Mao-Enkel wird General

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Wasteland
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Wasteland »

gallerie hat geschrieben:
...ach, und wie kann dann ein Enkel Maos als jüngster General der chinesischen Streitkräfte zu Ruhm und Ehren gelangen?
Weil er nicht Mao ist. Mao und der Viererbande wurden seinerzeit die Ohren lang gezogen. Aber der Name steht für was: Die Tradition der KP und ihren Herrschaftsanspruch.
Zuletzt geändert von Wasteland am Sa 26. Sep 2009, 20:51, insgesamt 2-mal geändert.
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Mithrandir
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Mithrandir »

Wasteland hat geschrieben:Allerdings ist der Gründungsmythos der VR China und damit auch der Alleinherrschaftsanspruch der KP mit Mao untrennbar verbunden, auch wenn sie ideologisch fast nichts mehr verbindet.

Wenn sich die KP vom verhassten Mao lossagt und mit ihm bricht, werden schnell Fragen laut, die die Regierung in China ganz sicher nicht hören will. Deshalb werden sie auch weiter an seinem Image polieren, obwohl ihnen das ideologisch gesehen wurscht ist.
Interessante Sichtweise, und sie wirkt plausibel. Demnach verhindert nicht eine andere Mentalität die Aufarbeitung sondern harte Machtinteressen.
Eines spricht allerdings gegen diese Sichtweise: Wenn wie Du sagt, Mao »gnadenlos in Ungnade gefallen« ist bei der Bevölkerung, stärkt es dann wirklich die Macht der chinesischen Führung, wenn sie Maos Image poliert? Oder besteht nicht eher die Gefahr, dass sich die Führung von den Menschen entfernt, die unter Mao Angehörige verloren haben und jetzt von der Führung hören, was für ein toller Hecht Mao doch gewesen sein soll?
Wasteland
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Wasteland »

Mithrandir hat geschrieben: Interessante Sichtweise, und sie wirkt plausibel. Demnach verhindert nicht eine andere Mentalität die Aufarbeitung sondern harte Machtinteressen.
Eines spricht allerdings gegen diese Sichtweise: Wenn wie Du sagt, Mao »gnadenlos in Ungnade gefallen« ist bei der Bevölkerung, stärkt es dann wirklich die Macht der chinesischen Führung, wenn sie Maos Image poliert? Oder besteht nicht eher die Gefahr, dass sich die Führung von den Menschen entfernt, die unter Mao Angehörige verloren haben und jetzt von der Führung hören, was für ein toller Hecht Mao doch gewesen sein soll?
Ich glaube das tun sie und schon seit ner Weile bin ich davon überzeugt, das China in Richtung gewaltige innere Probleme schliddert. "Gnadenlos in Ungnade" war auch leicht übertrieben, aber es gab zu Maos Ende und nach seinem Tod, starke antimaoistische Tendenzen in China und seine Anhänger die ihn überlebten wurden eingelocht. Deng Xiaopeng leitete daraufhin die Öffnung Chinas ein, deren Ergebnis wir heute sehen. Das war so ziemlich das Gegenteil von dem was Mao mit der Kulturrevolution versuchte.
Wasteland
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Wasteland »

Und wie schon jemand anders sagte, der Typ hat nichtmal die Qualifikationen. Was glaubt ihr was das für einen moralischen Effekt auf die Truppen hat und für einen propagandistischen Effekt, wenn der Enkel des Mannes, der den grossen Marsch absolvierte und die Japaner vertrieb General wird. Das ist symbolisch und propagandistisch nicht zu überbieten, die politischen Querelen mal beiseite.
Zuletzt geändert von Wasteland am Sa 26. Sep 2009, 21:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Mithrandir
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Mithrandir »

Wasteland hat geschrieben:Ich glaube das tun sie und schon seit ner Weile bin ich davon überzeugt, das China in Richtung gewaltige innere Probleme schliddert.
D. h. die chinesische Führung steckt Deiner Meinung seit dem Ende der Herrschaft Maos in dem Dilemma, zwar aufgrund seiner Taten mit Mao brechen zu müssen (was sie ja auch getan hat), ihn andererseits aber dennoch (aufgrund eigenen Legitimations-Defizits? Um der Stabilität willen?) weiter verehren zu müssen?
Das wäre schon eine besondere Form von Doppeldenk.
Aber vorstellbar, dass auch in der Bevölkerung das Chaos, das bei einem breiten Infragestellen der Führung zu befürchten wäre als gefährlicher erachtet wird als deren eventuelle Unzulänglichkeiten. Der Zusammenbruch der Sowjetunion ist sicher ein mahnendes Beispiel, dem wohl niemand nacheifern will.
Marineiro
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Marineiro »

gallerie hat geschrieben: ...pünktlich zum 60 jährigen Bestehen der Volksrepublik wird nun ein Mao-Enkel der jüngste General in China.

Haben die Genossen immer noch nichts gelernt?
Da wird ein Enkel des größten Massenmörders den die Geschichte erleben musste General.


Am 1. Oktober 1949 hatte Mao Tse-tung auf dem Tiananmen-Platz in Peking die Gründung der Volksrepublik China ausgerufen.
Die chinesische Führung plant zum 60. Jahrestag eine Militärparade, ein Feuerwerk sowie Massen-Gesangs- und Tanzaufführungen. Sie hat die Sicherheitsvorkehrungen im Vorfeld der Feierlichkeiten massiv verschärft".
@ gallerie,
ich würde sagen, nicht der Enkel Mao's, der General, spielt die Hauptrolle in der Story.

Als Mao endlich im Mausoleum lag, war es für Mao's Nachfolger Deng Xiaoping egal,
ob éine Katze schwarz oder weiß war; die Hauptsache war es, dass die Katze Mäuse fing.
Will sagen, die Ideologie war für Deng Xiaoping zweitrangig.

Wichtig wurde der wirtschaftliche Aufschwung Chinas.
Wie auch immer.
Und wie auch immer der wirtschaftliche Aufschwung stattfinden konnte,
Mao und seine Ideen waren nicht mehr brauchbar und Mao verschwand,
jedenfalls in der Wahrnehmnung einer Langnase wie mich, aus der Öffentlichkeit.


Du weißt, dass es in Ost-Asien immer noch die Sippenhaftung gibt.
Ein Familienmitglied kann eine ganze Großfamilie diskreditieren.

Nach Mao's Tod konnten seine Nachfolger Mao nicht ungeschehen machen,
also galt Mao auch weiterhin als großer Revolutionär.

Er hing noch während einer Schamfrist in allen öffentlichen Büros an den Wänden,
aber Mao's Familie gab es von einen zum anderen Tag nicht mehr.
Mao konnte nicht mehr in Ungnade fallen, aber seine Familie.

1978 schreibt der Deutsche Botschafter in China, Erwin Wickert,
in seinem ausgezeichneten Buch ,,China von innen gesehen'',
,,wo sind heute Mao's Kinder?
Wo ist sein Neffe Nao Yuanxin, wo seine Nichte Wang Hairong?

und an anderer Stelle in dem Buch
(kann ich leider nicht aus dem Stehgreif finden, das Buch ist sehr umfangreich)
erkennt Wickert bei einem Besuch in Mao's Geburtshaus auf einem Bild
Mao's 2. Frau und andere Familienmitglieder Mao's.
Wickert sagt darauf dem begleitenden Fremdenführer (sprich Aufpasser),
wer auf dem Bild abgebildet ist.
Als Wickert nach ein paar Jahren wieder einmal in Mao's Geburtshaus kommt,
ist Mao's 2. Frau und die Familienmitglieder wegretouchiert.
Es gab sie nicht mehr.

Lt Wikipedia haben die Streitkräfte der Volksrepublik China heute 2.225.000 aktive Soldaten,
die US-Streitkräfte etwas mehr als 1,4 Millionen.

Die US Army hat (die begrenzte Anzahl von) 302,
die US-Airforce 279 und die US-Navy 80 Generäle.
Es gibt also insgesamt 741 aktive US-Generäle.

Im Vergleich zu den US-Streitkräften ist es sicher nicht überzogen,
wenn wir annehmen, dass die Chinesen 1.000 Generäle haben.

Es ist der internationalen Presse keine Zeile wert,
wenn die Chinesen jemand zum General machen und glaube,
die chinesische Armeeführung würden es nicht einmal veröffentlichen
wen sie zum General macht.

Die Meldung ist:
Die Chinesen wollen zum 60. Jahrentag der Volkrepublik die Mao-Zeit
weißwaschen.
Mao's Neffe Mao Xingu ist, so Dein Bericht, bei einer Veranstaltung
zu Ehren seines Großvaters zum General befördert worden.
Ich glaube nicht, dass es seit 1976 sehr oft eine Veranstaltung zu Ehren Mao's gegeben hat.

Die chinesische Regierung will Mao wieder hoffähig machen,
Das ist die Meldung
Zuletzt geändert von Marineiro am Sa 26. Sep 2009, 22:05, insgesamt 1-mal geändert.
Ein Seemann kann sich auf allen vieren
dem nächtlichen Himmel den Hintern gekehrt
noch an den Gestirnen orientieren das wird auf Seefahrtschulen gelehrt
Wasteland
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Re: Mao-Enkel wird General

Beitrag von Wasteland »

Mithrandir hat geschrieben: D. h. die chinesische Führung steckt Deiner Meinung seit dem Ende der Herrschaft Maos in dem Dilemma, zwar aufgrund seiner Taten mit Mao brechen zu müssen (was sie ja auch getan hat), ihn andererseits aber dennoch (aufgrund eigenen Legitimations-Defizits? Um der Stabilität willen?) weiter verehren zu müssen?
Das wäre schon eine besondere Form von Doppeldenk.
Aber vorstellbar, dass auch in der Bevölkerung das Chaos, das bei einem breiten Infragestellen der Führung zu befürchten wäre als gefährlicher erachtet wird als deren eventuelle Unzulänglichkeiten. Der Zusammenbruch der Sowjetunion ist sicher ein mahnendes Beispiel, dem wohl niemand nacheifern will.
Ja. Einmal fand ein Kampf statt um die Richtung. Den hat Deng gewonnen. Dann musste er aber dafür sorgen das die KP trotzdem nicht in Frage gestellt wird. Also putzt man Mao raus, stellt ihn als grossen Wegbereiter dar, verzichtet diplomatisch darauf ihn an den Pranger zu stellen, aber baut de facto ein anderes Staatswesen auf, ohne die Tradition der Ein-Parteienherrschaft in Frage stellen zu müssen.
Mao ist der Göttervater der chinesischen Ein-Parteien Diktatur die heute sich kapitalistisch orientiert und ein wohlwollendes und glänzendes zurückschauen auf ihn zeigt wie glorreich die KP Chinas ist und was sie alles erreichen konnte oder nicht? ;) Denn heute ist nicht mehr Kulturrevolution, heute hält der Wohlstand Einzug. Da kann man auch mal bei Mao ein Auge zudrücken. Schwer wirds erst wenn in China auch der wirkliche Kapitalismus Einzug hält, den sie bisher noch künstlich verzögern, durch die Abwertung des RMB z.B.
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