Sir Porthos » Do 21. Mär 2013, 20:27 hat geschrieben: Von welcher praktischen Lebenserfahrung sprichst Du ?
Meinst Du den Konsum und dem Schwelgen in weltlichen Gütern ?
Ich habe da andere Lebenserfahrungen gemacht. Sie waren mit Schmerz verbunden. Und ich habe den Tod vor Augen gehabt. Und mich hat eine Kraft gehalten, die nicht von dieser Welt ist. Ich weiß nicht, ob es der der christliche Gott ist, der mich aufgefangen hat. Aber was ich weiß und nicht nur glaube, ist, dass es eine Macht gibt, die immer bei uns ist und die uns beschützt, wenn wir bereit und, ihr zuzuhören. Denn die Stimme ist sehr leise und unaufdringlich.
Gruß aus Hamburg !
Ich wäre der letzte, gerade Dir gegenüber, der Dir Deinen Glauben nehmen wollte..oder auch in der Lage wäre, ihn Dir zu nehmen.
Und nein, selbstredend sprach ich nicht etwa über einen materialistisch-verfremdenden Weg eines „
Schwelgens in Konsum“ oder dergleichen. Dies aber solltest Du doch mindestens über mich bereits wissen. Oder war „Groll“ Anlass, Dir diese rhetorische Frage entlocken zu können?
Nein, vielmehr sprach ich alle unsere lebenspraktischen Erfahrungen an, welche sich nicht,- und wahrhaftig nicht,- mit „über-weltlichen“ Märchen versus harten realen Fakten in Einklang bringen lassen. Jedenfalls nicht nach meinen Erfahrungen und Wahrnehmungen.
Das fürwahr abgegriffene, ja, abgedroschene und ebenso triviale Argument dagegen, wie es sein könne, dass eine solche transzendental wirkende Übermacht in Gestalt eines oder mehrerer „Götter“ zum Beispiel immerdar zulassen konnten und bis zur Stunde zulassen, dass stündlich auf dieser Welt zweifellos unzählige unschuldige Kinder infolge einer weltweit nicht funktionierenden Weltgemeinschaft jämmerlich sterben müssen, mag zwar nicht ankommen noch, bei irgendwem, der es sich gemütlich auf seinem heimischen Sofa oder auf einer Kirchenbank zum Gebet „gemütlich“ gemacht hat.
Doch dieser Vorwurf, dieser grundsätzliche Zweifel und die große Frage, die sich dahinter stellt, währt „ewiglich“ – im Pfaffenjargon – und sie ist bis zur Stunde niemals überzeugend beantwortet worden.
Im Grunde spreche ich vielmehr über das, was Du hier angesprochen hast, um Deine Frage näher und persönlicher zu beantworten.
Auch ich spreche über „Schmerz“ und Leid. Und ich denke nahezu täglich darüber nach, wenn es meine Zeit zulässt oder entsprechende Umstände - derer es in meinem Leben nicht wenige gab - dazu zwangen und zwingen. Und über eine innere „Kraft“ ebenso, die uns alle am einfachen und schlichten leben hält und die nicht nach Wunder und Zauber fragt. Wir sind nicht mit kindlicher und unzureichender Erfahrung ausgestattet, wir wissen viel mehr über Schmerz und Leid, als uns lieb ist. Wenn uns das Schicksal trifft, sei es, ein uns geliebter Mensch erkrankt schwer, sei es, ein uns sehr nahestehender Mensch verlässt uns oder stirbt, der Beispiele Legion, fallen wir auf uns selbst zurück. Verlust und Schmerz überfallen uns mit einer Wucht und mit einer Gnadenlosigkeit, welche wir nicht routiniert und wie sonst ertragen und verarbeiten können. Verzweiflung folgt. Die unumgängliche Hinnahme solcher harten Fakten erreicht uns erst viel später.
Aber wir älteren, reiferen Menschen sind zunehmend vorgewarnt auf solche „Leid- und Schmerzprozesse“.., das zum Beispiel verbuche ich unter jener Lebenspraxis und –Erfahrung.
Ich gehe sicher davon aus, dass alleine die subjektiv und individuell seelische Festigung, das heißt die zugleich emotionale
und die rationale Festigung in innerer Harmonie, eines Individuums das alleine ausmacht, was wir als "Kraft" in solch schweren Stunden, Tagen, zuweilen auch Jahren, bezeichnen und wie wir jeweils mit solchem Schmerz, solchem Leid und mit solchem Verlust umzugehen in der Lage sind und fertig werden. Mit Hokuspokus und derlei Hoffnungen hat das nichts zu tun, imho. Knallharte Reflexion der unausweichlichen Gegebenheiten und Fakten ist die gestellte Herausforderung, harte Fragen an uns und unser Schicksal zwingen, "beantwortet" und "reagiert" zu werden. Und sie lassen uns keine Wahl.
Ich begrüße es, wenn viele Menschen in diesen Stunden Trost und "Hoffnung" in ihrem religiösen Glauben finden können. Doch ich würde sie dennoch niemals belügen, fragten sie mich nach meiner Position.
Ich gehe ebenso wenig davon aus, dass diese „Kraft“ des Widerstandes oder der positiven Trauerverarbeitung solcher temporären Seelenkatastrophen eine Frage von Magie oder transzendenten Mächten ist. Vielmehr sehe ich in pragmatischer und nicht verklärter Lebenspraxis und -Erfahrung eine innere, rein individuelle und höchst menschliche Kraft des Einzelnen selbst, mit persönlich größtem ideellen Verlust, mit persönliche zustoßendem Leid und Schmerz und mit derben Rückschlägen fertig werden zu können. Auch, wenn das Zeit braucht.