend.
Computer haben kein "Gewissen", und können keine Schuld an irgendetwas "fühlen" oder "haben".
Computer 2 wird verurteilt, da er als normal diagnostiziert wird. Er hat logischerweise auch einen Fehler in der Programmierung, aber wir können ihn nicht genau verorten. "Funktioniert im Rahmen normaler Parameter" wie es bei Star Trek heißt. Da wir die Ursache seiner Tat nicht genau verorten können, gehen wir davon aus, dass er bewusst, mit Absicht so gehandelt hat - aus freiem Willen.
Richtig Menschen können sich schuldig fühlen. Aber sie können auch fühlen, dass sie schlechtes Kharma haben oder mit Erbsünde belastet sind. Ist das deshalb wahr?
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Menschen brauchen nur dann solches, was wir als "Lebenslüge" bezeichnen, wenn sie ohne solche nicht mehr "atmen" könnten, sprich den letzten Auswegs des Suizids wählen würden müßten.
Lebenslügen infolge Doppellebens z. B., zwei parallele Ehen o. ä., sind hier sicher nicht Gegenstand?
Dahinter stellen sich zwei konkrete Fragen:
1. Wie definiere ich die "Lüge"?
2. Ab wann ist der Weg ohne solche suizid-potentiell?
Was also könnten wir darüber überhaupt intersubjektiv und übergeordnet empfehlen, als eine objektive Position dazu schon einmal vorneweg auszuschließen ist?
Lebenslügen infolge Doppellebens z. B., zwei parallele Ehen o. ä., sind hier sicher nicht Gegenstand?
Dahinter stellen sich zwei konkrete Fragen:
1. Wie definiere ich die "Lüge"?
2. Ab wann ist der Weg ohne solche suizid-potentiell?
Was also könnten wir darüber überhaupt intersubjektiv und übergeordnet empfehlen, als eine objektive Position dazu schon einmal vorneweg auszuschließen ist?
Zuletzt geändert von Daylight am Freitag 10. Mai 2013, 01:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Gut. Um die Sache auf einen Kerngedanken zu reduzieren:ahoops » Fr 10. Mai 2013, 01:11 hat geschrieben:Richtig Menschen können sich schuldig fühlen. Aber sie können auch fühlen, dass sie schlechtes Kharma haben oder mit Erbsünde belastet sind. Ist das deshalb wahr?
Menschen sind, wie Du selbst sagst, in der Lage "Schuld" zu fühlen – nur so ist überhaupt denkbar, dass sie aus einer Verfehlung etwas lernen können, etwas im "Nachhinein" als falsch erkennen und bereuen KÖNNEN.
Dieses Schuld-Fühlen ist in der Tat Voraussetzung für "moralisches" Lernen. Es ist z.T. anerzogen (Über-Ich), z.T. jedem Menschen in seinem "Mensch-Sein" mitgegeben. (Manchen zugegeben in zu geringem Maß.)
Deinen Einwand "Erbsünde" würde ich ähnlich sehen, wie den "Holocaust" unserer direkteren Vorfahren:
Wir sind in keiner Weise daran SCHULD – aber wir sollten uns SEHR bewusst sein, dass unsere Vor-Eltern so etwas tun KONNTEN (etwas, das wir für uns selbst für unmöglich halten mögen ), und sind daher in der Pflicht, besonders viel "Misstrauen" uns selbst gegenüber zu zeigen, um Ähnliches zukünftig zu verhindern.
Das sind wir diesen Millionen Opfern SCHULDIG.
P.s.: falls Du die Begrifflichkeit des "Es", "Über-Ich" etc. wirklich als reine "Erfindungen" betrachtest, lässt mich das daran zweifeln, dass wir uns jemals "verstehen" werden …
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Die Welt ist voller humorloser Menschen. Habt ihr schon mal irgendjemanden erlebt, der sich selber als humorlos bezeichnet hätte? Humorlosigkeit ist eine Charaktereigenschaft, die jeder von sich weist. Ich kenne Menschen, die sich selber als cholerisch, als egoistisch oder als stinkefaul bezeichnen. Aber niemand sieht sich selber als humorlos und will auch nicht als humorloser Mensch gelten.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
ab wann genau ist man denn humorlos ... ??!Liegestuhl » Fr 10. Mai 2013, 12:08 hat geschrieben:Die Welt ist voller humorloser Menschen. Habt ihr schon mal irgendjemanden erlebt, der sich selber als humorlos bezeichnet hätte? Humorlosigkeit ist eine Charaktereigenschaft, die jeder von sich weist. Ich kenne Menschen, die sich selber als cholerisch, als egoistisch oder als stinkefaul bezeichnen. Aber niemand sieht sich selber als humorlos und will auch nicht als humorloser Mensch gelten.
die briten zum beispiel kokettieren gerne in aller welt mit ihrem angeblichen sinn fuer humor ...
sorry, ich weiss bis heute noch nicht, wo die den verstecken und einsperren ... ???!
diesen ihren humor ...
Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Der britische Humor gehört zum Besten der Welt.sportsgeist » Fr 10. Mai 2013, 12:10 hat geschrieben:die briten zum beispiel kokettieren gerne in aller welt mit ihrem angeblichen sinn fuer humor ...
sorry, ich weiss bis heute noch nicht, wo die den verstecken und einsperren ... ???!
diesen ihren humor ...
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
.Sal Paradise » Fr 10. Mai 2013, 12:16 hat geschrieben:
Der britische Humor gehört zum Besten der Welt.
.
... seltsam, so einen sicheren tresor koennte ich auch gebrauchen
Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
sportsgeist » Fr 10. Mai 2013, 12:18 hat geschrieben: .
.
... seltsam, so einen sicheren tresor koennte ich auch gebrauchen

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
user boracay hatte mal eine schoene definition.
sinngemaess:
england, das ist doch die affeninsel, auf der 85% der bevoelkerung zur unterschicht gehoeren und dies mit freude an schlechtem geschmack und trash auch ausleben ...
nunja ... immerhin ist diese freude am schlechten geschmack und proletentum ja auch eine form von humor ...

sinngemaess:
england, das ist doch die affeninsel, auf der 85% der bevoelkerung zur unterschicht gehoeren und dies mit freude an schlechtem geschmack und trash auch ausleben ...
nunja ... immerhin ist diese freude am schlechten geschmack und proletentum ja auch eine form von humor ...


Zitat: Stehen Intelligenz und Schulnoten in irgendeinem direkten proportionalen Zusammenhang ... Nein ... Warum? ... Ich bin das lebende Gegenbeispiel
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Hm, da könntest du recht haben, ich argumentiere logisch und du irgendwie moralisch. Schuld fühlen und Schuld sein hat nichts miteinander zu tun. Das ist ja gerade die Lebenslüge, die ich anspreche. Aus einer Nützlichkeits-Erwägung, lässt sich keine Wahrheit ableiten. Richtig, der Mensch kann schuld fühlen aber er IST nicht schuld. Genau das ist ja die Lebenslüge, die nützlichen Schuldgefühle belegen ja nicht, dass da wirklich so etwas wie Schuld existiert.SLclem » Fr 10. Mai 2013, 11:49 hat geschrieben:Gut. Um die Sache auf einen Kerngedanken zu reduzieren:
Menschen sind, wie Du selbst sagst, in der Lage "Schuld" zu fühlen – nur so ist überhaupt denkbar, dass sie aus einer Verfehlung etwas lernen können, etwas im "Nachhinein" als falsch erkennen und bereuen KÖNNEN.
Dieses Schuld-Fühlen ist in der Tat Voraussetzung für "moralisches" Lernen. Es ist z.T. anerzogen (Über-Ich), z.T. jedem Menschen in seinem "Mensch-Sein" mitgegeben. (Manchen zugegeben in zu geringem Maß.)
Deinen Einwand "Erbsünde" würde ich ähnlich sehen, wie den "Holocaust" unserer direkteren Vorfahren:
Wir sind in keiner Weise daran SCHULD – aber wir sollten uns SEHR bewusst sein, dass unsere Vor-Eltern so etwas tun KONNTEN (etwas, das wir für uns selbst für unmöglich halten mögen ), und sind daher in der Pflicht, besonders viel "Misstrauen" uns selbst gegenüber zu zeigen, um Ähnliches zukünftig zu verhindern.
Das sind wir diesen Millionen Opfern SCHULDIG.
P.s.: falls Du die Begrifflichkeit des "Es", "Über-Ich" etc. wirklich als reine "Erfindungen" betrachtest, lässt mich das daran zweifeln, dass wir uns jemals "verstehen" werden …
Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Weil kaum einer es konsequent und immer ist. Bei der Betrachtung kommt es immer auf die jeweilige Situation und subjektive Befindlichkeiten an. Worüber einer abwinkt und lachen kann, kann ein anderer das mitnichten und umgekehrt. Absolut situationsabhängig.Liegestuhl » Fr 10. Mai 2013, 12:08 hat geschrieben:Die Welt ist voller humorloser Menschen. Habt ihr schon mal irgendjemanden erlebt, der sich selber als humorlos bezeichnet hätte? Humorlosigkeit ist eine Charaktereigenschaft, die jeder von sich weist. Ich kenne Menschen, die sich selber als cholerisch, als egoistisch oder als stinkefaul bezeichnen. Aber niemand sieht sich selber als humorlos und will auch nicht als humorloser Mensch gelten.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Deine Überlegungen wären logisch, wenn die Prämisse zutreffend wäre, dass es keinen "Freien Willen" gibt:ahoops » Fr 10. Mai 2013, 13:33 hat geschrieben:Hm, da könntest du recht haben, ich argumentiere logisch und du irgendwie moralisch. Schuld fühlen und Schuld sein hat nichts miteinander zu tun. Das ist ja gerade die Lebenslüge, die ich anspreche. Aus einer Nützlichkeits-Erwägung, lässt sich keine Wahrheit ableiten. Richtig, der Mensch kann schuld fühlen aber er IST nicht schuld. Genau das ist ja die Lebenslüge, die nützlichen Schuldgefühle belegen ja nicht, dass da wirklich so etwas wie Schuld existiert.
- SLclem » Fr 10. Mai 2013, 11:49
P.s.: falls Du die Begrifflichkeit des "Es", "Über-Ich" etc. wirklich als reine "Erfindungen" betrachtest, lässt mich das daran zweifeln, dass wir uns jemals "verstehen" werden …
Das hast Du aber in keiner Weise bewiesen, belegt, nachvollziehbar erläutert oder als Standpunkt anerkannter Wissenschaftler angeführt.
Dein "logisch schlüssiger Gedankengang" beweist sich bis jetzt nur selbst (Selbst-Referenz).
Ich meine, selbst wenn man die Tatsache der physiologisch messbaren "Entscheidung" vor der bewussten als "zwingend-unfrei" wertet, belegt das höchstens einen größeren Einfluss des "Es" bzw. "Über-Ich" in unserer Gesamt-Persönlichkeit … aber selbst DIE können wir reflektieren, zumindest im Nachhinein – wie unser Austausch hier gerade beweist. …

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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Die neurologischen Studien streite ich nicht ab. Nur bestätigen diese einfach den "Gesamt-Menschen" aus Ich, Es und Über-Ich – mehr nicht!denkmal » Di 7. Mai 2013, 22:43 hat geschrieben:…, dass Ergebnisse aus neurologischen Studien darauf hindeuten könnten, dass unser sogenannter freier Wille uns vom programmatisch ablufenden Hirn vorgegaukelt wird. Meist, wenn ich mich recht erinnere, waren die Ströme zur Umsetzung von Aktionen schon messbar VOR der Aktivität im Hirnbereich, der die Entscheidung trifft.
Somit wäre philosophisch gesehen tatsächlich niemand schuldfähig auf der Basis der alternativen Handlungsentscheidungen wie heute, weil das Gehirn aus antrainierten und bewerteten Abläufen die für die jeweilige Situation bestmögliche Aktion OHNE Entscheidung des Ichs durchführt - und natürlich den Feedback (Lernen) in die künftigen Ablaufprozesse einfliessen lässt.
Warum das Gehirn aber dem Bewusstsein(?) eine freie Entscheidung vorgaukelt, muss dabei auch einen Wert haben - vielleicht gerade die Möglichkeit der Sozialisation wegen erkannter Vorteile in vielen Abläufen?....
Kurz angerissen wurde die Problematik mal in dem Buch "Der Parasit" von Markus C. Schulte von Drach - falls jemand Interesse an Lesetipps hat...[…]
Dafür muss man nicht gleich einen "Freien Willen" verneinen, sondern kann das schlicht als physikalische Manifestation des psychologischen Zusammenspiels (das schon Freud beschreibt) sehen.
Du machst "das Gehirn" verantwortlich für unser Tun: als von uns getrennte Instanz, die uns "ihren" Willen vorschreibt, uns etwas "vorgaukelt".
"Das Gehirn macht" nicht etwas, denn es ist Teil von uns: WIR sind auch "unser Gehirn". Da ist nichts "außerhalb" von uns …
Als WAS siehst Du "das Gehirn" – als eine Art "Fernsteuerung", einen "Big brother"? Jedenfalls hätte es dann einen Freien Willen.
Damit ist letztlich doch wieder die Gesamtheit des Menschen –wie auch immer Du sie unterteilen möchtest– sehr wohl verantwortlich, schuldig!, an unserem Verhalten. Nur weiß eben das "Ich" nicht alles, was so im Kopf geschieht – es ist nur die "Repräsentanz" unseres Wesens/Charakters.
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
Allerdings frage ich mich gerade, inwieweit diese Überlegungen noch zum Thema "Lebenslügen" passen können.
Es gibt keinen Weg, wie man der Mutter/Frau usw. eines Mordopfers "Gerechtigkeit" zukommen lassen kann. Stimmt.
Das ist vielleicht der Punkt, an dem eine "Lebenslüge" stattfindet:
Es kann keine Gerechtigkeit geben, aber nicht, weil keine "Schuld" existiert, sondern weil eine Wiedergutmachung oft unmöglich ist.
Das Opfer wurde bisher meist (als gesellschaftl. "ungefährlich") gar nicht mehr bedacht. Der "bedrohliche" Mensch musste "behandelt" werden.
Es gibt in dieser Hinsicht seit einiger Zeit den "Täter-Opfer-Ausgleich": hier muss sich der Täter mit der Situation, den Gefühlen, Schmerzen etc. des Opfers auseinander setzen. Soweit ich gehört habe, sind vielen Tätern die Auswirkungen auf ihre Opfer nicht bewusst, oder sie werden verdrängt bzw. die Täter bauen sich ein Zerrbild auf, das ihr Vergehen entschuldbar erscheinen lässt:
Das Opfer war ein "mieser Ausbeuter", "reicher Fresssack", "Feigling", was auch immer.
Ich denke, gerade wer stiehlt, verletzt oder mordet, muss eine Lebenslüge über seine Opfer aufbauen, um diese Taten vor sich selbst rechtfertigen zu können:
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Naja, ich hatte zweimal versucht herzuleiten, dass es physikalisch gesehen keinen freien Willen geben kann, allerdings bist du beide Male nicht darauf eingegangen, sondern hast mehrfach diese Hirnuntersuchungen erwähnt, von denen ich ja gesagt hatte, dass die für meine Argumentation keinerlei Rolle spielen.SLclem » Fr 10. Mai 2013, 15:56 hat geschrieben:Deine Überlegungen wären logisch, wenn die Prämisse zutreffend wäre, dass es keinen "Freien Willen" gibt:
Das hast Du aber in keiner Weise bewiesen, belegt, nachvollziehbar erläutert oder als Standpunkt anerkannter Wissenschaftler angeführt.
Dein "logisch schlüssiger Gedankengang" beweist sich bis jetzt nur selbst (Selbst-Referenz).
Ich meine, selbst wenn man die Tatsache der physiologisch messbaren "Entscheidung" vor der bewussten als "zwingend-unfrei" wertet, belegt das höchstens einen größeren Einfluss des "Es" bzw. "Über-Ich" in unserer Gesamt-Persönlichkeit … aber selbst DIE können wir reflektieren, zumindest im Nachhinein – wie unser Austausch hier gerade beweist. …
Aus meiner Sicht muss ich nicht beweisen, dass es keinen Freien Willen gibt, im Gegenteil, nach Occhams Razor, muss der, welcher die Existenz von etwas postuliert, auch den Beweis oder Beleg dafür erbringen. Du behauptest, dass ein Freier Wille existiert, also müsstest du auch die wissenschaftliche Quelle dafür bringen, dass er existiert.
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Damit biegst Du Dir Ockhams Rasiermesser passend zurecht …ahoops » Sa 11. Mai 2013, 00:03 hat geschrieben:Naja, ich hatte zweimal versucht herzuleiten, dass es physikalisch gesehen keinen freien Willen geben kann, allerdings bist du beide Male nicht darauf eingegangen, sondern hast mehrfach diese Hirnuntersuchungen erwähnt, von denen ich ja gesagt hatte, dass die für meine Argumentation keinerlei Rolle spielen.
Aus meiner Sicht muss ich nicht beweisen, dass es keinen Freien Willen gibt, im Gegenteil, nach Occhams Razor, muss der, welcher die Existenz von etwas postuliert, auch den Beweis oder Beleg dafür erbringen. Du behauptest, dass ein Freier Wille existiert, also müsstest du auch die wissenschaftliche Quelle dafür bringen, dass er existiert.

Das besagt nämlich richtigerweise, dass von mehreren passenden Hypothesen aus "Sparsamkeit" jeweils die einfachste zu gelten habe.
"Freier Wille" ist offensichtlich und beobachtbar: eine "Antithese", die alle Beobachtungen und Fakten berücksichtigt, müsste m.E. von Dir kommen!
Deine Herleitung sagt (mir): wenn etwas chemisch (Synapsen) oder fein-elektronisch (EEG) messbar sei, schließt es physikalisch gesehen "spirituellen" oder "geistigen" Freien Willen aus. (Das würde das eigentliche "Selbst-Bewusstsein" ebenfalls auf eine "Illusion" reduzieren.)
Das trifft sogar zu – aber nur auf COMPUTER !
… wie sind aber keine "Bewusstseins-losen" Computer (wie in Deinem Beispiel analogisierend dargestellt), und wir haben offensichtlich ein "Ich" – sonst würden "Wir" uns hier gar nicht unterhalten können …

Mein Gegenbeispiel: stell Dir ein Auto vor mit Motor, Getriebe, Karosserie etc. Das Auto ist fähig zum Erreichen eines beliebigen Punktes auf der Welt – aber erst ein Fahrer ("Bewusstsein" oder "Ich") kann ihm ein Ziel geben und seine "Fähigkeiten" sinnvoll einsetzen.
Zum "Freien Willen" hatte ich darauf verwiesen, dass schon durch die Beobachtungen/Experimente Freuds die Einflüsse von "Es" und "Über-Ich" bekannt, belegt und bewiesen sind.
Du beharrst darauf, die gäbe es beide gar nicht … um die These nicht widerlegen zu lassen, es gäbe keine "Schuld" und eine Strafe sei somit sinnlos?
(… wobei Du das subjektive "Gefühl" aber schon einräumst.)
Dem widerspreche ich ganz klar: eine Strafe ist dann sinnvoll, wenn sie persönliches "Bewusstsein" um das Vergehen berücksichtigt, ein Lernen in der Zukunft anregt und auch das Gerechtigkeitsempfinden eines Opfers beachtet. (Und eine "Bewährung" hat selbstverständlich auch mit Schuld und Strafe zu tun!)
Aber als "Entgegenkommen":
Wirklich "Freier Willen" ist m.E. tatsächlich nur stark eingeschränkt möglich – niemand kann "wollen" ab sofort gut/intelligent/schön zu sein, seine Familie einfach zu verlassen, oder den nächsten Physik-Nobelpreis zu gewinnen. Die Voraussetzungen sind, wie sie sind.
Man kann aber aus "freiem Willen" beschließen, etwas anzustreben, zu versuchen oder fest an ein Ziel zu glauben …
- "wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!" … "Glaube versetzt Berge." …
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Re: Brauchen Menschen Lebenslügen?
Freier Wille ist weder offensichtlich noch beobachtbar. Du hast ja noch nichtmal definiert, was du unter "Freier Wille" verstehst - wie willst du ihn dann beobachten? Ich bin mir momentan nicht ganz sicher worauf du überhaupt abzielst. Ich stelle mal eine Behauptung auf:SLclem » Sa 11. Mai 2013, 13:45 hat geschrieben:Damit biegst Du Dir Ockhams Rasiermesser passend zurecht …:
Das besagt nämlich richtigerweise, dass von mehreren passenden Hypothesen aus "Sparsamkeit" jeweils die einfachste zu gelten habe.
"Freier Wille" ist offensichtlich und beobachtbar: eine "Antithese", die alle Beobachtungen und Fakten berücksichtigt, müsste m.E. von Dir kommen!
Das Wirken Gottes ist beobachtbar und offensichtlich.
Ist das aus deiner Sicht richtig oder falsch?
Dann hast du meine Herleitung nicht verstanden. Ich habe weder Synapsen noch etwas ähnliches erwähnt, du hast das eingebracht und ich habe darauf geantwortet, dass das für meine Argumentation keine Rolle spielt. Der Freie Wille ist allerdings meines Erachtens eine Illusion, die das Gehirn erzeugt. Eine nachträgliche Erklärung, die uns untergeschoben wird für das was wir getan haben.SLclem » Sa 11. Mai 2013, 13:45 hat geschrieben:Deine Herleitung sagt (mir): wenn etwas chemisch (Synapsen) oder fein-elektronisch (EEG) messbar sei, schließt es physikalisch gesehen "spirituellen" oder "geistigen" Freien Willen aus. (Das würde das eigentliche "Selbst-Bewusstsein" ebenfalls auf eine "Illusion" reduzieren.)
Richtig. Aber sinnvoll hat mit freiem Willen nichts zu tun. Nimm zwei Würfel. Würfel 1 hat kein Bewusstsein, Würfel 2 hat ein Bewusstsein. Ich werfe beide Würfel und beide fallen zufällig auf die 5. Das Bewusstsein von Würfel 2 wird diesem jetzt eine Erklärung liefern warum er auf die 5 gefallen ist. Die Tatsache, dass er 5 gewürfelt hat, hat damit einen Sinn. Aber trotzdem ist Würfel 2 nicht schuld. Allerdings vor Gericht würde Würfel 2 als schuldig verurteilt, weil er ein Bewusstsein hat, wogegen Würfel 1 unschuldig ist, weil er nur ein Ding ist (jetzt mal unterstellt, eine 5 zu würfeln sei strafbar).SLclem » Sa 11. Mai 2013, 13:45 hat geschrieben:Mein Gegenbeispiel: stell Dir ein Auto vor mit Motor, Getriebe, Karosserie etc. Das Auto ist fähig zum Erreichen eines beliebigen Punktes auf der Welt – aber erst ein Fahrer ("Bewusstsein" oder "Ich") kann ihm ein Ziel geben und seine "Fähigkeiten" sinnvoll einsetzen.
SLclem » Sa 11. Mai 2013, 13:45 hat geschrieben:Zum "Freien Willen" hatte ich darauf verwiesen, dass schon durch die Beobachtungen/Experimente Freuds die Einflüsse von "Es" und "Über-Ich" bekannt, belegt und bewiesen sind.
Meines Wissens sind Freuds Thesen selbst unter Psychologen sehr umstritten und Psychologie ist keine empirische Wissenschaft - jedenfalls Freudsche Psychologie nicht. Sie kann also nichts beweisen oder belegen.
SLclem » Sa 11. Mai 2013, 13:45 hat geschrieben:Du beharrst darauf, die gäbe es beide gar nicht … um die These nicht widerlegen zu lassen, es gäbe keine "Schuld" und eine Strafe sei somit sinnlos?
(… wobei Du das subjektive "Gefühl" aber schon einräumst.)
Dem widerspreche ich ganz klar: eine Strafe ist dann sinnvoll, wenn sie persönliches "Bewusstsein" um das Vergehen berücksichtigt, ein Lernen in der Zukunft anregt und auch das Gerechtigkeitsempfinden eines Opfers beachtet. (Und eine "Bewährung" hat selbstverständlich auch mit Schuld und Strafe zu tun!)
Keineswegs. Strafe ist sinnvoll. Das habe ich auch schon zweimal erwähnt. Sicher räume ich das subjektive Gefühl ein. Natürlich kann man durch negatives Feedback eine Verhaltensänderung erreichen. Ich bin etwas verwirrt, meine Position ist doch eigentlich nicht kompliziert, warum fällt es dir schwer die zu verstehen?

SLclem » Sa 11. Mai 2013, 13:45 hat geschrieben:Man kann aber aus "freiem Willen" beschließen, etwas anzustreben, zu versuchen oder fest an ein Ziel zu glauben …
Nein, das kann man nicht. Man kann sich einbilden einen Beschluss aus freiem Willen zu fassen, aber man kann es nicht. Das ist bei extremen Fällen nur auffälliger, dass es nicht geht. Der Freie Wille ist nicht tatsächlich nur stark eingeschränkt möglich - er ist überhaupt nicht möglich.
Zuletzt geändert von ahoops am Sonntag 12. Mai 2013, 14:07, insgesamt 1-mal geändert.