Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

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Tom Bombadil
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben:(15 Jul 2018, 22:29)

Das einzige, was den Afrikanern wirklich helfen würde, wäre eine komplette Revision der Grenzen.
Und warum haben die afrikanischen Staaten das nicht schon längst gemacht? Sie sind seit ca. 50 Jahren und länger selbständig.

Brainiac hat geschrieben:(15 Jul 2018, 22:30)

Das erzählst du dann wohl besser nicht der Elfenbeinküste. Wiki:
Was ich geschrieben habe bedeutet ja nicht, dass gar kein Handel mehr getrieben werden soll. Die Elfenbeinküste muss jedenfalls viele Lebensmittel importieren: https://atlas.media.mit.edu/de/profile/country/civ/ Solange sie sich das leisten kann, ist alles okay, fehlt das Geld, gibt es eine humanitäre Katastrophe.
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sünnerklaas
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

H2O hat geschrieben:(16 Jul 2018, 09:35)

Das sind doch Märchenerzählungen! Dort, wo in Afrika ein Anlauf zur eigenverantwortlichen politischen Landschaftsgestaltung unternommen wurde, versinken diese neuen Gebilde in Bürgerkriegen.. siehe Süd-Sudan oder Gegensätze anglophon/frankophon in Togo. Marokko hat auch entschieden, daß die südliche Sahara zum Königreich Marokko gehört. Ich sehe da keine "Eingriffe der Industrienationen". Woraus leiten Sie denn Ihre Anklage ab?
Die Grenzen sind künstlich gezogen und nicht ausgehandelt. Jahrzehntelang haben Briten, Franzosen und die USA im Rahmen der Domino
Marokko ist zwar ein arabisches Land, die dortige Regierung ist aber pro-westlich. Nach dem Rückzug der Spanier galt es, in Westsahara eine sozialistische Machtübernahme zu verhindern.
Algerien hat übrigens auch eine pro-westliche Regierung. Sie wurde nach der gewaltsamen Beendigung der Wahlen 1988 quasi eingesetzt. In Ägypten wurde der demokratische "Spaß" auch ganz schnell beendet. Der heutige Staatspräsident ist pro-westlich und regiert autoritär. In Libyen hat die NATO jegliche staatliche Struktur gewaltsam beseitigt. Im Tschad sind seit Jahrzehnten die Franzosen militärisch am Werke. In Mali führen Deutsche und Franzosen Krieg. Also - die Liste ließe sich unendlich verlängern. Da wären zum Beispiel noch die Bürgerkriege in Mosambique und in Angola. Auch da waren auswärtige Mächte direkt und indirekt beteiligt. Zum Kongo brauche ich wohl gar nichts zu sagen - ebensowenig zu Uganda.
Wer soll denn die Geburtenkontrolle in Afrika durchsetzen, wenn nicht die Afrikaner selbst? Sollen das jetzt wieder "die Industrienationen" tun? Dann erhöbe sich zu Recht ein großes Wehklagen!
Zu den Hauptgegnern der Geburtenkontrolle gehört die christliche Rechte in Europa und in den USA. Afrikanische Bischöfe und Kardinäle, wie Robert Kardinal Sarah, die für ihre äusserst rigide Ablehnung jeglicher künstlicher Verhütung gehören, sind dort zu Helden. Ebenso zu den Helden gehört Kardinal Burke - ein glühender Fan von Steve Bannon. Der hatte einen Riesenärger angefangen, weil die Malteser in Myanmar Kondome verteilt haben.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 10:34)

Und warum haben die afrikanischen Staaten das nicht schon längst gemacht? Sie sind seit ca. 50 Jahren und länger selbständig.
Rein praktisch gesehen sind die Staaten nur eingeschränkt souverän.
Ein schönes Beispiel ist der arabische Frühling: in Ägypten wurde er abgewürgt und anschliessend ein pro-westliches Regime errichtet, das autoritär herrscht. In Bahrain waren es die Saudis, die demokratische Ambitionen zunichte machten. In Libyen war die NATO aktiv, in Syrien Russland. Das Regime in Algerien wurde schon 1988 mit Hilfe der Franzosen installiert. Der arabische Frühling wurde dort niedergeschlagen. Den Kurden wird kein Recht auf staatliche Souveränität zugestanden. Und so zieht sich das Land für Land durch ganz Afrika und den gesamten arabischen Raum.
Nicht immer legen die Industrienationen selber Hand an. Wenn es mit dem korrupten Despoten nicht mehr geht, holt man einen neuen. Und wenn das nicht geht, spielt man eben die Warlords gegeneinander aus. Und wenn das nicht läuft, legt man selber Hand an: Militärintervention.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von imp »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 08:58)

Das krampfhafte Festklammern am status quo definitiv auch nicht. Das Recht, ihren eigenen Weg zu finden, wird den Afrikanern nicht zugestanden. Sollten sie es versuchen, sind ratzefatze Militärinterventionen der Industriestaaten am Laufen.
Es gibt Ansätze der Selbstorganisation, doch selbst das bescheidene Niveau der kollektiven Konkurrenzbewältigung, das die EU bietet, ist für die AU noch weit entfernt. Die EU-Staaten bewirken effektiv mit "lukrativen Deals" wie ihren Vorschalt-Ideen gegen Flüchtlingsbewegungen eher die Schaffung neuer Konfliktlinien zwischen den afrikanischen Staaten.
Die Afrikaner sind nicht frei, zu entscheiden, wie sie sich staatlich organisieren. Sie sind nicht einmal frei zu entscheiden, wer sie regiert. Nicht einmal Ansätze der Geburtenkontrolle gibt es, ohne dass es in den westlichen Staaten wütendes Geschrei gibt. Das ist doch das Problem.
Es gibt erhebliche Fortschritte in der gesundheitlichen Aufklärung auch zur Sexualität, in der Bereitstellung von medizinischen Möglichkeiten und von Kondomen.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 10:59)

Rein praktisch gesehen sind die Staaten nur eingeschränkt souverän.
Und gibt es zu dieser VT auch Beweise? Auch, dass das bei einvernehmlichen Grenzänderungen der Fall wäre?

Was stellst du dir den vor? Soll man Islamisten und Diktatoren die Staaten überlassen? Und dann?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 11:13)

Was stellst du dir den vor? Soll man Islamisten und Diktatoren die Staaten überlassen? Und dann?
Damit lieferst Du gerade den Nachweis dafür, dass auch Du für eine eingeschränkte Souveränität der Länder und den Interventionismus befürwortest. Ägypter, Algerier, die Bürger von Bahrain etc. hatten nicht selber zu entscheiden, wer sie regiert. Und ist ja schon amäsant, dass ausgerechnet diese Staaten heute von Diktatoren regiert werden.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 11:29)

Damit lieferst Du gerade den Nachweis dafür, dass auch Du für eine eingeschränkte Souveränität der Länder und den Interventionismus befürwortest.
Ich befürworte Staaten, wo die normalen Menschen in Ruhe und Frieden LEBEN können, das ist weder unter der Herrschaft von Diktatoren noch unter religiösen Extremisten möglich. Wie man das bewerkstelligen kann, weiß ich aber auch nicht, wenn zB. auf den gerade abgesetzten Diktator direkt die religiösen Extremisten demokratisch gewählt werden, wie in Ägypten.

Beantwortest du meine Fragen noch? Was stellst du dir den vor? Soll man Islamisten und Diktatoren die Staaten überlassen? Und dann?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 11:59)

Ich befürworte Staaten, wo die normalen Menschen in Ruhe und Frieden LEBEN können, das ist weder unter der Herrschaft von Diktatoren noch unter religiösen Extremisten möglich. Wie man das bewerkstelligen kann, weiß ich aber auch nicht, wenn zB. auf den gerade abgesetzten Diktator direkt die religiösen Extremisten demokratisch gewählt werden, wie in Ägypten.

Beantwortest du meine Fragen noch? Was stellst du dir den vor? Soll man Islamisten und Diktatoren die Staaten überlassen? Und dann?
Das ist eine Suggestionsfrage. Außerdem ergibt sich die Antwort aus meinem vorherigen Posting.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von H2O »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 10:49)

Die Grenzen sind künstlich gezogen und nicht ausgehandelt. Jahrzehntelang haben Briten, Franzosen und die USA im Rahmen der Domino
Marokko ist zwar ein arabisches Land, die dortige Regierung ist aber pro-westlich. Nach dem Rückzug der Spanier galt es, in Westsahara eine sozialistische Machtübernahme zu verhindern.
Algerien hat übrigens auch eine pro-westliche Regierung. Sie wurde nach der gewaltsamen Beendigung der Wahlen 1988 quasi eingesetzt. In Ägypten wurde der demokratische "Spaß" auch ganz schnell beendet. Der heutige Staatspräsident ist pro-westlich und regiert autoritär. In Libyen hat die NATO jegliche staatliche Struktur gewaltsam beseitigt. Im Tschad sind seit Jahrzehnten die Franzosen militärisch am Werke. In Mali führen Deutsche und Franzosen Krieg. Also - die Liste ließe sich unendlich verlängern. Da wären zum Beispiel noch die Bürgerkriege in Mosambique und in Angola. Auch da waren auswärtige Mächte direkt und indirekt beteiligt. Zum Kongo brauche ich wohl gar nichts zu sagen - ebensowenig zu Uganda.



Zu den Hauptgegnern der Geburtenkontrolle gehört die christliche Rechte in Europa und in den USA. Afrikanische Bischöfe und Kardinäle, wie Robert Kardinal Sarah, die für ihre äusserst rigide Ablehnung jeglicher künstlicher Verhütung gehören, sind dort zu Helden. Ebenso zu den Helden gehört Kardinal Burke - ein glühender Fan von Steve Bannon. Der hatte einen Riesenärger angefangen, weil die Malteser in Myanmar Kondome verteilt haben.
So können Sie natürlich jede eigenverantwortliche Entscheidung im Nebel versinken lassen. Immer ist jemand anderes verantwortlich, nur der Entscheider nicht. Nein, nein, Afrikaner können sich schon für etwas entscheiden; nur befinden sich fast überall Kleptokratien und Korruptokratien an der Macht, mit 3 leuchtenden Ausnahmen im südlichen Afrika, wo eine gute Regierungsführung sich durchgesetzt hat. Da geht es auch voran in eine bessere Zukunft!
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 12:05)

Das ist eine Suggestionsfrage. Außerdem ergibt sich die Antwort aus meinem vorherigen Posting.
Es ist keine Suggestivfrage. Immer alles abzulehnen ist einfach. Wie sähe denn deine Lösung für solche Staaten aus?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 12:10)

Es ist keine Suggestivfrage. Immer alles abzulehnen ist einfach. Wie sähe denn deine Lösung für solche Staaten aus?
Als erstes macht man eine genaue Analyse, wo es Probleme und wo es Konflikte gibt. Und die werden dann direkt und lösungsorientiert angesprochen. Wer einen Nachteil hat, wird entsprechend entschädigt. Prinzipiell müssen sämtliche bestehenden und von auswärtigen Mächten am grünen Tisch gezogenen Grenzen auf den Prüfstand. Die Entscheidungen müssen die Leute vor Ort fällen.
Auch die staatliche Organisation gehört auf den Prüfstand. Bestenfalls sind da föderale Strukturen möglich - vor allem mit Hinblick auf den zwingend notwendigen Aufbau einer Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur. Die Länder sind riesig, was genau in den einzelnen Provinzen notwendig ist, wissen die Menschen vor Ort am besten. Und genau da muss die Verwaltung sein.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 14:11)

Die Entscheidungen müssen die Leute vor Ort fällen.
Meine Rede. Dazu waren aber schon 50 Jahre Zeit, gibt es denn überhaupt Initiativen in Afrika, die solche Grenzänderungen fordern und forcieren?
Auch die staatliche Organisation gehört auf den Prüfstand.
Wer soll das denn machen? Die gerade Herrschenden? Warum sollten die das tun? Die schneiden sich doch nicht den Ast ab, auf dem sie sitzen.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Welfenprinz »

Eine Bekannte,die im Senegal verheiratet ist, sagt,dass im täglichen Leben für die normalen Menschen Grenzen und Staaten quasi nicht existieren. Die wandeln zwischen Gambia,Senegal,Sierra Leone hin und her wie wir zwischen München und Kiel.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Welfenprinz hat geschrieben:(16 Jul 2018, 16:17)

Eine Bekannte,die im Senegal verheiratet ist, sagt,dass im täglichen Leben für die normalen Menschen Grenzen und Staaten quasi nicht existieren. Die wandeln zwischen Gambia,Senegal,Sierra Leone hin und her wie wir zwischen München und Kiel.
Ich meine, dass man es den Menschen dort selber zugestehen sollte, zu entscheiden, wie sie sich organisieren - ohne auswärtige Assistenz, bei der es nur darum geht, sich auf Grund irgendwelcher geo- und handelspolitischen Interessenslagen am status quo festzuklammern.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

Es bewegt sich ja auch etwas: http://www.taz.de/!5493010/ Braucht nur alles auch seine Zeit.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 16:07)

Meine Rede. Dazu waren aber schon 50 Jahre Zeit, gibt es denn überhaupt Initiativen in Afrika, die solche Grenzänderungen fordern und forcieren?


Wer soll das denn machen? Die gerade Herrschenden? Warum sollten die das tun? Die schneiden sich doch nicht den Ast ab, auf dem sie sitzen.
Wenn man Deiner Argumentation konsequent folgt, wäre es vollkommen zwecklos, dort irgendwas zuzulassen. Am besten einen loyalen Despoten installieren, wenn's nicht mehr funktioniert, notfalls per Intervention eingreifen. Aber auf gar keinen Fall die Leute selbst bestimmen lassen - könnte ja sein, dass die dann etwas schlimmeres machen.
Demokratisierung in

Ägypten? Mit Hilfe aus dem Ausland abgewürgt.
Syrien? Mit Hilfe aus dem Ausland abgewürgt.
Algerien? Mit Hilfe aus dem Ausland abgewürgt.
Bahrain? Mit Hilfe aus dem Ausland abgewürgt.

Sowas hat natürlich Folgen. Warum soll man was konstruktives machen, wenn sich anderswo Leute gleich vor Angst in die Hose machen und gleich mal mit den ganz großen Wummen vorbei kommen...
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 16:27)

Es bewegt sich ja auch etwas: http://www.taz.de/!5493010/ Braucht nur alles auch seine Zeit.
Das ist auch der richtige Weg.
Und hätte vor ca. 20, 25 Jahren irgendwer gedacht, dass ein Land wie Angola heute das stärkste Wirtschaftswachstum in ganz Afrika hat? Das hätte denen niemand zugetraut.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Orbiter1 »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 17:05)

Wenn man Deiner Argumentation konsequent folgt, wäre es vollkommen zwecklos, dort irgendwas zuzulassen. Am besten einen loyalen Despoten installieren, wenn's nicht mehr funktioniert, notfalls per Intervention eingreifen. Aber auf gar keinen Fall die Leute selbst bestimmen lassen - könnte ja sein, dass die dann etwas schlimmeres machen.
In Libyen und im Irak hat man die Despoten beseitigt und die Leute durften selbst bestimmen. Bist du mit dem Ergebnis zufrieden?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Orbiter1 hat geschrieben:(16 Jul 2018, 17:19)

In Libyen und im Irak hat man die Despoten beseitigt und die Leute durften selbst bestimmen. Bist du mit dem Ergebnis zufrieden?
Nein. Die Leute hätten ihre Despoten selber stürzen müssen. So, wie das da lief, funktioniert das nicht.
In Ägypten hat die Bevölkerung Mubarak gestürzt. Es wurden sogar Wahlen abgehalten. Als die Wahlen durchgeführt waren, hieß es, so sei nicht gewettet worden. Draufhin wurde ein pro-westliches Regime eingesetzt. Die Demokratisierung wurde abgeblasen und unterbunden. Zu gefährlich - und zwar nicht für die Ägypter, sondern für die Industrienationen. Die Botschaft ist klar und deutlich: die Ägypter haben nicht zu entscheiden, wer sie regiert.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Orbiter1 »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 17:24)

Nein. Die Leute hätten ihre Despoten selber stürzen müssen. So, wie das da lief, funktioniert das nicht.
In Ägypten hat die Bevölkerung Mubarak gestürzt. Es wurden sogar Wahlen abgehalten. Als die Wahlen durchgeführt waren, hieß es, so sei nicht gewettet worden. Draufhin wurde ein pro-westliches Regime eingesetzt. Die Demokratisierung wurde abgeblasen und unterbunden. Zu gefährlich - und zwar nicht für die Ägypter, sondern für die Industrienationen. Die Botschaft ist klar und deutlich: die Ägypter haben nicht zu entscheiden, wer sie regiert.
In Ägypten wurde kein pro-westliches Regime eingesetzt. Dort hat der Militärrat 60 Jahre regiert und nach dem Sturz von Mubarak die Wahl gegen die Muslimbruderschaft mit seinem Kandidaten Mursi verloren. Selbstverständlich haben sich die Militärs die Macht nicht abnehmen lassen und über einen Verfassungscoup das Parlament aufgelöst und das Gesetzgebungsverfahren an sich gezogen. Glaubst du denn die Muslimbrüder in Ägypten oder die Islamisten in Algerien hätten dort der Demokratie zum Durchbruch verholfen?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 17:05)

Aber auf gar keinen Fall die Leute selbst bestimmen lassen - könnte ja sein, dass die dann etwas schlimmeres machen.
Also hätte man zB. in Ägypten einfach mal die Muslimbruderschaft ranlassen sollen?
sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 17:24)

Draufhin wurde ein pro-westliches Regime eingesetzt.
WER hat as-Sisi eingesetzt?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Orbiter1 hat geschrieben:(16 Jul 2018, 17:54)

In Ägypten wurde kein pro-westliches Regime eingesetzt. Dort hat der Militärrat 60 Jahre regiert und nach dem Sturz von Mubarak die Wahl gegen die Muslimbruderschaft mit seinem Kandidaten Mursi verloren. Selbstverständlich haben sich die Militärs die Macht nicht abnehmen lassen und über einen Verfassungscoup das Parlament aufgelöst und das Gesetzgebungsverfahren an sich gezogen. Glaubst du denn die Muslimbrüder in Ägypten oder die Islamisten in Algerien hätten dort der Demokratie zum Durchbruch verholfen?
Mursi steht - genauso, wie Mubarak - für zuverlässige pro-westliche Politik.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Marmelada hat geschrieben:(16 Jul 2018, 00:27)

Das hängt vom Preis ab.

https://www.welt.de/politik/deutschland ... eutet.html
...außerdem natürlich davon, dass die höheren Gewinne nicht in goldene Wasserhähne des Plantagenbesitzers investiert werden.

https://www.schwaebische.de/ueberregion ... 01959.html
Das ist eine sehr gute Idee zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Hoffentlich wird es auch langfristig so durchgezogen.

Hier nochmal einige Kernsätze; "Wer sich bei Korruption sichtbar verschlechtert, verliert uns als Partner. Stattdessen werde ich unsere Maßnahmen zunehmend auf solche Länder konzentrieren, die Korruption messbar abbauen, Vertragstreue garantieren, rechtsstaatliche Prinzipien beachten, die Menschenrechte einhalten und eigene Steuererhebungs- und Verwaltungsstrukturen aufbauen."

Da stimme ich auch zu...
Und am Ausbau des fairen Handels führt wohl kein Weg vorbei.
... und da würde ich gerne genauer wissen, was du darunter verstehst. Die gegenwärtigen Zollregelungen bevorzugen die afrikanischen Länder ggü. den EU-Staaten, wenn man die gegenseitigen Importzölle vergleicht. Das ist vermutlich auch notwendig. Ich gehe nicht davon aus, dass du das abbauen möchtest, oder?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 10:34)
Was ich geschrieben habe bedeutet ja nicht, dass gar kein Handel mehr getrieben werden soll. Die Elfenbeinküste muss jedenfalls viele Lebensmittel importieren: https://atlas.media.mit.edu/de/profile/country/civ/ Solange sie sich das leisten kann, ist alles okay, fehlt das Geld, gibt es eine humanitäre Katastrophe.
Aber mit dem Export verdient sie Geld. Und zwar mehr, als innerafrikanisch herauszuholen wäre.

Vielleicht kannst du folgender Differenzierung zustimmen. Bei chronisch knappen Grundnahrungsmitteln sind Exporte kritisch zu sehen, ja. Aber nehmen wir zB Kakao, das ist keines, und Mangel daran führt eher selten zu Hungerkatastrophen. Die Elfenbeinküste exportiert eine Menge Kakao in die EU, und dagegen ist nichts zu sagen, im Gegenteil.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

[MOD] @alle, bitte wieder zur Agrarpolitik zurückkommen. Für allgemeine Afrika-Diskussionen gibt es genügend andere Stränge.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von H2O »

Wenn Europa ohne Exportbeihilfen und Zuschüsse für Landwirtschaft nachhaltig wirtschaftend Nahrungsmittel ausführen kann, dann ist das sicher in Ordnung. Ich bezweifele aber, daß Europa seine "Verdelungswirtschaft" (industrielle Tiermast, überdüngte Böden, zerstörte natürliche Bodenfruchtbarkeit) nachhaltig betreiben kann.

Ohne von Ackerbau und Viehzucht einen blassen Schimmer zu haben, meine ich, daß Zuschüsse für eine nachhaltige Landwirtschaft gerechtfertigt sind, wenn dadurch unsere europäische Versorgung mit Nahrungsmitteln abgesichert werden kann. Und dann muß damit Schluß sein. Mein Empfinden sagt mir, daß Europa mit den Gewinnen aus dem Export von Industriewaren seine ohnehin mit Zuschüssen versorgte Landwirtschaft in alle Welt hinein schleust.

Daß wir in Europa unsere Lebensgrundlagen (Luft, Trinkwasser, Bodenfruchtbarkeit) für diese Art von Welthandel vernichten, halte ich für eine unverzeihliche Dummheit!

Warum müssen Menschen aus Afrika und Asien nach Europa kommen, um hier als Hilfskräfte die landwirtschaftlichen Produkte zu erzeugen, mit denen wir im Welthandel ihre Arbeitsplätze zu Hause vernichten? Oder habe ich in der Wirkungskette etwas übersehen, und die Sache ist gar nicht so verwerflich?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

Brainiac hat geschrieben:(16 Jul 2018, 20:18)

Aber nehmen wir zB Kakao, das ist keines, und Mangel daran führt eher selten zu Hungerkatastrophen. Die Elfenbeinküste exportiert eine Menge Kakao in die EU, und dagegen ist nichts zu sagen, im Gegenteil.
Wird der Kakao denn fair bezahlt? Und könnte man auf Kakaoplantagen nicht andere Nahrungsmittel anbauen?

Aber wie gesagt, ich habe ja prinzipiell nichts gegen Handel, aber er muss auf Augenhöhe stattfinden, Spekulation mit Nahrungsmitteln bzw. dem Preis müsste auch unterbunden werden.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Tom Bombadil hat geschrieben:(16 Jul 2018, 22:25)

Wird der Kakao denn fair bezahlt? Und könnte man auf Kakaoplantagen nicht andere Nahrungsmittel anbauen?

Aber wie gesagt, ich habe ja prinzipiell nichts gegen Handel, aber er muss auf Augenhöhe stattfinden, Spekulation mit Nahrungsmitteln bzw. dem Preis müsste auch unterbunden werden.
Während in Südamerika (besonders in Brasilien) Kakao fast ausschließlich auf großen Plantagen angebaut wird und so oft unter den Auswirkungen von Monokulturen leidet, baut man in Afrika den Kakao in kleinbäuerlichen Betrieben an. Dabei pflanzen die Bauern den Kakao zwischen ihre sonstigen Gewächse wie z. B. Bananen und schaffen so eine natürliche Umgebung für den Kakaobaum, die Grundvoraussetzung für einen hohen Ertrag ist.
https://www.theobroma-cacao.de/wissen/w ... -plantage/

Ob die Abschaffung dieses Anbaus viel Anbaufläche für andere Nahrungsmittel freisetzt, scheint also fraglich. Der Kakaobaum benötigt ein tropisches Klima. Hier hat Westafrika also einen Wettbewerbsvorteil, warum zum Teufel soll es den nicht auf dem Weltmarkt zu nutzen versuchen?

Es gibt wie immer auch viel zu kritisieren (Kinderarbeit, Regenwaldabholzung, wenig Erlöse bleiben bei den Bauern hängen). Das sind aber Themen für sich und jedenfalls kein Argument, die EU - um deren Verhalten geht es ja hier - solle grundsätzlich von solchen Importen absehen.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Orbiter1 »

sünnerklaas hat geschrieben:(16 Jul 2018, 19:56)

Mursi steht - genauso, wie Mubarak - für zuverlässige pro-westliche Politik.
Mursi war ca 1 Jahr Präsident bis er vom Militär weggeputscht wurde. Bereits wenige Monate nach seiner Amtseinführung gab es Massenproteste wegen der zunehmenden Islamisierung.

„Bei Ausschreitungen am Rande einer weiteren Massendemonstration gegen den ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi sind mindestens 18 Menschen verletzt worden. Aus Protest gegen die von Mursi vorangetriebene Islamisierung des Landes waren die Gegner des Präsidenten vor dessen Palast in Kairo gezogen.“ Quelle: https://www.rtl.de/cms/proteste-gegen-a ... 49236.html

Was die europäische Agrarpolitik betrifft werden aktuell die Pflöcke für die Jahre 2020 bis 2027 eingerammt. Stichwort GAP (Gemeinsame Agrarpolitik). Und da bleibt so wie es aussieht alles wie gehabt. Die Landwirtschaftslobby wehrt sich gegen Subventionskürzungen und ökologische Auflagen. Die Exporte sollen gesteigert werden (aktuell ca 130 Mrd € po Jahr), die Industrialisierung wird mit Hightech vorangetrieben, Quadratmetergenaue Düngung und Pestizide, autonom fahrende Maschinen, die WTO soll zu hohen Standards beim Tierschutz gedrängt werden damit man sich gegen Importe wehren kann und die Subventionen soll es weiter per Gießkanne geben. Afrika oder die Flüchtlingsthematik kommen nirgends vor. Da kommt ein weiteres verlorenes Jahrzehnt auf uns zu.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

Brainiac hat geschrieben:(17 Jul 2018, 07:28)

Das sind aber Themen für sich und jedenfalls kein Argument, die EU - um deren Verhalten geht es ja hier - solle grundsätzlich von solchen Importen absehen.
Es ging mir primär um Nahrungsmittel, die wir aus aller Herren Länder importieren, um sie möglichst ganzjährig zur Verfügung zu haben.

Nimm doch mal einen anderen Staat. In Äthiopien findet seit 2016 beinahe unbemerkt von unserer Öffentlichkeit eine Hungersnot statt, auch andere ostafrikanische Staaten sind betroffen, auch das schon angesprochene Kenia: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitge ... ttel-klima Es werden felißig Rosen (Kenia) und Kaffee (Äthiopien) ex- und Devisen importiert, trotzdem hungern dort viele Menschen und sind auf unsere Hilfe angewiesen. Irgendwas ist an dem System faul.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Orbiter1 hat geschrieben:(17 Jul 2018, 08:59)

Mursi war ca 1 Jahr Präsident bis er vom Militär weggeputscht wurde. Bereits wenige Monate nach seiner Amtseinführung gab es Massenproteste wegen der zunehmenden Islamisierung.

„Bei Ausschreitungen am Rande einer weiteren Massendemonstration gegen den ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi sind mindestens 18 Menschen verletzt worden. Aus Protest gegen die von Mursi vorangetriebene Islamisierung des Landes waren die Gegner des Präsidenten vor dessen Palast in Kairo gezogen.“ Quelle: https://www.rtl.de/cms/proteste-gegen-a ... 49236.html

Was die europäische Agrarpolitik betrifft werden aktuell die Pflöcke für die Jahre 2020 bis 2027 eingerammt. Stichwort GAP (Gemeinsame Agrarpolitik). Und da bleibt so wie es aussieht alles wie gehabt. Die Landwirtschaftslobby wehrt sich gegen Subventionskürzungen und ökologische Auflagen. Die Exporte sollen gesteigert werden (aktuell ca 130 Mrd € po Jahr), die Industrialisierung wird mit Hightech vorangetrieben, Quadratmetergenaue Düngung und Pestizide, autonom fahrende Maschinen, die WTO soll zu hohen Standards beim Tierschutz gedrängt werden damit man sich gegen Importe wehren kann und die Subventionen soll es weiter per Gießkanne geben. Afrika oder die Flüchtlingsthematik kommen nirgends vor. Da kommt ein weiteres verlorenes Jahrzehnt auf uns zu.
Das Problem der europäischen und vor allem der deutschen Landwirtschaft ist, dass sie auf allen Märkten mit Markteilnehmern konkurrieren muss, die bestimmte geschäftliche Vorteile haben, die hierzulande verboten sind: Kinderarbeit, Schuldknechtschaft, Sklaverei. Für den deutschen Handel, also die die Erzeugerpreise diktierenden Discounter ist das sich daraus ergebenen Best-Pricing gut - auch der Kunde profitiert davon. Durch Dauertiefstpreise.

Umgekehrt gesehen: hierzulande kann man die Landwirtschaft ohne größere soziale und politische Verwerfungen nicht aufgeben. Die Klientel ist oft sehr schwerfällig und sehr skeptisch gegenüber Neuerungen. Die Folge: Die Leute im ländlichen Raum würden in Scharen zu den Populisten laufen, die ihnen versprechen, dass alles so bleibt, wie es ist. Selbst die AfD klammert sich ja in der Agrarpolitik krampfhaft an die von Brüssel aufgestellten Grundsätze. An dem Mansholt-Prinzip von 1968 (Wachsen oder Weichen) will man auch dort festhalten. Und es ist ja nicht allein so, dass allein die Landwirte von der Landwirtschaft leben - es gibt ja noch jede Menge Zulieferer in D, die Hochtechnologie liefern.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

Es wäre strategischer Wahnsinn, die Landwirtschaft in Deutschland oder der EU aufzugeben und sich in noch mehr Abhängigkeit vom Ausland zu begeben. Man sollte die hochsubventionierten Lebensmittel nur nicht in arme Länder exportieren und damit die dort ansässige Landwirtschaft schädigen.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Orbiter1 »

Tom Bombadil hat geschrieben:(17 Jul 2018, 09:46)

In Äthiopien findet seit 2016 beinahe unbemerkt von unserer Öffentlichkeit eine Hungersnot statt, auch andere ostafrikanische Staaten sind betroffen, auch das schon angesprochene Kenia: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitge ... ttel-klima Es werden felißig Rosen (Kenia) und Kaffee (Äthiopien) ex- und Devisen importiert, trotzdem hungern dort viele Menschen und sind auf unsere Hilfe angewiesen. Irgendwas ist an dem System faul.
Der Link funktioniert nicht. Und ja, in Äthiopien ist was faul. Nahrungsmittel werden dort genug produziert, aber nicht für Äthiopien.

"Dabei gilt Äthiopien als eines der potentialreichsten Agrarländer des Kontinents, das einen kräftigen Aufschwung erlebt hat. Seine Wirtschaftsleistung wächst seit längerem um rund 10 Prozent im Jahr. Die Landwirtschaft trägt 48 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Dafür sorgten auch chinesische Staatsfonds oder arabische Investoren, die Mega-Farmen errichten ließen. Kritiker sprechen von „Land Grabbing“, Landraub, bei dem die früheren Kleinbauern verdrängt werden. Die Ernährungssituation bessert sich auch nicht. Tatsächlich ist es nicht die Intention der Araber und Chinesen, hier überwiegend Lebensmittel für die äthiopische Bevölkerung zu ernten. So wird Afrika immer mehr Getreide entnommen. Die Landmatrix-Initiative, die mit der EU-Kommission und der deutschen Gesellschaft für Entwicklung und Zusammenarbeit kooperiert, hat jüngst errechnet, dass 10 Millionen Hektar in Afrika von internationalen Investoren übernommen worden seien: vor allem aus Malaysia, den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Singapur und Saudi-Arabien." Quelle: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/a ... 98-p3.html

Trotzdem macht der verlinkte Artikel auch Hoffnung. Afrika muß aktuell ein Viertel der benötigten Nahrungsmittel importieren, verfügt aber auch über riesige Landflächen die noch nicht landwirtschaftlich genutzt werden. Und es gibt auch landwirtschaftliche Initiativen die nicht auf die Intensivierung der Landwirtschaft wie in Europa setzen (was zu vielen Hundert Mio Arbeitslosen und massiven Flüchtlingsströmen führen würde) aber trotzdem eine Steigerung des Ertrages erzielen.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

H2O hat geschrieben:(16 Jul 2018, 22:05)
Warum müssen Menschen aus Afrika und Asien nach Europa kommen, um hier als Hilfskräfte die landwirtschaftlichen Produkte zu erzeugen, mit denen wir im Welthandel ihre Arbeitsplätze zu Hause vernichten? Oder habe ich in der Wirkungskette etwas übersehen, und die Sache ist gar nicht so verwerflich?
Die Frage ist, ob wir wirklich dort die Arbeitsplätze vernichten, oder ob sich rein gar nichts verbessern würde, wenn wir nichts exportieren täten. Weil das Nicht-Vorankommen der afrikanischen (Land-)wirtschaft vielleicht primär auf ganz anderen Faktoren beruht, wie miserable Regierungsführung, grundsätzlich mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, unklare Eigentumsverhältinsse bzw. mangelnde Durchsetzbarkeit desselben, etc. Welfenprinz hatte dazu einiges ausgeführt.

Ich weiß es nicht. :| Ich denke, dass es auch kein anderer Mensch auf diesem Planeten weiß, da bekanntlich die Parallelweltsimulatoren leider noch nicht auf dem Markt sind. Es KANN aber sehr gut so sein, wie Sie schreiben, und allein dieses KANN wäre für mich hinreichend, die europäische Agrarpolitik massiv in Frage zu stellen. Sie wird ja auch noch aus anderen Gründen erheblich kritisert, ganz unabhängig von Afrika oder der Migrationsdebatte.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Quatschki »

Man muß eines sehen:
In Afrika sind Megastädte entstanden, die ernährt werden müssen.
Das geht nicht mehr, indem irgendwelche Kleinbauern ihre traditionell angebauten Lebensmittel auf den Markt schaffen. Dafür braucht man Planbarkeit und Lieferzuverlässigkeit, Lagerhallen, Silos, Kühlhäuser,
riesige Kapazitäten. Und zwar immer mehr immer schneller.
Deutsche Großstadtverwaltungen ächzen schon, wenn sie um 10.000 Einwohner im Jahr wachsen.
Städte wie Lagos wachsen um hunderttausende Einwohner pro Jahr.
Die vielerorts noch verbreitete Selbstversorgungswirtschaft ist im Grunde ein Luxus ähnlich unserem Biobauerntum, weil die primitiven Anbaumethoden bei zu hohem Faktoreinsatz zu wenig Erträge bringen. Andererseits ist sie für Millionen Leute deren Existenz. Dieses Dilemma aufzulösen, ist eine riesige Herausforderung. Zum Glück nicht meine...
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Welfenprinz »

Zumindest so im Ansatz oder modellhaft sollte sich jeder mal überlegen,ob dieser in der Öffentlichkeit vorherrschende Denkansatz “Afrika soll sich erstmal agrarisch zu einem ordentlichen Selbstversorgungsgrad entwickeln,und dann Industrie und Dienstleistungssektor aufbauen“ überhaupt richtig ist.
Ich halte ihn für grundfalsch. :) So spielt man Siedler,aber realisiert nicht Fortschritt.
Hier im Forum war mal (ist noch) ein Marokkaner,der auch genauso argumentierte. Der sieht die Zukunft seines Landes nicht in Fisch und Melonen. Es geht um Energie,Technologie,Telekommunikation...


Gründe für diese Einstellung gibt es mehrere.
Die geringe Wertschöpfung des Agrarsektors. Damit kriegt man nicht die kleinsten Grundlagen einer Infrastruktur finanziert. Geschweige denn was hightech mässiges.

Die Historie. Egal ob GB,F und D im 19. oder Taiwan ,Südkorea (da geht das dänische Schweinefleisch seit Jahrzehnten hin) im 20. Jahrhundert.......alles Nahrungsmittelimporteure.
Der brasilianische Hähnchenfleischexport sichert die Ernährung von Abidjan oder Lagos,und zwar billig. Und macht es dadurch möglich,dass die Menschen nicht den ganzen Tag in der Urproduktion gefangen sind sondern in Sektoren mit höherer Wertschöpfung tätig werden können.

Ich habs jetzt nicht so mit dem recherchieren :dead: ,aber aus der Erinnerung würde ich sagen Ostafrika,Kenia,ist da schon sie ersten Schritte gegangen. Mobilfunkanbieter,Bezahlsystemanbieter etc.

Die Menschen wollen vom Feld weg. Wie hier auch.
Sterben kann nicht so schlimm sein,sonst würden es nicht so viele tun.
Lt. griinpissstudien stirbt eine Ratte, wenn ihr ein 200l-Fass Glyphosat auf den Kopf fällt.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Alpha Centauri »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:06)

Zumindest so im Ansatz oder modellhaft sollte sich jeder mal überlegen,ob dieser in der Öffentlichkeit vorherrschende Denkansatz “Afrika soll sich erstmal agrarisch zu einem ordentlichen Selbstversorgungsgrad entwickeln,und dann Industrie und Dienstleistungssektor aufbauen“ überhaupt richtig ist.
Ich halte ihn für grundfalsch. :) So spielt man Siedler,aber realisiert nicht Fortschritt.
Hier im Forum war mal (ist noch) ein Marokkaner,der auch genauso argumentierte. Der sieht die Zukunft seines Landes nicht in Fisch und Melonen. Es geht um Energie,Technologie,Telekommunikation...


Gründe für diese Einstellung gibt es mehrere.
Die geringe Wertschöpfung des Agrarsektors. Damit kriegt man nicht die kleinsten Grundlagen einer Infrastruktur finanziert. Geschweige denn was hightech mässiges.

Die Historie. Egal ob GB,F und D im 19. oder Taiwan ,Südkorea (da geht das dänische Schweinefleisch seit Jahrzehnten hin) im 20. Jahrhundert.......alles Nahrungsmittelimporteure.
Der brasilianische Hähnchenfleischexport sichert die Ernährung von Abidjan oder Lagos,und zwar billig. Und macht es dadurch möglich,dass die Menschen nicht den ganzen Tag in der Urproduktion gefangen sind sondern in Sektoren mit höherer Wertschöpfung tätig werden können.

Ich habs jetzt nicht so mit dem recherchieren :dead: ,aber aus der Erinnerung würde ich sagen Ostafrika,Kenia,ist da schon sie ersten Schritte gegangen. Mobilfunkanbieter,Bezahlsystemanbieter etc.

Die Menschen wollen vom Feld weg. Wie hier auch.

Nur wenn wie vielen Ländern Afrikas ( auch Zeile Asiens) für ein Teil der Bevölkerung nicht einmal die Nahrungsmittelsicherheit gewährleistet ist dann (aus vielerlei Gründen) bring auch die schöne neue geile High Tech Smartphone und Internetwelt wenig den Technik kann man nicht essen man sollte einen ganze anderen Ansatz wählen,.wenn die Vereinten Nationen die Menschenrechte tatsächlich ernst nehmen
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:06)

Zumindest so im Ansatz oder modellhaft sollte sich jeder mal überlegen,ob dieser in der Öffentlichkeit vorherrschende Denkansatz “Afrika soll sich erstmal agrarisch zu einem ordentlichen Selbstversorgungsgrad entwickeln,und dann Industrie und Dienstleistungssektor aufbauen“ überhaupt richtig ist.
Ich halte ihn für grundfalsch. :) So spielt man Siedler,aber realisiert nicht Fortschritt.
Hier im Forum war mal (ist noch) ein Marokkaner,der auch genauso argumentierte. Der sieht die Zukunft seines Landes nicht in Fisch und Melonen. Es geht um Energie,Technologie,Telekommunikation...


Gründe für diese Einstellung gibt es mehrere.
Die geringe Wertschöpfung des Agrarsektors. Damit kriegt man nicht die kleinsten Grundlagen einer Infrastruktur finanziert. Geschweige denn was hightech mässiges.

Die Historie. Egal ob GB,F und D im 19. oder Taiwan ,Südkorea (da geht das dänische Schweinefleisch seit Jahrzehnten hin) im 20. Jahrhundert.......alles Nahrungsmittelimporteure.
Der brasilianische Hähnchenfleischexport sichert die Ernährung von Abidjan oder Lagos,und zwar billig. Und macht es dadurch möglich,dass die Menschen nicht den ganzen Tag in der Urproduktion gefangen sind sondern in Sektoren mit höherer Wertschöpfung tätig werden können.

Ich habs jetzt nicht so mit dem recherchieren :dead: ,aber aus der Erinnerung würde ich sagen Ostafrika,Kenia,ist da schon sie ersten Schritte gegangen. Mobilfunkanbieter,Bezahlsystemanbieter etc.

Die Menschen wollen vom Feld weg. Wie hier auch.
http://politik-forum.eu/viewtopic.php?f ... 0#p4168156

Das hört sich alles gut an, es gibt auch in der Tat viele IT-Startups in Afrika, aber wer soll diese Software oder Dienstleistungen kaufen, warum, und wovon. Irgendwas muss doch die Basis sein, etwas, was man jetzt gut oder besser als andere kann. Die auf dem Feld nicht unterkommen, die fangen doch nicht an Software zu entwickeln, die werden arbeitslos und versuchen bei Verwandten irgendwie satt zu werden. Programmieren können auch 1 Mrd Chinesen und 1 Mrd Inder. Und GB, F und D im 19. oder Taiwan, Südkorea waren nicht so in jeder Hinsicht im Rückstand mit allem, wie es Afrika heute ist.

Ich sehe da wenig außer Landwirtschaft und Rohstoffe, daher glaube ich, dass die Entwicklung auf der Landwirtschaft aufsetzen muss. Klar sollte man sich darauf nicht beschränken, und auch die Selbstversorgungsfähigkeit wäre für mich nicht so entscheidend. Anbauen was sich gut verkauft (zB Kakao), Importieren was man schlecht genügend selbst anbauen kann (aus klimatischen oder Mengengründen), der Rest irgendwo dazwischen.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Boracay »

Tom Bombadil hat geschrieben: Aber wie gesagt, ich habe ja prinzipiell nichts gegen Handel, aber er muss auf Augenhöhe stattfinden, Spekulation mit Nahrungsmitteln bzw. dem Preis müsste auch unterbunden werden.
Längt widerlegter Blödsinn. Ihnen zusätzliche Nachfrage zu schaffen erhöht sich auch kein Preis. Man kann Lebensmittel nicht auf Halfe legen und liegen lassen bis sich der Preis erhöht.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Boracay »

sünnerklaas hat geschrieben: Umgekehrt gesehen: hierzulande kann man die Landwirtschaft ohne größere soziale und politische Verwerfungen nicht aufgeben.
Nur 2% der Deutschen arbeiten in der Landwirtschaft und nur für 1/3 davon tragen die EU Subventionen nennenswert zum Lebensunterhalt bei.
Und du meinst wegen 0,6% (von denen die meisten durch Haus und Hof ein hohes Vermögen haben) gäbe es soziale und politische Verwerfungen??
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Quatschki »

Boracay hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:21)
Man kann Lebensmittel nicht auf Halfe legen und liegen lassen bis sich der Preis erhöht.
Was meinst du, wie die Hanseatischen Pfeffersäcke reich geworden sind? Und wozu die ganzen Speicher, Speicherviertel und Speicherstädte da waren?
Oder warum moderne Obstanbauunternehmen riesige Controlled atmosphere-Lagerhallen haben?
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Welfenprinz »

Alpha Centauri hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:16)

Nur wenn wie vielen Ländern Afrikas ( auch Zeile Asiens) für ein Teil der Bevölkerung nicht einmal die Nahrungsmittelsicherheit gewährleistet ist dann (n
Brasilianisches Hähnchenfleisch. Günstig. Sicher lieferbar und verfügbar.

Ich kann das von mir gesagte auch vom Schwanz aufzäumen und kurz zusammenfassen:
Eine Leistungsfähige Landwirtschaft (=kann Lagos mit Lebensmitteln versorgen)gibt es nur in einem entwickelten Schwellen - besser Industrieland.

Mein Kollege in Tansania oder Sierra Leone kann der weltweit beste seines Fachs sein..........er hat (fast) keine Chance.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von sünnerklaas »

Boracay hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:30)

Nur 2% der Deutschen arbeiten in der Landwirtschaft und nur für 1/3 davon tragen die EU Subventionen nennenswert zum Lebensunterhalt bei.
Und du meinst wegen 0,6% (von denen die meisten durch Haus und Hof ein hohes Vermögen haben) gäbe es soziale und politische Verwerfungen??
Zur Landwirtschaft gehören nicht nur die Landwirte. Zur Landwirtschaft gehört auch noch eine sehr umfangreiche Zulieferer-Industrie. Des weiteren gilt: man kann den ländlich-peripheren Raum nicht noch weiter schwächen. Dann hat man irgendwann ein Riesenproblem. Auch in dünnbesiedelten Räumen wird gewählt.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Teeernte »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:06)

Ich habs jetzt nicht so mit dem recherchieren :dead: ,aber aus der Erinnerung würde ich sagen Ostafrika,Kenia,ist da schon sie ersten Schritte gegangen. Mobilfunkanbieter,Bezahlsystemanbieter etc.

Die Menschen wollen vom Feld weg. Wie hier auch.
Im Mobilfunk wir hier NUR durch den Regulierer und Vorschriften (Statik/Sicherheit) Manpower verbraten.

In Teilen von Afrika werden Mibilfunkstandorte noch mit der guten AK47 "Akquiriert" .... und der Bausatz an einen Baum/alten Reifen (mit Zement und Stahlstab) getackert.
Zum Teil "regenereierte" Alttechnik aus Europa verbraten.

...überwacht in China - in Shenzhen... Europäer/Amerikaner bauen da NUR - wenn die Überwachung durch die bekannten Geheimdienste interessant ist....


Der EINZIGE "Vorteil" - es wird "bezahlt" füür den Anbieter in GELD. ...nicht in Ziegen, Hühnern...oder alten Kabeln.

Braucht man für einen Wechsel der Technik wirklich mal "mehr" Leute - werden die kurz (Weltweit) angemietet. (Abgabefrei)

Grade für "Bezahlsysteme" (auch im Mobilfunk) gibt es wenige hoch spezialisierte Leute - die den Stick kurz anschliessen...oder von ihrer Insel den Teil hochladen..... - also GENAU SO wie in der Schweiz.

Wenn in Afrika mit Mobilfunk auf dem Land ....für NORMAL Sterbliche Geld "verdient" wird.... - sind es die Kopfgelder für Techniker. Mein Kollege ist schon 3 mal entführt worden - der Fahrer ist einmal erschossen worden...und das Auto wird einbehalten..

In letzter Zeit wird verstärkt auf "Sicherheitsdienste" gesetzt - die die Leute wieder "raushauen".....(auch selten Afrikaner).

Nur wenigen Afrikanern gelingt der Schritt nach Europa durch Bildung - und die Leute fehlen dann vor Ort.
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Es wäre übrigens ein nicht ganz zutreffendes Bild Afrikas, dort ausschließlich die um Subsistenzwirtschaft bemühten Familien- und Kleinbetriebe zu sehen. In der Elfenbeinküste gibt es weiträumige Kaffeeplantagen, in der Sierra Leone Palmölfelder, Angola investiert in Großfarmen für Getreide und Burkina Faso in die Hühnchenproduktion. Ich sehe keinen Grund, warum bewährte Verfahren der Massenproduktion nicht auch in Afrika weiter verbreitet möglich sein sollen, hinzu kommen die riesigen Flächenreserven.

Das geht sicher nicht ohne ausländische Investoren, und das sowie die ökologischen Aspekte ruft dann wieder die Gegner auf den Plan, die ja bei jedem Großprojekt in Afrika immer sofort und ausschließlich das Negative aufzählen (eigentlich aber in vielen Fällen auf diesem Umweg die geliebte grundsätzliche Kapitalismuskritik ausleben). Nun, diese Themen werden ja weltweit diskutiert. Jedenfalls ist die Zukunft der Welternährung wohl definitiv ein schwieriges und wichtiges Thema, und mir erschließt sich nicht, warum das nicht für Afrika auch als große Chance gesehen werden kann, irgendwann vielleicht auch mal über den eigenen Kontinent hinaus.

https://afrika.info/newsroom/afrika-die ... ibusiness/
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Und wenn Afrikas Landwirtschaft rentabler wird, trägt dies auch den Ausbau unterstützende Dienstleistungen und Tools, somit den Ausbau der IT-Industrie.

https://www.welt.de/wirtschaft/article1 ... chaft.html
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Habe jetzt mal versucht, mir auf Grundlage der Diskussion hier eine Meinung zu bilden, und auch noch etwas recherchiert.

Eine der Kernfragen ist ja, ob und in welchem Umfang die europäischen Agrarexporte nach Afrika tatsächlich die Entwicklung der dortigen Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie substantiell behindern. Dazu ist es sinnvoll, sich den tatsächlichen Handelsverkehr anzuschauen. EU-weit habe ich hierzu keine wirklich geeignete Datenquelle gefunden, aber bezogen auf den deutschen Außenhandel ist diese interaktive Datenbank des Statistischen Bundesamts sehr ergiebig: https://www-genesis.destatis.de/genesis ... len/51000* (und dann zB 51000-0007).

Dort kann man sich beispielsweise zusammenklicken und zusammenrechnen, dass Deutschland in 2017 für ca. 1,5 Mrd EURO Güter der Ernährungswirtschaft (Warengruppen EGW1-4, im allgemeinen auch als "Agrarhandel" im weiteren Sinne bezeichnet) in afrikanische Länder exportiert hat. Davon beispielsweise gut 13.000 Tonnen Fleisch nach Ghana im Wert von gut 8 Mio EURO, was ein äußerst niedriger Durchschnittspreis zu sein scheint.

Das afrikanische BIP (nominal) beläuft sich insgesamt auf knapp 2 Bill. EURO, davon entfallen ca. 300 Mrd EURO auf den Agrarsektor. (Quelle: https://www.cia.gov/library/publication ... -factbook/ + Berechnungen). Wenn man dem die 1,5 Mrd EURO Agrarexporte Deutschlands nach Afrika gegenüberstellt und mit dem Faktor 5 (halbwegs plausibler Wert) auf die EU hochrechnet, kommt man auf ein Verhältnis von etwa 1:40 zwischen EU-Exporten und Gesamt-Agrar-BIP Afrikas. Wenn man nun noch einbezieht, dass ein Großteil der afrikanischen Landwirtschaft der Subsistenz dient und nicht oder nur sehr lokal begrenzt in den Handel gelangt, kann man sich schon vorstellen, dass die - aus hochsubventionierter Landwirtschaft resultierenden - EU-Exporte in bestimmten Konstellationen sehr negative Effekte auf das lokale afrikanische Agrobusiness haben können. (Zur pauschalen Erklärung des Nicht-Vorankommens des Kontinents Afrika, im Sinne "hauptschuldig", reichen die EU-Exporte aber natürlich bei weitem nicht aus.)

Beispiel Fleisch, Ghana: Das Agrar-BIP Ghanas beläuft sich auf ca. 7 Mrd Euro. Dem stehen Fleischexporte für 8 Mio EURO aus Deutschland, also vielleicht ca. 40 Mio EURO aus der EU insgesamt, gegenüber. Von den 8 Mrd Agrar-BIP entfallen aber nur ein kleiner Teil auf tatsächlichen Handel (Rest = Subsistenz) und davon wiederum nur ein vermutlich kleinerer Teil auf Fleisch, also ist es plausibel, dass die Importe aus der EU eine schwer überwindbare Hürde für lokales Fleischbusiness darstellen, und so ist es auch (ideologisch wohl unverdächtige Quelle):
Selbst dort, wo die Nachfrage deutlich steigt und gute Verkaufspreise zu erzielen wären, wie in der Geflügelverarbeitung, wird nur wenig investiert, weil die oft subventionierte Ware aus dem Ausland noch billiger ist. "Lokale ghanaische Produzenten können da nur schwer mithalten", meint Kojo Blankson Wilson, Director of Operations des privaten Schlachtbetriebs JFAMCO.
https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/ ... 86708.html

Das Thema scheint also nicht ganz unberechtigt die Runde in der Presse gemacht zu haben, wenn auch vielfach mit übertriebener Polemik. Sicherlich ließen sich auch genügend andere, weniger öffentlichkeitswirksame Fälle finden. Man kann zB die Getreideexporte nach Nordafrika unter die Lupe nehmen, die in Jahren schlechter Ernte sicherlich unumgänglich sind, in anderen Jahren aber möglicherweise die Entwicklung der dortigen Getreidewirtschaft unnötig behindern. Ein anderes Beispiel wären die Exporte von Milch- und Molkereiprodukten nach Westafrika.

Soweit zu den Marktdaten.

Des weiteren habe ich der Diskussion entnommen, dass es wenig Einwände gegen ein Zurückfahren der EU-Agrarsubventionen aus Sicht der europäischen Landwirtschaft gibt - außer, dass man eine prinzipielle Selbstversorgungsfähigkeit aufrechterhalten sollte. Das wäre aber vermutlich mit wesentlich geringeren Subventionen leistbar (auch wenn ich dazu keine Zahlen habe).

Des weiteren scheint mir, dass eine noch stärkere Protektionierung der afrikanischen Agrarmärkte sinnvoll und notwendig wäre. Auch wenn Protektionismus immer ein zweischneidiges Schwert ist und man auch viele Gegenargumente aufführen kann. Andererseits gibt es durchaus Beispiele, wo der Schutz der eigenen Märkte Staaten nachweislich bei der Entwicklung zum Schwellen- bzw Industriestaat geholfen haben (China, Südkorea etc.). Afrika hinkt in der Entwicklung so hinterher, dass es ohne Protektionismus wohl nicht gehen wird.

Was ich also für sinnvoll erachten würde, wäre:

1. Eine drastische Reduzierung der EU-Agrarsubventionen auf das (evtl. noch zu ermittelnde) Niveau des Erhalts der prinzipiellen Subsistenzfähigkeit.
2. Ein einheitliches und für die afrikanischen Staaten noch günstigeres Handelsabkommen, das den heutigen Flickenteppich ablöst und keine Importzölle in die EU mehr beinhaltet (auch auf verarbeitete Nahrungsmittel nicht) und demgegenüber den afrikanischen Staaten hohe Importzölle für Güter gestattet, die geeignet sind, das lokale Agrobusiness zu gefährden. Dies müsste allerdings WTO-konform erfolgen, und ggfs müsste man anderen armen Staaten ähnliche Vergünstigungen einräumen, was aber auch vertretbar scheint - arme Menschen gibt es ja nicht nur in Afrika.
3. Sofern Mangel und Not an Grundnahrungsmitteln entsteht, weil die afrikanische Produktion den Bedarf nicht bedienen kann, Nutzung von eingesparten Agrarsubventionsmitteln zur Übergangsnothilfe. Aber nur genau dann.
4. Des weiteren Nutzung der eingesparten EU-Agrarsubventionen im Rahmen der Entwicklungshilfe zur Finanzierung von Investvorhaben in die afrikanische Landwirtschaft, die sonst an der Finanzierungs- oder Know-How-Hürde scheitern würden (zB Flächenerschließung, Massenproduktion).

Das wäre m.E. sinnvoll. Eine sofortige, umfassende Verbesserung der Situation Afrikas, und damit eine Reduzierung des Migrationsdrucks, ist damit natürlich nicht erreichbar - es klemmt ja auch an vielen anderen Stellen und der wohl wichtigste Hebel besteht in der Förderung und Belohnung von Good Governance, wie auch immer man das am besten macht (nicht Thema dieses Stranges). Aber man würde zumindest einen Beitrag leisten. Wie erheblich der ist, kann wohl kein lebender Mensch beziffern.
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H2O
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von H2O »

Vielen Dank für diese gute Arbeit zur Objektivierung unserer Diskussionen über die europäischen Agrarexporte nach Afrika! Ich übernehme dieses Gedankengebäude gern bis noch bessere Darstellungen verfügbar sind.

Eine klitzekleine Ergänzung habe ich noch, ohne daß ich jetzt mit einer Quellenangabe punkten könnte: Mir ist in Erinnerung gelieben, daß die EU Fleischwirtschaft im wesentlichen Schlachtteile nach Afrika exportiert, die hier nicht absetzbar sind. So türmen sich in unseren Supermärkten Hähnchen und Putenbrüste, auch die Schlegel und Flügel, aber die Rückenstücke finden keine Abnehmer in genügend großer Zahl. Diese Schlachtteile werden zu wahren Schleuderpreisen auf afrikanischen Märkten angeboten, und die meist sehr armen Menschen kaufen das auch, weil die örtlichen Geflügelhalter auf ihren vollwertigen Produkten ganz einfach sitzen bleiben. Der nächste Schritt: Diese Landwirtschaft ernährt ihre Leute nicht mehr, und die Bauern wandern ab in die Städte, weil sie dort näher an Hilfsleistungen aus den reichen Staaten der Erde leben können.

Das vielleicht zu dem extrem niedrigen Preis für Fleischexporte nach Afrika.

Gute Regierungsführung und die weitgehende Abwesenheit von Korruption sollten Leuchtfeuer für Hilfen aus Europa werden!
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Brainiac
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Brainiac »

Das wäre eine plausible Erklärung, ja. Wenn man die Zahlen nach Ländern vergleicht, fällt allerdings auf, dass der Durchschnittspreis vor allem für Exporte nach Westafrika (Ghana, Elfenbeinküste) besonders niedrig ist.
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Tom Bombadil
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Re: Die europäische Agrarpolitik vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationskrise

Beitrag von Tom Bombadil »

Welfenprinz hat geschrieben:(18 Jul 2018, 22:06)

Die Menschen wollen vom Feld weg. Wie hier auch.
Das ist nachvollziehbar. Aber damit man auch mit Dienstleistungen Geld verdienen kann, muss es mMn. eine wie auch immer geartete Produktion von realen Gütern geben, die auch im Ausland gefragt sind. Man könnte zB. endlich mal eine Autoproduktion in Afrika ankurbeln, von Afrikanern für Afrikaner. Simple, robuste Technik zum bezahlbaren Preis, angepasst an die dortigen Straßenverhältnisse. Unsere Schrottkarren kommen dann auch wirklich zur Verwertung und werden nicht nach Afrika geschippert. Nur mal als Beispiel.
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