frems » Di 9. Apr 2013, 19:46 hat geschrieben:
Joa, aber in Bezug auf Kaufkraft sind die Unterschiede nicht so groß. Die Preissteigerungen waren zumindest nicht weniger hoch. Hauptproblem war bei uns aber in der Tat nicht das Thema Sanierungen, sondern Wohnungsmangel. Das ist halt das Problem, wenn Politik auf eine wachsende Stadt setzt, aber gleichzeitig den Wohnungsbau vernachlässigt und nicht in Auge behält, wie viele Sozialwohnungen nach und nach auslaufen.
Hier setzt man zumindest beim Neubau meist auf den "Drittelmix", also kein Neubau (ab 20 Wohneinheiten) ohne ein Drittel Sozialbau, ein Drittel Eigentums- und ein Drittel freifinanzierte Mietwohnungen. Ob's hilft, weiß man aufgrund des Schweinezyklus erst nach einigen Jahren.
Betrifft es in Berlin wirklich so viele innerstädtische Quartiere? Oder eher nur einige wenige Szeneviertel, wo die Nachfrage stark stieg? Von Neukölln und Kreuzberg hatte ich auch schon häufiger gehört, aber wie sieht's da mit Wedding, Friedrichshain, Tiergarten, Tempelhof usw. aus?

Im Falle Berlins gibt es mehre Faktoren, die problematisch sind.
Die Stadt war vor zehn Jahren noch auf bevölkerungstechnischen Schrumpfkurs eingestellt, viele Wohnungen wurden abgerissen und der soziale Wohnungsbau wurde, auch aufgrund des generellen Sparkurses des Senats, eingestampft. Seitdem ist die Stadt um ca 120.000 Einwohner gewachsen, ohne das bisher eine adäquate Reaktion im Wohnungsmarkt erfolgte, welchen der Situation gerecht wird.
Sowohl Wirtschaft, als auch die Politik, waren von dem plötzlichen Wandel vollkommen überfordert und schaffen es jetzt erst langsam, auf diese Entwicklung zu reagieren und neue Wohnungen zu bauen, die auf einen akzeptablen Preisniveau liegen.
Gleichzeitig sind die gewachsenen Strukturen am aufbrechen, einige Kieze entwickeln sich entgegen dessen, was sie früher repräsentierten. Bekanntestes Beispiel ist Prenzlauer Berg, in der es Ecken gibt, wo inzwischen nicht mal mehr 1/5 an jenen Bewohnern vorhanden sind, die vor 15 Jahren noch da wahren. Hier ist es vor allen deshalb so massiv, weil früher dort, selbst für Berliner Verhältnisse, eher präker wohnende Menschen lebten, was sich inzwischen ins Gegenteil kehrte.
Auch beim demographischen Wandel kommt man nicht mehr hinterher. Die Stadt hat sich zur Singlehauptstadt (54% Einpersonenhaushalten) entwickelt, weil der Anteil an alleinstehenden Rentnern steigt, jedoch auch junge Menschen massiv in die Stadt drängen, welche vor allen nach 1 und 2 Zimmer Wohnungen suchen. Der vorhandene Wohnraum ist zu großen teilen hier falsch strukturiert.
Von Bezirk zu Bezirk ist dies jedoch höchst unterschiedlich und es macht auch nicht vor Neubauvierteln halt.