Europawahl 2019

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garfield336
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

H2O hat geschrieben:(04 Jun 2018, 16:47)

Gegen geistige und politische Trägheit kann man wenig machen. Bildung ist eine Angelegenheit aller Mitbürger; nur manche wollen davon nichts wissen.

Ich halte das derzetige Modell für undemokratisch.

Ein Minister entscheidet. Das Parlament wird nicht konsultiert. Der Ministerrat hat zuviel Macht.
Maikel
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(04 Jun 2018, 16:05)

Die EU-Kommission (die periodisch vom EU-Ministerrat personell besetzt und vom EU-Parlament bestätigt wird... oder abgelehnt wird) erarbeitet mit ihrer Administration aus dem Gesetzesvorschlag des Ministerrats ein Gesetz, dessen Text rechtlichen Ansprüchen genügt und das keinen Widerspruch zu schon bestehenden Gesetzen enthält. Dieses Gesetz muß vom Sprachendienst der EU-Verwaltung in die vielen offiziellen Sprachen der EU übersetzt werden. Die EU-Kommission hat kein Vorschlagsrecht für EU-Gesetze!

Die Gesetzestexte werden an die Regierungen der Mitgliedsstaaten versandt mit der Bitte um Ratifizierung. Die Gesetzestexte werden den nationalen Parlamenten vorgelegt, die darüber beraten und inhaltliche/sprachliche Mängel bereinigen. Der endgültige Text wird in den nationalen Gesetzesvorrat übernommen (ratifiziert)... oder mit Mehrheit der Abgeordneten zur Beratung an die EU-Kommission zurück gewiesen. Es gibt keinen Zwang zur Übernahme; das sollte aber schon im Ministerrat ausgeräumt worden sein.
Das hatte Neandertaler etwas weiter oben anders, mMn realitätsnäher beschrieben.
Wie bist du auf deine Version gekommen?

Neandertaler hatte die Beschreibung allerdings in einem Punkt geschönt: Richtlinien sind Rahmengesetze, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen, soweit ok. Aber diese Rahmengesetze stellen die Mindestanforderungen dar. Die einzige Freiwilligkeit bei der Umsetzung besteht also darin, das Gesetz noch schärfer zu fassen als in den Vorgaben der EU.
Was ist denn daran schlecht?
Von gutem oder schlechtem Inhalt der Gesetze war überhaupt nicht die Rede.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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H2O
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(04 Jun 2018, 17:05)

Ich halte das derzetige Modell für undemokratisch.

Ein Minister entscheidet. Das Parlament wird nicht konsultiert. Der Ministerrat hat zuviel Macht.
Das ist schon wahr; besonders demokratisch ist das nicht. Aber wir müssen sehen, daß die EU zunächst gar kein Parlament hatte, und daß ihre Zusammenarbeit auf Beschlüssen der Regierungen gründeten. Da waren diese Minister im EU-Ministerrat eben die Vertreter der Regierungen von Volksvertretungen. Das war niemals anders zu machen, und so schon ganz sinnvoll. Es ist ja auch nicht so, daß ein Minister oder ein Präsident/Kanzler/Ministerpräsident da einfach so entscheidet. Am Ende käme ein Ergebnis aus dem Abseits als Gesetz an und würde in nationalen Parlamenten scheitern. Was dann?

Ich stimme Ihnen zu, daß allmählich die gesetzgeberische Macht auf das Parlament der EU übergehen sollte, Gesetze dort auf europäischer Ebene diskutiert werden sollten. Der EU-Ministerrrat sollte danach als Filter und Genehmigungsorgan wirken, das ein Gesetze einmal oder zweimal zur Beratung an das Parlament zurückweisen kann, bevor es als rechtswirksam verabschiedet werden kann. Dann sollte die EU aber auch eine echte Föderation geworden sein!

Aber wir sollten bedenken, daß mit dem Verfahren der qualifizierten Mehrheit ebenfalls ein sehr wirksames Filter im Ministerrat geschaffen wurde, das allzu forschen Zeitgenossen schon den Schneid abkaufen kann. Das Parlament könnte auch wieder als "undemokratisch" bezeichnet werden, weil die Stimmengewichte der Bürger der EU so ungleich verteilt sind. Warum soll eine luxemburger Stimme ein Vielfaches einer deutschen Stimme wiegen? Bei 500 Mio Europäern dürfte der Wahlkreis Luxemburg nur einen Abgeordneten stellen. Ob ein solches Parlament die Gegenliebe der Luxemburger fände? Ein Parlament mit 5.000 Volksvertretern wäre wohl auch nicht so lustig...

Mit anderen Worten: Das europäische Projekt lebt vom Großmut und von der Vernunft seiner Bürger. Fingen wir an, blindwütig die Maßśtäbe der altgriechischen Agora um zu setzen, dann hätte sich dieses Projekt sehr schnell erledigt.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Maikel hat geschrieben:(04 Jun 2018, 18:16)

Das hatte Neandertaler etwas weiter oben anders, mMn realitätsnäher beschrieben.
Wie bist du auf deine Version gekommen?

Neandertaler hatte die Beschreibung allerdings in einem Punkt geschönt: Richtlinien sind Rahmengesetze, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen, soweit ok. Aber diese Rahmengesetze stellen die Mindestanforderungen dar. Die einzige Freiwilligkeit bei der Umsetzung besteht also darin, das Gesetz noch schärfer zu fassen als in den Vorgaben der EU.


Von gutem oder schlechtem Inhalt der Gesetze war überhaupt nicht die Rede.
Ich erinnere an die Verfahrensweise bei der Entwicklung des Vertrags von Lissabon. Der sollte als EU-Verfassung gelten, wurde dann aber in Volksabstimmungen zurück gewiesen, weil in einigen EU-Staaten Verfassungen mit Volksabstimmung bestätigt werden müssen. Dann hat die Kanzlerin in einem Gewaltmarsch daraus einen neuen EU-Vertrag gestaltet und den den Regierungen der EU zur Ratifizierung vorgelegt. Jedes Land konnte den Vertrag zurück weisen. Am Ende waren alle Widersacher weich geknetet worden... der Vertrag steht.

Ich kann nur sagen, daß ein EU-Gesetz scheitert, wenn es in einem EU-Staat nicht ratifiziert wird. Damit geht es in nationales Gesetz über. Die vorgeschalteten Entscheidungswege im Ministerrat machen aber das Scheitern eines Gesetzes auf der Ziellinie beliebig unwahrscheinlich.

Ob ein Gesetz gut oder schlecht ist, das ist hier überhaupt kein Thema. Hier geht es um den Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens. Wir sollten schon noch mit einem Ziel diskutieren.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(04 Jun 2018, 20:06)

Ich kann nur sagen, daß ein EU-Gesetz scheitert, wenn es in einem EU-Staat nicht ratifiziert wird.
Das gilt nur in ganz wenigen Fällen, und der Begriff "Gesetz" ist hier nicht zutreffend.

TTIP sollte letztlich durch die Mitgliedsländer ratifiziert werden, auch wenn sich Brüssel mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte.
So etwas Grundlegendes wie der Lissabonner Vertrag von 2008 mußte in allen Mitgliedsländern ratifiziert werden.

Für die von mir früher genannten Beispiele, von Glühbirnen über DSGVO bis NO2-Verordnung gilt das aber nicht.
Wie auch viele andere sogenannte "Richtlinien" der EU wurden die von Brüssel, und somit auch dem EU-Parlament, beschlossen, und müssen zwingend in den Mitgliedsstaaten in Gesetze umgesetzt werden, ansonsten drohen Strafen.

Ansonsten wäre es ja z.B. für die Briten nicht "notwendig", die EU zu verlassen; sie bräuchten einfach nur ihnen nicht passende Gesetze nicht zu ratifizieren.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo garfield.
garfield336 hat geschrieben:Ich halte das derzetige Modell für undemokratisch.
Das ist schon richtig ... bzw.: nicht ganz falsch! Dies hat z.B. auch unser BVerfG festgestellt. Hier wurde aber immer bestritten, daß die EU-Wahlen undemokratisch sein ... bzw.: nicht nach demokratischen Richtlinien abliefen. Das aber ist etwas anderes!

"... bzw.: nicht ganz falsch!":
  • Wie gesagt:
    • die EU ist ein Verbund einzelner souveräner Staaten. Die EU hat deshalb auch keine Regierung, wie sie etwa sonstige Staaten haben - schon das kann man als undemokratisch ansehen. Allerdings:
      • da die jeweiligen Staatschefs nationalen Parteien angehören, die in den jeweiligen Ländern demokratisch legitimiert sind - zumindest nach allgemein anerkannten Demokratie-Grundsätzen, kann man durchaus sagen, der EU-Rat ist schon ein stückweit demokratisch legitimiert.
      Was aber gänzlich keine demokratische Legimitation erhält, ist die Kommission. Sie nimmt vor allem Aufgaben der Exekutive wahr und entspricht damit ungefähr der Regierung in einem staatlichen System - ist aber lediglich von den jeweiligen Regierungschefs benannt und vom EU-Parlament bestätigt worden. Die einzige demokratische Institution ist das EU-Parlament. Deren Abgeordneten werden in den einzelnen EU-Mitgliedsländern nach deren allgemein anerkannten demokratischen Spielregeln gewählt.
Es mag ungerecht erscheinen, daß kleinere Länder, im Gegensatz zu größeren und bevölkerungsreicheren Ländern, überrepräsentiert sind, das hat aber wohl eher damit zu tun, weil man nicht in den Verdacht geraten will, daß einige wenige größere Länder - oder sogar nur eines, ... daß diese somit mehrere kleinere Länder überstimmen (können) und verhindern will, daß diese dann das Gefühl bekommen, fremdbestimmt zu werden.

Nochmal:
  • die EU ist ein stückweit undemokratisch - JA! Aber die EU-Wahl zum EU-Palament ansich läuft per definitionem nach allgemein anerkannten und demokratischen Spielregeln ab.
    • ... auch wenn es einige zum Verrecken nicht anerkennen wollen!
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Maikel hat geschrieben:Neandertaler hatte die Beschreibung allerdings in einem Punkt geschönt: ...
Maikel: ich habe gar nichts "geschönt"!
Ich hasse Wiederholungen - aber nochmal:
  • Richtlinien sind lediglich Rahmengesetze ... Leitlinien ... Zielsetzungen. EU-Richtlinien werden zumeist immer dann erlassen, wenn man sich innerhalb der EU (Rat und/oder Kommission) nicht auf eine einheitliche Vorgehensweise einigen kann, sondern lediglich auf das Ziel dessen. Wenn also zum Erreichen der Ziele etwas anderes in nationale Gesetze einfließen kann und soll, um diese Ziele zu erreichen ... bitte, dann obliegt es dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber, dies hineinzuschreiben ... und somit dies Gesetz werden zu lassen.
Wenn also etwa Plastik verbannt werden soll, nach EU-Richtlinie soll allerdings schon die Herstellung verboten werden - weil die Mehrheit der Regierungschefs der Meinung ist, nur so ließe sich der Plastik-Berg eindämmen, aber zumindest einer ist anderer Meinung, ... so steht's dann auch in der EU-Richtlinie. Sollte allerdings irgendein nationaler Gesetzgeber die Meinung vertreten, daß etwa mit einer (höheren) Steuer auf Plastik-Artikel könnte es ebenso gehen - dann wird eben das nationales Gesetz.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Maikel hat geschrieben:(05 Jun 2018, 07:59)

Das gilt nur in ganz wenigen Fällen, und der Begriff "Gesetz" ist hier nicht zutreffend.

TTIP sollte letztlich durch die Mitgliedsländer ratifiziert werden, auch wenn sich Brüssel mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatte.
So etwas Grundlegendes wie der Lissabonner Vertrag von 2008 mußte in allen Mitgliedsländern ratifiziert werden.

Für die von mir früher genannten Beispiele, von Glühbirnen über DSGVO bis NO2-Verordnung gilt das aber nicht.
Wie auch viele andere sogenannte "Richtlinien" der EU wurden die von Brüssel, und somit auch dem EU-Parlament, beschlossen, und müssen zwingend in den Mitgliedsstaaten in Gesetze umgesetzt werden, ansonsten drohen Strafen.

Ansonsten wäre es ja z.B. für die Briten nicht "notwendig", die EU zu verlassen; sie bräuchten einfach nur ihnen nicht passende Gesetze nicht zu ratifizieren.
Den Briten ging es um das Grundsätzliche, nämlich daß sie sich bei Streitigkeiten dem Urteil des EuGH unter zu ordnen haben und ihre Gesetze zum größeren Teil aus der Gemeinschaft heraus entstehen. Jetzt stehen die Briten vor der Aufgabe, die "EU-Gesetze" nach dem BREXIT so in ihr nationales Recht einbauen zu müssen, daß ihr Staat weiter funktioniert... Allerdings finde ich es witzig, auf der Ebene des Ministerrats einen Gesetzesvorschlag zu unterstützen, den man dann als ratifizierendes Land ablehnt. Aber Ablehnung ist möglich. Wer will denn einen souveränen Staat zwingen, ein neues Gesetz zu erlassen, das ihm überhaupt nicht paßt? Wer redet Ihnen denn so etwas ein?
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

Der Neandertaler hat geschrieben:(05 Jun 2018, 12:06)

Hallo garfield.Das ist schon richtig ... bzw.: nicht ganz falsch! Dies hat z.B. auch unser BVerfG festgestellt. Hier wurde aber immer bestritten, daß die EU-Wahlen undemokratisch sein ... bzw.: nicht nach demokratischen Richtlinien abliefen. Das aber ist etwas anderes!

"... bzw.: nicht ganz falsch!":
  • Wie gesagt:
    • die EU ist ein Verbund einzelner souveräner Staaten. Die EU hat deshalb auch keine Regierung, wie sie etwa sonstige Staaten haben - schon das kann man als undemokratisch ansehen. Allerdings:
      • da die jeweiligen Staatschefs nationalen Parteien angehören, die in den jeweiligen Ländern demokratisch legitimiert sind - zumindest nach allgemein anerkannten Demokratie-Grundsätzen, kann man durchaus sagen, der EU-Rat ist schon ein stückweit demokratisch legitimiert.
Nicht unbedingt. Die Minister die hier entscheidungen treffen, treffen legislative Entscheidungen zu denen sie nicht befugt sein dürften.

Und das sie demokratisch legitimiert sind stimmt nur zum Teil. Ein Minister wird in der Regel ja nicht gewählt sondern ernannt.
Das ist aber kein Problem, solange er keine Legislative Befugnisse hat.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(05 Jun 2018, 14:42)

Nicht unbedingt. Die Minister die hier entscheidungen treffen, treffen legislative Entscheidungen zu denen sie nicht befugt sein dürften.

Und das sie demokratisch legitimiert sind stimmt nur zum Teil. Ein Minister wird in der Regel ja nicht gewählt sondern ernannt.
Das ist aber kein Problem, solange er keine Legislative Befugnisse hat.
Da muß ich aber heftig schlucken! Ein Minister im EU-Ministerrat wird nie und nimmer ein Gesetz vorschlagen, das er nicht mit seiner Regierung zuvor beraten hat. Regierungen sind nach meinem Kenntnisstand immer von der Volksvertretung gewählt worden. Die Regierungsmitglieder müssen dazu nicht unbedingt einer Partei oder dem Parlament angehören. Sie besitzen aber das Vertrauen der Mehrheit der Abgeordneten.

Regierungen schlagen auch Gesetze vor, die im Parlament beraten, bearbeitet und verabschiedet werden. Denn Gesetze brauchen Sachkundige, die sich mit dem Inhalt und der rechtlichen Verknüpfung mit bestehenden Gesetzen auskennen. Das kann eine Volksvertretung so gar nicht leisten. Außerdem können Gesetze vom Verfassungsgericht kassiert werden, wenn sie wider Erwarten im Widerspruch zu bestehenden Gesetzen stehen.

Und dieses Gesetzgebungsverfahren soll nun "undemokratisch" dadurch sein, daß eine sehr große Zahl daran beteiligter Menschen nicht unmittelbar vom Wähler durch Stimmenabgabe dazu berufen wurde? Ich meine, daß Sie sich mit dem Begriff demokratisch ein wenig festgefahren haben.

Ich gehe davon aus, daß ein der EU angehörender Staat von Regierungen geführt wird, die das mehrheitliche Vertrauen der Volksvertretung und damit des Volkes genießen... auch wenn sie dann im EU-Ministerrat ein Gesetz vorschlagen, das ohnehin "zu Hause" für notwendig gehalten wurde.
Dieser Vorschlag wird im Ministerrat der 27 EU-Partner beraten, notfalls ergänzt und der EU-Kommission zugeleitet, die daraus einen Gesetzestext erzeugt. Die EU-Administration tritt in der Hinsicht an die Stelle einer Ministerialbürokratie "zu Hause".

Das Gesetz wird danach von der EU-Kommission den 27 Regierungen zur Ratifikation in ihren Parlamenten zugeleitet. Das Gesetz wird dort in seinen nationalen Auswirkungen bewertet und notfalls mit Änderungswünschen an die EU zurück überwiesen.

Was ist an diesem Verfahren "undemokratisch"? Man landet dann automatisch bei der großen Volksversammlung, die ihre Angelegenheiten von der Wiege bis zur Bahre selbst bestimmt und Gesetze selbst formuliert und zugleich auch noch Recht spricht. Das stelle man sich auf der Ebene einer Bevölkerung von 500 Mio Menschen vor. Ohne Entsendung und die Zusammenarbeit von gewähltem Personal einerseits und administrativem Personal andererseits geht da doch gar nichts mehr. Man kann anzweifeln, ob so große Staaten so gesehen überhaupt demokratisch geführt werden können. Ich meine: Ja!... aber ich kann mir vorstellen, daß andere dabei zusammen zucken.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 13:31)

Den Briten ging es um das Grundsätzliche, nämlich daß [...] ihre Gesetze zum größeren Teil aus der Gemeinschaft heraus entstehen.
s.u.
Allerdings finde ich es witzig, auf der Ebene des Ministerrats einen Gesetzesvorschlag zu unterstützen, den man dann als ratifizierendes Land ablehnt.
Das ist die Gewaltenteilung in einer Demokratie. Der Minister ist Teil der Exekutive; was der vorschlägt und/oder aushandelt wird von der Legislative, dem Parlament ggf. abgelehnt.
Leider verschwimmt dieses Prinzip immer mehr, da die Abgeordneten meistens der "Koalitionsdisziplin" folgen.
Aber Ablehnung ist möglich.
Wie paßt das zu deiner Äußerung bzgl. der Briten oben?
Wer will denn einen souveränen Staat zwingen, ein neues Gesetz zu erlassen, das ihm überhaupt nicht paßt?
Letztlich der EuGH.
Aktuelles Bsp.: https://www.tagesschau.de/inland/eu-kom ... g-101.html

Anderes Bsp.: https://derstandard.at/2000069793042/EU ... rgaberecht
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 13:31)

Den Briten ging es um das Grundsätzliche [...]. Wer will denn einen souveränen Staat zwingen, ein neues Gesetz zu erlassen, das ihm überhaupt nicht paßt? Wer redet Ihnen denn so etwas ein?
Maikel hat geschrieben:(05 Jun 2018, 20:19)

Letztlich der EuGH.
Deswegen ist der Brexit für Britannien und für andere EU-Länder so wichtig, weil er zeigt, dass ein Land, sofern es keine Lust mehr hat auf Zugehörigkeit zu einer EU, deren Politik es bevormundend findet, den Gesellschaftsvertrag kündigen kann.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(05 Jun 2018, 20:32)

Deswegen ist der Brexit für Britannien und für andere EU-Länder so wichtig, weil er zeigt, dass ein Land, sofern es keine Lust mehr hat auf Zugehörigkeit zu einer EU, deren Politik es bevormundend findet, den Gesellschaftsvertrag kündigen kann.
Aber dennoch ist es eben so, daß die Briten grundsätzlich ihre Gesetze selbst erzeugen wollen; daß sie dann nur in GB gelten und durchgesetzt werden können, also von Natur aus keine Rechtsgemeinschaft herstellen können, das ist ihnen Wurst. Klare Sache: Schluß mit dem Verein, der sich nicht britischem Recht unterwerfen will. :D

An die Möglichkeit einer Kündigung könnten auch andere Partner denken, die die vereinbarten gemeinsamen Grundlagen nicht mehr anerkennen wollen. Das würde in der EU vieles vereinfachen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Hier geht es aber nicht um zu erlassende Gesetze, sondern um deren Anwendung nach Ratifizierung. Dann gilt die Rechtsgemeinschaft. Wäre ja noch lustiger, ein Gesetz durch Ratifizierung für anwendbar und sinnvoll zu erklären, um es dann nicht anwenden zu wollen. Dann gibt es Haue vom EuGH... was denn sonst? Eigentlich hätte es zuvor schon Haue durch das eigene Rechtssystem geben müssen. Denn diese Gesetze sind durch Ratifizierung auch nationale Gesetze geworden.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 20:49)

Aber dennoch ist es eben so, daß die Briten grundsätzlich ihre Gesetze selbst erzeugen wollen; daß sie dann nur in GB gelten und durchgesetzt werden können, also von Natur aus keine Rechtsgemeinschaft herstellen können, das ist ihnen Wurst. Klare Sache: Schluß mit dem Verein, der sich nicht britischem Recht unterwerfen will. :D

An die Möglichkeit einer Kündigung könnten auch andere Partner denken, die die vereinbarten gemeinsamen Grundlagen nicht mehr anerkennen wollen. Das würde in der EU vieles vereinfachen.
Nein, die Briten wollten die EU nicht unterwerfen. Viel eher ging es den Briten (mehrheitlich) darum, wieder mehr Distanz zur EU zu gewinnen, weil sie meinen, ihre Interessen würden in der und durch die EU nicht ausreichend gewahrt.

Eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages ist nämlich der Notausgang, um den Schrecken ohne Ende in ein Ende mit Schrecken zu verkürzen. Insofern weist die Option, den Gesellschaftsvertrag zu kündigen, auf einen wichtigen Punkt in der Vertragstheorie von John Locke hin: "Für Locke ist ein Individuum nur dann zum Gehorsam gegenüber der politischen Autorität verpflichtet, wenn diese für den Schutz seines Lebens, seiner Gesundheit, seiner Freiheit und seines Eigentums sorgt, denn das Individuum ist den Gesellschaftsvertrag ja eingegangen, um diese natürlichen Rechte zu schützen" (Eberhard Wesche, Ethik-Werkstatt, Artikel zu Klassische Theoretiker des Gesellschaftsvertrages – Hobbes, Locke, Rousseau, 2009).

Geht es um die EU, treten die EU-Länder an die Stelle der Individuen und die EU an die Stelle des Staates, der von den Ländern bzw. Individuen durch Gesellschaftsvertrag gegründet worden ist.
"Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen." – "Da der Mensch toll werden kann, so sehe ich nicht ein, warum es ein Weltsystem nicht auch werden kann" (Georg Christoph Lichtenberg).
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo garfield.
garfield336 hat geschrieben:Nicht unbedingt. Die Minister die hier entscheidungen treffen, treffen legislative Entscheidungen zu denen sie nicht befugt sein dürften.

Und das sie demokratisch legitimiert sind stimmt nur zum Teil. Ein Minister wird in der Regel ja nicht gewählt sondern ernannt.
Das ist aber kein Problem, solange er keine Legislative Befugnisse hat.
Einspruch, Euer Ehren!
Erstens habe ich gesagt: "... ein stückweit demokratisch legitimiert" und zweitens: H2O hat es recht gut zusammengefaßt - allerdings bezogen sich seine Ausführungen auf den Ministerrat - ich hingegen sprach vom EU-Rat ... dem Europäischen Rat ... also den Staats- und Regierungschefs der 28 Mitgliedsstaaten. Dies ist verwirrend, ich weiß - ist allerdings entscheident! Ich habe trotzdem noch einige Ergänzungen!

Da es anscheinend immer noch einige gibt, die unseren allgemeinen Ausführungen keinen Glauben schenken wollen oder können - zur allgemeinen Information ... wenn man bereit ist, und den Ausführungen der Bundesregierung Glauben schenkt: Erläuterung:
  • Du mußt Dir den EU-Rat zwar als festumrißenes Organ vorstellen, aber nicht mit den ständig gleichen Ministern - es sind vielmehr die jeweiligen Fachminister (der jeweiligen nationalen Regierung) die zusammenkommen - je nachdem welches Thema gerade behandelt wird.
Außerdem:
  • Da das EU-Parlament vergangenheitlich zunehmend mehr und mehr Kompetenzen bekommen hat ... es sich diese erstritten hat, werden Richtlinien und Verordnungen auch zunehmend zusätzlich im Parlament beraten und notfalls abgeändert, bevor diese endgültig erlassen werden. Das EU-Parlament hat also gleich mehrere Aufgaben:
    • einerseits ist es Parlament - das Richtlinien und Verordnungen beraten und eventuell blockieren kann. Es hat aber (nach unseren nationalen Spielregeln) andererseits quasi die Funktion eines Vermittlungsausschußes - der Richtlinien und Verordnungen auch zwischen den Länderinteressen abändern kann. Zumeist werden diese "Bedenken" auch vom Ministerrat berücksichtigt, bevor Richtlinien oder Verordnungen erlassen werden.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Europa2050 »

Fliege hat geschrieben:(05 Jun 2018, 20:32)

Deswegen ist der Brexit für Britannien und für andere EU-Länder so wichtig, weil er zeigt, dass ein Land, sofern es keine Lust mehr hat auf Zugehörigkeit zu einer EU, deren Politik es bevormundend findet, den Gesellschaftsvertrag kündigen kann.
Richtig.

Und deshalb ist die EU eine Union und kein Imperium, wie die vergangenen britischen, französischen... Weltreiche oder das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn oder die UdSSR.

Deshalb hat sie auch immer eine Chance, zu anderen Grsellschaftsmodellen konkurrenzfähig zu bleiben.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(05 Jun 2018, 21:09)

Nein, die Briten wollten die EU nicht unterwerfen. Viel eher ging es den Briten (mehrheitlich) darum, wieder mehr Distanz zur EU zu gewinnen, weil sie meinen, ihre Interessen würden in der und durch die EU nicht ausreichend gewahrt.

Eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages ist nämlich der Notausgang, um den Schrecken ohne Ende in ein Ende mit Schrecken zu verkürzen. Insofern weist die Option, den Gesellschaftsvertrag zu kündigen, auf einen wichtigen Punkt in der Vertragstheorie von John Locke hin: "Für Locke ist ein Individuum nur dann zum Gehorsam gegenüber der politischen Autorität verpflichtet, wenn diese für den Schutz seines Lebens, seiner Gesundheit, seiner Freiheit und seines Eigentums sorgt, denn das Individuum ist den Gesellschaftsvertrag ja eingegangen, um diese natürlichen Rechte zu schützen" (Eberhard Wesche, Ethik-Werkstatt, Artikel zu Klassische Theoretiker des Gesellschaftsvertrages – Hobbes, Locke, Rousseau, 2009).

Geht es um die EU, treten die EU-Länder an die Stelle der Individuen und die EU an die Stelle des Staates, der von den Ländern bzw. Individuen durch Gesellschaftsvertrag gegründet worden ist.
Mir als Rechtslaien ist diese Angehensweise zu theoretisch. Ich würde die Sache mit meinen Bordmitteln kürzer fassen: Wenn ich einem Verein beitrete, dann erkenne ich seine Satzungen an und bewege mich in diesem Verein danach. Als Mitglied kann ich auch daran mitwirken, die Satzung zu aktualisieren. Darüber stimmt dann die Gemeinschaft der Mitglieder ab... und gilt.

Wenn mir die Regeln des Vereins danach nicht gefallen, dann suche ich mir einen netteren Verein. Das genau haben die Briten so entschieden, und nun spielt niemand mit ihnen nach ihren Regeln. So ein Mist! :eek:
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Europa2050 hat geschrieben:(05 Jun 2018, 22:11)

Richtig.

Und deshalb ist die EU eine Union und kein Imperium, wie die vergangenen britischen, französischen... Weltreiche oder das Deutsche Reich, Österreich-Ungarn oder die UdSSR.

Deshalb hat sie auch immer eine Chance, zu anderen Gesellschaftsmodellen konkurrenzfähig zu bleiben.
Ja, der Brexit zeigt, dass die EU, um konkurrenzfähig zu bleiben, Reformen nötig hat. Meines Erachtens sollten diese Reformen die Problemlösungsfähigkeit der EU über das bisherige Maß hinaus deutlich steigern.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 22:15)

Mir als Rechtslaien ist diese Angehensweise zu theoretisch. Ich würde die Sache mit meinen Bordmitteln kürzer fassen: Wenn ich einem Verein beitrete, dann erkenne ich seine Satzungen an und bewege mich in diesem Verein danach. Als Mitglied kann ich auch daran mitwirken, die Satzung zu aktualisieren. Darüber stimmt dann die Gemeinschaft der Mitglieder ab... und gilt.

Wenn mir die Regeln des Vereins danach nicht gefallen, dann suche ich mir einen netteren Verein. Das genau haben die Briten so entschieden [...]
Ja, genau so verhält es sich und so habe ich es gemeint. :-)
H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 22:15)

[...] und nun spielt niemand mit ihnen nach ihren Regeln. So ein Mist! :eek:
Und dein Nachschlag verfehlt meines Erachtens insofern den Punkt, als die Briten keine Bestimmer sein wollen, also nicht jammern, dass sie nicht mehr die Chefs sind, die sie schon vorher nicht waren.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(05 Jun 2018, 22:28)

Ja, genau so verhält es sich und so habe ich es gemeint. :-)


Und dein Nachschlag verfehlt meines Erachtens insofern den Punkt, als die Briten keine Bestimmer sein wollen, also nicht jammern, dass sie nicht mehr die Chefs sind, die sie schon vorher nicht waren.
Ich lege gar keinen Wert darauf, in diesem Punkt Recht zu haben. Die Sache ist entschieden, und nun hocken die Briten da mit einem dicken Kopf. Mir kam der britische Ansatz unter Cameron so vor, als ob ein Mitglied, nämlich GB, den künftigen Kurs der EU bestimmen wollte. Und da hat die EU sich nicht erschüttern lassen... vernünftigerweise. Den Briten bleibt der Trost, daß die EU aus anderen Gründen arg zerstritten ist, und uns EU-Partnern bleibt der Trost, daß die EU ansonsten doch ganz ordentlich funktioniert.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 23:36)

Die Sache ist entschieden, und nun hocken die Briten da mit einem dicken Kopf.
Womöglich wird Britannien, wenn Euro und EU zusammen brechen, zur Keimzelle eines Nordbundes, der eine regional-europäische Wirtschaftsgemeinschaft neu begründet.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(05 Jun 2018, 23:43)

Womöglich wird Britannien, wenn Euro und EU zusammen brechen, zur Keimzelle eines Nordbundes, der eine regional-europäische Wirtschaftsgemeinschaft neu begründet.
Nein, der eine "Nordbund" EFTA ist fruchtlos verdorrt. Da war GB so etwas wie die Führungsmacht. Das würde dem nächsten Nordbund wohl kaum besser gehen. Bleiben wir lieber bei der EU und beim Euro; das ist uns bisher recht gut bekommen. Ich rechne ohnehin damit, daß GB nach diesem Ausflug in die große freie Welt wieder Lust bekommt, sich in der Enge der EU ein zu richten.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Fliege hat geschrieben:(05 Jun 2018, 23:43)

Womöglich wird Britannien, wenn Euro und EU zusammen brechen, zur Keimzelle eines Nordbundes, der eine regional-europäische Wirtschaftsgemeinschaft neu begründet.
H2O hat geschrieben:(06 Jun 2018, 00:33)

Nein, der eine "Nordbund" EFTA ist fruchtlos verdorrt. Da war GB so etwas wie die Führungsmacht. Das würde dem nächsten Nordbund wohl kaum besser gehen. Bleiben wir lieber bei der EU und beim Euro; das ist uns bisher recht gut bekommen. Ich rechne ohnehin damit, daß GB nach diesem Ausflug in die große freie Welt wieder Lust bekommt, sich in der Enge der EU ein zu richten.
Ich schlage vor: Wir behalten beide Prognosen (kleine Prognosen mit Wenns und Abers) im Hinterkopf und kramen sie bei Zeiten wieder hervor. :-)
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Fliege hat geschrieben:(06 Jun 2018, 00:36)

Ich schlage vor: Wir behalten beide Prognosen (kleine Prognosen mit Wenns und Abers) im Hinterkopf und kramen sie bei Zeiten wieder hervor. :-)
In der Not wird man immer nach einem Ausweg suchen; aber zunächst mit aller Kraft darauf hinarbeiten, daß die Not gar nicht erst entsteht. Das wäre mein Handlungskonzept. :)
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 20:56)

Hier geht es aber nicht um zu erlassende Gesetze,
Doch, genau um die geht es.

Am Bsp. Vergaberecht Österreich:
Die EU, incl. EU-Paralament, gibt die Bedingungen vor, wie das Vergaberecht gestaltet werden muß.
Die Mitgliedsländer müssen jeweils für ihr Land entsprechende Gesetze, Verordnungen etc. erlassen.

Wenn die EU feststellt, daß diese nationalen Gesetze, bzw. die sich daraus ergebene Praxis, nicht (mindestens) der vorgegebenen "Richtlinie" entspricht, dann folgt auf Verwarnung o.ä. eine Klage vor dem EuGH mit ggf. folgender Strafe.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Maikel hat geschrieben:(06 Jun 2018, 14:13)

Doch, genau um die geht es.

Am Bsp. Vergaberecht Österreich:
Die EU, incl. EU-Paralament, gibt die Bedingungen vor, wie das Vergaberecht gestaltet werden muß.
Die Mitgliedsländer müssen jeweils für ihr Land entsprechende Gesetze, Verordnungen etc. erlassen.

Wenn die EU feststellt, daß diese nationalen Gesetze, bzw. die sich daraus ergebene Praxis, nicht (mindestens) der vorgegebenen "Richtlinie" entspricht, dann folgt auf Verwarnung o.ä. eine Klage vor dem EuGH mit ggf. folgender Strafe.
Das sind durch Ratifizierung nationale Gesetze geworden. Da müßte in Österreich eigentlich die eigene Verwaltung tätig werden. Das tut sie nicht, vermutlich aufgrund politischer Anweisungen, und dann schaltet sich die EU-Kommission ein. Ganz ohne Nachricht an die EU-Kommission läuft das bestimmt nicht. Vielleicht ein zu kurz gekommener Wettbewerber. Die EU-Kommission hätte ja viel zu tun, wenn sie allen 27 Mitgliedern ständig über die Schulter gucken wollte.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Maikel »

H2O hat geschrieben:(06 Jun 2018, 15:22)

Das sind durch Ratifizierung nationale Gesetze geworden.
Nein.
"Handelt es sich dabei um eine Richtlinie, so haben die nationalen Parlamente diesen gesetzlichen Rahmen durch ein eigenes innerstaatliches Gesetz umzusetzen." Quelle: https://www.parlament.gv.at/PERK/PE/EU/EUGesetzgebung/
Diese nationalen Gesetze fallen, alleine schon wg. der unterschiedlichen Gegebenheiten (andere nationale Gesetze) in den Ländern unterschiedlich aus.
Es gibt kein "vorformuliertes" Gesetz aus Brüssel, das nur noch "ratifiziert" werden müßte.
Ganz ohne Nachricht an die EU-Kommission läuft das bestimmt nicht. Vielleicht ein zu kurz gekommener Wettbewerber. Die EU-Kommission hätte ja viel zu tun, wenn sie allen 27 Mitgliedern ständig über die Schulter gucken wollte.
Ja, da hast du Recht; vielleicht hatte ich mich da zu kurz ausgedrückt.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Fliege »

Wie steht es derzeit in Europa um die Stärke der beiden großen Altparteien, nämlich Sozialisten und Volksparteiler (in Deutschland sind das CDU/CSU)? Reicht es nach der Wahl womöglich nicht mehr zur großen Koalition?
Zuletzt geändert von Fliege am Mi 6. Jun 2018, 18:52, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
H2O hat geschrieben:Das sind durch Ratifizierung nationale Gesetze geworden. Da müßte in Österreich eigentlich die eigene Verwaltung tätig werden. Das tut sie nicht, vermutlich aufgrund politischer Anweisungen, und dann schaltet sich die EU-Kommission ein. Ganz ohne Nachricht an die EU-Kommission läuft das bestimmt nicht. Vielleicht ein zu kurz gekommener Wettbewerber. Die EU-Kommission hätte ja viel zu tun, wenn sie allen 27 Mitgliedern ständig über die Schulter gucken wollte.
Nun muß ich Maikel mal ein Lob aussprechen! Anscheinend ist er doch nicht ganz lern-resistend - er ist zumindest auf dem richtigen Weg.
Maikel hat geschrieben:Wenn die EU feststellt, daß diese nationalen Gesetze, bzw. die sich daraus ergebene Praxis, nicht (mindestens) der vorgegebenen "Richtlinie" entspricht, dann folgt auf Verwarnung o.ä. eine Klage vor dem EuGH mit ggf. folgender Strafe.
Anhand der Feinstaub- oder Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) kann man es recht gut aufzeigen.

Die Feinstaubrichtlinie trat 2008 in Kraft - sie ersetzte die bis dahin gültige Luftqualitätsrahmenrichtlinie (über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität). In beiden Richtlinien waren feste Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe festgesetzt worden - neben Schwefeldioxid (SO2) auch Stickstoffdioxid (NO2) und Stickstoffoxide (NOx), sowie Feinstaub mit einer Partikelgröße bis 10 µm (PM10), Blei, Benzol, Kohlenmonoxid und Ozon. Daneben waren aber ebenfalls auch Vorgaben zu einem differenzierteren Vorgehen enthalten. Da es aber eben nur eine Richtlinie ist und diese auch nicht nach den Verursachern der Luftverschmutzung differenzierte, war es den jeweiligen nationalen Gesetzgeber überlassen, welche erforderlichen Maßnahmen sie für notwendig erachten und welche maßgeblichen Verursacher sie zur Verbesserung der Luftqualität heranzogen - z. B. Industrie, Gewerbe, Landwirtschaft, Haushalte oder den Verkehr. Nur die genannten Ziele (sauberere Luft) mußten erreicht werden. Wie, egal!

2016 traten dann neue Regeln bzw.: Grenzwerte in Kraft, auf die sich alle 28 EU-Staaten einigten. Nach vollständiger Umsetzung durch die 28 EU-Staaten sollten mit diesen Verpflichtungen die gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung wie Atemwegserkrankungen und vorzeitige Todesfälle bis 2030 um fast 50 Prozent verringern werden. Diese Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten bis zum 30. Juni 2018 in nationales Recht umsetzen und darüberhinaus sollten sie bis 2019 ein nationales Luftreinhalteprogramm ausarbeiten. Mit den darin enthaltenen Maßnahmen sollten die Emissionen der fünf wichtigsten Luftschadstoffe bis 2020 bzw. 2030 um die vereinbarten Prozentsätze verringert werden.

Lange Rede - kurzer Sinn:
  • es ist nicht buchstabengetreu die Feinstaubrichtlinie (2008/50/EG) ratifiziert worden, sondern lediglich die Grenzwerte, sowie das Ziel (sauberere Luft), sind anerkannt und festgeschrieben worden. Wo etwa Frankreich seine Autohersteller verpflichtete, zur Feinstaub-Reduzierung Rußpartikelfilter einzubauen, setzte Deutschland auf eine elegantere Methode: Vorsprung durch Technik - Stichwort: AdBlue. Da nun aber feststeht, daß (deutsche) Autohersteller geschummelt haben, und somit Deutschland die selbstverpflichtende Feinstaub-Grenzwert-Reduzierung nicht einhalten kann und wird, muß die EU-Kommission Deutschland beim EuGH verklagen - wegen nicht eingehaltener (selbstverplichtender) Grenzwerte.
@H2O:
  • Du redest in Verbindung mit der EU immer von "Gesetzen". Die EU erläßt aber keine "Gesetze". Wenn Du "Gesetze" etwa im Sinne von "Richtlinien" gebrauchst, ist es schon verständlich - diese müssen, zumindest der Ziele nach, in nationale Gesetze überführt werden. Verordnungen treten aber automatisch in Kraft - entweder mit Veröffentlichung im EU-Amtsblatt oder eben nach einem bestimmten Datum. Richtlinie werden ebenfalls, buchstabengetreu, irgendwann nationales Gesetz - STIMMT! ... nämlich dann, wenn der einzelne nationale Gesetzgeber es versäumt, in der genannten Zeit zu handeln.
    Solltest Du aber mit "Gesetze" Verordnungen meinen, wird's unverständlich. Denn diese müssen nicht ratifiziert werden - sie müssen lediglich (sofort) in nationale Gesetze eingebunden werden.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

Der Neandertaler hat geschrieben:(06 Jun 2018, 18:34)

...

...

....Deutschland die selbstverpflichtende Feinstaub-Grenzwert-Reduzierung nicht einhalten kann und wird, muß die EU-Kommission Deutschland beim EuGH verklagen - wegen nicht eingehaltener (selbstverplichtender) Grenzwerte.[/list]@H2O:
  • Du redest in Verbindung mit der EU immer von "Gesetzen". Die EU erläßt aber keine "Gesetze". Wenn Du "Gesetze" etwa im Sinne von "Richtlinien" gebrauchst, ist es schon verständlich - diese müssen, zumindest der Ziele nach, in nationale Gesetze überführt werden. Verordnungen treten aber automatisch in Kraft - entweder mit Veröffentlichung im EU-Amtsblatt oder eben nach einem bestimmten Datum. Richtlinie werden ebenfalls, buchstabengetreu, irgendwann nationales Gesetz - STIMMT! ... nämlich dann, wenn der einzelne nationale Gesetzgeber es versäumt, in der genannten Zeit zu handeln.

Ja, da habe ich etwas dazu gelernt. Wer gar nichts tut, der hat also auch ratifiziert. Bleibt die Variante, bei der ein Parlament sich aktiv weigert, die EU-Richtlinie in seinen Vorrat von Richtlinien/Gesetzen zu übernehmen. Gab es das schon einmal?
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

H2O hat geschrieben:Ja, da habe ich etwas dazu gelernt. Wer gar nichts tut, der hat also auch ratifiziert. Bleibt die Variante, bei der ein Parlament sich aktiv weigert, die EU-Richtlinie in seinen Vorrat von Richtlinien/Gesetzen zu übernehmen. Gab es das schon einmal?
Schön, wenn ich zu etwas beitragen konnte!

Aber nun zu der Frage:
Meines Wissens nach nur einmal!
  • ... in etwas abgeänderter Form.
Aufgrund dessen, daß im Frühjahr und Sommer 1994 zahlreiche deutsche Touristen im Ausland strandeten, und weil deren Reiseveranstalter bankrott gingen, bevor sie das Geld für den Rückflug an die Fluggesellschaft weitergeleitet hatten, ... aufgrund dessen stellten 1996 die GRÜNEN im Bundestag eine kleine Anfrage bezüglich der Richtlinie 90/314/EWG vom 13. Juni 1990. Darin wurde nämlich festgelegt, daß die Mitgliedsstaaten spätestens bis zum 31. Dezember 1992 Maßnahmen treffen müssen, um sicherzustellen, daß "Pauschalreisende gegen eine Pleite ihres Reiseveranstalters abgesichert" sind. Das Kabinett Kohl-IV, mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger als Justizministerin, aber versäumte die rechtzeitige Umsetzung. Bis zum Jahr 1993 fiel dies niemandem auf.
  • Nebenbei:
    • Die Bundesregierung teilte daraufhin mit, daß sie den auszugleichenden Schaden auf 20 Mio. DM schätze. Danach wurde eilig ein Gesetz erarbeitet, mit dem Reiseveranstalter verpflichtet sind, sich gegen ihre eigene Pleite abzusichern und dem Reisenden einen Sicherungsschein darüber auszuhändigen.
      • (§ 651k - BGB)
Ach noch etwas:
  • Klage vor dem EuGH erheben kann normalerweise nur der oder die Person, die nationale Rechtswege ausgeschöpft hat. Es sei denn, wie in diesem Fall, das jeweilige Gericht (hier: das Landgericht Bonn) legt den Fall dem EuGH zur weiteren und besseren Beurteilung und Abklärung vor.
    Ansonsten sind Klagen gegen ein EU-Mitgliedsland, außer in Ausnahmefällen, nur der Kommission vorbehalten.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

@Neandertaler:

ok, das war also der Fall, daß eine Regierung den Antrag gemäß EU-Richtlinie verschlafen hat, also die "automatische" Ratifizierung angenommen wird. Das ist mir dann auch klar.

Ich erinnere mich an Aushänge auf italienischen Flughäfen, in denen die EU die Rechte der Fluggäste gegen die Fluggesellschaften bei Verspätungen beschrieb. Der Weg dieser Richtlinie/dieses Gesetzes bleibt sicher weiterhin EU-Ministerrat -> EU-Kommission -> Partnerstaaten. Nach dem soeben Gelernten würde ein Fluggast die Fluggesellschaft beklagen, fände zu Hause beim bummeligen Gesetzgeber kein Gesetz dieser Art vor, und dann würde die EU diesen Partnerstaat "zur Brust" nehmen. Richtig?

Aber den Fall, daß eine nationale Regierung sagt: "Diese uns zugemutete Richtlinie erkennen wir nicht an!", die haben wir damit nicht erfaßt. Das ist aber ein Teil meines Streits mit Maikel. Ich hatte gesagt, daß kein EU-Staat gezwungen werden kann, eine EU-Verordnung zu ratifizieren. Was also, wenn er sie aktiv zurück weist?
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo H2O.
Entschuldige die verzögerte Antwort!
H2O hat geschrieben:Der Weg dieser Richtlinie/dieses Gesetzes bleibt sicher weiterhin EU-Ministerrat -> EU-Kommission -> Partnerstaaten.
So inetwa - JA!
H2O hat geschrieben:Nach dem soeben Gelernten würde ein Fluggast die Fluggesellschaft beklagen, fände zu Hause beim bummeligen Gesetzgeber kein Gesetz dieser Art vor, und dann würde die EU diesen Partnerstaat "zur Brust" nehmen. Richtig?
D'accord! Meist, wenn knifflige Fragen zu klären sind, die auf EU-Richtlinien oder EU-Verordnungen zurückgehen, ... dann legen, wie in diesem Fall, nationale Gerichte diese dem EuGh zur Vorabklärung vor.
H2O hat geschrieben:Aber den Fall, daß eine nationale Regierung sagt: ...
Ich hatte gesagt, daß kein EU-Staat gezwungen werden kann, eine EU-Verordnung zu ratifizieren.
Kurz und ehrlich gesagt: solch eine Richtlinie wird es wohl nie geben - theoretisch wäre dies zwar unter Umständen denkbar, aber eben nur theoretisch. Zur Beurteilung dessen, müssen wir erstmal den Aufbau der EU betrachten und deren formale Kompetenzen berücksichtigen.

Fangen wir mit dem Europäischen Parlament an. Es ist bekanntlich das einzig direkt und demokratisch gewählte EU-Organ. Ihm wurde anfangs lediglich ein Anhörungsrecht zu gebilligt. Mit Einführung der Einheitlichen Europäische Akte von 1986, sowie den Verträge von Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon wurden sukzessive die Befugnisse des Parlaments erweitert und angepaßt. So wurde ihm etwa laut Vertrag von Maastrich eine Mitentscheidung zugestanden. Seit dem Vertrag von Lissabon besitzt das EU-Parlament ein EU-Beschlußfassungssystem: das ordentliche Legislativverfahren - die Mitentscheidung: Parlament und Rat sind dabei gleichberechtigt, und das besondere Legislativverfahren - damit kommt dem Parlament nach wie vor nur eine konsultative Rolle zu. Seither besitzt es (zeitweise) also ein Vetorecht - es kann daher einen Gesetzgebungsvorschlag billigen, ablehnen und/oder Änderungen dazu vorschlagen ... es ist somit eines der beiden gesetzgebenden Gremien innerhalb der EU. Mittlerweile hat das Parlament auch ein politisches Initiativrecht. Das heißt: es kann die Kommission auffordern, ihm einen "Gesetzesvorschlag" zu unterbreiten. Was das EU-Parlament aber nach wie vor nicht kann und darf, es darf keine "Gesetze" eigenhändig und alleine ausarbeiten - alles muß also seinen gewohnten Gang gehen:
  • Die Gesetzgebungsinitiative liegt aber immer noch bei der Kommission.
Kommen wir zum Europäischen Rat! Dieser besteht aus den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer, sowie dem Präsident der Europäischen Kommission und dem Hohe Vertreter bzw.: der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik. Dem EU-Rat obliegt die Bestimmung der allgemeinen politischen Zielvorstellungen und der Prioritäten der Europäischen Union – ohne aber direkt für die Erlassung von Rechtsvorschriften befugt zu sein. Zusätzlich befaßt er sich mit komplexen oder sensiblen Themen, die auf einer niedrigeren Ebene der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit nicht geklärt werden können.

Und damit sind wir beim Rat der Europäischen Union ... dem Ministerrat. Er koordiniert Politikbereiche, diskutiert, ändert und nimmt Rechtsvorschriften an. Die anwesenden Minister sind befugt, "für die Regierungen der von ihnen vertretenen Mitgliedstaaten verbindlich zu handeln". Zusammen mit dem Europäischen Parlament ist der Rat der Europäischen Union also das Hauptbeschlußorgan der EU - auf Grundlage von Vorschlägen der EU-Kommission verabschiedet er gemeinsam mit dem Europäischen Parlament EU-Rechtsvorschriften. Wie Du recht gut beschrieben hast, würde allerdings kein Minister entscheiden und "Gesetze" erlassen, ohne dies nicht vorher mit seiner nationalen Regierung abgestimmt zu haben.
  • ... es sei denn, ... er oder sie hat kein Interesse an persönlicher Karriere.
    • ... oder, wie im Fall Glyphosat, eine (negative) Entscheidung hätte keine Auswirkung auf dessen Karriere.
Fazit:
  • bevor ein EU-Mitgliedsland durch eine EU-Richtlinie unter Druck gerät ... es also zuletzt überstimmt wird, wird solange weiterverhandelt, bis alle glücklich sind. Was geschieht, wenn dieses nicht eingehalten wird ... wenn also mit dem Mehrheitsprinzip abgestimmt wird, haben wir zuletzt beim EU-Flüchtlings-Verteilungsplan gesehen. Die Visegrad-Staaten sind mit Mehrheit überstimmt worden - Flüchtlinge nehmen sie trotzdem keine auf.
Denk mal an die Feinstaubrichtlinie ... bzw.: die CO²- und NOx-Grenzwerte! Alle anderen EU-Mitgliedsländer wollten recht strenge und eindeutige Grenzwerte - Merkel ... Deutschland wollte diese nicht. Sodann wurde solange verhandelt, bis alle mit diesem erzielten Kompromiss leben konnten.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

@Neandertaler:

Vielen Dank für die Hilfestellung. Nun bin ich beruhigt, denn ich hatte Maikel genau diese Unmöglichkeit des Gesetzgebungskonflikts erklärt; mir war aber kein Fall dazu erinnerlich. Da sind wir Schicksalsgefährten! :D
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

H2O hat geschrieben:Da sind wir Schicksalsgefährten! :
So inetwa.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Maikel »

Der Neandertaler hat geschrieben:(07 Jun 2018, 18:48)
Fangen wir mit dem Europäischen Parlament an. Es ist bekanntlich das einzig direkt und demokratisch gewählte EU-Organ.
Nein, es ist nicht demokratisch gewählt. (siehe den halben Thread)
Denk mal an die Feinstaubrichtlinie ... bzw.: die CO²- und NOx-Grenzwerte! Alle anderen EU-Mitgliedsländer wollten recht strenge und eindeutige Grenzwerte - Merkel ... Deutschland wollte diese nicht. Sodann wurde solange verhandelt, bis alle mit diesem erzielten Kompromiss leben konnten.
Trotzdem wird D jetzt wegen Nichteinhaltung der NOx-Grenzwerte von der EU verklagt.
Konkreter zum EU-Verfahren gesagt: D hat keine ausreichenden nationalen Gesetze erlassen, um die in der EU-"Richtlinie" festgelegten Grenzwerte einzuhalten.
Die menschliche Sprache ist einzigartig, aber nicht eindeutig.
Jeder Versuch, sich mitzuteilen, kann nur mit dem Wohlwollen der anderen gelingen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

H2O hat geschrieben:(05 Jun 2018, 19:19)

Da muß ich aber heftig schlucken! Ein Minister im EU-Ministerrat wird nie und nimmer ein Gesetz vorschlagen, das er nicht mit seiner Regierung zuvor beraten hat. Regierungen sind nach meinem Kenntnisstand immer von der Volksvertretung gewählt worden.
.

In Luxemburg werden sie nicht gewählt sondern ernannt.
Es findet keine solche Wahl statt. Sehr wohl sollte die Regierung die Mehrheit der Parlamentarier hinter sich haben, aber das ist nicht immer der Fall.

Es ist vorallem in der Zeit zwischen einer Parlamentsauflösung, neuen Wahlen und die ernennung einer neuen Regierung nicht der Fall.
Theoretisch könnte unser Grossherzog auch einfach selbst am Ministerrat teilnehmen, da ja der Chef der Exekutive ist.

Im Prinzip ist das ja kein Problem. Neue Gesetze können sie ja sowieso nicht beschliessen. Aber wenn sie jetzt über den Umweg Ministerrat Legislative Befugnisse haben, fände ich das schlecht.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

Zur Europawahl: SPD und CDU sollen sich in Brüssel für eine Sperrklausel bei der Europawahl stark gemacht haben.

Es ging um eine Sperrklausel für Länder mir mehr als 35 abgeordneten. Defacto wäre nur Deutschland und Spanien betroffen. Alle andern haben schon Sperrklauseln.
Sie kann erst ab 2024 gelten.

Nun ist natürlich die Frage ob die neue Regelung nicht wieder von Verfassungsgericht gekippt wird......
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(08 Jun 2018, 09:48)

In Luxemburg werden sie nicht gewählt sondern ernannt.
Es findet keine solche Wahl statt. Sehr wohl sollte die Regierung die Mehrheit der Parlamentarier hinter sich haben, aber das ist nicht immer der Fall.

Es ist vorallem in der Zeit zwischen einer Parlamentsauflösung, neuen Wahlen und die ernennung einer neuen Regierung nicht der Fall.
Theoretisch könnte unser Grossherzog auch einfach selbst am Ministerrat teilnehmen, da ja der Chef der Exekutive ist.

Im Prinzip ist das ja kein Problem. Neue Gesetze können sie ja sowieso nicht beschliessen. Aber wenn sie jetzt über den Umweg Ministerrat Legislative Befugnisse haben, fände ich das schlecht.
In Deutschland bespricht sich der Bundespräsident mit den Parteien, und dann bittet er die stärkste Partei um eine Regierungsbildung, die das Vertrauen des Parlaments hat. Das kann schon einmal ein wenig hin und her gehen, wie wir gerade erlebt haben, bevor ein Vorschlag steht. Das Regierungsbündnis benennt dann die künftigen Regierungsmitglieder, die nicht unbedingt gewählt sein müssen... meist aber doch solide in den Regierungsparteien verankert sind.

Der Bundespräsident ernennt die Regierungsmitglieder durch Aushändigung ihrer Ernennungsurkunde und Vereidigung auf unser Grundgesetz, mit oder ohne Gottesbezug im Eid.

So ganz viel anders ist das in Luxemburg sicher auch nicht. Was hat der Großherzog von einer Regierung, die vom Parlament nicht bestätigt wird? Eine Verwaltung, die sich selbst die Finanzmittel genehmigt... das wird doch nichts.

Den Fall einer "amtierenden" Regierung hatten wir in Deutschland auch gerade noch während der Verhandlungen um eine Regierungskoalition... fast 7 Monate... bisherige Rekorddauer. Das alles verläuft nach Regeln, die jeder Staatsbürger verstehen und kritisieren kann. So ist Demokratie nun einmal. Willkür war gestern.

Wenn Ihr Herr Großherzog gegen den Willen des Volkes Gesetze vorschlägt und die auch noch durch den Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit als Vorschlag des Ministerrats an die EU-Kommission weiter reichte, dann wäre da immer noch das EU-Parlament, das dann Alarm schlagen könnte. Das neu gewählte luxemburgische Parlament könnte ein solches Gesetz zurück weisen, es also gar nicht erst zulassen. So etwas hat es EU-weit noch nie gegeben, wie ich im Gespräch mit dem Teilnehmer Neandertaler bestätigt fand. Also ein sehr theoretischer Fall. Wenig sinnvoll, damit den Gesetzgeber zu befassen... meine ich.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(08 Jun 2018, 10:25)

Zur Europawahl: SPD und CDU sollen sich in Brüssel für eine Sperrklausel bei der Europawahl stark gemacht haben.

Es ging um eine Sperrklausel für Länder mir mehr als 35 abgeordneten. Defacto wäre nur Deutschland und Spanien betroffen. Alle andern haben schon Sperrklauseln.
Sie kann erst ab 2024 gelten.

Nun ist natürlich die Frage ob die neue Regelung nicht wieder von Verfassungsgericht gekippt wird......
Es gibt keinen vernünftigen Grund für willkürliche Sperrklauseln im EU-Parlament. Vielleicht eine "natürliche Sperrklausel". Deutschland kann 96 Abgeordnete für das EU-Parlament wählen. Also sollte ein Bewerber oder eine Partei mindestens 1/96 der gültigen Wählerstimmen erringen. Durch die unterschiedliche Zahl der Abgeordneten muß diese natürliche Sperrklausel unterschiedlich in den EU-Partnerstaaten ausfallen.

Selbst im Bundestag hat die Sperrklausel 5% nicht verhindert, daß sich dort inzwischen 7 Parteien tummeln. Direkt gewählte Abgeordnete sind ohnehin immer im Bundestag. Das ist aus meiner Sicht ein Eiertanz, der durch das Bestreben entsteht, im Bundestag möglichst genau den Willen des Volkes ab zu bilden, wenn er nur über 5% angesiedelt ist. :D

Mir gefällt das französische Wahlrecht mit 2 Wahlgängen besser. Die Abgeordneten sind dadurch auf jeden Fall in ihrem Wahlkreis mit Mehrheit gewählt. Splitterparteien haben keine besonders guten Möglichkeiten, in die Nationalversammlung gewählt zu werden. Dafür aber bekannte Persönlichkeiten. Die Zahl der Abgeordneten entspricht dadurch auch genau der Zahl der Wahlkreise... viel proportionaler geht es doch fast nicht mehr. Außerdem kann das Wahlvolk sogar noch in die Koalitionsbildung der Parteien eingreifen, die zwischen dem 1. und 2. Wahlgang geschlossen werden. Für uns deutsche Gerechtigkeitsfanatiker ist das System wohl zu einfach. :rolleyes:

Aber für die Europa-Wahl wird auch in Frankreich das Verhältniswahlrecht gelten müssen... oder man müßte die Zahl der Wahlkreise an die Zahl der zugelassenen EU-Abgeordneten aus Frankreich anpassen.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2018, 11:11)
Mir gefällt das französische Wahlrecht mit 2 Wahlgängen besser. Die Abgeordneten sind dadurch auf jeden Fall in ihrem Wahlkreis mit Mehrheit gewählt. Splitterparteien haben keine besonders guten Möglichkeiten,
......

Bei der Europawahl gilt auch in Frankreich Verhältniswahl.

Aber sie haben ihr Land in 8? Wahlreise eingeteilt. Im grössten (Ile de France) sind 13 Abgeordnete zu wählen in allen andern weniger.
Sie haben zwar eine 5% Sperrklausel, aber ausserhalb der Ile de France hat man auch rechnerisch keine Chance mit 5% reinzukommen.
Im kleinsten wahlkreis sind gar nur 3 zu wählen ( Departements Outre Mere)

Das Belgische System ist ähnlich.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(08 Jun 2018, 11:52)

Bei der Europawahl gilt auch in Frankreich Verhältniswahl.

Aber sie haben ihr Land in 8? Wahlreise eingeteilt. Im grössten (Ile de France) sind 13 Abgeordnete zu wählen in allen andern weniger.
Sie haben zwar eine 5% Sperrklausel, aber ausserhalb der Ile de France hat man auch rechnerisch keine Chance mit 5% reinzukommen.
Im kleinsten wahlkreis sind gar nur 3 zu wählen ( Departements Outre Mere)

Das Belgische System ist ähnlich.
Diese Regelung finde ich auch nicht dumm, wenn dann die Bewerber um einen Sitz im EU-Parlament im Wahlkampf auftreten. Zugleich kann sich die Auswahl der Bewerber dann nicht auf einen Landesteil konzentrieren. Darüber hat jemand richtig nachgedacht! :thumbup:
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2018, 10:35)
So ganz viel anders ist das in Luxemburg sicher auch nicht. Was hat der Großherzog von einer Regierung, die vom Parlament nicht bestätigt wird? Eine Verwaltung, die sich selbst die Finanzmittel genehmigt... das wird doch nichts.
.
Der Unterschied ist aber, dass die Bundeskanzlerin explizist vom Parlament gewählt und abgewàhlt wrid.

Das ist hier nicht so. Es findet keine solche Wahl statt. Verfassungstechnisch hat der Monarch freie Han. Er ist Chef der exekutive. Punkt.
In der praxis natürlich nicht, wenn er keinen ärger haben will ^^

Ok in Deutschland ist die exekutive und legislative sowieso miteinander eng verzahnt. Ein Minister hat bei uns im Parlament zum Beispiel gar kein Stimmrecht.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

H2O hat geschrieben:(08 Jun 2018, 11:59)

Diese Regelung finde ich auch nicht dumm, wenn dann die Bewerber um einen Sitz im EU-Parlament im Wahlkampf auftreten. Zugleich kann sich die Auswahl der Bewerber dann nicht auf einen Landesteil konzentrieren. Darüber hat jemand richtig nachgedacht! :thumbup:
Jeder macht quasi in seinem eigenen Wahlkreis Wahlkampf. .


Nur das Outre Mere ein Wahlkreis ist ist ein bisschen bizarr..... Denn dazu gehört sowohl Martinique als auch La reunion und zwischen beiden Inseln liegen 15.000km :s
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von garfield336 »

garfield336 hat geschrieben:(08 Jun 2018, 12:02)

Jeder macht quasi in seinem eigenen Wahlkreis Wahlkampf. .


Nur das Outre Mere ein Wahlkreis ist ist ein bisschen bizarr..... Denn dazu gehört sowohl Martinique als auch La reunion und zwischen beiden Inseln liegen 15.000km :s
Ich habe mal nachgeschaut ich glaube der Kerl hier https://fr.wikipedia.org/wiki/Maurice_Ponga
Europaabgeordnete aus Neukaledonien) ist wohl der Abgeordnete in Strasbourg mit weitesten Anreise. :D
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(08 Jun 2018, 12:00)

...

In der praxis natürlich nicht, wenn er keinen ärger haben will ^^

...
Das ist eben der Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Aber ich gebe zu, daß in einem Staat mit vielen Millionen Einwohnern eine solche Regelung sehr bald zu lebhaftem Streit führen würde. Glückliches Luxemburg!

Ich meine, daß im Bundestag auch nur durch Wählerstimmen legitimierte Abgeordnete Stimmrecht haben. Dann aber auch Minister, wenn sie Abgeordnete sind. Bei 706 :rolleyes: Abgeordneten kommt es auf einen mehr oder weniger auch nicht mehr an...
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von H2O »

garfield336 hat geschrieben:(08 Jun 2018, 12:08)

Ich habe mal nachgeschaut ich glaube der Kerl hier https://fr.wikipedia.org/wiki/Maurice_Ponga
Europaabgeordnete aus Neukaledonien) ist wohl der Abgeordnete in Strasbourg mit weitesten Anreise. :D
Der arme Kerl kann sich jedes Mal neu überlegen. ob er die Erde in Richtung Osten oder Westen umrunden möchte, wenn er seinen Wahlkreis besuchen will.
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Maikel hat geschrieben:Nein, es ist nicht demokratisch gewählt. (siehe den halben Thread)
Maikel, ich bin einer derjenigen, der es anderen Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, seine oder ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen. Ich bin einer derer die in einem Wahllokal vorne sitzen, jedem potenziellen Wähler einen Wahlzettel aushändigen und später die Stimmen korrekt ausrechnen - zumal: ich bin der Vorsitzende. Wenn sich jemand vorort ... im Wahllokal derart äußert - vonwegen, die Wahlen wären undemokratisch und so ... sie würden nach undemokratischen Spielregeln ablaufen, ... mit dem würd ich erst gar nicht diskutieren - den würd ich kurzerhand vor die Tür setzen. Schließlich hab ich etwas Besseres zu tun, als ihn eines Besseren zu belehren - ich muß mich auf's Wesentliche konzentrieren ... ich muß dafür sorgen, daß die Wahlen korrekt ablaufen. Also bitte nicht nochmal alles von vorne! Eine Zeitlang dacht ich, Du seist belehrbar ... Du seist doch nicht so lern-resistend, wie es anfangs schien - stimmt aber anscheinend doch nicht so ganz?!?
Maikel hat geschrieben:Trotzdem wird D jetzt wegen Nichteinhaltung der NOx-Grenzwerte von der EU verklagt.
Konkreter zum EU-Verfahren gesagt: D hat keine ausreichenden nationalen Gesetze erlassen, um die in der EU-"Richtlinie" festgelegten Grenzwerte einzuhalten.
Nun werd ich aber langsam sauer. Wenn Du schon auf "den halben Thread" verweist - wenn es um Deine Meinung bezüglich der "undemokratischen EU-Wahlen" geht, müsstest Du auch mitbekommen haben, daß ich H2O in einem Beitrag genau dies erklärt habe:
Der Neandertaler hat geschrieben:Lange Rede - kurzer Sinn:
  • [...]
    Da nun aber feststeht, daß (deutsche) Autohersteller geschummelt haben, und somit Deutschland die selbstverpflichtende Feinstaub-Grenzwert-Reduzierung nicht einhalten kann und wird, muß die EU-Kommission Deutschland beim EuGH verklagen - wegen nicht eingehaltener (selbstverplichtender) Grenzwerte.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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Re: Europawahl 2019

Beitrag von Der Neandertaler »

Hallo garfield.
336 hat geschrieben:In Luxemburg werden sie nicht gewählt sondern ernannt.
Es findet keine solche Wahl statt. Sehr wohl sollte die Regierung die Mehrheit der Parlamentarier hinter sich haben, aber das ist nicht immer der Fall.
Nun möchte ich Dich mal etwas fragen - ich kann dies nämlich nicht ganz nachvollziehen.

Wen oder was meinst Du mit gewählt oder ernannt?
  • ... und von wem gewählt oder ernannt?
Deutsche Minister werden hierzulande auch nicht gewählt - nicht von den Wähler und auch nicht vom Parlament. Sie werden vom Bundespräsidenten (für ein bestimmtes Amt) ernannt - in enger Absprache mit der Regierung ... bzw.: dem Bundeskanzler, versteht sich. Deutsche (Fach-)Minister vertreten Deutschland, bzw.: die Bundesregierung im Ministerrat - je nachdem, welches Thema gerade behandelt wird.

Fazit:
  • der (deutsche) Minister ist gleichzeitig auch im jeweiligen EU-Ministerrat - er ist also ebenso Teil der EU-"Regierung", wie der jeweiligen nationalen Regierung. Unabhängig davon, ob dies nun eine Mehrheits- oder eine Minderheitsregierung ist - er ist Teil der nationalen Regierung, und wird daher auch nicht gegen seine eigene Regierung abstimmen und handeln.
"Ich teile Ihre Meinung nicht, ich werde aber bis zu meinem letzten Atemzug kämpfen, daß Sie Ihre Meinung frei äußern können." (Voltaire)
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